Zum Nut­zen mikro­pro­zes­sor­ge­steu­er­ter Pro­the­senknie­ge­len­ke bei ein­ge­schränk­ten Außen­be­reichs­ge­hern: eine aktua­li­sier­te sys­te­ma­ti­sche Literaturanalyse

A. Hahn, A. Kannenberg
Der Nutzen per Mikroprozessor gesteuerter Prothesenkniegelenke (MPK) für uneingeschränkte Außenbereichsgeher (Aktivitätsklasse 3) mit Oberschenkelamputation ist in der wissenschaftlichen Literatur gut belegt. Kannenberg et al. analysierten 2014/2015 in einer viel zitierten Übersichtsarbeit den Stand der wissenschaftlichen Forschung bei eingeschränkten Außenbereichsgehern (Aktivitätsklasse 2) in den Bereichen „Sicherheit des Prothesengebrauchs“,  „leistungsbasierte Funktionalität und Mobilität“ sowie „vom Patienten wahrgenommene Funktionalität und Zufriedenheit“. Die vorliegende Arbeit aktualisiert diese Übersicht unter Anwendung derselben Methodik.

Eine sys­te­ma­ti­sche Lite­ra­tur­su­che iden­ti­fi­zier­te sie­ben zusätz­li­che Stu­di­en, deren metho­di­sche Qua­li­tät nach den Kri­te­ri­en eines Coch­ra­ne-Reviews zu Pro­the­sen­pass­tei­len als „mit­tel“ ein­zu­stu­fen ist. Die­se Stu­di­en beschrei­ben ins­ge­samt 2.249 Pati­en­ten, davon 677 in der Akti­vi­täts­klas­se 2 sowie 432 mit vas­ku­lär beding­ter Ober­schen­kel­am­pu­ta­ti­on. Aus dem nun qua­li­ta­tiv und quan­ti­ta­tiv deut­lich ver­bes­ser­ten Stand der wis­sen­schaft­li­chen Lite­ra­tur lässt sich das Poten­zi­al ins­be­son­de­re von MPK mit Line­ar­hy­drau­lik ablei­ten, auch oder gera­de bei beson­ders vul­ner­ablen Pati­en­ten­grup­pen zur Ver­bes­se­rung von Sicher­heit, Mobi­li­tät und Lebens­qua­li­tät bei­zu­tra­gen. Dar­über hin­aus lässt sich die Kos­ten­ef­fi­zi­enz die­ser Sys­te­me auch in die­ser Pati­en­ten­grup­pe bele­gen. Die Ergeb­nis­se die­ser sys­te­ma­ti­schen Lite­ra­tur­ana­ly­se legen nahe, die pro­the­ti­sche Ver­sor­gung ein­ge­schränk­ter Außen­be­reichs­ge­her mit MPK heu­te als Stan­dard zu betrachten.

Anzei­ge

Ein­lei­tung

Das Feh­len oder die Ampu­ta­ti­on einer unte­ren Extre­mi­tät kann die lebens­ver­än­dern­de Fol­ge von ange­bo­re­nen Defor­mi­tä­ten, Trau­ma­ta, Krebs­er­kran­kun­gen, peri­phe­rer arte­ri­el­ler Ver­schluss­krank­heit (pAVK), dia­be­ti­scher Neu­ro­pa­thie und ande­ren Erkran­kun­gen sein. Bei ober­schen­kel­am­pu­tier­ten Pati­en­ten stellt das Pro­the­senknie­ge­lenk ein äußerst wich­ti­ges Pass­teil dar, das sowohl die funk­tio­nel­le Bio­me­cha­nik des Knieswie­der­her­stel­len als auch größt­mög­li­che Sta­bi­li­tät und Sicher­heit der Pro­the­se gewähr­leis­ten muss 1. In den letz­ten 25 Jah­ren hat sich die Tech­no­lo­gie von Pro­the­senknie­ge­len­ken durch den Ein­satz von Mikro­pro­zes­so­ren in der Stand- und/ oder Schwung­pha­sen­steue­rung erheb­lich wei­ter­ent­wi­ckelt. Sie konn­te dadurch den für her­kömm­li­che  Pro­the­senknie­ge­len­ke gel­ten­den Gegen­satz zwi­schen Sicher­heit und Funk­ti­ons­un­ter­stüt­zung – „je siche­rer, des­to weni­ger funk­tio­nell; je funk­tio­nel­ler, des­to unsi­che­rer“ – über­win­den. Die über­wie­gen­de Anzahl kli­ni­scher Stu­di­en wur­de mit unein­ge­schränk­ten Außen­be­reichs­ge­hern (Akti­vi­täts­klas­se [AK] 3 bzw. dem US-Äqui­va­lent Medi­ca­re Func­tion­al Clas­si­fi­ca­ti­on Level [MFCL-] 3) durch­ge­führt. Sie bele­gen die grö­ße­re Sicher­heit bei gleich­zei­tig ver­bes­ser­ter Funk­tio­na­li­tät von per Mikro­pro­zes­sor gesteu­er­ten Pro­the­senknie­ge­len­ken (MPKs) 2 3 4 beim Gehen auf ebe­nen 5 6 7 8 9 und unebe­nen Unter­grün­den 10 1112 13, Schrä­gen 14 15 16 17 18, Trep­pen 19 20 21 22 23 und bei der Bewäl­ti­gung kri­ti­scher All­tags­si­tua­tio­nen. 24 25. Eine gan­ze Rei­he von Stu­di­en hat dabei eine signi­fi­kan­te Ver­rin­ge­rung von Stür­zen und ein ver­bes­ser­tes Gleich­ge­wicht gegen­über dem Gebrauch von nicht per Mikro­pro­zes­sor gesteu­er­ten Knie­ge­len­ken (NMPKs) 26 27 28 29 30 31 32 nach­ge­wie­sen. In der Zwi­schen­zeit gilt auch die Kos­ten­ef­fi­zi­enz von MPK in die­ser Anwen­der­grup­pe als belegt 33 34. Bei der Ver­sor­gung mit moder­nen Pro­the­sen­sys­te­men wer­den häu­fig jün­ge­re, gesün­de­re und akti­ve­re Pati­en­ten bevor­zugt. Damit hat die Bein­pro­the­tik einen von ande­ren Berei­chen der Gesund­heits­ver­sor­gung abwei­chen­den Weg ein­ge­schla­gen – nor­ma­ler­wei­se wird die moderns­te Medi­zin­tech­nik bei den ältes­ten und kränks­ten Pati­en­ten mit den größ­ten gesund­heit­li­chen Beein­träch­ti­gun­gen ein­ge­setzt. Dies erklärt auch, war­um 80 % der lebens­lan­gen Gesund­heits­aus­ga­ben auf die zwei­te Lebens­hälf­te ent­fal­len 35, wobei ein Groß­teil davon erst im letz­ten Jahr vor dem Tod ent­steht 36 37. Heu­te ist der Groß­teil der ober­schen­kel­am­pu­tier­ten Pati­en­ten älter als 65 Jah­re 38 und erreicht nicht den Mobi­li­täts­grad eines unein­ge­schränk­ten Außen­be­reichs­ge­hers 39. Dazu trägt mög­li­cher­wei­se auch bei, dass in der Regel Pro­the­senknie­ge­len­ke ein­ge­setzt wer­den, die in ihrer Funk­tio­na­li­tät deut­lich ein­ge­schränkt sind und häu­fig bereits vor Jahr­zehn­ten ent­wi­ckelt wurden.

