Einleitung
International spielt das Selbstmanagement von Patienten und Patientinnen bei lymphologischen Defiziten und Erkrankungen eine große Rolle; in Deutschland hingegen gewinnt die Rolle des Selbstmanagements innerhalb der Therapie vor allem im ambulanten Bereich nur langsam an Bedeutung 1 2. Im internationalen Vergleich ist in vielen Ländern die Infrastruktur der Diagnostik und Therapie von Ödemerkrankungen nicht ausreichend ausgebaut, wodurch dem Selbstmanagement von vornherein eine größere Bedeutung zukommt. In Deutschland hingegen gibt es eine gut ausgebaute Therapie-Infrastruktur, wodurch sich bei Patienten eine gewisse Erwartungshaltung ergibt: „Da ich therapiert werde, muss ich nicht selbst therapieren.“ In der Diagnostik sieht es hier schon wieder anders aus. Ein wichtiger Grund hierfür ist sicherlich, dass das Lymphgefäßsystem weltweit ein „blinder Fleck“ innerhalb der Medizin und in den ärztlichen Ausbildungen nahezu nicht vertreten ist 3 4. Diese Situation macht die Diagnose und die bedarfsgerechte Behandlung lymphologischer Erkrankungen deutlich komplizierter als beispielsweise bei klassischen Krankheitsbildern in der Inneren Medizin. Dabei ist eine Basisdiagnostik mit Anamnese, Inspektion und Palpation relativ einfach durchführbar 5 6. Mittlerweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass das Lymphgefäßsystem in den Extremitäten ca. 95 bis 98 % der interstitiellen Flüssigkeit aufnimmt und zum Blutkreislauf zurückführt 7 8 9. Somit ist die Starling-Gleichung aus dem Jahr 1896, die den durch hydrostatische und onkotische Kräfte verursachten Nettofluss über eine kapilläre Membran beschreibt, nicht mehr gültig, auch wenn sie teils immer noch gelehrt wird. Die neuen Erkenntnisse belegen deutlich den hohen Stellenwert des Lymphgefäßsystems beim Abtransport interstitieller Flüssigkeit im gesamten Organismus.
Viele Betroffene sind lange Zeit auf der Suche nach einer adäquaten Diagnose und haben nicht selten einen regelrechten „Ärztemarathon“ hinter sich. In diesem Zusammenhang stellte man fest, dass nach dem Auftreten der ersten Symptome bis zur Einleitung einer adäquaten Behandlung im Schnitt 4,5 Jahre vergehen 10. Erst in jüngerer Zeit scheint sich eine Verkürzung dieser Zeitspanne anzubahnen – was wohl auch darauf zurückzuführen ist, dass Strukturen wie ambulante Lymphnetze lokal oft gute Arbeit leisten.
Während der Behandlung in den lymphologisch ausgerichteten Fachkliniken werden die Betroffenen im Selbstmanagement oft gut geschult, beispielsweise in der Selbstbandagierung. Im ambulanten Bereich dagegen wird dieses Wissen oft nicht ausreichend vermittelt, geschult und somit auch nicht ausgeführt. Ziel dieses Artikels ist es, für das Selbstmanagement in der Lymphologie zu sensibilisieren. Alle beteiligten Fachkräfte in der lymphologischen Versorgungskette (ärztliche Fachkräfte, lymphtherapeutische Fachkräfte und lymphologisch arbeitende Fachkräfte aus dem Sanitätshausbereich) sollten die Betroffenen motivieren können und somit eine hohe Therapieadhärenz erzeugen.
Therapieoptionen
Wenn die Diagnose feststeht, ergeben sich folgende Herausforderungen:
- Wie wird die Therapie am besten konzipiert?
- Wo findet man entsprechend lymphologisch geschulte Fachkräfte?
- Wo finden die Betroffenen die nötigen Informationen zur Aufklärung?
