Ver­gleich zur kli­ni­schen Nutz­bar­keit der Exo­ske­let­te ReWalk, Ekso und HAL

J. Nitschke, D. Kuhn, K. Fischer, K. Röhl
Seit den 1970er Jahren wird an der Entwicklung von Exoskeletten geforscht, die es querschnittgelähmten Menschen ermöglichen sollen, die bestehenden Grenzen ihrer Mobilität zu überwinden. Drei verschiedene Systeme wurden im Rahmen der folgenden Studie getestet: ReWalk*, Ekso** und HAL***. Zwei der genannten Systeme (Ekso und HAL) sind seit April 2014 fester Bestandteil der Therapie querschnittgelähmter Patienten der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannstrost in Halle (Saale). Der Ekso wird im Rahmen der Behandlung komplett und inkomplett querschnittgelähmter Patienten genutzt; durch einen sogenannten Variable Assist ist es bei inkompletter Lähmung möglich, die vorhandene Restmuskelfunktion aktiv zu gebrauchen. Der HAL wird für die Therapie querschnittgelähmter Patienten genutzt, die einen Kraftgrad von mindestens 3/5 nach Janda für Hüftbeugung und Kniestreckung aufweisen. Die Ergebnisse belegen, dass Exoskelette derzeit zwar als Therapiegeräte eine sehr gute Ergänzung der bisherigen Möglichkeiten darstellen, jedoch weder ein Ersatz für den Rollstuhl sind noch als Hilfsmittel verordnet werden sollten. Hierfür ist eine weitere Optimierung der Systeme erforderlich, um den entsprechenden Sicherheitsanspruch eines Hilfsmittels zu erfüllen.

Ein­lei­tung

Welt­weit erlei­den jähr­lich ca. 130.000 Men­schen eine Quer­schnitt­läh­mung. Die Fol­ge ist meist eine dau­er­haf­te Abhän­gig­keit vom Roll­stuhl. Neben den kör­per­li­chen Ver­än­de­run­gen emp­fin­den die Betrof­fe­nen ins­be­son­de­re die Offen­sicht­lich­keit ihres Zustan­des als unan­ge­nehm. Das Sit­zen im Roll­stuhl und das „Auf­schau­en” zu den Mit­men­schen sowie die Ein­schrän­kun­gen in der Mobi­li­tät, ins­be­son­de­re in unebe­nem Gelän­de oder beim Über­win­den von Höhen­un­ter­schie­den wie bei­spiels­wei­se Trep­pen, wer­den als beson­ders belas­tend beschrie­ben. Um die­se Situa­ti­on zu ver­bes­sern, einem quer­schnitt­ge­lähm­ten Men­schen die Mög­lich­keit zu geben, wie­der zu ste­hen und zu gehen, sei­nen Mit­men­schen auf Augen­hö­he zu begeg­nen und die aktu­el­len Gren­zen sei­ner Mobi­li­tät zu über­win­den, wird bereits seit den 1970er Jah­ren an der Ent­wick­lung von Exo­ske­let­ten geforscht. Für die hier vor­ge­stell­te Stu­die wur­den drei ver­schie­de­ne Exo­ske­lett­sys­te­me im Hin­blick auf ihre kli­ni­sche Nutz­bar­keit getestet.

Anzei­ge

Metho­den

Von Janu­ar bis Juni 2013 wur­den die Exo­ske­let­te ReWalk und Ekso im Zen­trum für Rücken­mark­ver­letz­te der Berufs­ge­nos­sen­schaft­li­chen Kli­ni­ken in Hal­le (Saa­le) getes­tet. Seit April 2014 ist die Exo­ske­lett­the­ra­pie dort fes­ter Bestand­teil der Behand­lung. Neben dem Ekso wird nun auch der HAL zur The­ra­pie eingesetzt.

