Gang­stö­rung bei Zere­bral­pa­re­se: ein mecha­ni­sches oder kom­ple­xes Problem?

R. Brun­ner
Die Zere­bral­pa­re­se wird als in ers­ter Linie moto­ri­sche Affek­ti­on ange­se­hen. Moder­ne Unter­su­chun­gen zei­gen aber, dass die Sen­so­rik in glei­chem Aus­maß betrof­fen ist. Erstaun­li­cher­wei­se fin­det die­se Tat­sa­che nur wenig Beach­tung. Sie kann aber vie­le der bei Zere­bral­pa­re­se vor­han­de­nen Pro­ble­me zumin­dest miterklären.
Dabei ist klar, dass die moto­ri­sche Kon­trol­le betrof­fen ist, wodurch die Funk­ti­on behin­dert wird. Aller­dings ist ohne adäqua­te sen­so­ri­sche Infor­ma­ti­on über Span­nun­gen und Belas­tung in den Gewe­ben und über die Stel­lung des Kör­pers und der Kör­per­seg­men­te auch gar kei­ne geziel­te und prä­zi­se moto­ri­sche Ant­wort mög­lich. Sen­so­rik ist für das moto­ri­sche Ler­nen erfor­der­lich, denn neue Bewe­gungs­stra­te­gien müs­sen über­prüft wer­den. Weni­ger sen­so­ri­scher Input bedeu­tet län­ge­re Lern­zei­ten, was sich als Ent­wick­lungs­ver­zö­ge­rung äußert. Der Man­gel an Sen­so­mo­to­rik führt zu einem Insta­bi­li­täts­ge­fühl, Angst, zu fal­len, und Stress. Dadurch wer­den mehr und fal­sche Mus­keln akti­viert und in der Fol­ge hoher Tonus und Spas­ti­zi­tät aus­ge­löst. Es kommt zunächst durch die ver­än­der­ten Akti­vi­täts­mus­ter zu funk­tio­nel­len Defor­mi­tä­ten. Dadurch ändern sich die Kraft­ver­hält­nis­se, und aus den struk­tu­rel­len Defor­mi­tä­ten ent­wi­ckeln sich struk­tu­rel­le, auch ossä­re Ver­än­de­run­gen, die wie­der ein­schrän­ken und Kom­pen­sa­tio­nen erfor­dern. Es kommt zu redu­zier­ter Akti­vi­tät sowie mög­li­cher­wei­se zu chro­ni­schen Schmerzen.

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Neu­ar­ti­ge modu­la­re Gehor­the­se zur leis­tungs­fä­hi­gen Kor­rek­tur von Gang­ab­wei­chun­gen bei neu­ro­lo­gisch beding­ten Gehstörungen

J.-H. Schrö­der, G. A. Baran­dun, P. Lei­mer, R. Morand, B. Göp­fert, E. Rutz
Die Orthe­sen­ver­sor­gung von Men­schen mit Läh­mun­gen, ins­be­son­de­re bei Zere­bral­pa­re­se, ist kom­plex. Der Arti­kel stellt in die­sem Zusam­men­hang ein neu­ar­ti­ges inte­grier­tes Ver­sor­gungs­kon­zept vor, bei dem mit­tels fort­schritt­li­cher Tech­no­lo­gien inner­halb einer kom­plett digi­ta­len Pro­zess­ket­te eine modu­la­re Orthe­se pro­du­ziert wird, bei der von vorn­her­ein alle Para­me­ter für den jewei­li­gen Ver­sor­gungs­fall berück­sich­tigt wer­den. Aus Sicht der Autoren sind sol­che neu­en Ver­sor­gungs­kon­zep­te viel­ver­spre­chend und wer­den hel­fen, eine effi­zi­en­te­re Ver­sor­gung in einem mul­ti­dis­zi­pli­nä­ren Team zu erstellen.