Dies wirft die Fra­ge auf, ob auch ein­ge­schränk­te Außen­be­reichs­ge­her (AK 2 bzw. US-Äqui­va­lent MFCL- 2) einen ähn­lich gro­ßen Nut­zen aus dem Gebrauch von MPKs zie­hen kön­nen wie unein­ge­schränk­te Außen­be­reichs­ge­her (AK/MFCL‑3). Kan­nen­berg et al.40 41 ermit­tel­ten in ihrer sys­te­ma­ti­schen Ana­ly­se kli­ni­scher Stu­di­en zum Ver­gleich des Nut­zens von NMPKs und MPKs bei ein­ge­schränk­ten Außen­be­reichs­ge­hern (AK/MFCL‑2) eine signi­fi­kan­te Ver­rin­ge­rung der Stür­ze um bis zu 80 % und eine signi­fi­kan­te Ver­bes­se­rung von Indi­ka­to­ren für das Sturz­ri­si­ko bei Ver­wen­dung eines MPK. Die leis­tungs­ba­sier­ten Test­pa­ra­me­ter zeig­ten, dass ein MPK die Pati­en­ten der Akti­vi­täts­klas­se 2 befä­hi­gen kann, in der Ebe­ne ca. 14 bis 25 %, auf unebe­nem Unter­grund etwa 20 % und beim Hin­ab­ge­hen von Ram­pen bis zu 30 % schnel­ler zu gehen. Dar­über hin­aus  konn­ten die Pati­en­ten auch Akti­vi­tä­ten bes­ser bewäl­ti­gen, die eigent­lich typisch für die Akti­vi­täts­klas­se 3 sind. Ein inter­es­san­tes Ergeb­nis der Ana­ly­se war aller­dings auch, dass sich die kli­nisch rele­van­ten objek­ti­ven Ver­bes­se­run­gen bezüg­lich Sicher­heit, Funk­tio­na­li­tät und Mobi­li­tät sub­jek­tiv im Wesent­li­chen nur in einer deut­li­chen Prä­fe­renz von 90 % für das MPK wider­spie­gel­ten. Die Ergeb­nis­se  vali­dier­ter Mess­in­stru­men­te zur sub­jek­tiv wahr­ge­nom­me­nen Sicher­heit und Funk­tio­na­li­tät der Pro­the­se  waren dage­gen weni­ger über­zeu­gend. Der Zweck der vor­lie­gen­den Aktua­li­sie­rung der Lite­ra­tur­ana­ly­se besteht dar­in, fol­gen­de Fra­gen zu klären:

  1. Sind in den letz­ten 5 Jah­ren neue, mög­li­cher­wei­se grö­ße­re Stu­di­en mit MPK bei ein­ge­schränk­ten Außen­be­reichs­ge­hern ver­öf­fent­licht wor­den, die die Ergeb­nis­se der Lite­ra­tur­ana­ly­se von 2014/2015 4243unter­mau­ern oder widerlegen?
  2. Haben neue­re Stu­di­en mög­li­cher­wei­se wei­te­re Nut­zen­aspek­te von MPK bei ein­ge­schränk­ten Außen­be­reichs­ge­hern unter­sucht, die in der Lite­ra­tur­ana­ly­se von 2014/2015 noch nicht ermit­telt wurden?
  3. Gibt es Stu­di­en zur gesund­heits­öko­no­mi­schen Bewer­tung von MPK bei ein­ge­schränk­ten Außenbereichsgehern?

Metho­dik

Such­stra­te­gie

Die sys­te­ma­ti­sche Lite­ra­tur­su­che erfolg­te am 13. Janu­ar 2020 in den wis­sen­schaft­li­chen Lite­ra­tur­da­ten­ban­ken Med­li­ne und Coch­ra­ne Libra­ry sowie in Goog­le Scho­lar. Für die Daten­bank­re­cher­che wur­den Such­be­grif­fe mit Bezug zu MPK und ein­sei­tig ober­schen­kel­am­pu­tier­ten Per­so­nen der Akti­vi­täts­klas­se 2 bzw. des Mobi­li­täts­grads MFCL‑2 sowie eine Erwei­te­rung auf vas­ku­lä­re Ätio­lo­gien ver­wen­det. Der Daten­bank-Such­lo­gik fol­gend wur­den in DARE, Cir­rie (jetzt NARIC Rehab Data­ba­se), PEDRO und OT See­ker punk­tu­el­le ergän­zen­de Suchen durch­ge­führt. Die Lite­ra­tur­su­che beschränk­te sich auf eng­lischund deutsch­spra­chi­ge Publi­ka­tio­nen im Zeit­raum von 2014 bis 2020. Zusätz­lich wur­den die Lite­ra­tur­ver­zeich­nis­se der ana­ly­sier­ten Arti­kel auf wei­te­re mög­li­cher­wei­se rele­van­te Publi­ka­tio­nen durch­sucht. Aus­wahl­ver­fah­ren Zunächst wur­den die Titel und Kurz­zu­sam­men­fas­sun­gen (Abs­tracts) der ermit­tel­ten Publi­ka­tio­nen von beiden
Autoren unab­hän­gig von­ein­an­der auf das Vor­lie­gen von Ein- und Aus­schluss­kri­te­ri­en gesich­tet und als (I) rele­vant, (II) nicht rele­vant oder (III) even­tu­ell rele­vant bewertet.

Ein­schluss­kri­te­ri­en

Fol­gen­de Kri­te­ri­en muss­ten zum Ein­schluss in die Ana­ly­se erfüllt sein: 1. Es muss­te sich um eine ran­do­mi­sier­te oder nicht­ran­do­mi­sier­te Ver­gleichs­stu­die han­deln, die die Ver­sor­gung und die Ergeb­nis­se oder die gesund­heits­öko­no­mi­schen Aspek­te eines oder meh­re­rer MPK mit denen eines oder meh­re­rer NMPK ver­gleicht oder – im Fal­le gesund­heits­öko­no­mi­scher Stu­di­en – model­liert. 2. Die Stu­die muss­te über Ergeb­nis­se von Pati­en­ten mit ein­sei­ti­ger  Ober­schen­kel­am­pu­ta­ti­on oder Knie­ex­ar­ti­ku­la­ti­on und dem Mobi­li­täts­grad 2 (bzw. MFCL‑2) und/oder der Ätio­lo­gie „vas­ku­lä­re Erkran­kung“ berich­ten. Die ein­ge­schränk­ten Außen­be­reichs­ge­her muss­ten dabei ent­we­der die Stu­di­en­ziel­grup­pe dar­stel­len, oder die Stu­die muss­te deren Ergeb­nis­se als eigenständige
Unter­grup­pen­ana­ly­se oder als Roh­da­ten prä­sen­tie­ren, die eine nach­träg­li­che (Post-hoc) sta­tis­ti­sche Aus­wer­tung zulie­ßen. 3. Die Stu­die ver­wen­de­te und berich­te­te über quan­ti­ta­tiv unab­hän­gig nach­voll­zieh­ba­re Ergeb­nis­se vali­dier­ter kli­ni­scher Test­ver­fah­ren  und vali­dier­ter Fra­ge­bö­gen aus den Berei­chen Sicher­heit, Funk­tio­na­li­tät und Mobi­li­tät sowie über wahr­ge­nom­me­ne Funk­tio­na­li­tät und Zufrie­den­heit mit der Prothese.

Aus­schluss­kri­te­ri­en

Fol­gen­de Kri­te­ri­en führ­ten zum Aus­schluss aus der Analyse:

  1. Stu­di­en mit implan­tier­ba­ren Knie­ge­len­ken (tota­le Kniearthroplastik/ tota­ler Knieersatz);
  2. Stu­di­en mit beid­sei­tig ampu­tier­ten Pati­en­ten oder mit Pati­en­ten mit einem höhe­ren bzw. nied­ri­ge­ren Ampu­ta­ti­ons­ni­veau als trans­fe­mo­ral bzw. Knieexartikulation;
  3. Stu­di­en, die nur Mei­nun­gen oder qua­li­ta­ti­ve Bewer­tun­gen der Autoren, aber kei­ne kon­kre­ten quan­ti­ta­ti­ven Daten für eine unab­hän­gi­ge Bewer­tung beinhalteten;
  4. Stu­di­en, die bereits in Kan­nen­berg  et al. 2014/2015 berück­sich­tigt wurden;
  5. Dupli­ka­te.

Beur­tei­lung der metho­di­schen Qualität

Nach der Sich­tung der Publi­ka­tio­nen in Bezug auf ihre Rele­vanz für die­se Ana­ly­se wur­den die metho­di­sche Qua­li­tät und das Risi­ko einer Ver­zer­rung der Ergeb­nis­se (Bias) sepa­rat von bei­den Autoren mit­tels der von Hof­stad et al. 44 ver­öf­fent­lich­ten Check­lis­te eines sys­te­ma­ti­schen­Co­ch­ra­ne-Reviews über   rothe­ti­sche Knö­chel-Fuß-Mecha­nis­men beur­teilt. Die Check­lis­te von Hof­stad et al. umfasst 13 metho­di­sche Qua­li­täts­kri­te­ri­en, die sich auf die Pati­en­ten­aus­wahl, die Qua­li­tät und die Wie­der­hol­bar­keit des Stu­di­en­de­signs sowie auf die sta­tis­ti­sche Vali­di­tät der Daten bezie­hen. Die iden­ti­fi­zier­te gesund­heits­öko­no­mi­sche Stu­die (sie­he unten) wird ohne eige­ne Metho­den­be­wer­tung diskutiert.