22 Pati­en­ten erhiel­ten bis zum aktu­el­len Zeit­punkt eine The­ra­pie mit einem der Exo­ske­let­te. Die Läsi­ons­hö­hen der Pati­en­ten vari­ier­ten von C7 bis L1, ASIA A. Das Gewicht lag zwi­schen 55 und 100 kg, das Alter zwi­schen 34 und 62 Jah­ren. Die Dau­er der bestehen­den Quer­schnitt­läh­mung vari­ier­te von 6 Mona­ten bis 29 Jah­ren. Alle Pati­en­ten ver­wen­de­ten im All­tag einen Aktivrollstuhl.

Zur Über­prü­fung des zeit­li­chen Auf­wan­des für die The­ra­pie wur­den die Zei­ten für Umbau und Anpas­sung der Exo­ske­let­te sowie für das An- und Able­gen gemes­sen. Die jewei­li­ge Dau­er für Balan­ce- und Gang­trai­ning wur­de ermit­telt. Auch wur­de die Anzahl der erfor­der­li­chen The­ra­peu­ten notiert. Der The­ra­pie­zeit­raum lag zwi­schen 2 und 10 Wochen, die Anzahl der The­ra­pie­ein­hei­ten je Pati­ent zwi­schen 2 und 30, wobei eine The­ra­pie­ein­heit das maxi­mal 45-minü­ti­ge Gehen ein­schließ­lich An- und Able­gen des Exo­ske­let­tes umfasst. Par­al­lel zu diver­sen medi­zi­ni­schen Unter­su­chun­gen erfolg­te die Über­prü­fung der Prak­ti­ka­bi­li­tät der jewei­li­gen Exo­ske­let­te für den kli­ni­schen All­tag. Ziel war und ist es, Indi­ka­tio­nen sowie Kon­tra­in­di­ka­tio­nen für die Exo­ske­lett­the­ra­pie zu eru­ie­ren, einen The­ra­pie­al­go­rith­mus zu ent­wi­ckeln, die phy­si­schen und psy­chi­schen Aus­wir­kun­gen der The­ra­pie zu ermit­teln und mög­li­che tech­ni­sche Schwach­stel­len aufzuzeigen.

Ergeb­nis­se

Bis­her wur­den 110 The­ra­pie­ein­hei­ten im ReWalk, 61 im Ekso und 41 im HAL durch­ge­führt. Sowohl für ReWalk als auch für Ekso lag die durch­schnitt­li­che Dau­er des Balan­ce-Trai­nings zwi­schen 4 und 5 Minu­ten, die Geh­dau­er bei 29 bis 34 Minu­ten. Für den HAL war kein Balan­ce-Trai­ning erfor­der­lich, die Geh­zeit lag hier bei durch­schnitt­lich 15 bis 25 Minu­ten pro Therapieeinheit.

Die Zeit zum Umbau der Exo­ske­let­te betrug für den ReWalk durch­schnitt­lich 45 Minu­ten, für den Ekso 10 Minu­ten und für den HAL 20 Minu­ten. Die Zeit für das An- und Able­gen des The­ra­pie­ge­rä­tes betrug für den ReWalk durch­schnitt­lich 25 Minu­ten, für den Ekso 10 Minu­ten und für den HAL 30 Minu­ten. Hier­aus ergibt sich für den ReWalk ein Gesamt­zeit­be­darf je The­ra­pie­ein­heit von ca. 105 Minu­ten, für den Ekso von 60 Minu­ten und für den HAL von 85 Minu­ten bei einer Geh­dau­er von 35 Minu­ten. Kei­ner der Pati­en­ten war in der Lage, das The­ra­pie­ge­rät selbst­stän­dig anzulegen.

Bei allen Exo­ske­let­ten waren zu Beginn immer zwei The­ra­peu­ten pro The­ra­pie­ein­heit erfor­der­lich, bei Ekso und HAL konn­te dies, abhän­gig von der Läh­mungs­hö­he, im wei­te­ren Ver­lauf auf einen The­ra­peu­ten redu­ziert werden.