In der im Mai 2017 veröffentlichten S2k-Leitlinie zur Behandlung von Lymphödemen wurde eine adäquate Vorgehensweise festgelegt 11. Die KPE, also die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie, wurde als Goldstandard definiert und 2017 um die unerlässliche Säule des Selbstmanagements erweitert; zuvor beruhte die KPE lediglich auf vier Säulen. In der aktuellen Leitlinie wird die konservative Behandlung von Lymphödemen wie folgt definiert:
„Die Standardtherapie der Lymphödeme ist die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE). Diese besteht aus folgenden aufeinander abgestimmten Komponenten:
- Hautpflege und falls erforderlich Hautsanierung
- Manuelle Lymphdrainage, bei Bedarf ergänzt mit additiven manuellen Techniken
- Kompressionstherapie mit speziellen mehrlagigen, komprimierenden Wechselverbänden und/oder lymphologischer Kompressionsstrumpfversorgung
- Entstauungsfördernde Sport-/Bewegungstherapie
- Aufklärung und Schulung zur individuellen Selbsttherapie“
Diese Zusammenfassung der konservativen Therapien erhielt 100 % Zustimmung von allen Mitarbeitenden an der Leitlinie. In den Jahren zuvor wurde die KPE ohne Selbstmanagement aufgeführt; somit erhielten Patientenedukation und Selbstbehandlung erst 2017 einen hohen Stellenwert.
Ohne sinnvoll angeleitetes Selbstmanagement ist eine KPE nicht erfolgreich; nur mit entsprechender Patientenedukation durch ausgebildete Fachkräfte kann sie gelingen. Das gilt im Übrigen auch für alle anderen Maßnahmen der KPE – einzeln und isoliert betrachtet sind sie nicht zielführend, wie es auch Gültig anmerkt 12. In einer vom IQWiG initiierten Auswertung von 23 einschlägigen Studien über die nichtmedikamentöse Behandlung fortgeschrittener Lymphödeme (publiziert 2021) wurde die Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen aufgezeigt; dabei konnte der Nutzen einer Manuellen Lymphdrainage (MLD) nicht nachgewiesen werden, sofern sie isoliert blieb 13. Auch dies belegt, dass ein Therapieerfolg nur in adäquater Abstimmung der Maßnahmen untereinander erreicht werden kann 14 15 16. Andererseits gibt es dank Schingale et al. mittlerweile einen Nachweis über die grundsätzliche Wirksamkeit der Manuellen Lymphdrainage 17. So kann beispielsweise durch eine Kompressionstherapie das entstauende Ergebnis einer MLD konserviert und die Lymphangiomotorik durch die anschließende Bewegung in der Kompression noch weiter angeregt und unterstützt werden. Ohne eine sinnvoll ausgeführte Hautpflege schließlich ist die Neigung zu Erysipelen bei Lymphödemen deutlich erhöht; somit bildet die Hautpflege als eine der Säulen der KPE die wichtigste Prophylaxe gegen die Entstehung von Erysipelen.
Die Standardtherapie der Lymphödeme wertet somit die selbst ausgeführten Maßnahmen der Betroffenen deutlich auf und bindet sie maßgeblich in die Abläufe und Handhabung der Therapie mit ein. Das setzt allerdings eine gut funktionierende Patientenedukation voraus, und hier besteht oft die Crux. Patientenschulung und Selbstmanagement sind in Ländern wie beispielsweise Kanada, Italien, Spanien oder auch Mexiko besser ausgebaut als in Deutschland. In Gesprächen mit internationalen Kollegen wird immer wieder aufgezeigt, wie viel Eigeninitiative der Betroffenen nötig ist, um Therapieerfolge aufrechterhalten zu können. Laut den Kollegen spielen infrastrukturelle Probleme eine zusätzlich erschwerende Rolle; insofern ist Selbstmanagement dort von vornherein von großer Bedeutung. Die Gegebenheiten in Deutschland sind vermutlich darauf zurückzuführen, dass die Versorgungslage in den physiotherapeutischen Praxen jahrelang flächendeckend sehr gut war und dass Therapieplätze in der Lymphtherapie kein Problem waren. Dieser Aspekt hat sich in den letzten Jahren jedoch massiv verändert; der Fachkräftemangel in den physiotherapeutischen Berufen ist eklatant 18. Umso wichtiger sollte auch hierzulande eine adäquate Patientenedukation seitens der Therapeuten sein. Jedoch herrschen in Deutschland bei Betroffenen oft eine gewisse Passivität und eine fehlende Einsicht in die Notwendigkeit der Eigeninitiative. Ein solches Problem ergibt sich im internationalen Raum nur selten, denn die Betroffenen lymphologischer Erkrankungen kommen in vielen Ländern meist vorerst selbst für die Kosten der Therapie auf – somit ist auch die Eigenverantwortung deutlicher ausgeprägt.