Ergeb­nis­se Literatursuche

Mit­tels Lite­ra­tur­re­cher­che in den Daten­ban­ken wur­den 3.220 Arti­kel­hin­wei­se ermit­telt. Nach Aus­schluss von Mehr­fach­tref­fern und Prü­fung auf Rele­vanz wur­den 31 Arti­kel einer Voll­text­sich­tung unter­zo­gen. Sie­ben Arti­kel genüg­ten den Ein­schluss­kri­te­ri­en. Eine wei­te­re Publi­ka­ti­on beschreibt ein  gesund­heits­öko­no­mi­sches Modell zur Bewer­tung der Kos-ten­ef­fi­zi­enz und des Ein­flus­ses auf das Bud­get aus Sicht der Kos­ten­trä­ger in Deutsch­land. Im Fol­gen­den wer­den die iden­ti­fi­zier­ten Arbei­ten kurz charakterisiert:

1. Lans­a­de et al. 45 beschrei­ben eine ran­do­mi­sier­te Cross-over- Stu­die in der rele­van­ten Ziel­grup­pe ober­schen­kel­am­pu­tier­ter Pro­ban­den mit nied­ri­ger Mobi­li­tät mit einem „Kenevo“-Knie unter Ver­wen­dung vali­dier­ter funk­tio­na­ler und  pati­en­ten­ba­sier­ter Messinstrumente.

2. Kauf­man et al. 46 berich­ten über eine pro­spek­ti­ve Cross-over-Stu­die, die mit vier unter­schied­li­chen MPKs („C‑Leg Com­pact“, „Rheo Knee 3“, „Plie 3“, „Ori­on 2“) durch­ge­führt wur­de. Zwi­schen den unter­schied­li­chen MPKs wur­de nicht unter­schie­den. Neben vali­dier­ten Instru­men­ten wur­den hier auch Akti­vi­täts­sen­so­ren eingesetzt.

3. Wong et al. 47 unter­su­chen den Ein­fluss des „C‑Leg“ auf Pro­ban­den mit vas­ku­lä­rer Ätio­lo­gie in einer pro­spek­ti­ven Kohor­ten­stu­die unter Ver­wen­dung stan­dar­di­sier­ter kli­ni­scher Messinstrumente.

4. Mile­us­nic et al. 48 beschrei­ben in einer pro­spek­ti­ven Kohor­ten­stu­die den ers­ten Ver­sor­gungs­ein­satz von „Kene­vo“ bei ein­ge­schränk­ten Außen­be­reichs­ge­hern. Zusätz­lich zu vali­dier­ten Instru­men­ten wer­den hier spe­zi­fisch ange­pass­te, ver­glei­chen­de Likert-Ska­len eingesetzt.

5. Hase­n­öhrl et al. 49beschrei­ben im Rah­men einer Pilot­stu­die ein pro­spek­ti­ves A‑B-A-Design zur Prü­fung eines auf dem „Geni­um“ basie­ren­den MPK-Pro­to­typs bei ein­ge­schränk­ten Außen­be­reichs­ge­hern und set­zen neben kli­nisch stan­dar­di­sier­ten Instru­men­ten auch eine instru­men­tier­te Gang­ana­ly­se ein.

6. Hahn et al. 50 51 52 beschrei­ben in zwei unab­hän­gi­gen retro­spek­ti­ven Ana­ly­sen Ergeb­nis­se aus über 1.223 bzw. 899 Test­ver­sor­gun­gen mit „C‑Leg“/„C‑Leg Com­pact“ bzw. „Geni­um“. Dazu wur­den, den Emp­feh­lun­gen der ehe­ma­li­gen Kli­ni­schen Prüf­stel­le Müns­ter 53 54 fol­gend, ver­glei­chen­de Likert-Ska­len ein­ge­setzt. Der Ein­fluss auf die Unter­grup­pen „nied­ri­ge® Aktivitätsklasse/ Mobi­li­täts­grad“ und „vas­ku­lä­re Ätio­lo­gie“ wur­de mit­tels Regres­si­ons­ana­ly­sen bewertet.

7. Kuhl­mann et al. 55 ent­wer­fen ein ent­schei­dungs­ana­ly­ti­sches Modell  (Mar­kov Sta­te Tran­si­ti­on Model) zur Kos­ten­ef­fek­ti­vi­täts- und Bud­get­aus­wir­kungs­ana­ly­se aus Sicht der Kos­ten­trä­ger. Den Annah­men des Modells bezüg­lich Sturz­häu­fig­keit mit NMPK und Sturz­ver­mei­dung durch MPK lie­gen Ergeb­nis­se der in die­ser Arbeit zitier­ten Stu­di­en zugrun­de. Zur Ermitt­lung der demo­gra­fi­schen Daten der Modell­po­pu­la­ti­on und der Sturz­fol­ge­kos­ten wur­den Daten des Insti­tuts für das Ent­gelt­sys­tem im Kran­ken­haus (InEK), des Sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes und der Deut­schen Ren­ten­ver­si­che­rung ver­wen­det. Die Modell­po­pu­la­ti­on betrach­tet Ampu­tier­te mit MPK oder NMPK mit und ohne vas­ku­lä­re Erkran­kung in einem Alters­be­reich ab 40 Jahren.

Beur­tei­lung der metho­di­schen Qua­li­tät der ermit­tel­ten Studien

Die Ergeb­nis­se der Bewer­tung der metho­di­schen Qua­li­tät sind in Tabel­le 1 dar­ge­stellt. Trotz star­ker Unter­schie­de in der Gesamt­punkt­zahl wur­de bei allen ein­ge­schlos­se­nen Stu­di­en ein mitt­le­res Qua­li­täts­ni­veau fest­ge­stellt. Dies über­rascht ins­be­son­de­re bei der ran­do­mi­sier­ten Stu­die von Lans­a­de et al. [28], deren metho­di­sche Qua­li­tät trotz des Errei­chens von 13 von 14 mög­li­chen Punk­ten ange­sichts des Feh­lens einer Ver­blin­dung nur als „mit­tel“ ein­zu­stu­fen ist. Die demo­gra­fi­schen Daten der 2.249 Pati­en­ten in den für die Ana­ly­se ver­wen­de­ten Publi­ka­tio­nen sowie Anga­ben zu den Stu­di­en­de­signs, den ver­wen­de­ten Inter­ven­ti­ons- bzw. Kon­troll­ge­len­ken sind in Tabel­le 2 dar­ge­stellt. In die­ser Stu­di­en­grup­pe fin­den sich 692 Pati­en­ten mit Mobi­li­täts­grad 2; 436 Pati­en­ten wei­sen eine vas­ku­lä­re Erkran­kung als Ampu­ta­ti­ons­ur­sa­che auf. In der Kos­ten­ef­fi­zi­enz- und Kos­ten­aus­wir­kungs­ana­ly­se von Kuhl­mann et al. [38] wird eine  pro­ba­bi­lis­ti­sche Sen­si­ti­vi­täts­ana­ly­se (PSA) durch­ge­führt, die eine Abschät­zung der Irr­tums­wahr­schein­lich­keit des Modells und des Ein­flus­ses der  unter­schied­li­chen Ein­gangs­pa­ra­me­ter erlaubt. Das Modell betrach­tet 125 anhand von DRG-Anga­ben abge­lei­te­te Kohor­ten über einen Zeit­raum von 25 Jah­ren. Die Ergeb­nis­se wer­den pro 1.000 Pro­ban­den­jah­re referenziert.Ergebnisse zur objek­ti­ven und sub­jek­tiv vom Pati­en­ten wahr­ge­nom­me­nen Sicher­heit, Funk­tio­na­li­tät und Mobi­li­tät sind in Tabel­le 3 zusam­men­fas­send wiedergegeben.