Im Rah­men der The­ra­pien erga­ben sich fol­gen­de Besonderheiten:

ReWalk und Ekso

Ste­hen, Gehen sowie Aufstehen/Hinsetzen erfol­gen über com­pu­ter­ge­steu­er­te Moto­ren. Wäh­rend der The­ra­pie muss über eine „Uhr” das jeweils gewünsch­te Pro­gramm aus­ge­wählt wer­den. Die­ses wird über eine Nei­gung des Rump­fes und hier­aus resul­tie­ren­de Schwer­punkt­ver­la­ge­rung gestar­tet. Schritt­län­ge, ‑wei­te, ‑dau­er etc. müs­sen vor der The­ra­pie ein­ge­stellt und ggf. wäh­rend der The­ra­pie ange­passt wer­den. Hier­zu muss die The­ra­pie unter­bro­chen wer­den. Für den ReWalk müs­sen die Para­me­ter für jeden Pati­en­ten pro­ba­to­risch ermit­telt wer­den, für den Ekso liegt ein Maß­blatt mit Emp­feh­lun­gen abhän­gig von Kör­per­grö­ße, Bein­län­ge etc. bei.

Pati­en­ten mit Kon­trak­tu­ren der Hüft- bzw. Knie­ge­len­ke über 10°, Bein­län­gen­un­ter­schie­den von mehr als 2 cm oder ein­lie­gen­den Hüf­ten­do­pro­the­sen kön­nen das Exo­ske­lett nicht nut­zen. Zum Errei­chen der Posi­ti­on für das Auf­ste­hen ist eine Hüft­beu­gung von ca. 130° erfor­der­lich. Bei ein­lie­gen­der Hüf­ten­do­pro­the­se kann es hier­bei zur Luxa­ti­on kommen.

Beim Gehen kommt es zur motor­ge­trie­be­nen Stre­ckung im Hüft­ge­lenk. Bei Kon­trak­tu­ren besteht hier­bei die Gefahr eines Seh­nen­aus­ris­ses. Beu­ge­kon­trak­tu­ren im Knie­ge­lenk füh­ren zu einem funk­tio­nel­len Bein­län­gen­un­ter­schied. Hier­durch ist die adäqua­te Ent­las­tung des Schwung­bei­nes nicht mög­lich, das Gehen wird erschwert.

Die The­ra­pie von Pati­en­ten mit Rota­ti­ons­feh­lern oder Achs­ab­wei­chun­gen im Bereich der unte­ren Extre­mi­tä­ten kann pro­ba­to­risch erfol­gen; je grö­ßer die Abwei­chung von der nor­ma­len Ana­to­mie ist, umso höher ist jedoch die Gefahr von Über­las­tun­gen der angren­zen­den Gelenke.

Die bei­gefüg­ten Unter­arm­geh­stüt­zen müs­sen für den Vor­gang des Aufstehens/Hinsetzens weit nach dor­sal geführt wer­den. Hier­zu ist eine gute Beweg­lich­keit im Schul­ter­gür­tel erfor­der­lich (Abb. 1).

Bei kei­nem der bei­den Gerä­te ist wäh­rend des Gehens eine Ände­rung der Schritt­hö­he oder ‑wei­te mög­lich. Hier­durch ist es nicht mög­lich, Schwel­len zu über­win­den oder Uneben­hei­ten aus­zu­glei­chen. Aus Sicht der Autoren soll­te daher eine Nut­zung nur auf ebe­nen Flä­chen unter the­ra­peu­ti­scher Auf­sicht erfol­gen. Die Pati­en­ten stim­men mit die­ser Ansicht überein.

ReWalk

Der Rumpf ist in der Orthe­se nicht fixiert, es ist daher eine akti­ve Rumpf­kon­trol­le erfor­der­lich. Durch die direk­te Adapt­a­ti­on der Pati­en­ten mit­tels Gur­ten an die Orthe­se kam es zu Druck­stel­len sowie Haut­ab­le­de­run­gen im Bereich der Tro­chan­te­ren, der Fibu­la­köpf­chen und der Mal­leo­len, ins­be­son­de­re des media­len Malleolus.