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Code-Set für eine ICF-basier­te Ver­sor­gung mit Unter­schen­kel­or­the­sen (AFOs) – wie aus Schei­tern Erkennt­nis­ge­winn wird

B. C. Veh­se, A. Espei, G. Kan­del, B. Pütt­mann, P. Fröhlingsdorf
Unter­schen­kel­or­the­sen sind eine häu­fi­ge Ver­sor­gung bei Kin­dern mit neu­ro­lo­gi­schen Grund­er­kran­kun­gen. Auf der Grund­la­ge der Domä­nen Struk­tur, Funk­ti­on, Akti­vi­tät und Teil­ha­be des bio­psy­cho­so­zia­len Modells der Inter­na­tio­nal Clas­si­fi­ca­ti­on of Func­tio­ning, Disa­bi­li­ty and Health (ICF) soll­te in der Arbeits­grup­pe „Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung“ des Netz­werks Cere­bral­pa­re­se e. V. eine Zuord­nung fest­ge­leg­ter Orthe­sen­ty­pen zu Befund­kon­stel­la­tio­nen erar­bei­tet wer­den. Im Ver­lauf der Dis­kus­sio­nen zeig­te sich, dass die Varia­bi­li­tät der Befun­de und Ver­sor­gungs­zie­le kei­ne spe­zi­fi­sche Dif­fe­ren­zie­rung der Orthe­sen­zu­ord­nung über die ICF erlaubt. Um den­noch eine ICF-basier­te Ent­schei­dung bei der Aus­wahl einer geeig­ne­ten Unter­schen­kel­or­the­se tref­fen zu kön­nen, wur­de ein Code-Set als Ori­en­tie­rungs­hil­fe ent­wi­ckelt. Der aus die­sem Pro­zess her­vor­ge­hen­de Erkennt­nis­ge­winn unter­streicht die indi­vi­du­el­le Ver­sor­gung unter Berück­sich­ti­gung der im Mit­tel­punkt ste­hen­den Teil­ha­be­zie­le der Kinder.

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3D-Bewe­gungs­er­fas­sung in der Gang­ana­ly­se bei Kin­dern – wird sie akzep­tiert? Ergeb­nis­se der AVAPed-Studie

I. Wied­mann, M. Gras­si, I. Duran, R. Lav­ra­dor, E. Alberg,
M. Dau­mer, E. Schön­au, J. Rittweger

In der päd­ia­tri­schen Reha­bi­li­ta­ti­on besteht das wich­tigs­te Ziel dar­in, dem Pati­en­ten ein mög­lichst selbst­stän­di­ges Leben in sei­ner häus­li­chen Umge­bung zu ermög­li­chen. Im kli­ni­schen Umfeld wer­den rou­ti­ne­mä­ßig ver­schie­de­ne Bewer­tun­gen durch­ge­führt, aber es ist unklar, inwie­fern die­se Tests wider­spie­geln, wie die Pati­en­ten Her­aus­for­de­run­gen des häus­li­chen Umfelds meistern. 
Weara­bles sind weit ver­brei­tet und haben sich als sehr nütz­lich für die Bewer­tung kör­per­li­cher Akti­vi­tät erwie­sen. Der Grund­ge­dan­ke der vor­lie­gen­den Stu­die war daher, ihre Eig­nung in der Kin­der­heil­kun­de zu unter­su­chen. Ins­be­son­de­re im Bereich der Zere­bral­pa­re­se, der häu­figs­ten neu­ro­lo­gi­schen Erkran­kung in der Kin­der­heil­kun­de, haben Umfang und Qua­li­tät der Bewe­gung einen wich­ti­gen Ein­fluss auf die kör­per­li­che und kogni­ti­ve Ent­wick­lung des Kin­des. Eine Bewer­tung, die dem Unter­su­cher Ein­blick in das Bewe­gungs­ver­hal­ten abseits des kli­ni­schen Umfelds bie­tet, ermög­licht einen geziel­te­ren Ansatz für die Reha­bi­li­ta­ti­on. Die Ergeb­nis­se die­ser Stu­die zei­gen, dass 3D-Beschleu­ni­gungs­mess­ge­rä­te von Kin­dern im Alter von 3 bis 12 Jah­ren gut akzep­tiert wer­den und dass das Tra­gen eines sol­chen Geräts als nicht stö­rend emp­fun­den wird. Die Autoren kom­men zu dem Schluss, dass trag­ba­re Gerä­te eine Funk­ti­ons­be­ur­tei­lung unter rea­len Bedin­gun­gen ermög­li­chen, ein Aspekt, der bei päd­ia­tri­schen Beur­tei­lun­gen noch nicht aus­rei­chend unter­sucht wurde.