Ergeb­nis­se zur Sicherheit

Alle kli­ni­schen Stu­di­en berich­ten über Ergeb­nis­se zur Sicher­heit des Prothesengebrauchs.
Wong et al. 56 und Kauf­man et al. 57 berich­ten über eine signi­fi­kan­te (p < 0,05) Reduk­ti­on der Sturzan­zahl wäh­rend der jewei­li­gen Beobachtungszeiträume.
Lans­a­de et al. 58 berich­ten über eine nicht­si­gni­fi­kan­te Reduk­ti­on der Sturzan­zahl inner­halb des 4‑wöchigen Beobachtungszeitraums.
Wong et al. und Mile­us­nic et al. 59 berich­ten über eine Reduk­ti­on der mit einer nume­ri­schen Ana­logska­la gemes­se­nen Sturz­angst. Dabei sind die Ergeb­nis­se von Wong et al. signi­fi­kant (p = 0,042); die Ergeb­nis­se von Mile­us­nic et al. las­sen einen sta­tis­ti­schen Trend erken­nen (0.05 ≤ p [= 0,075] < 0.1).
Hahn et al. berich­ten in 60 von einer  deut­lich redu­zier­ten Anzahl von Pro­ban­den mit Sturz­angst (87 % in MG2, 95 % CI [0.871; 0.849].
Wong et al., Hase­n­öhrl et al. 61 und Lans­a­de et al. berich­ten über den mit Sturz­ri­si­ko asso­zi­ier­ten Time­dup- and-go-Test (TUG).
Lans­a­de et al. berich­ten über eine hoch­si­gni­fi­kan­te (p ≤ 0,001) und kli­nisch rele­van­te Ver­bes­se­rung mit „Kene­vo“. Die signi­fi­kan­ten Ergeb­nis­se (p = 0,043) von Wong et al. über­stei­gen deut­lich den Mini­mal Detec­ta­ble Chan­ge (MDC, Mess­feh­ler) von 3,6 s. Die Ergeb­nis­se von Hase­n­öhrl et al. blei­ben unter dem MDC und sind nicht signifikant.
Mile­us­nic et al. berich­ten über eine signi­fi­kan­te Reduk­ti­on der Anzahl der beob­ach­te­ten Pro­ban­den mit Stol­per­ereig­nis­sen (p = 0,044).
Hase­n­öhrl et al., Mile­us­nic et al. und Lans­a­de et al. berich­ten über eine jeweils nicht­si­gni­fi­kan­te Stei­ge­rung der Anzahl von Per­so­nen, die nach MPK-Ver­sor­gung nicht mehr stürzen.
Hahn et al. berich­ten sowohl in 62 als auch in 63über eine signi­fi­kant höhe­re Anzahl von Pro­ban­den, die ver­glei­chend eine Ver­bes­se­rung ihres Sicher­heits­emp­fin­dens ange­ben (85 % in MG2, 95 % CI [0,81; 0,88] für 64).
Wäh­rend sehr wohl ein­zel­ne Pro­ban­den kei­ne Ver­bes­se­rung ihres Sicher­heits­emp­fin­dens ange­ben, weist jedoch kein sicher­heits­re­le­van­ter Para­me­ter einen sta­tis­tisch signi­fi­kan­ten Effekt oder Trend zuguns­ten eines NMPK aus.

Ergeb­nis­se zu Funk­tio­na­li­tät und Mobilität

Sta­tis­tisch signi­fi­kan­te Ergeb­nis­se zur objek­ti­ven Bewer­tung von Funk­tio­na­li­tät und Mobi­li­tät wer­den von 6 Stu­di­en berich­tet. Dabei wur­den die Ergeb­nis­se des TUG nicht erneut gezählt. Mile­us­nic et al. 65 berich­ten über eine signi­fi­kan­te Reduk­ti­on der Anzahl der Pro­ban­den, die wei­ter­hin einen Roll­stuhl benut­zen (p = 0,0046). Kauf­man et al. 66 berich­ten über durch Akti­vi­täts­mes­sung iden­ti­fi­zier­te signi­fi­kan­te Reduk­tio­nen der sit­zend ver­brach­ten Zeit (p = 0,01) und ana­log dazu signi­fi­kant erhöh­te Bewe­gungs­ak­ti­vi­tät im Tages­ver­lauf (p = 0,02). Hahn et al. 67 68 berich­ten über die von den bewer­ten­den  Ortho­pä­die­tech­ni­kern doku­men­tier­te Nut­zung der Gebrauchs­vor­tei­le der MPKs. Dar­über hin­aus iden­ti­fi­zier­ten Hahn et al. eine signi­fi­kant ver­bes­ser­te Fähig­keit, kom­ple­xe Bewe­gungs­ab­läu­fe (bei­spiels­wei­se Rück­wärts­ge­hen, Über­stei­gen von Hin­der­nis­sen ohne Sicht, Rich­tungs­wech­sel im Bewe­gungs­ab­lauf etc.) aus­zu­füh­ren, eine signi­fi­kan­te Reduk­ti­on der ein­ge­setz­ten zusätz­li­chen Geh­hil­fen sowie eine signi­fi­kan­te Stei­ge­rung der Mobi­li­täts­klas­se. Wäh­rend alle Stu­di­en auch über eine Anzahl Para­me­ter berich­ten, für die kei­ne signi­fi­kan­ten Unter­schie­de zwi­schen MPK und NMPK ermit­telt wur­den, ist erneut fest­zu­hal­ten, dass für kei­nen ein­zi­gen der unter­such­ten Nut­zen­pa­ra­me­ter ein Vor­teil zuguns­ten eines NMPK nach­weis­bar war.

Wahr­ge­nom­me­ne Funk­tio­na­li­tät und Zufrie­den­heit mit der Prothese

Lans­a­de et al. 69berich­ten über hoch­si­gni­fi­kan­te Ver­bes­se­run­gen der Ver­sor­gungs­zu­frie­den­heit mit „Kene­vo“ im vali­dier­ten QUEST‑2.0‑Fragebogen (p = 0,001). Signi­fi­kan­te Ver­bes­se­run­gen berich­ten Lans­a­de et al. auch bezüg­lich der sub­jek­tiv wahr­ge­nom­me­nen Mobi­li­tät mit „Kene­vo“ im Loco­mo­tor Capa­bi­li­ty Index 5 (LCI‑5: p = 0,02) und im SF-36 Men­tal Com­po­nent Score (MCS: p = 0,03). Kauf­man et al. 70 ermit­teln signi­fi­kan­te Ver­bes­se­run­gen der Zufrie­den­heit mit der Pro­the­sen­funk­tio­na­li­tät im Pro­sthe­sis Eva­lua­ti­on Ques­ti­on­n­aire (PEQ: p = 0,01), wäh­rend Wong et al. 71 eine signi­fi­kan­te Ver­bes­se­rung des mit­tels Acti­vi­ty-spe­ci­fic Balan­ce Con­fi­dence (ABC) Sca­le gemes­se­nen Gleich­ge­wichts­emp­fin­dens mit dem MPK fest­stel­len konn­ten. Hahn et al. 72 73 sehen  signi­fi­kan­te Ver­bes­se­run­gen in einer Rei­he von Wahr­neh­mungs­ka­te­go­rien, wobei die Per­zep­ti­on des Toi­let­ten­gangs als beson­ders aus­sa­ge­kräf­tig ermit­telt wur­de. Von den Pati­en­ten selbst berich­te­te Ver­bes­se­run­gen durch das MPK mit dem sta­tis­ti­schen Cha­rak­ter eines Trends wer­den von Lans­a­de et al. für den SF-36 Phy­si­cal Com­po­nent Score (kör­per­li­che Leis­tungs­fä­hig­keit) und von Mile­us­nic et al. 74 für die Hough­ton Sca­le (Pro­the­sen­nut­zung), den LCI‑5 (Aus­füh­rung von Akti­vi­tä­ten des täg­li­chen Lebens), die ver­glei­chen­de Beur­tei­lung ver­schie­de­ner Gang­si­tua­tio­nen und die Pro­the­sen­prä­fe­renz ermit­telt. Kei­ne Ver­bes­se­run­gen in der Pati­en­ten­wahr­neh­mung wer­den berich­tet von Wong et al. für die Hough­ton Sca­le, von Hase­n­öhrl et al. 75 für die Hough­ton Sca­le, die ABC Sca­le, den OPUS-Fra­ge­bo­gen (Akti­vi­tä­ten des täg­li­chen Lebens) und die bei­den SF- 36-Sum­mens­cores sowie von Mile­us­nic et al. für Schmerz und  Kom­fort. Auch im Bereich der sub­jek­tiv von den Pati­en­ten wahr­ge­nom­me­nen Funk­tio­na­li­tät und Zufrie­den­heit mit der Pro­the­se wur­den kei­ne Para­me­ter oder Kate­go­rien iden­ti­fi­ziert, in denen ein Vor­teil zuguns­ten eines NMPK zu erken­nen gewe­sen wäre.