Die ange­brach­ten Gurt­sys­te­me ermög­li­chen kei­ne adäqute Fixie­rung ins­be­son­de­re über­ge­wich­ti­ger Pati­en­ten. Es kommt zu einer unge­woll­ten Fle­xi­on in den Knie­ge­len­ken, wodurch eine Ver­la­ge­rung des Kör­per­schwer­punk­tes nach dor­sal resul­tiert. Die­se wird durch den Ruck­sack, der den Akku für das Gerät ent­hält, ver­stärkt. Um die­sem Zustand ent­ge­gen­zu­wir­ken und ein Fal­len nach hin­ten zu ver­mei­den, muss­te der Ober­kör­per über­pro­por­tio­nal stark nach vorn gebeugt wer­den, wodurch eine sehr hohe Last auf die obe­ren Extre­mi­tä­ten wirk­te. Dies führ­te bei eini­gen Pati­en­ten zur Reak­ti­vie­rung einer bestehen­den Arthro­se. Wei­ter­hin war die Ver­la­ge­rung des Kör­per­schwer­punk­tes nach ven­tro­la­te­ral deut­lich erschwert, das Schwung­bein konn­te nicht aus­rei­chend ent­las­tet, der Schritt nicht rich­tig aus­ge­löst wer­den. Es kam gehäuft zu Feh­ler­mel­dun­gen und zur Akti­vie­rung des Sicher­heits­mo­dus (Abb. 2). Die Fixie­rung der unte­ren Extre­mi­tä­ten wur­de zwar in der Zwi­schen­zeit modi­fi­ziert. Bezüg­lich der hier­aus evtl. resul­tie­ren­den Ver­bes­se­run­gen kön­nen jedoch kei­ne Anga­ben gemacht werden.

Das Gang­bild beim ReWalk ist durch den Drei­punkt­gang unphy­sio­lo­gisch. Das nach Anga­ben des Her­stel­lers mög­li­che Trep­pen­stei­gen wur­de zwar getes­tet, dabei zeig­te sich aller­dings, dass dies mit einer sehr hohen Sturz­ge­fahr sowohl beim Treppauf‑, ins­be­son­de­re aber beim Trepp­ab­ge­hen behaf­tet ist. Zum Trep­pen­stei­gen wird der Hand­lauf und eine Geh­stüt­ze genutzt. Der Ober­kör­per muss nach der Schrit­t­ein­lei­tung auf der Schwung­bein­sei­te nach dor­sal ver­la­gert und zur kon­tra­la­te­ra­len Sei­te gebeugt wer­den, um das Schwung­bein ent­spre­chend auf die nächs­te Trep­pen­stu­fe set­zen zu kön­nen. Beim Hin­ab­stei­gen ist der Höhen­un­ter­schied nach unten zu über­win­den, der Schwer­punkt ver­la­gert sich weit nach vorn. Ein dies­be­züg­li­cher Ver­such wur­de abge­bro­chen, da das Trepp­ab­ge­hen als zu gefähr­lich ein­ge­stuft wurde.

Das Gehen an Unter­arm­geh­stüt­zen berei­te­te den Pati­en­ten auf­grund bestehen­der Unsi­cher­hei­ten teils Pro­ble­me. Durch eine ring­ar­ti­ge Fixie­rung der bei­gefüg­ten Unter­arm­geh­stüt­zen wird beim Aufstehen/Hinsetzen Druck im Bereich der Ellen­beu­ge aus­ge­übt. Hier­aus ent­wi­ckel­ten sich Häma­to­me (Abb. 2). Laut Her­stel­ler soll hier eine Ände­rung erfolgen.