Vermittlung von Informationen zum Selbstmanagement
In diesem Zusammenhang bietet sich ein Vergleich mit Betroffenen eines Lipödemsyndroms an. Letztere verfügen mittlerweile durch öffentliche Aufklärungsarbeit über eine gewisse Lobby, die sicherlich noch vergrößert werden muss; allerdings hat sich in den letzten Jahren viel an der Bekanntheit des Lipödemsyndroms zum Positiven verändert. Viele Kompressionshersteller gehen mittlerweile speziell auf die Bedürfnisse von Lipödembetroffenen ein und versuchen ihre Produkte entsprechend anzupassen, um insbesondere bei körperlich aktiven Betroffenen eine bestmögliche Bewegungsfreiheit zu erreichen.
Das Lymphödem dagegen hat in der Öffentlichkeit nur einen geringen Bekanntheitsgrad, auch wenn es für geschulte Fachkräfte verhältnismäßig leicht zu diagnostizieren ist. Die Lobby der Ödempatienten muss sich noch deutlich vergrößern. Dafür setzen sich maßgeblich Organisationen wie Lymphologicum – Deutsches Netzwerk Lymphologie e. V. oder die Deutsche Gesellschaft für Lymphologie e. V. ein. Die größte Herausforderung dabei ist die fehlende Vermittlung von Kenntnissen über das Lymphsystem an den medizinischen Fakultäten im ärztlichen Grundstudium.
Andererseits finden seit einigen Jahren immer mehr Informationsveranstaltungen für Betroffene mit lymphologischen Erkrankungen und Defiziten statt. So organisieren Sanitätshäuser, lokale Lymphnetze und Organisationen wie beispielsweise der Verein Lymphselbsthilfe e. V. Veranstaltungen für und mit Betroffenen. Auch dies trägt zu deren Aufklärung und zur Schulung des Selbstmanagements bei.
Die moderne Lymphtherapie sollte zudem auch auf die Schulung von Betroffenen und deren Angehörigen eingehen. Unabhängige Vereine, aber auch Hersteller von Kompressionsbestrumpfung geben ihr Wissen in ansprechenden Broschüren weiter. Mittlerweile gibt es sogar komplette Ratgeber in Buchform, die sich ausschließlich mit Selbstmanagement befassen, denn nur mit der fachlichen Aufklärung über Ödemerkrankungen kann ein sinnvolles Selbstmanagement stattfinden.
Daneben hat sich durch den Generationswechsel und die höhere technische Affinität der Betroffenen mittlerweile eine ganz andere Art der Patientenaufklärung entwickelt: Viele Betroffene informieren sich heute im Internet – insbesondere auf Social-Media-Plattformen und in verschiedenen Foren – über ihre lymphologischen Erkrankungen und Symptome. So sorgen in verschiedenen Social-Media-Kanälen engagierte Menschen für Aufklärung – sei es von Betroffenen für Betroffene oder von medizinischen Fachkräften für Betroffene. Dies hat allerdings nicht nur positive Auswirkungen, denn vor allem im Social-Media-Bereich geben oft Betroffene ihre eigenen Erfahrungen ungefiltert weiter. Häufig ist die Differenzierung zwischen seriösen und unseriösen Informationsanbietern schwierig; ein Qualitätsmerkmal kann darin bestehen, dass eine Zusammenarbeit mit Herstellern von Kompressionsbestrumpfung besteht.
Grundsätzlich ist es bei der Patientenedukation wichtig, nicht ausschließlich auf soziale Medien zu setzen. Etliche Fachbücher, die teilweise auch digital verfügbar sind, vermitteln wertvolle Informationen und Anwendungsempfehlungen für Betroffene und sind häufig das Mittel der Wahl bei der Schulung des Selbstmanagements. Auch bieten Patientenzeitschriften von gemeinnützigen Vereinen wie z. B. das Magazin „Lympholife“ des Lymphologicum e. V. seriöse Informationen für Betroffene.
Kompression als Schlüssel zum Selbstmanagement
Bei einer Kompressionstherapie müssen Kontraindikationen wie Entzündungen mit pathogenen Keimen, schwere Herzerkrankungen, fortgeschrittene arterielle Verschlusskrankheiten oder auch schwere Neuropathien im Vorfeld ausgeschlossen werden 19 20 21.
