„Wir sind bestens vorbereitet“ – das unterstrichen unisono alle Gesprächspartner:innen, denen Gastgeber Michael Blatt, Leiter Verlagsprogramm OT, zu den Themen und Highlights auf Weltkongress und Weltleitmesse auf den Zahn fühlte. Worauf sich vor allem die Orthopädietechniker:innen freuen, brachte Bandagistenmeisterin Petra Menkel auf den Punkt: „An den Messeständen endlich wieder Dinge in die Hände zu nehmen. Orthopädietechniker:innen sind ganz taktile Menschen, die müssen anfassen und schrauben“, so die Vorsitzende des Fachverbandes für Orthopädietechnik Nordost e. V., stellvertretende Obermeisterin der Landesinnung für Orthopädietechnik Berlin-Brandenburg und Mitgestalterin der neuen Versorgungswelt „Lympherkrankungen“ auf der OTWorld 2022. Die Hersteller bekämen schon Panik in den Augen, meinte sie scherzhaft, „wenn die OTler:innen kommen und den Inbusschlüssel aus der Tasche ziehen“. Menkel berichtete, dass ihre Kolleg:innen im Betrieb unbedingt zur OTWorld nach Leipzig reisen wollen.
Einfach hinkommen und staunen
Die beiden neuen Versorgungswelten „Lympherkrankungen“ und „Einlagen“ wurden in der Gesprächsrunde besonders in den Fokus genommen. Vor allem gehe es darum, komplexe Versorgungen und deren Hintergründe darzustellen – nicht zuletzt, um Entscheider:innen, aber ebenso Branchenkolleg:innen die Augen zu öffnen. Denn: Wie Menkel und Orthopädieschuhmacher-Meister Jürgen Stumpf, Mitglied im OST-Beratungsausschuss der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V. (DGOU), übereinstimmend erklärten, würden sie in ihren Gesprächen mit Gremien und Vertreter:innen der Krankenkassen nicht selten auf Ahnungslosigkeit treffen. Talkgast Stumpf, Teil des Teams der Versorgungswelt „Einlagen“, betonte: Vor allem das elementare Knowhow, das für die Versorgung der Patient:innen nötig sei, komme „nicht rüber“. Stumpf: „Wir haben gemerkt, dass für viele nicht klar ist, was dahintersteht. Dass da sehr viel Haptik dabei ist.“ Das sei der Ausgangspunkt für das Konzept der Versorgungswelt „Einlagen“ gewesen. Stündlich werde es Führungen geben und Stumpf hofft, dass auch viele junge Orthopädietechniker:innen sich begeistern lassen. Denn für den Nachwuchs sei die Prothetik oft verlockender. Dabei ist Einlagenversorgung nicht trivial: Man müsse viel davon verstehen, was am Fuß passiere, mit der Bodenreaktionskraft arbeiten – „und begreifen, dass man mit so einem relativ kleinen Hilfsmittel viel erreichen kann“.
Menkel wiederum freute sich, dass das Sanitätshaus auf der OTWorld einen so großen Platz bekommt. „Die Mitarbeiter:innen im Sanitätshaus werden immer kompetenter, immer besser ausgebildet und müssen sich ständig weiterbilden, um gut zu versorgen“, erklärte Menkel. Das werde die Versorgungswelt „Lympherkrankungen“ unter Beweis stellen. Nicht zuletzt wolle man zeigen, was die Menschen bewegt, die eine solche Versorgung erhalten: „Sie haben oft einen langen Weg hinter sich“, so Menkel. Sie seien nicht selten in der Gesellschaft unsichtbar, würden nicht „in unsere auf Schönheit und Norm getrimmte Welt passen“. Eines der Ziele sei, Ärzt:innen zu sensibilisieren, zweimal hinzuschauen, Betroffene dadurch eher zu identifizieren, früher zu versorgen und damit Folgeschäden zu vermeiden. An einer Pinnwand können Betroffene, Vertreter:innen der Politik und der gesetzlichen Krankenversicherung ihre Wünsche hinterlassen. „Wir freuen uns über jede Besucherin und jeden Besucher. Einfach hinkommen und staunen!“, lud Menkel das Publikum des Live-Videotalks ein.
Inbusschlüssel willkommen!