Aus Sicht der Autoren ist der ReWalk als The­ra­pie­mit­tel unter the­ra­peu­ti­scher Auf­sicht für fol­gen­de Pati­en­ten geeig­net: Gewicht maxi­mal 100 kg; Grö­ße 160 bis 190 cm; kom­plet­te Para­ple­gie mit erhal­te­ner Rumpf­sta­bi­li­tät; Nor­mal­ge­wicht soll­te auf­grund der genann­ten Pro­ble­me der Fixie­rung ange­strebt werden.

Ekso

Der Rumpf ist über ein Gurt­sys­tem an einer Rücken­plat­te fixiert, die fest an der Orthe­se ange­bracht ist. Durch einen brei­ten Bauch­gurt kann eine adäqua­te Sta­bi­li­sie­rung des Pati­en­ten in der Orthe­se erfol­gen, der Schwer­punkt ver­bleibt zen­tral. Der erfor­der­li­che Akku befin­det sich in einem Ruck­sack; durch die vor­han­de­ne Rücken­plat­te kommt es jedoch nicht zu einem Zug des Pati­en­ten nach dor­sal, da die­se den Rumpf ent­spre­chend fixiert. Die unte­ren Extre­mi­tä­ten wer­den über ein Sys­tem von Schel­len, das in einem gewis­sen Abstand zur Orthe­se selbst ange­bracht ist, fixiert. Hier­durch ist eine sehr hohe Sta­bi­li­tät auch bei über­ge­wich­ti­gen Pati­en­ten gege­ben (Abb. 3 u. 4). Bei kei­nem der Pati­en­ten ergab sich eine Schwer­punkt­ver­la­ge­rung nach dor­sal. Auch konn­ten kei­ne Druck­stel­len ermit­telt werden.

Der rezi­pro­ke Gang ähnelt dem phy­sio­lo­gi­schen Gang­bild. Gehen ist sowohl unter Zuhil­fe­nah­me eines Geh­ge­stel­les als auch von Unter­arm­geh­stüt­zen mög­lich. Das Geh­ge­stell wird von den Pati­en­ten als sehr posi­tiv emp­fun­den, da es ins­be­son­de­re zu Beginn mehr Sicher­heit ver­mit­telt als Unter­arm­geh­stüt­zen (Abb. 4).

Zudem besteht beim Ekso die Mög­lich­keit der Nut­zung des soge­nann­ten Varia­ble Assist. Hier­durch kann eine evtl. bestehen­de Rest­mus­kel­funk­ti­on der unte­ren Extre­mi­tä­ten aktiv genutzt wer­den, die Leis­tung der Moto­ren wird ent­spre­chend ange­passt. Als schwie­rig wird die Not­wen­dig­keit der Anpas­sung an den Schritt­zy­klus des Exo­ske­letts beschrie­ben, da die­ser nicht aktiv vom Pati­en­ten gesteu­ert wer­den kann.

Aus Sicht der Autoren ist der Ekso als The­ra­pie­mit­tel unter the­ra­peu­ti­scher Auf­sicht zur The­ra­pie fol­gen­der Pati­en­ten geeig­net: kom­plet­te und inkom­plet­te Para- und Tetra­ple­gi­ker; Gewicht maxi­mal 100 kg; Kör­per­grö­ße 150 bis 190 cm; eine Sta­bi­li­sie­rung der obe­ren Extre­mi­tä­ten, ins­be­son­de­re im Bereich von Ellen­bo­gen und Hand­ge­lenk, muss aktiv mög­lich sein; die Geh­hil­fen müs­sen sicher genutzt wer­den kön­nen. Bei inkom­plet­ter Quer­schnitt­läh­mung muss sich der Pati­ent an den Schritt­zy­klus des Gerä­tes anpas­sen, kann jedoch sei­ne eige­ne Mus­kel­kraft mit­tels Varia­ble Assist nutzen.

