Von Orthetik über Prothetik bis hin zu Bewegungsanalyse, Reha-Technik und Kompression boten die Referent:innen einen umfassenden Einblick in verschiedene Schwerpunktthemen der Versorgung. Offene Fragen blieben nicht lange unbeantwortet. Die Zuschauer:innen beteiligten sich per Chat- und Audiofunktion aktiv an der Veranstaltung, kamen so in den Austausch mit den Referent:innen und konnten Wissenslücken füllen. „Viele von Ihnen sind im ersten Lehrjahr, andere kurz vor dem Abschluss“, verriet die Teilnehmerliste Ralph Bethmann. „Ich kann Ihnen versichern: Fortbildung wird nie aufhören. Nutzen Sie dazu jede Möglichkeit.“
Nach der Einführung startete Bethmann mit dem ersten Vortrag – und stellte wieder einmal die Parameter zum Aufbau einer Oberschenkelprothese vor. Und das aus gutem Grund. „Willst du nicht mal ein anderes Thema machen?“ sei er vorab gefragt worden, ebenso habe es geheißen „Das Thema ist genau das, was wir brauchen“. Und das sieht Bethmann genauso. „Manche Versorgungen kommen während der Ausbildung in vielen Betrieben zu kurz, werden nur in Meisterhand oder in die des Abteilungsleiters gelegt.“ Dazu gehöre auch die Oberschenkelprothese. Dabei könne man den Aufbau durchaus auch Azubis zumuten. „Wenn man es ein, zwei Mal richtig gezeigt bekommt, ist es beim dritten Mal ein Selbstläufer“, ist Bethmann überzeugt und betonte: „Man könnte dem Vorgesetzten damit eine Menge Arbeit abnehmen, wenn er diese bloß abgeben würde.“
Unter dem Titel „Pimp my AFO“ referierte Bufa-Fachlehrer Ludger Lastring. Er machte klar: Mit dem Bau einer Orthese ist es nicht immer getan. Nicht selten seien im Nachgang Anpassungen notwendig. Welche Möglichkeiten es gibt, die Funktion einer Orthese auch dann noch zu verbessern und an die Bedürfnisse der Patient:innen anzupassen, stellte Lastring den Zuschauer:innen anschaulich dar. Dazu zählten unter anderem Veränderungen der Schuhzurichtung sowie der Rückfußhebellänge und Vorfußhebellänge.
Klein, wendig und faltbar
Der Bufa sei es stets ein Anliegen, auch den Bereich Reha-Technik nicht außen vor zu lassen, betonte Fachlehrer Norbert Stockmann. Während er im Vorjahr die Sitzschalenversorgung in den Fokus genommen hatte, widmete er sich diesmal dem Thema Rollstuhlfahren – mit besonderer Betonung auf Fahren. Wie kann dieses verbessert werden? Und was ist für das Fahren im Alltag von Bedeutung? Fragen, auf die Stockmann gleich Antworten gab. Ein Rollstuhl müsse in der Häuslichkeit der Person mit allen Barrieren, die dort zu finden sind, funktionieren. Gleiches gelte für den Arbeitsplatz. Um alle Alltagssituationen zu meistern, müsse der Rollstuhl also klein, wendig und in vielen Fällen faltbar sein. „All diese Aspekte, also die Wendigkeit, die Ausmaße und die Faltbarkeit, hängen von dem jeweiligen Lenksystem ab, das im Rollstuhl verbaut ist“, betonte Stockmann und veranschaulichte während seines Vortrags zunächst die technischen sowie anschließend die ergonomischen Aspekte des Rollstuhlfahrens.