Kos­ten­ef­fi­zi­enz

Kuhl­mann et al. 76ermit­tel­ten eine Ver­rin­ge­rung der sturz­be­zo­ge­nen Hos­pi­ta­li­sie­run­gen bei Pati­en­ten mit nicht­vas­ku­lär beding­ter Ampu­ta­ti­on von 134 auf 20 und bei vas­ku­lär beding­ter Ampu­ta­ti­on von 146 auf 23 pro 1.000 Pati­en­ten­jah­re. Für den Ein­satz eines MPK wur­de eine Ver­mei­dung von 15 bzw. 14 Stür­zen mit Todes­fol­ge im glei­chen Refe­renz­zeit­raum ermit­telt. Die Basis­wer­te für die Kos­ten pro zusätz­li­chen QALY (Qua­li­ty Adjus­ted Life Year) betra­gen 16.123 Euro für Pati­en­ten ohne und 20.332 Euro für Pati­en­ten mit Dia­be­tes mel­li­tus. Die­se Wer­te lie­gen deut­lich unter­halb des von der WHO für Kos­ten­ef­fi­zi­enz vor­ge­schla­ge­nen Ver­gleichs­werts eines Pro- Kopf-BIP (Brut­to­in­lands­pro­dukt pro Kopf; in Deutsch­land im Jahr 2018 ca. 40.000 Euro). Die PSA ermit­tel­te eine mode­ra­te Unsi­cher­heit des Modells und erlaubt die Ermitt­lung der Kos­ten­ef­fi­zi­enz mit 97- bis 99-pro­zen­ti­ger Wahr­schein­lich­keit. Soll­te eine voll­stän­di­ge Umstel­lung aller neu­en  Ober­schen­kel­am­pu­tier­ten auf hydrau­li­sche MPKs erfol­gen und 50 %   der prä­va­len­ten Popu­la­ti­on eben­falls umge­stellt wer­den, so betrü­gen die Aus­wir­kun­gen auf das deut­sche Kos­ten­trä­ger­bud­get (Bud­get-Impact- Ana­ly­se) in einem Zeit­raum von 4 Jah­ren in Sum­me 93 Mio. Euro, d. h. unter 25 Mio. Euro pro Jahr. Dabei geht das Modell in sei­ner Simu­la­ti­ons­lo­gik davon aus, dass es noch kei­ne MPK-ver­sorg­ten Pati­en­ten gäbe, d. h., der rea­le Ein­fluss wäre um eini­ges geringer.

Dis­kus­si­on

Die vor­lie­gen­de Aktua­li­sie­rung einer sys­te­ma­ti­schen Ana­ly­se der Fach­li­te­ra­tur wur­de mit der Fra­ge­stel­lung durch­ge­führt, ob ein­sei­tig ober­schen­kel­am­pu­tier­te Per­so­nen, die einer vul­ner­ablen Pati­en­ten­grup­pe ange­hö­ren – d. h. sol­che mit Mobi­li­täts­grad AK/ MFCL‑2 oder ins­be­son­de­re vas­ku­lä­rer Ätio­lo­gie –, einen Nut­zen aus der Ver­wen­dung eines mikro­pro­zes­sor­ge­steu­er­ten Pro­the­senknie­ge­lenks zie­hen kön­nen, wie dies für akti­ve­re Pati­en­ten mit Mobi­li­täts­grad AK/MFCL- 3 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 bereits seit Län­ge­rem nach­ge­wie­sen ist.

In die­sem Zusam­men­hang wur­den 7 zusätz­li­che Peer-Review-publi­zier­te Stu­di­en ermit­telt, die den Nut­zen von MPKs in die­ser Pati­en­ten­grup­pe unter­sucht haben. Alle ver­fü­gen über eine mitt­le­re metho­di­sche Qua­li­tät. Dabei ist zu berück­sich­ti­gen, dass es in der Pro­the­tik­for­schung erheb­li­che Hin­der­nis­se gegen­über ande­ren Berei­chen von Medi­zin­pro­duk­ten gibt. Dazu zählt wie in die­sem Fal­le die prak­ti­sche  Unmög­lich­keit einer Ver­blin­dung. Damit muss selbst die eigent­lich exzel­len­te metho­di­sche Qua­li­tät der Arbeit von Lans­a­de et al. 92 allein auf­grund der feh­len­den Ver­blin­dung als nur „mit­tel“ ein­ge­stuft werden.

Sicher­heit

Die objek­ti­ve und sub­jek­tiv wahr­ge­nom­me­ne Sicher­heit ist die Grund­la­ge für einen umfas­sen­den Gebrauch der Pro­the­se im All­tag und für eine ver­bes­ser­te Funk­tio­na­li­tät und Mobi­li­tät 93 9495. Die von Kan­nen­berg et al. 96 97 ermit­tel­te signi­fi­kan­te 80-pro­zen­ti­ge Reduk­ti­on von Anzahl und Häu­fig­keit unkon­trol­lier­ter Stür­ze im Ver­gleich zu NMPKs 98 99 mit „C‑Leg“ konn­te durch Wong et al. 100 und Kauf­man et al. [29] 101erneut bestä­tigt werden.

Lans­a­de et al. 102 wei­sen eben­falls eine redu­zier­te Sturzan­zahl aus, die aber kei­ne sta­tis­ti­sche Signi­fi­kanz erreicht. Dies ist auf den ver­gleichs­wei­se kur­zen Beob­ach­tungs­zeit­raum (4 Wochen) zurückzuführen.

Hahn et al. 103 104,  Wong et al. und Mile­us­nic et al. 105 berich­ten über eine signi­fi­kan­te Reduk­ti­on der Angst vor Stür­zen. Kauf­man et al. berich­ten, dass 30 % der Pati­en­ten nach der Ver­sor­gung mit einem MPK aus Angst vor Stür­zen die Rück­ver­sor­gung auf ihr ursprüng­li­ches NMPK ablehn­ten und aus der Stu­die aus­schie­den. Die Furcht vor Stür­zen hat einen signi­fi­kan­ten Ein­fluss auf die Lebens­ge­stal­tung, da die Betrof­fe­nen in der Regel aktiv Situa­tio­nen mit Sturz­ri­si­ko ver­mei­den. Dies hat häu­fig einen Rück­zug von sozia­len Akti­vi­tä­ten und eine erheb­li­che Ein­schrän­kung der Lebens­qua­li­tät zur Folge.

Bereits Burn­field et al. 106 stell­ten in ihrer Stu­die eine signi­fi­kan­te Ver­rin­ge­rung der für den Timed-up-and­go- Test (TUG) benö­tig­ten Zeit fest, die fast dop­pelt so groß war wie die von Res­nik et al.  107 berich­te­te Mess­feh­ler­to­le­ranz des Tests (MDC). Der TUG lag mit den MPKs sogar unter dem Schwel­len­wert von 19 Sekun­den, der nach Dite et al. 108 ein Risi­ko für wie­der­hol­te Stür­ze bei  Unter­schen­kel­am­pu­tier­ten anzeigt. Lans­a­de et al. bestä­ti­gen die­ses Ergeb­nis in hoch­si­gni­fi­kan­ter Wei­se – sowohl in der soge­nann­ten Inten­ti­on-to-Tre­at-Ana­ly­se (inklu­si­ve Stu­di­en­ab­bre­cher) als auch in der Per-Pro­to­col-Ana­ly­se (ohne Stu­di­en­ab­bre­cher). Wong et al. bestä­ti­gen die­ses Ergeb­nis in ihren Unter­su­chun­gen ebenfalls.

Hase­n­öhrl et al.  109 stel­len zwar kei­ne Ver­än­de­run­gen fest, sie beschrän­ken sich aller­dings auf­grund der sehr klei­nen Grup­pen­grö­ße und der gro­ßen Hete­ro­ge­ni­tät nur auf eine beschrei­ben­de Darstellung.
Hahn et al. berich­ten sowohl für „C‑Leg“/„C‑Leg Com­pact“ 110  als auch für „Geni­um“ 111von einer signi­fi­kan­ten Ver­bes­se­rung des Sicher­heits­ge­fühls der Pati­en­ten. In 112 wird dies dif­fe­ren­ziert in Bezug auf ver­schie­de­ne Gang­si­tua­tio­nen berich­tet. Dabei bestä­ti­gen die Regres­si­ons­ana­ly­sen in bei­den Arbei­ten die­se Effek­te auch für die nied­ri­gen Mobi­li­täts­gra­de und die Ätio­lo­gie „vas­ku­lä­re Erkrankung“.

Hase­n­öhrl et al., Mile­us­nic et al. und Lans­a­de et al. berich­ten jeweils über eine in den jewei­li­gen Stu­di­en nicht­si­gni­fi­kan­te Zunah­me der Anzahl der Per­so­nen, die mit einem MPK nicht mehr stür­zen. Mile­us­nic et al. berich­ten außer­dem über eine signi­fi­kan­te Erhö­hung der Anzahl von Per­so­nen, die mit „Kene­vo“ nicht mehr stolpern.

