Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) hat für seine Mitgliedsunternehmen einen „Compliance-Standard“ veröffentlicht. Als nützlich erweisen kann sich dieser für die Medizintechnikbranche vor dem Hintergrund eines aktuellen Urteils des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg, demnach es zu den haftungsrelevanten Verpflichtungen einer GmbH-Geschäftsführung gehört, ein Compliance-Management zu etablieren und zu beaufsichtigen.
F. Landauer
Um bei der Korsettbehandlung der idiopathischen Skoliose eine adäquate Prognose zu erstellen, genügt es nicht, die Tragedauer eines Korsetts als alleinigen Gradmesser für die Patientencompliance – also die aktive Mitwirkung des Patienten an der Therapie – zu betrachten. Vielmehr muss der Begriff der Compliance auf alle beteiligten Berufsgruppen ausgedehnt werden. Die Ergebnisse der hier vorgestellten Untersuchung zeigen, dass auch die Literatur zum Thema Compliance von äußeren Faktoren beeinflusst wird: Zwischen 1990 und 2000, dem Jahrzehnt mit der stärksten Ablehnung der Korsettbehandlung, war auch die Anzahl der einschlägigen Studien auf einem Tiefpunkt angelangt. Erst mit der Beweisführung bezüglich der Effektivität der Korsett-Therapie durch Nachemson et al. im Jahr 1997 und durch die prospektiv-randomisierte Studie von Weinstein et al. im Jahr 2013 wurden die Voraussetzungen geschaffen, eine Patientencompliance für die Korsettbehandlung nach wissenschaftlichen Kriterien zu fordern. In diesem Zusammenhang zeigen Studien eine realistische tägliche Korsett-Tragedauer von 16 bis 18 Stunden. Die Compliance der beteiligten Berufsgruppen – verstanden als ein auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierendes Handeln im Sinne einer evidenzbasierten Medizin (EBM) – ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger Aspekt. Aber auch bei der Diagnostik besteht weiterhin Handlungsbedarf. Denn eine Abgrenzung der idiopathischen Skoliose von nicht-idiopathischen Ursachen ist für den Behandlungsverlauf entscheidend. Auch eine verspätete Diagnostik und damit ein verzögerter Therapiebeginn können durch eine noch so hohe Compliance der Patienten nicht mehr aufgeholt werden. Die Primärkorrektur im Korsett hat sich als Gradmesser für die handwerkliche Qualität etabliert und ist gleichzeitig ein wichtiger Motivator für die Patienten. Der adäquate Zeitpunkt des Korsettabbaus und die Langzeitergebnisse der Skoliosetherapie sind hingegen noch wenig erforscht. Insbesondere die physiotherapeutischen Maßnahmen im Rahmen einer konservativen Skoliosebehandlung werden aktuell einer wissenschaftlichen Überprüfung unterzogen. Im Gegensatz dazu sind die operativen Verfahren wissenschaftlich ausführlich aufgearbeitet.
S. B. Würsching, A. Würsching
Der 3D-Druck stellt für die Konstruktion und die Versorgung mit Rumpforthesen einen neuen Weg dar, um noch besser und effektiver auf die individuellen Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten eingehen zu können. Mit dieser Technik wird das mögliche Versorgungsspektrum erweitert, weil die biomechanische Konstruktion einer erfolgreichen Versorgung besser an die Alltagsbedürfnisse der zu Versorgenden angepasst werden kann. Ziel ist es, dass die Patienten das Hilfsmittel annehmen – sei es ein Kleinkind, ein Teenager oder ein Erwachsener im fortgeschrittenen Alter. Das Hilfsmittel muss sich gut in den Alltag integrieren lassen, denn erst dann können die biomechanischen Errungenschaften und das Wissen um die Verbesserung der Gesundheit zum Tragen kommen. Dabei hat die additive Fertigung im Korsettbau nach Ansicht der Autoren nichts mit „Rapid Prototyping“ oder kostengünstiger Schnellfertigung zu tun. Vielmehr stellt sie eine hochspezialisierte Möglichkeit dar, durch eine maximierte Individualisierung die Alltagstauglichkeit und den Komfort einer Rumpforthese zu optimieren. Die Patienten erhalten ein verbessertes Tragegefühl, während die Techniker diese Methode leicht in den gewohnten Versorgungsablauf integrieren können. Wie vielfältig das Versorgungsspektrum mit 3D-gedruckten Rumpforthesen sein kann, zeigt der folgende Artikel anhand von vier Fallbeispielen.