Die Hauptrolle beim Selbstmanagement spielt eine konsequente Kompression und die zusätzliche Bewegung darin. Bewegung wird in diesem Zusammenhang oft unterschätzt und vernachlässigt; jedoch hat die muskuläre Aktivität einen großen Einfluss auf das Immunsystem. Des Weiteren haben die durch Bewegung ausgelösten Myokine einen entzündungshemmenden Effekt 22. Diesen Effekt gilt es bei Ödemerkrankungen zu nutzen, stehen interstitielle Entzündungen doch im Zusammenhang mit der Schmerzentstehung beim Lipödemsyndrom 23. Entzündungen erzeugen auch immer eine Leistungsminderung in den Lymphgefäßen; die Lymphangiomotorik wird durch die inflammatorischen Vorgänge gehemmt 24.
Ein weiterer Effekt von Bewegung in Kompression ist das Widerlager für die Muskulatur von außen – das Ödem liegt zwischen diesen beiden und wird sozusagen von zwei Seiten bearbeitet und regelrecht ausgewalzt. Übungen im Wasser wie beispielsweise beim Aquacycling oder mittels Wassergymnastik sind durch den hydrostatischen Druck gleichzeitig Bewegungsübungen in Kompression. Insgesamt sollte in der Anleitung zum Selbstmanagement ein großes Gewicht auf Bewegungsübungen gelegt werden.
Varianten der Kompression
Die lymphologische Kompressionsbandagierung sowie adaptive Velcro-Verbände stellen weitere und sehr flexible Möglichkeiten dar, um auf dynamische Volumina einzugehen. Sie werden hauptsächlich in Phase 1 einer KPE (Entstauung) angewandt. Eine Kompressionsbestrumpfung mittels Flachstrickware wird auf ein festes Maß angefertigt und sollte daher erst nach abgeschlossener Phase 1 der KPE erfolgen. Die Wahl des geeigneten und patientenorientierten Materials ist genauso entscheidend für eine gute Compliance wie die nötige Erfahrung der Fachleute, die für eine Kompressionsversorgung Maß nehmen.
In den letzten Jahren haben die Hersteller von Flachstrickware immer wieder neue Gestricke und Faserkombinationen auf den Markt gebracht; somit ist für jede Hautbeschaffenheit und jeden Ödemzustand das adäquate Material erhältlich. In diesem Zusammenhang sind Schulungen und Fachkongresse sinnvoll, damit möglichst alle geeigneten Materialien bekannt sind, um die Betroffenen adäquat beraten und behandeln zu können.
Eine weitere sinnvolle Ergänzung und ideal für die Selbstanwendung ist eine maschinelle Kompression mittels AIK-Geräten (AIK = „apparative intermittierende Kompression“). Wichtig hierbei ist eine gründliche Einweisung der Betroffenen in die Handhabung der Geräte und vor allem die Vorarbeit, das sogenannte Anlymphen – also das Vorbereiten des Lymphgefäßsystems am Körperstamm und die Herstellung des zentralen Sogs. Das bedeutet ein Anregen des Lymphgefäßsystems, beispielsweise durch Atemübungen oder auch durch Selbstanwendung einzelner Techniken der Manuellen Lymphdrainage.
Für Betroffene, die nachts eine Kompressionsversorgung benötigen, gibt es verschiedene Arten vorkonfektionierter und atmungsaktiver Nachtkompressionsstrümpfe.
Für die Kompressionstherapie der Extremitäten existiert mittlerweile ebenfalls eine Leitlinie 25, in der verdeutlicht wird, welch hohen Stellenwert und Wirksamkeit die Kompressionstherapie hat. So heißt es beispielsweise darin: „Die Therapie mit medizinischen Kompressionsstrümpfen (MKS) oder mit phlebologischen Kompressionsverbänden (PKV) ist in der Behandlung phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen der Beine und Arme unverzichtbar.“ Also sollte auch hier beim Selbstmanagement auf Kompression gesetzt werden. Voraussetzung für eine hohe Compliance ist jedoch eine verständliche Patientenedukation, sodass die erforderliche Akzeptanz gegeben ist.
Eine Eigenbehandlung mit ausgewählten Techniken der Manuellen Lymphdrainage ist ebenfalls möglich. Hierzu sollten entsprechende Übungseinheiten in den Therapiepraxen genutzt werden, denn anfangs müssen die palpatorischen Fähigkeiten der Betroffenen detektiert und geschult werden, was oft einiger Wiederholungen bedarf.