Zusam­men­fas­send zei­gen alle Stu­di­en sowohl bezüg­lich der vali­dier­ten leis­tungs­ba­sier­ten Sicher­heits­pa­ra­me­ter als auch hin­sicht­lich der Ska­len für die von den Pati­en­ten sub­jek­tiv wahr­ge­nom­me­ne Sicher­heit des Pro­the­sen­ge­brauchs einen erheb­li­chen Sicher­heits­ge­winn durch ein MPK. Dar­aus kann geschlos­sen wer­den, dass die unter­such­ten hydrau­li­schen MPKs die Sicher­heit des Pro­the­sen­ge­brauchs bei ein­sei­tig ober­schen­kel­am­pu­tier­ten Per­so­nen mit  Mobi­li­täts­grad AK/MFCL‑2 und/oder vas­ku­lä­rer Ätio­lo­gie im glei­chen Aus­maß ver­bes­sern kön­nen wie bei Pati­en­ten mit höhe­rem Mobi­li­täts­grad. Die dafür maß­geb­lich  aus­schlag­ge­ben­den bau­art­be­ding­ten Unter­schie­de im Sicher­heits­pro­fil ver­schie­de­ner Knie­pass­tei­le wur­den aus­führ­lich von Blu­men­tritt 113 und Kan­nen­berg 114 115 beschrie­ben. Dar­über hin­aus sei der Hin­weis gestat­tet, dass sich auch MPKs in ihrer Bau­art, Sicher­heit und Funk­tio­na­li­tät zum Teil deut­lich unter­schei­den 116 117 118 119 120 . Die hier dar­ge­stell­ten Unter­su­chungs­er­geb­nis­se wur­den ganz über­wie­gend mit MPKs mit Line­ar­hy­drau­lik zur Stand- und Schwung­pha­sen­steue­rung, das heißt „C‑Leg“, „Geni­um“ und „Kene­vo“, erzielt. Der mani­fes­tier­te Sicher­heits­ge­winn und hier ins­be­son­de­re die redu­zier­te Sturzan­zahl und damit die Ver­rin­ge­rung der Sturz­fol­ge­kos­ten sind im Zusam­men­spiel mit der signi­fi­kan­ten Stei­ge­rung der Lebens­qua­li­tät der maß­ge­ben­de Fak­tor für die nach­ge­wie­se­ne Kos­ten­ef­fi­zi­enz von MPKs in die­ser beson­ders vul­ner­ablen Pati­en­ten­grup­pe 121. Somit ist auch der Anteil von Sturz­er­eig­nis­sen mit töd­li­chem Aus­gang in die­ser Pati­en­ten­grup­pe durch den Ein­satz­ge­eig­ne­ter MPKs deut­lich redu­ziert. Die seit 2014 neu publi­zier­te Evi­denz bestä­tigt damit die Ergeb­nis­se frü­he­rer Unter­su­chun­gen in beein­dru­cken­der Wei­se in einer deut­lich grö­ße­ren Population.

Leis­tungs­ba­sier­te Funk­tio­na­li­tät und Mobilität

Auch im Bereich der  leis­tungs­be­zo­ge­nen­Funk­ti­on und Mobi­li­tät setzt sich  die Bestä­ti­gung der von Kan­nen­berg et al. 122 123 iden­ti­fi­zier­ten Ergeb­nis­se fort.
So berich­ten Hahn et al. 124 125 über ähn­li­che Ver­bes­se­run­gen in der Zuord­nung der Mobi­li­täts­gra­de wie Kah­le et al. 126 sowie Haf­ner und Smith 127 . Jeweils 50 % der der Mobi­li­täts­klas­se 2 zuge­ord­ne­ten Pati­en­ten errei­chen mit einem MPK den Wech­sel in die Mobi­li­täts­klas­se 3.
Kauf­man et al. 128 berich­ten über eine höhe­re Tages­ak­ti­vi­tät und eine ver­rin­ger­te Zeit im Sit­zen, wäh­rend Mile­us­nic et al.  129 sogar über eine signi­fi­kant redu­zier­te Zahl von Pro­ban­den berich­ten, die neben der Pro­the­se noch einen Roll­stuhl nut­zen. Man kann die­se Ver­bes­se­run­gen durch­aus so inter­pre­tie­ren, dass der zuvor erwähn­te Ver­lust an Gang­si­cher­heit aus­ge­gli­chen oder so weit abge­mil­dert wur­de, dass die Pati­en­ten ihr Akti­vi­täts­ni­veau all­ge­mein ver­bes­sern konnten.
Hahn et al. 130 131 berich­ten über eine erhöh­te Anzahl von Pati­en­ten mit der Fähig­keit, die Gebrauchs­vor­tei­le des MPK zu demons­trie­ren. Die­se grund­sätz­li­che Fähig­keit ist dabei unab­hän­gig vom Mobi­li­täts­grad. Das Feh­len eines Ein­flus­ses des Mobi­li­täts­gra­des wird von Hahn et al. [35]132 neben einer Kor­re­la­ti­ons- und Regres­si­ons­ana­ly­se auch anhand einer gra­fi­schen Dar­stel­lung der zusam­men­ge­fass­ten­Mes­sun­gen der funk­tio­nel­len Vor­tei­le auf­ge­zeigt. So ist sicht­bar, dass das all­ge­mei­ne Niveau im Mobi­li­täts­grad 2 zwar gerin­ger ist, vie­le Pati­en­ten jedoch die Kri­te­ri­en für einen funk­tio­nel­len Zuge­winn trotz­dem erfül­len. Bei der Betrach­tung kom­ple­xer Bewe­gungs­mus­ter (Trep­pen hin­auf und hin­un­ter, Rück­wärts­ge­hen, Über­stei­gen von Hin­der­nis­sen etc.) zeigt sich dage­gen, dass der Ein­fluss des Mobi­li­täts­gra­des am größ­ten ist. Je nach Auf­ga­be beträgt er pro Mobi­li­täts­grad zwi­schen 0.32 und 2.29 Punk­te Unter­schied auf einer 5‑Punkt-Likert- Ska­la (p < 1E-24). Das heißt kon­kret, dass eini­ge der beson­ders kom­ple­xen Manö­ver wie bei­spiels­wei­se das alter­nie­ren­de Trepp­auf­ge­hen nur von Pati­en­ten mit höhe­ren Mobi­li­täts­gra­den bewäl­tigt wird.
Wäh­rend Hase­n­öhrl et al. 133 auf­grund der Eigen­schaf­ten ihrer spe­zi­fi­schen Kohor­te trotz einer ver­gleichs­wei­se hohen Anzahl an gemes­se­nen Para­me­tern kei­ne Unter­schie­de zwi­schen den MPKs und mecha­ni­schen Knie­ge­len­ken fest­stel­len konn­ten, berich­ten auch sie – eben­so wie Hahn et al. 134 – von einer Reduk­ti­on der ver­wen­de­ten Geh­hil­fen. Gera­de die­se Reduk­ti­on der Geh­hil­fen kann eben­falls als Indi­ka­tor einer erhöh­ten Sicher­heit gewer­tet wer­den, die aber gleich­zei­tig mit einer Reduk­ti­on der im Test­ver­fah­ren gemes­se­nen Geh­ge­schwin­dig­keit ein­her­ge­hen kann.