Ebenfalls zum Beruf gehört die phlebologische Kompressionsstrumpfversorgung, die in das Fachgebiet von Bettina Grage-Roßman fällt. Sie stellte vor, worauf es bei der Versorgung der Patient:innen ankommt und ging neben einer notwendigen umfangreichen Beratung auf die Wichtigkeit der Auswahl passender Strümpfe und Materialien sowie weiteren Zubehörs ein und wies auf typische Fehlerquellen hin. „Beachten Sie das Abschlussmaß. Der Strumpf darf nicht einschnüren“, sagte sie. Sorgfältig zu messen sei die Voraussetzung für einen guten Sitz.
In Vertretung für ihren ehemaligen Fachlehrer Bernd Sibbel gab OTM Jasmin Rössler, die vor ihrem Abschluss im vergangenen Jahr noch die Bufa in Dortmund besuchte, einen Einblick in die Prothetik der oberen Extremität. Unterarmprothesen, multi-artikulierende Hände, komplette Systeme, Spezialfälle – Rössler machte deutlich, wie vielfältig der Versorgungsbereich ist. Dafür stellte sie u. a. die verschiedenen Sparten – aktive und passive Armprothesen – sowie deren weitere Aufgliederung vor und beschrieb beispielsweise die Funktionsweise einer myoelektrischen Steuerung. Während des Unterrichts an der Bufa haben sie und ihre Mitschüler:innen verschiedene Hände testen können, auch um zu schauen, wie anstrengend die Bewegung ist. „Viele Patienten, die Myotests machen, ermüden sehr schnell. Heißt, am Anfang bekommt man ein gutes Signal, später wird es immer schwächer“, so Rössler. Bewege man selbst das eigene Handgelenk, also die Hand immer wieder nach oben und unten, stelle man fest, wie anstrengend es ist, die Muskulatur für den Test zu verwenden. Ihr Tipp an alle Nachwuchskräfte: „Ich würde jedem, der mit Armprothetik zu tun hat, empfehlen, sich selber einen Schaft zu bauen. Nicht immer ist es einfach hineinzukommen, man merkt, welche Haftreibung das Silikonmaterial hat und man hat dadurch den Vorteil, dass man verschiedene Hände anbauen und Steuerungen ausprobieren kann.“
Der Prothetik der oberen Extremität schloss Fachlehrer Jan Becker „Prothetische Versorgungsmöglichkeiten nach TT-Amputation“ an, stellte die Aufgaben der Prothese, des Prothesenschafts sowie verschiedene Prothesen- und Linersysteme vor. Nicht zu unterschätzen sei bei der Versorgung der kosmetische Aspekt. Viele Prothesenträger:innen würden sich heutzutage keine natürliche, sondern eine bunte Optik wünschen. „Die Prothese muss das kosmetische Erscheinungsbild vervollständigen“, betonte Becker.
Messtechnik als zusätzliches Werkzeug
Bewegungsanalyse wird an der Bufa praktisch gelehrt und gelebt. Das Institut für Messtechnik und Biomechanik (IMB) fungiert dafür als Schnittstelle zwischen der praxisorientierten Berufsbildung und der akademischen Forschung und Lehre. Dr. Ann-Kathrin Hömme, Leiterin des IMB, stellte das Labor sowie die Möglichkeiten der Bewegungsanalyse in der Orthopädie-Technik vor. Dabei nahm sie bereits zu Anfang vorweg: „Wir sehen die Messtechnik nicht als Ersatz von Fachkompetenz, sondern ganz klar als zusätzliches Werkzeug und Unterstützung der Fachkompetenz, die in der Orthopädie-Technik vorhanden ist.“
Hömme nutzte den „Tag der Auszubildenden“ auch, um die Ausbildung und den Meisterlehrgang an der Bufa vorzustellen sowie in ihrer Funktion als Leiterin des Bachelor- und Masterstudiengangs Orthopädie- und Rehabilitationstechnik, um über das Studium, den Aufbau und die Vorteile zu informieren. Viele Wege führen in die Orthopädie-Technik, für Hömme aber in jedem Fall über die Bufa. „Für uns ist der Mensch das Maß und steht im Mittelpunkt“, betonte sie.
Pia Engelbrecht
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