HAL

Anders als ReWalk und Ekso wird der Schritt beim HAL über myo­elek­tri­sche Poten­zia­le ein­ge­lei­tet und gesteu­ert. Hier­zu wer­den Elek­tro­den auf den ent­spre­chen­den Mus­kel­grup­pen an der unte­ren Extre­mi­tät ange­bracht, die mit einem Com­pu­ter ver­bun­den sind (Abb. 5). Die­ser koor­di­niert, abhän­gig von den ermit­tel­ten Poten­zia­len, den Schritt­zy­klus sowie die erfor­der­li­che Unter­stüt­zung der jewei­li­gen Mus­kel­grup­pen, abhän­gig von der aktu­el­len Schritt­pha­se. Durch die­sen Mecha­nis­mus ist es dem Pati­en­ten mög­lich, den Schritt selbst­stän­dig zu steu­ern. Eben­falls kann der Schritt in Höhe und Län­ge vari­iert wer­den, was ein Über­win­den von Hin­der­nis­sen mög­lich macht.

Es besteht kei­ne Mög­lich­keit, wäh­rend der Ruhe­pha­se über eine fixier­te Exten­si­on der Knie- und Hüft­ge­len­ke eine Erho­lung des Pati­en­ten zu errei­chen. Um dies zu gewähr­leis­ten, ist eine The­ra­pie mit­tels Wood­way erfor­der­lich, oder der Pati­ent muss genug Kraft haben, die Exten­si­on der Hüft- und Knie­ge­len­ke selbst­stän­dig hal­ten zu kön­nen (Abb. 6).

Auf­grund die­ser Erfor­der­nis­se ist eine The­ra­pie im HAL für inkom­plett quer­schnitt­ge­lähm­te Pati­en­ten, die min­des­tens einen Kraft­grad nach Jan­da von 3/5 für Hüft­beu­gung und Knie­stre­ckung haben, geeig­net. Unter­halb des­sen soll­ten The­ra­pie­al­ter­na­ti­ven erwo­gen werden.

Das Gehen kann auf einem Lauf­band sowie unter Zuhil­fe­nah­me von Hilfs­mit­teln wie bei­spiels­wei­se einem Geh­wa­gen auch in der Ebe­ne erfol­gen (Abb. 7). Das Gehen an Unter­arm­geh­stüt­zen sowie das freie Gehen wur­den noch nicht getes­tet, bei­des wird jedoch unter ent­spre­chen­den Vor­aus­set­zun­gen als mög­lich erach­tet. Unter Nut­zung des Wood­way kön­nen ver­mut­lich auch Pati­en­ten mit ver­min­der­ter Rumpf­kon­trol­le und Kraft im Bereich der obe­ren Extre­mi­tä­ten the­ra­piert wer­den, hier­zu lie­gen jedoch kei­ne prak­ti­schen Erfah­run­gen vor.

Limi­tie­rend für die The­ra­pie erscheint zum aktu­el­len Zeit­punkt die Nor­mie­rung der vor­han­de­nen The­ra­pie­ge­rä­te. Die­se basiert auf einem asia­ti­schen Stan­dard, der das euro­päi­sche Pati­en­ten­gut nicht aus­rei­chend erfasst. Ins­be­son­de­re die Wei­ten­re­gu­lie­rung des Becken­bü­gels erscheint hier pro­ble­ma­tisch. Ein wei­te­res Pro­blem ist die sehr kur­ze Akku­lauf­zeit im Rah­men der The­ra­pie. Bei akti­ver Nut­zung ist bereits nach 15 bis 20 Minu­ten ein Wech­sel des Akkus erforderlich.

Aus Sicht der Autoren ist der HAL als The­ra­pie­mit­tel unter the­ra­peu­ti­scher Auf­sicht zur The­ra­pie fol­gen­der Pati­en­ten geeig­net: kom­plett und inkom­plett quer­schnitt­ge­lähm­te Pati­en­ten mit einem Kraft­grad von min­des­tens 3/5 nach Jan­da für Hüft­beu­gung und Knie­stre­ckung; Kör­per­grö­ße zwi­schen 150 und 190 cm; Gewicht maxi­mal 95 kg.