Sub­jek­tiv wahr­ge­nom­me­ne Funk­tio­na­li­tät und Zufriedenheit

Wäh­rend Kan­nen­berg et al. 135 136 noch eine Dis­kre­panz zwi­schen den leis­tungs­ba­sier­ten und den von den Pati­en­ten sub­jek­tiv berich­te­ten Para­me­tern in den sei­ner­zeit aus­ge­wer­te­ten Stu­di­en ermit­tel­ten, ist dies in der aktua­li­sier­ten Ana­ly­se so nicht mehr zu erkennen:
Lans­a­de et al. 137 berich­ten über hoch­si­gni­fi­kan­te Ver­bes­se­run­gen im QUEST 2.0 (Ver­sor­gungs­zu­frie­den­heit) sowie über signi­fi­kan­te Ver­bes­se­run­gen im LCI‑5 (Akti­vi­tä­ten des täg­li­chen Lebens) und im SF-36 (Lebens­qua­li­tät, psy­chi­sches Wohl­be­fin­den) Men­tal Sum­ma­ry Score.
Kauf­man et al. 138 berich­ten über signi­fi­kan­te Ver­bes­se­run­gen der  Zufrie­den­heit mit der Pro­the­se im PEQ, ins­be­son­de­re in den Kate­go­rien Fort­be­we­gung, Erschei­nungs­bild und Nützlichkeit.
Wong et al. 139 berich­ten über  signi­fi­kan­te Ver­bes­se­run­gen des Gleich­ge­wichts­emp­fin­dens (ABC-Sca­le), und Hahn et al. stel­len eine vom Mobi­li­täts­grad unab­hän­gi­ge Ver­bes­se­rung in der Wahr­neh­mung diver­ser Akti­vi­täts­ka­te­go­rien dar, wobei die Schwie­rig­keit des Toi­let­ten­gangs als beson­ders sen­si­ti­ver Para­me­ter iden­ti­fi­ziert wurde.
Mile­us­nic et al. 140 berich­ten über Trends zuguns­ten der MPKs in der Hough­ton Sca­le (Pro­the­sen­nut­zung), dem LCI‑5 und der Bewer­tung er Aus­füh­rung eini­ger spe­zi­fi­scher Bewe­gungs­mus­ter durch die Pati­en­ten. Auf­fäl­lig ist, dass sich die Ver­bes­se­run­gen im LCI‑5 pri­mär in den Basis­ak­ti­vi­tä­ten zei­gen. Auch hier schei­nen sich die sicher­heits­re­le­van­ten Aspek­te des Gang­bil­des mit der Pro­the­se bemerk­bar zu machen. Gleich­zei­tig kann selbst von einem spe­zi­ell auf die Bedürf­nis­se von  Pati­en­ten mit nied­ri­gem Mobi­li­täts­grad aus­ge­rich­te­ten hydrau­li­schen MPK wie dem „Kene­vo“ nicht erwar­tet wer­den, dass es die grund­sätz­li­chen  Mobi­li­täts­ein­schrän­kun­gen infol­ge der Ätio­lo­gie bzw. der Mor­bi­di­tät voll­stän­dig kom­pen­sie­ren kann. Der Toi­let­ten­gang und der dabei emp­fun­de­ne Zuge­winn an Sicher­heit zeigt sich in der Regres­si­ons­ana­ly­se als beson­ders sen­si­ti­ver Para­me­ter, d. h., Aus­wir­kun­gen von Kom­or­bi­di­tä­ten und der Effek­te von MPKs zei­gen sich hier sehr aus­ge­prägt. Schwe­rer betrof­fe­ne Pati­en­ten emp­fin­den in die­ser Situa­ti­on den Zuge­winn durch das MPK als beson­ders vor­teil­haft. Es ist leicht vor­stell­bar, dass in die­ser spe­zi­fi­schen, höchst vul­ner­ablen Situa­ti­on, in der auf engem Raum teil­wei­se rück­wärts navi­giert wer­den muss, der unter­stüt­zen­den Wir­kung eines MPK beson­de­re Bedeu­tung zukommt. Es zeigt sich fer­ner, dass die Dimen­sio­nen, in denen die übli­chen Mess­in­stru­men­te die all­ge­mei­nen Mobi­li­täts­vor­tei­le erfas­sen, ggf. nicht immer alle wesent­li­chen Lebens­be­rei­che abde­cken. Gera­de zu den Aspek­ten der Selbst­ver­sor­gung und der Bewah­rung der Unab­hän­gig­keit in der Kör­per­hy­gie­ne und per­sön­li­chen Pfle­ge lie­gen nur weni­ge Unter­su­chungs­er­geb­nis­se bei Pro­the­sen­trä­gern vor.

Die hohe Prä­fe­renz für die MPKs scheint die in der Klas­se der ein­ge­schränk­ten Außen­be­reichs­ge­her und der Pati­en­ten mit vas­ku­lä­rer Ätio­lo­gie umfäng­li­che Erfül­lung der per­sön­li­chen Bedürf­nis­se abzu­bil­den. Die Mit­tei­lung von Kauf­man et al. zur hohen Anzahl der Pati­en­ten, die­ei­ne aus metho­di­schen Grün­den geplan­te Rück­ver­sor­gung auf ihr NMPK ver­wei­ger­ten, unter­streicht die­sen Aspekt in deut­li­cher Weise.

Kos­ten­ef­fi­zi­enz

Die Bestim­mung der Kos­ten­ef­fi­zi­enz wur­de in einer aus deut­schen Ampu­ta­ti­ons­zah­len nach DRG-Report ermit­tel­ten Kohor­te von Pati­en­ten begin­nend mit einem Alter von 40 Jah­ren durch­ge­führt. Dabei wur­den die von Cut­ti et al. 141 nach Alters­klas­sen stra­ti­fi­zier­ten Uti­li­ty-Wer­te ange­nom­men. Cut­ti et al. ermit­tel­ten gera­de in die­ser Alters­klas­se auf­grund des stei­gen­den Ein­flus­ses von Depres­sio­nen und Angst­zu­stän­den eine Reduk­ti­on der Kos­ten­ef­fi­zi­enz und einen ICER-Wert von 51.000 Euro pro QALY. Gera­de in die­ser Alters­klas­se zeig­ten sich jedoch die von Kuhl­mann et al. 142 berück­sich­tig­ten Effek­te der Sturz­fol­gen­ver­mei­dung beson­ders deut­lich und führ­ten zu einer erheb­li­chen Stei­ge­rung der Kos­ten­ef­fi­zi­enz. Bemer­kens­wert ist, dass dies auch unter   Berück­sich­ti­gung der hohen Mor­ta­li­tät ins­be­son­de­re bei vas­ku­lär betrof­fe­nen Pati­en­ten der Fall ist. Hier wird das in die­ser Popu­la­ti­on über­pro­por­tio­nal hohe Ver­let­zungs­ri­si­ko kompensiert.

