Auf die kollegialen Gespräche am TTO-Messestand sowie beim traditionellen Get-together musste Corona-bedingt verzichtet werden. Dafür war der Austausch per Videomeeting über die Möglichkeiten der Technischen Orthopädie (TO) nach einem Schlaganfall bzw. bei der Versorgung von Fußheberschwäche umso konzentrierter. Das TTO-Symposium unter dem Vorsitz von Prof. Dr. med. Bernhard Greitemann, Ärztlicher Direktor der Klinik Münsterland am Rehaklinikum Bad Rothenfelde, sowie BIV-OT-Vorstand OTM Matthias Bauche beleuchtete das Thema „Paresen – wie können Hilfsmittel helfen?“
Herausforderung Schlaganfall
Rund 300.000 Krankenhausbehandlungen aufgrund eines Schlaganfalls habe es in Deutschland bis vor kurzem pro Jahr gegeben, unterstrich Dr. Wilfried Schupp, Chefarzt Neurologie Phase D/Neuropsychologie/Geriatrische Rehabilitation an der M&I‑Fachklinik Herzogenaurach, in seinen Referat „Wann und warum – welche Hilfsmittel nach Schlaganfall?“ Bei der Behandlung der Schlaganfallfolgen spielten Heil- und Hilfsmittel die wichtigste Rolle, erklärte er.
Dass spätere Phasen der Rehabilitation bei vielen Schlaganfallpatienten nicht zum Tragen kämen, berichtete Matthias Bauche in „Schlaganfall – Eine interdisziplinäre Herausforderung aus Sicht der Orthopädie-Technik“. Durch Einführung der auf Schlaganfälle spezialisierten Stroke Units habe es eine deutliche Verbesserung bei der Sofortbehandlung gegeben, die Sterblichkeitsrate sinke. Nach der Entlassung in die Häuslichkeit oder die Kurz- bzw. Langzeitpflege gebe es aber Schnittstellenprobleme. Bauche schlug eine „gesetzliche Regelung für eine professionelle Betreuung der Schlaganfallpatienten“ vor.
Die Therapiemöglichkeiten bei Fußheberschwäche – zu deren Ursachen unter anderem Schlaganfälle gehören – rückten PD Dr. med. Jürgen Götz (Medartes Gemeinschaftspraxis/Privatklinik) sowie Ludger Lastring (Bundesfachschule für Orthopädie-Technik) auf dem TTO in den Mittelpunkt ihrer Beiträge.
Große Bandbreite von Neuroprothetik bis MDR
Die anschließende Session der Initiative ’93 unter den Chairs PD Dr. Götz und Dipl.-Ing. (FH) Daniel Heitzmann, Heidelberg Motionlab, Universitätsklinikum Heidelberg, spannte einen großen Bogen vom Neuroprothetik-Vortrag von Prof. Dr. med. Kiriakos Daniilidis, OTC Orthopädie Traumatologie Centrum Regensburg, bis zu der in Sanitätshäusern und orthopädietechnischen Betrieben heiß diskutierten europäischen Medizinprodukte-Verordnung (MDR). Wie Gregor Benedikt Ottawa vom Koordinierungszentrum für Klinische Studien (KKS), Universitätsklinikum Heidelberg, in seinem Referat „Fit for fire fighting! – die Medical Device Regulation (MDR) und ihre Herausforderungen“ ausführte, sei die Medizinprodukteherstellung in Deutschland vor allem in kleinen und mittelständischen Betrieben angesiedelt. Diese werde die Härte der MDR mit „voller Wucht“ treffen.
Prof. Dr. med. Wolfram Mittelmeier, Direktor der Orthopädischen Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Rostock, und Vorsitzender des geschäftsführenden Vorstands der Deutschen Gesellschaft für interprofessionelle Hilfsmittelversorgung e. V. (DGIHV), präsentierte Ergebnisse der Arbeitsgruppe (AG) MDR der DGIHV. Durch die MDR sei eine kontinuierliche Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen der Produkte gefordert, so Mittelmeier. Die AG MDR habe Klinische Bewertungen von Sonderanfertigungen und Risikoanalysen erstellt. Diese liefern Sanitätshäusern und orthopädietechnischen Betrieben Hilfestellungen.
Seine digitale Feuertaufe hat der TTO bestanden. Wobei die Diskussionsfreude der Teilnehmerinnen und Teilnehmer außerhalb des Online-Podiums noch ausbaubar blieb– die Chat-Funktion für Fragen an die Referenten wurde nur punktuell genutzt. Vielleicht blieben aber nach den umfangreichen Vorträgen einfach auch keine Fragen offen.
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