Schluss­fol­ge­rung

Die Ent­wick­lung von Exo­ske­let­ten ist eine wei­te­re Mög­lich­keit, die The­ra­pie quer­schnitt­ge­lähm­ter Men­schen zu ver­bes­sern. Zum aktu­el­len Zeit­punkt exis­tiert auf dem Markt kein den Autoren bekann­tes Gerät, das für die pri­va­te Nut­zung geeig­net ist. Das Haupt­pro­blem hier­bei besteht dar­in, dass eine Anpas­sung des Schrit­tes in Höhe und Län­ge wäh­rend des Gehens nicht mög­lich ist. Somit ist ein Über­win­den von Hin­der­nis­sen oder ein Aus­glei­chen von Uneben­hei­ten nicht mög­lich. Der­zeit ist das Gehen mit einem Exo­ske­lett auf ebe­nem Unter­grund und unter Auf­sicht geschul­ter The­ra­peu­ten mög­lich und sicher. Exo­ske­let­te sind daher gene­rell als The­ra­pie­ge­rä­te und nicht als Hilfs­mit­tel ein­zu­stu­fen. Die­ser Ansicht stim­men alle Pati­en­ten, die eine The­ra­pie mit einem der Exo­ske­let­te erhiel­ten, zu.

Zwar ist es mit dem HAL mög­lich, Schritt­län­ge und ‑wei­te wäh­rend der The­ra­pie zu ändern, auf­grund sei­ner Kom­ple­xi­tät ist er aus Sicht der Autoren zum aktu­el­len Zeit­punkt jedoch aus­schließ­lich als The­ra­pie­ge­rät einzustufen.

Die The­ra­pie mit einem Exo­ske­lett geht mit einem hohen Zeit- und the­ra­peu­ti­schen Auf­wand ein­her. Ers­te Unter­su­chun­gen zei­gen jedoch vie­le posi­ti­ve Effek­te sowohl auf phy­si­scher als auch auf psy­chi­scher Ebe­ne, wel­che die­sen Auf­wand rechtfertigen.

Die der­zeit bei allen getes­te­ten Gerä­ten bestehen­den Grö­ßen- und Gewichts­be­gren­zun­gen limi­tie­ren die Nutz­bar­keit im kli­ni­schen All­tag. Ins­be­son­de­re die Gewichts­gren­ze von 100 kg führ­te häu­fig dazu, dass Pati­en­ten nicht the­ra­piert wer­den konn­ten. Daher ist ein Maxi­mal­ge­wicht von 125 kg anzustreben.

Auf­grund der aktu­ell bestehen­den Ein­schrän­kun­gen in der Nutz­bar­keit der Exo­ske­let­te stel­len sie zum jet­zi­gen Zeit­punkt noch kei­nen Ersatz für den Roll­stuhl dar. Die wei­te­re Ent­wick­lung wird jedoch mit Span­nung erwartet.

* ReWalk, ARGO Medi­cal Tech­no­lo­gies, Yok­neam Ilit, Israel

** Ekso, Ekso Bio­nics, Rich­mond, Cali­for­nia, USA

*** HAL, Cyber­dy­ne Care Robo­tics, Bochum, Deutschland/Tsukuba, Japan

 

Für die Autoren:
Jane Nit­sch­ke
BG Kli­ni­kum Bergmannstrost
Mer­se­bur­ger Stra­ße 165
06112 Hal­le (Saa­le)
j.nitschke@gmx.net

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
Nit­sch­ke J, Kuhn D, Fischer K, Röhl K. Ver­gleich zur kli­ni­schen Nutz­bar­keit der Exo­ske­let­te ReWalk, Ekso und HAL. Ortho­pä­die Tech­nik, 2014; 65 (9): 22–27
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