Der gelernte Orthopädietechniker Dipl.-Ing. Merkur Alimusaj ist seit 2008 Leiter der Technischen Orthopädie in der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Heidelberg und gehörte bereits in der Vergangenheit dem Programmkomitee der OTWorld an. Ihm zur Seite steht mit Prof. Dr. med. Martin Engelhardt der Leiter der Klinik für Orthopädie, Unfall- und Handchirurgie am Klinikum Osnabrück sowie unter anderem Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin.
Im Interview mit der OT gibt Prof. Dr. Engelhardt einen ersten Einblick in seine thematischen Schwerpunkte und zu einer möglichen Gestaltung der OTWorld als Präsenzveranstaltung mit ergänzenden digitalen Formaten.
OT: Herzlichen Glückwunsch zur Ernennung zum Kongresspräsidenten der OTWorld 2022! Was sind Ihre Beweggründe, das Amt gemeinsam mit Merkur Alimusaj zu übernehmen?
Martin Engelhardt: Die konservative Orthopädie und die Orthopädie-Technik ermöglichen vielen orthopädischen Patienten ein schmerzfreieres Leben und vielen Menschen erst wieder in angemessener Weise am sozialen Leben teilzunehmen oder sogar mit ihrer Behinderung ihren Beruf auszuüben. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Ausbildungsinhalte im Fach Orthopädie verschoben und die konservative Orthopädie hat an den Universitätskliniken an Bedeutung verloren. Das wichtige Wissen gerade in der Orthopädie-Technik wird vielen Kolleginnen und Kollegen nicht mehr vermittelt. Das hat Folgen für die Patientenversorgung und auch für die gesamte Orthopädie-Technik in Deutschland sowie die Firmen, die auf diesem Gebiet noch immer Weltmarktführer sind.
Die Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS), dessen Vorstandsmitglied ich bin, hat sich schon über einen langen Zeitraum mit der Gestaltung von Symposien an der OTWorld beteiligt. Ich selbst war sehr beeindruckt von der Gesamtveranstaltung und habe dort persönlich viele Anregungen erhalten.
Mein Mentor, Prof. Dr. Bernhard Greitemann, hat mich für die OTWorld begeistert und den Bereich Sportorthopädie an die OTWorld herangeführt. Er und Prof. Dr. Wolfram Mittelmeier haben mich motiviert, mich für das Amt des Kongresspräsidenten zu bewerben. Gemeinsam mit Merkur Alimusaj vom Universitätsklinikum Heidelberg sind wir dann für die Ausrichtung 2022 auserwählt worden. Es ist mir eine große Ehre und eine interessante Aufgabe, mit eigenen Ideen den wichtigen Bereich der konservativen Orthopädie und der Orthopädie-Technik zu stärken.
OT: Als renommierter Sportmediziner wird das Thema Bewegung in all seinen Facetten von der Prävention bis zur Rehabilitation mit Sicherheit von Ihnen einen besonderen Stellenwert erhalten. Haben Sie schon erste Ideen für eine inhaltliche Annäherung?
Engelhardt: Wir werden uns von der GOTS und sicher auch von der Fußgesellschaft DAF mit all unseren fachlichen Spezialitäten in die OTWorld 2022 einbringen. Zusätzlich möchte ich mit der Einbindung der Leipziger Universität, des Instituts für Angewandte Trainingswissenschaften (IAT) und weiterer Facheinrichtungen eine lokale Bereicherung für die OTWorld erzielen und nicht zuletzt viele Sportler, die von der Orthopädie-Technik profitieren, aktiv einbinden.
OT: Sie sind ein ausgewiesener Verfechter der interdisziplinären Zusammenarbeit im Versorgungsalltag. Mit welchen Formaten kann die OTWorld den „Teamgedanken“ herausstellen und im Dialog weiterentwickeln?
Engelhardt: Seit 2020 gibt es eine „strategische Partnerschaft“ des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik mit der GOTS. Beide Organisationen haben erkannt, dass wir gemeinsam etwas für den Erhalt und die Weiterentwicklung der konservativen Orthopädie und der OT tun müssen, damit der Stellenwert, den wir im deutschsprachigen Bereich auf diesem Gebiet in der Welt haben, nicht verloren geht. Wir können uns fachlich hervorragend ergänzen und mit gebündelten Kräften für unser Fachgebiet und unsere Organisationen gemeinsam viel mehr erreichen als im Alleingang. Bei der OTWorld 2022 sollten wir gerade im wissenschaftlichen Bereich noch mehr fächerübergreifend die Orthopädie-Technik mit den Ärzten und Therapeuten in gemeinsamen Sitzungen zusammenbringen. Der gemeinsame Dialog wird den Teamgedanken fördern, der für eine optimale Patientenversorgung unerlässlich ist.
OT: Sie legen großen Wert auf hochwertige Ausbildungsstandards, sowohl im medizinischen als auch im handwerklichen Bereich. Werden Sie diese Haltung auch in die Programmgestaltung miteinfließen lassen?
Engelhardt: Nur mit einer hochwertigen Aus- und Fortbildung sowohl im wissenschaftlichen wie im praktischen Bereich werden wir unser Fach weiterentwickeln können. Die Orthopädie-Technik ist technologisch in vielen Bereichen hochkomplex und nur mit interdisziplinärer Beteiligung weiterzuentwickeln. Gleichzeitig ist die OT Handwerk und auch das muss weiter solide vermittelt werden, um hochwertige Produkte und eine möglichst optimale Patientenversorgung zu gewährleisten. Gleiches gilt auch für den medizinischen Bereich. Wir sollten die OTWorld dazu nutzen, auch auf diesem Gebiet voran zu kommen.
OT: Die Entscheidung für ein rein digitales Kongress- und Messeformat war 2020 unausweichlich. Werden wir 2022 die gewohnte Präsenzveranstaltung erleben und was bleibt aus der virtuellen „connect“-Edition erhalten?
Engelhardt: Wir werden mit Sicherheit 2022 die gewohnte Präsenzveranstaltung erleben und freuen uns schon gemeinsam darauf. Der Mensch ist ein soziales Wesen und benötigt den direkten Kontakt und Austausch. Kein noch so perfektes und ausgeklügeltes digitales Format kann das ersetzen. Die digitalen Formate werden jedoch den bisherigen Charakter der OTWorld ergänzen. Das ermöglicht es auch Kolleginnen und Kollegen, die nicht reisen können oder dürfen, sich an den Veranstaltungen zu beteiligen. Wir sollten die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung sinnvoll nutzen. Und Deutschland sollte die Zeit jetzt auch dazu nutzen, den Rückstand auf diesem Gebiet gegenüber der übrigen Welt aufzuholen.
Die Fragen stellte Michael Blatt.
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