Zusätzliche Maßnahmen fürs Selbstmanagement
Der Bereich der Ernährungsmedizin ist ein wesentlicher Faktor beim Selbstmanagement lymphologischer Erkrankungen. Eine explizite Lymphdiät gibt es zwar nicht, jedoch hat sich gezeigt, dass eine Ernährung, die auf Entzündungshemmung abzielt, bei jeglichen lymphologischen Erkrankungen einen positiven Effekt zeigt. Empfohlen wird eine „mediterrane“ Ernährung 26. Denn Entzündungen haben einen ungünstigen Effekt auf jede Ödemerkrankung, seien es die entzündlichen Prozesse beim Lipödemsyndrom oder auch Entzündungen in bestehenden Lymphödemen, wo eiweißreiche Einlagerungen im Interstitium eine große Gefahr für Entzündungen darstellen. Dadurch steigt auch das Erysipel-Risiko im Lymphödemgebiet, was unbedingt unterbunden werden muss, um der Gefahr einer Sepsis entgegenzuwirken. Somit ist es sinnvoll, schon bei der Ernährung auf Entzündungshemmung zu setzen.
Darüber hinaus sollte die Hautpflege im Selbstmanagement eine große Rolle spielen, ist sie doch die wichtigste Prophylaxe gegenüber Infektionen und auch Erysipelen. Die Kompression trocknet die oft schon fragile Haut zusätzlich aus, somit ist eine adäquate Hautpflege essenziell. Viele Hersteller von Kompressionsversorgungen bieten hochwertige Produkte für die Hautpflege an; diese sind in der Regel auf das verwendete Material abgestimmt, damit die Kompressionsbestrumpfung im Zusammenspiel mit den Pflegeprodukten möglichst langlebig bleibt.
Fazit: Lymphologie funktioniert nur im Netzwerk
Als alleinig Therapierender lassen sich die Herausforderungen der Ödemerkrankungen nicht meistern. Als wichtigste Partner müssen die Betroffenen und ggf. ihre Angehörigen in die Therapie mit einbezogen werden. Nur so können Einsicht erzeugt, gemeinsame Ziele formuliert und das Selbstmanagement sinnvoll angeleitet werden.
Erfahrungsgemäß funktioniert eine Komplexe Physikalische Entstauungstherapie nur im Netzwerk. Die entsprechenden Strukturen – unabhängig davon, ob sie gerade erst wachsen oder schon bestehen – müssen jedoch gepflegt werden. Tragfähige Netzwerkstrukturen wie auf Klinikniveau können auch im ambulanten Bereich funktionieren, wenn sie entsprechend ausgebaut und genutzt werden.
Geeignete Partner hierbei sind lymphologisch geschulte ärztliche Kräfte, Lymphtherapeutinnen und ‑therapeuten sowie lymphologisch ausgebildete Fachkräfte in den Sanitätshäusern. Je nach Schwerpunkt sollte das Netzwerk individuell erweitert werden, beispielsweise um Aspekte wie Psychotherapie, Ernährungsberatung oder Rehasport.
Der Schlüssel zum Erfolg ist eine adäquate Kommunikation der einzelnen Partner untereinander. Die im Netzwerk tätigen Personen sollten sich als gleichberechtige Partner betrachten und auch die Betroffenen als Partner mit einbeziehen. Denn die beste Netzwerkstruktur nützt nur wenig, wenn die Betroffenen sich selbst nicht einbringen können. Eine einheitliche gemeinschaftliche Dokumentation ist hier von großem Vorteil. Der Verein Lymphologicum – Deutsches Netzwerk Lymphologie e. V. beispielsweise hat sich die Förderung der ambulanten Vernetzung der Netzwerkpartner auf die Fahne geschrieben und vermittelt Hilfestellung bei der Gründung lokaler Netzwerke, unter anderem mit strukturierten Dokumentationsbögen.
Jeder und jede Therapierende sollte einen gewissen Anteil seines bzw. ihres lymphologischen Wissens an die Betroffenen weitergeben 27. Das Ziel sollte eine patientenadaptive Therapie sein. Wenn die Betroffenen ihre Möglichkeiten kennen, ihre Fähigkeiten ausbauen und entsprechend geschult sind, können sie ihr Selbstmanagement eigenverantwortlich deutlich besser handhaben.
Der Autor:
Henry Schulze
Lymph- und Ödemtherapeut
Henry Schulze Lymphologie
Gesundheitszentrum Neher
Hauptstraße 52
86494 Emersacker
mail@henry-schulze.de
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