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Dop­pel­scha­len­kor­sett zur Kor­rek­tur von Wir­bel­säu­len­de­for­mi­tä­ten bei nicht geh­fä­hi­gen Pati­en­ten mit Zerebralparese

A. Boss­hard, M. Nadara­ja­lingam, S. Kel­ler, R. Brun­ner, C. Cama­thi­as, E. Rutz
Die all­ge­mein aner­kann­te Inzi­denz von Sko­lio­se bei Zere­bral­pa­re­se (CP) beträgt 20 bis 25 % und steht in direk­tem Zusam­men­hang mit dem 5‑stufigen Klas­si­fi­zie­rungs­sys­tem „Gross Motor Func­tion Clas­si­fi­ca­ti­on Sys­tem“ (GMFCS). Eine Behand­lungs­mög­lich­keit für neu­ro­ge­ne Sko­lio­sen ist das Dop­pel­scha­len­kor­sett. Ziel der hier vor­ge­stell­ten Stu­die war es, den erziel­ten Kor­rek­tur­grad der Sko­lio­se bei Ver­wen­dung drei­er ver­schie­de­ner Abdruck­tech­ni­ken für die Kor­sett­ver­sor­gung zu ermitteln.

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Elek­tro­roll­stuhl-Trai­ning bei klei­nen Kin­dern mit Zerebralparese

B. E. Gant­sch­nig, S. Rönn­feld, L. Nils­son
Die­ser Arti­kel stellt eine Stu­die vor, die die Wirk­sam­keit des Elek­tro­roll­stuhl-Trai­nings bei zwei Kin­dern mit Zere­bral­pa­re­se unter Ver­wen­dung fol­gen­der Assess­ments unter­sucht: Mobi­li­tät in Metern/Sitzung, Assess­ment of Lear­ning Powered Mobi­li­ty Use (ALP), Assess­ment of Motor and Pro­cess Skills (AMPS), Paed­ia­tric Eva­lua­ti­on of Disa­bi­li­ty Inven­to­ry (PEDI) und Eva­lua­ti­on of Social Inter­ac­tion (ESI). Die Ergeb­nis­se zei­gen kli­nisch rele­van­te Inter­ven­ti­ons­ef­fek­te, gemes­sen mit ALP, AMPS und ESI, sowie teil­wei­se kli­nisch rele­van­te Effek­te, gemes­sen mit PEDI. Das Elek­tro­roll­stuhl-Trai­ning erweist sich als ten­den­zi­ell wirk­sam in Bezug auf die Mobi­li­tät der Kin­der, auf ihr Lern­ni­veau, auf die Qua­li­tät ihrer sozia­len Inter­ak­ti­on und auf die Aus­füh­rung von Akti­vi­tä­ten des täg­li­chen Lebens.

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Effi­zi­en­tes Gehen in der neu­ro­mus­ku­lär wir­ken­den Bein­or­the­tik durch kine­ti­sche Energieumwandlung

G. Biber, M. Rex­ing
Neu­ro­ge­ne spas­ti­sche Stö­run­gen und neu­ro­mo­to­risch geschwäch­te Mus­ku­la­tur füh­ren bei zere­bral­pa­re­ti­schen Pati­en­ten häu­fig zu einem unphy­sio­lo­gi­schen Gang­bild; die funk­tio­na­len und stüt­zen­den Eigen­schaf­ten einer Orthe­se kön­nen die Mus­ku­la­tur zusätz­lich schwä­chen. Der Arti­kel stellt eine alter­na­ti­ve Ver­sor­gung vor, die effi­zi­en­te­res Gehen durch ener­gie­spa­ren­de Bewe­gungs­ab­läu­fe mit Hil­fe einer dyna­mi­schen Span­nungs­en­er­gie-Car­bon­fe­der­or­the­se erreicht und die Mus­ku­la­tur gleich­zei­tig trai­niert. Das Kon­zept ver­mei­det, dass Bewe­gun­gen oder Gelenk­win­kel beim Gehen durch Anschlä­ge blo­ckiert wer­den. In allen Gang­pha­sen wird das Zustan­de­kom­men der ver­schie­de­nen Kipp­he­bel („Rocker“) am Fuß unter­stützt. Eine geziel­te Gang­dia­gnos­tik und die Umset­zung in ein inter­dis­zi­pli­nä­res Behand­lungs­de­sign füh­ren zu sicht­ba­ren funk­tio­nel­len Ver­bes­se­run­gen für die Patienten.