„Bei uns sind Inbusschlüssel herzlich willkommen“, erklärte Christoph Thiel, Sprecher der Arbeitsgruppe Prothetik der Herstellervereinigung Eurocom e. V. und Prokurist/Head of Regulatory Affairs der Wilhelm Julius Teufel GmbH, im Live-Videotalk. Das Unternehmen werde auf der Weltleitmesse 160 Jahre Firmengeschichte zelebrieren. So habe Teufel den Messestand auf 500 Quadratmeter erweitert. Während der Corona-Pandemie habe die Firma ihr bisheriges Messekonzept infrage gestellt und infolge die Flächenaufteilung verändert, um bei den Besucher:innen ein „gutes Gefühl“ zu erzeugen. „Uns erwartet ein richtig tolles Event“, meinte Thiel mit Blick auf die OTWorld. Unter anderem werde Teufel erstmals ein „hochspannendes, aktiv gesteuertes elektronisches Gelenk“ vorstellen.
Die Anwender:innen der Versorgungslösungen rückt Ottobock ins Rampenlicht: In den zahlreichen Shows am Stand werden sie im Mittelpunkt stehen, kündigte Philipp Hoefer an, Geschäftsführer Vertrieb & Marketing DACH der Ottobock HealthCare Deutschland GmbH. Erwartet werden außerdem paralympische Starathleten wie Johannes Floors und Heinrich Popow. Nach vier Jahren Präsenzpause wolle der Weltmarktführer unter anderem die „absolute Innovation“ Exopulse Suit im Bereich der Elektrostimulation vorstellen – aber genauso das C‑Leg 25 Jahre nach seiner Einführung als „Meilenstein in der Prothetik“ mit über 100.000 Versorgungen feiern.
Wie Moderator Michael Blatt ergänzte, wird Bauerfeind den Basketballstar Dirk Nowitzki mitbringen und Aspen Medical Products den Olympiasieger am Reck 2016, Fabian Hambüchen.
Versprechen einlösen
Das Versprechen und Motto des Weltevents „Willkommen zurück“ werde vom 10. bis 13. Mai auf jeden Fall eingelöst. Das machte ebenfalls Martin Buhl-Wagner, Geschäftsführer der Leipziger Messe GmbH, deutlich. Bei den neun Veranstaltungen, die bis zum Termin des Live-Videotalks wieder auf dem Leipziger Messegelände stattgefunden hätten, habe man beispielsweise die Gänge breiter gestaltet und sehr verantwortungsbewusste Besucher:innen erlebt, die auf Abstände geachtet hätten. In den vergangenen Pandemie-Jahren sei vor allem eines klar geworden: Der digitale Raum habe viele Chancen eröffnet, aber er sei unverbindlicher als das reale Treffen. „Wenn Alf Reuter und ich uns am Eröffnungstag der OTWorld in Leipzig die Hand geben, ist dies etwas ganz anderes, als wenn wir uns über den Monitor zuwinken.“ Ein klarer Vorteil der Treffen in Präsenz seien die unerwarteten Momente. Kongress und Messen seien Orte, „wo aus dem Zufall ein Geschäftsmodell wird“, so Buhl-Wagner.
Wenig Schlaf, viel Verantwortung
Auf wenig Schlaf stellt sich Alf Reuter während des Weltevents in Leipzig ein. Er freue sich auf die zahlreichen Begegnungen mit Kolleg:innen und die Impulse für die internationale Hilfsmittelbranche, sagte der Präsident des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik (BIV-OT). Besonders hob er die 35 hochkarätigen internationalen Teilnehmer:innen des Branchenpolitischen Forums hervor, dessen Gastgeber er ist – alles auf ihre Art „Influencer:innen“, wie er betonte. Acht Podiumsdiskussionen stehen an den vier Tagen in Leipzig auf der Agenda. „Es geht uns um das große Thema Verantwortung“, so Reuter. „Wir wollen dazu beitragen, Bürokratie abzubauen, Angst vor der Digitalisierung zu nehmen sowie Medizin digitaler und gerade damit menschlicher zu gestalten. Denn die Zeit, die man mit digitalem Arbeiten spart, ist gut am Menschen investiert.“ Besonders freue er sich, dass Prof. Dr. Karl Lauterbach, Bundesminister für Gesundheit, virtuell die OTWorld eröffne.
Cathrin Günzel
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