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J. Rogoschin
Im Rahmen des interdisziplinären Gonarthrose-Managements werden unikompartimentell entlastende Orthesen eingesetzt. Einen wesentlichen Erfolgsfaktor für die Effizienz dieser Intervention stellt die Patientencompliance dar, die maßgeblich von den Anforderungen der Patienten an das Hilfsmittel bestimmt wird. Mittels einer Befragung von 73 Patienten an vier Zentren wurden die Erwartungen im Hinblick auf Funktion, Design und Anwenderfreundlichkeit von Entlastungsorthesen identifiziert. Das Ergebnis: Dem optimalen Sitz der Orthese und der Orthesengröße sowie einem nicht auftragenden Design wurde mehr Bedeutung beigemessen; weniger Wert legten die Befragten dagegen auf die Farbe und das Muster, ein Design in Strumpfform oder eine Wirkung nur in der akuten Schmerzperiode. Darüber hinaus war ein Trend für den Wunsch nach Selbstkontrolle und einer optimalen Perzeption erkennbar. Eine einfache Anwendung und Reinigung sowie möglichst wenig notwendiges Zubehör waren ebenfalls erwünscht.
T. Köhler
Aufrichten, Stehen, Gehen und Laufen sind wesentliche Meilensteine in der Entwicklung von Kindern. Bei Therapien und Verordnungen für diese spezielle Patientenklientel sind daher fachübergreifend evolutionsbiologische, entwicklungsphysiologische und biomechanische Aspekte, Fakten und Wirkungen auf die sich entwickelnden Knochen zu beachten.
Bei kindlichen Knick-Senkfüßen wird zwischen flexiblen physiologischen und neurogenen Formen einerseits sowie rigiden kontrakten Knick-Senkfüßen andererseits unterschieden. Viele der sogenannten habituellen oder idiopathischen Knick-Senkfuß-Deformitäten haben neurogene bzw. strukturelle Ursachen. Eine frühe Versorgung soll die Kinder unterstützen, damit sie sich stabil aufrichten, das Laufen gut erlernen und dabei Knie- und Hüftgelenke, Becken und Wirbelsäule gut stabilisiert werden.
C. Grasl, T. Serth, R. Pospischill, K. Riedl, S. Farr, M. Knahr
Die Korsettversorgung von Kindern und Jugendlichen mit idiopathischer Skoliose stellt für die Orthopädie-Technik immer wieder eine große Herausforderung dar, gilt es doch einen möglichst guten Kompromiss zwischen Primärkorrektur und Patientencompliance zu erzielen.
J. Schickert
An jede pädiatrische Versorgung werden unterschiedliche Erwartungen geknüpft. Eltern, Betreuende und Klienten haben dabei jedoch nicht unbedingt dieselben Anforderungen, die eine Orthese erfüllen soll. Da die technische Umsetzung viele Variationen ermöglicht, ist es unumgänglich, die Ziele der Versorgung mit allen Beteiligten abzugleichen, um am Ende zu einer Lösung zu gelangen, die den Ansprüchen von Anwendern, Therapeuten und Medizinern in höchstem Maße gerecht wird. Dabei sollte man die Grenzen der technischen Umsetzung nicht aus den Augen verlieren und diese synchron zur Entwicklung des Klienten validierbar halten. Eine adäquate Dokumentation erlaubt dabei ein zielgerichtetes Versorgungsmanagement, wie im Beitrag anhand eines Fallbeispiels aufgezeigt wird.
M. Hörner
Die Behandlung von Patientinnen mit Mammakarzinom an interdisziplinären Brustzentren wird nach den Kriterien der S3-Leitlinien der Deutschen Krebsgesellschaft durchgeführt, in der jedoch die Prävention lymphologischer Komplikationen nur eine untergeordnete Rolle spielt. Der Aufbau einer lymphologischen Versorgungskette zum Schutz der Patientin beginnt mit schonender prästationärer Diagnostik und bezieht behandelnde Ärzte, Physiotherapeuten und Bandagisten mit ein. Die Kommunikation untereinander und mit der Patientin auf Augenhöhe ist der Schlüssel zu Compliance und Therapieerfolg. Daher wurde an der Frauenklinik Böblingen im Jahr 2010 das „Lymphnetzwerk am iBB“ gegründet.
M. Roller
Bei wachstumslenkenden, korrigierenden und entlastenden orthopädietechnischen Hilfsmitteln ist Therapietreue ein wichtiger Bestandteil der Behandlung. Hilfsmittelstudien vernachlässigen oft die Messung der Compliance der mitwirkenden Probanden. Durch das Fehlen dieser Daten kann die Aussagekraft der Studienergebnisse abgeschwächt werden. Der Beitrag beschreibt ein Tragezeitmesssystem, basierend auf einem kleinen Thermosensor Datenlogger in Verbindung mit einer Analysesoftware. Dieses Tragezeitmesssystem erlaubt einen Einblick in die Hilfsmittel-Tragegewohnheiten ambulanter Patienten.