Metho­di­sche Aspekte

Zusam­men­fas­send lässt sich fest­stel­len, dass sich die Evi­denz zum Nut­zen von MPK mit Line­ar­hy­drau­lik  bei ein­ge­schränk­ten Außen­be­reichs­ge­hern und Ampu­tier­ten mit vas­ku­lä­rer Ätio­lo­gie sowohl in quan­ti­ta­ti­ver als auch in qua­li­ta­ti­ver Hin­sicht deut­lich erwei­tert hat. Es ist dabei zu bemer­ken, dass selbst eine Arbeit wie die von Lans­a­de et al. 143 auf­grund der feh­len­den Ver­blin­dung als metho­disch nur „mit­tel“ ein­ge­stuft wer­den kann. Die Wei­ter­ent­wick­lung adäqua­ter Klas­si­fi­zie­rungs­me­tho­den und das Lösen des Ver­blin­dungs­pro­blems wird die vor­ran­gi­ge Auf­ga­be beim Design kli­ni­scher Stu­di­en zur Bewer­tung exo­pro­the­ti­scher Kom­po­nen­ten blei­ben. Fünf der bewer­te­ten zusätz­li­chen Arbei­ten sind eben­so wie die von Kan­nen­berg et al. 144 145 bewer­te­ten 6 Publi­ka­tio­nen über 4 unab­hän­gi­ge Stu­di­en pro­spek­ti­ver Natur.
Die Arbei­ten von Hahn et al. 146 147Aaly­sier­ten retro­spek­tiv die Ergeb­nis­se von Test­ver­sor­gun­gen, deren Ergeb­nis zur Bean­tra­gung der Kos­ten­über­nah­me ver­wen­det wur­den. Dies erfor­dert eine geson­der­te Betrach­tung unter Wür­di­gung des Ein­flus­ses von Ver­zer­rungs­fak­to­ren (Bias).
Bei­de Kohor­ten bestan­den aus Pro­ban­den, für die nach Ein­schät­zung der unter­su­chen­den Ortho­pä­die­tech­ni­ker in einer Test­ver­sor­gung sehr wahr­schein­lich ein kli­ni­scher Nut­zen des MPK nach­weis­bar sein wür­de. Tat­säch­lich han­delt es sich hier aber – ent­ge­gen gele­gent­lich wahr­schein­lich unzu­rei­chend reflek­tier­ten Ein­wän­den – nicht um eine Ver­zer­rung („sel­ec­tion bias“), son­dern um ein Ergeb­nis. Wäh­rend die detail­lier­ten Vor­auswahl­kri­te­ri­en des Ortho­pä­die­tech­ni­kers unbe­kannt sein mögen, so stellt die Kohor­te in ihrer demo­gra­fi­schen Viel­falt, aus­ge­rich­tet am Poten­zi­al zur Erfül­lung funk­tio­na­ler Gebrauchs­vor­tei­le, das Ergeb­nis genau die­ser Selek­ti­on dar. Auch wenn sich dar­aus eine Gene­ra­li­sier­bar­keit der Ergeb­nis­se nicht unmit­tel­bar ablei­ten lässt, so gilt den­noch genau­so, dass die in der Kohor­te ver­blei­ben­den Para­me­ter (bei­spiels­wei­se Mobi­li­täts­grad oder Ätio­lo­gie u. v. m.) ihre Qua­li­fi­ka­ti­on als Kon­tra­in­di­ka­ti­on ein­ge­büßt haben. Mit ande­ren Wor­ten: Das Poten­zi­al von Pro­ban­den nied­ri­ger Mobi­li­täts­gra­de oder bei­spiels­wei­se vas­ku­lä­rer Ätio­lo­gie, von Gelen­ken wie „C‑Leg“ oder „Geni­um“ zu pro­fi­tie­ren, ergibt sich allein aus ihrer Reprä­sen­tanz in der Kohor­te selbst.
Wur­de­mann et al. 148 haben in einer ähn­li­chen Ana­ly­se den Ein­fluss des Funk­tio­na­len Kom­or­bi­di­täts­in­dex auf die Mobi­li­tät von Pro­ban­den mit MPKs ermit­telt und kom­men zu der glei­chen Schluss­fol­ge­rung: Ein Ein­fluss ist zwar erkenn­bar – eine Vor­her­sa­ge­kraft, wie sie bei­spiels­wei­se für ein Aus­schluss­kri­te­ri­um erfor­der­lich wäre, lasst sich jedoch nicht ablei­ten. Auch Wur­de­mann et al. kon­sta­tie­ren, dass Fak­to­ren wie der Body Mass Index (BMI) sich durch das Feh­len jeg­li­cher Sen­si­ti­vi­tät nicht ein­mal in den Kreis mög­li­cher Aus­schluss­kri­te­ri­en ein­rei­hen können.
Kan­nen­berg et al. 149150 wie­sen in ihrer Arbeit dar­auf hin, dass für Pro­ban­den mit  Geh­ge­schwin­dig­kei­ten unter­halb von 0,5 m/s kei­ne aus­rei­chen­den Unter­su­chungs­er­geb­nis­se vorlagen.
Kauf­man et al. 151[29] neh­men die­sen Hin­weis auf und legen dar, dass die­se Evi­denz­lü­cke mit ihrer Arbeit nun geschlos­sen wor­den sei. Zusam­men­fas­send darf man ange­sichts des aktu­el­len Stan­des der Lite­ra­tur fest­stel­len, dass die Hypo­the­se, ein ein­ge­schränk­ter Mobi­li­täts­grad oder die Atio­lo­gie „vas­ku­lä­re Erkran­kung“ schlös­sen eine Ver­sor­gung mit MPK auf­grund man­geln­der kli­ni­scher Vor­tei­le aus, wis­sen­schaft­lich nicht halt­bar ist. Die Autoren bewer­ten das Vor­ent­hal­ten einer medi­zi­nisch und gesund­heits­öko­no­misch sinn­vol­len Tech­no­lo­gie auf der Grund­la­ge wis­sen­schaft­lich nur schwer begründ­ba­rer Ein­zel­pa­ra­me­ter ohne nach­ge­wie­se­ne Vor­her­sa­ge­kraft ange­sichts der für den Ein­zel­nen mög­li­chen schwer­wie­gen­den Fol­gen als äußerst problematisch.

Limi­ta­tio­nen

Der Stand der Lite­ra­tur und damit die Anzahl der unter­such­ten Pro­ban­den haben sich stark erwei­tert. Auch fin­den sich kei­ne Para­me­ter, die sys­te­ma­tisch eine Aus­sa­ge zuguns­ten von NMPKs erlau­ben wür­den. Die iden­ti­fi­zier­ten neu­en Stu­di­en beinhal­ten eine Viel­zahl von Per­spek­ti­ven und decken unter­schied­li­che Unter­su­chungs­sze­na­ri­en und Aspek­te des funk­tio­nel­len Zuge­winns durch MPK ab. Den­noch ver­hin­dert das Pro­blem einer effek­ti­ven Ver­blin­dung die Durch­füh­rung kli­ni­scher Stu­di­en mit einer dem all­ge­mei­nen Stan­dard der Medi­zin­tech­nik ent­spre­chen­den for­mal hohen metho­di­schen Qua­li­tät. Auch lei­den eini­ge Arbei­ten unter einer hohen Rate an Stu­di­en­ab­bre­chern, und da die­se sich über­wie­gend in der vas­ku­lä­ren Popu­la­ti­on befin­den, ist auch der Ein­fluss der Pro­gres­si­on der Grund­er­kran­kung vor allem bei län­ge­ren Beob­ach­tungs­zeit­räu­men zu berück­sich­ti­gen. Alle Stu­di­en berich­ten von Ein­zel­si­tua­tio­nen, in denen ein Zuge­winn kli­nisch effek­ti­ver Wirk­sam­keit weni­ger hoch als gewünscht aus­fällt. Die unter­such­ten Pati­en­ten­grup­pen sind in hohem Maße kom­or­bid, auch  kogni­ti­ve Fähig­kei­ten spie­len dabei eine Rol­le. Daher bleibt auch in die­sen Stu­di­en die Fra­ge nach der uni­ver­sel­len Gene­ra­li­sier­bar­keit der Ergeb­nis­se offen. Gleich­zei­tig gilt umge­kehrt, dass einem grund­sätz­li­chen Aus­schluss die­ser Pati­en­ten von der Ver­sor­gung mit MPK mit Line­ar­hy­drau­lik jede wis­sen­schaft­li­che Grund­la­ge fehlt. Im Zwei­fel bleibt die Emp­feh­lung der indi­vi­du­el­len Pro­be­ver­sor­gung zur Ermitt­lung des indi­vi­du­el­len Poten­zi­als das Mit­tel der Wahl. Die  wei­te­re For­schung wird sich mit den spe­zi­fi­schen Gege­ben­hei­ten und Bedürf­nis­sen die­ser Pati­en­ten­grup­pe inten­si­ver aus­ein­an­der­set­zen müssen.

Schluss­fol­ge­run­gen

Die Ergeb­nis­se die­ser aktua­li­sier­ten sys­te­ma­ti­schen Über­sichts­ar­beit legen nahe, dass ein­ge­schränk­te Außen­be­reichs­ge­her und Pro­the­sen­nut­zer mit vas­ku­lä­rer   Ampu­ta­ti­ons­ä­tio­lo­gie durch die Nut­zung mikro­pro­zes­sor­ge­steu­er­ter Pro­the­sen­ge­len­ke ihr Sturz­ri­si­ko, ihre Sturz­angst und die Zahl ihrer Stür­ze signi­fi­kant  redu­zie­ren kön­nen. Akti­vi­tä­ten im Außen­be­reich, die eigent­lich typisch für den Mobi­li­täts­grad AK/MFCL‑3 sind, kön­nen signi­fi­kant bes­ser aus­ge­führt wer­den. Dies spie­gelt sich auch in der Eigen­wahr­neh­mung der Pati­en­ten wider. Die spe­zi­ell auf die Bedürf­nis­se die­ser Pati­en­ten­grup­pe abge­stimm­ten Pass­tei­le erhö­hen  dabei die Wahr­schein­lich­keit einer erfolg­rei­chen und siche­ren Ver­sor­gung. Ins­ge­samt stüt­zen die Ergeb­nis­se  der vor­lie­gen­den Arbeit die Posi­ti­on, die Nut­zung von MPKs bei ein­ge­schränk­ten Außen­be­reichs­ge­hern mit ein­sei­ti­ger Ober­schen­kel­am­pu­ta­ti­on heu­te als Stan­dard­ver­sor­gung zu betrach­ten. Testversorgungen
kön­nen dazu bei­tra­gen, Pati­en­ten zu iden­ti­fi­zie­ren, die nicht von einem MPK profitieren.

Für die Autoren:
Dr. med. Andre­as Kannenberg
Exe­cu­ti­ve Medi­cal Direc­tor North Ame­ri­ca Otto Bock Health­Ca­re LP
11501 Alter­ra Park­way, Suite 600 Aus­tin, Texas 78758 USA
andreas.kannenberg@ottobock.com

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
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