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Was kön­nen Unter­schen­kel­or­the­sen zur Ver­bes­se­rung des Gang­bil­des bei Kin­dern mit Zere­bral­pa­re­se leisten?

Böhm, L. Döder­lein, D. Lewens, C. U. Dus­sa
Unter­schen­kel­or­the­sen sind bei Kin­dern mit Zere­bral­pa­re­se die am häu­figs­ten ver­ord­ne­ten Orthe­sen. Das Gang­bild der betrof­fe­nen Kin­der ist sehr varia­bel und wird durch das Zusam­men­spiel von Spas­tik, Mus­kel­ver­kür­zun­gen, Schwä­che, Kom­pen­sa­ti­ons­me­cha­nis­men und Anpas­sun­gen des Ske­letts durch das Wachs­tum bestimmt. Die zugrun­de­lie­gen­den Gang­pa­tho­lo­gien müs­sen bezüg­lich Auf­bau und Wirk­wei­se der Orthe­se berück­sich­tigt wer­den. In die­sem Bei­trag wird die Bio­me­cha­nik von drei häu­fi­gen Gang­stö­run­gen bei Zere­bral­pa­re­se – Kau­er­gang, Spitz­fuß­gang und Fall­fuß – erläu­tert und die jeweils indi­zier­te Orthe­sen­ver­sor­gung vorgestellt.

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„Serious Gam­ing“ zur Ver­bes­se­rung der Funk­ti­on der obe­ren Extre­mi­tä­ten von Kin­dern mit uni­la­te­ra­ler Zerebralparese

K. Jakobs, P. Aarts, R. van den Heu­vel, L. Bei­jer
Die fort­schrei­ten­de Digi­ta­li­sie­rung ermög­licht zahl­rei­che neue The­ra­pie­an­sät­ze im Bereich Reha­bi­li­ta­ti­on. In der Sint Maar­ten­skli­niek im nie­der­län­di­schen Nim­we­gen, einem Kran­ken­haus mit Fokus auf Hal­tung und Bewe­gung, wur­de im Jahr 2018 die Stu­die „Vir­tu­al Rea­li­ty for Reha­bi­li­ta­ti­on“ (VR4REHAB) initi­iert. Aus der engen Zusam­men­ar­beit mit einem euro­päi­schen Kon­sor­ti­um, das sich auf die gemein­sa­me Ent­wick­lung und Eva­lu­ie­rung von Hilfs­mit­teln für die Reha­bi­li­ta­ti­on auf der Basis von Vir­tu­al Rea­li­ty kon­zen­triert, sind bereits eini­ge neue Reha- Ideen her­vor­ge­gan­gen. Eine die­ser Inno­va­tio­nen ist das „Leap-Moti­on- Con­trol­ler-basier­te Trai­ning (LMCBT)“.

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Gang­ana­ly­se in der Ortho­pä­die- Tech­nik – Grund­la­gen und kli­ni­sche Anwendungsmöglichkeiten

T. Schlem­mer
Die Gang­ana­ly­se ist ein wert­vol­les Instru­ment zur Indi­ka­ti­ons­stel­lung, Über­prü­fung und Ver­bes­se­rung ortho­pä­die­tech­ni­scher Hilfs­mit­tel. Je nach Fra­ge­stel­lung kann dies mit einer ein­fa­chen Video- oder Lauf­band­dia­gnos­tik oder, ins­be­son­de­re bei kom­ple­xen Situa­tio­nen, mit dem Gold­stan­dard – der drei­di­men­sio­na­len instru­men­tier­ten Gang­ana­ly­se – erfolgen.

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