Einleitung
Amputationen im Vorfuß- und Rückfußbereich sind verglichen mit höheren Amputationsniveaus deutlich seltener Gegenstand alltagsbezogener Studien 1. Die Anzahl der Minoramputationen steigt jedoch tendenziell an. Zwischen 2005 und 2014 nahm die Anzahl der Eingriffe in Deutschland um 25 % zu 2 3 4, während gleichzeitig der Anteil höherer Amputationsniveaus leicht zurückging 5. Männer sind von einer Amputation im Fußbereich zweimal häufiger betroffen als Frauen 6 7. Biomechanische Defizite und Herausforderungen dieser Patientengruppe wurden in nur wenigen ausführlichen Studien behandelt. Als wichtigster biomechanischer Aspekt wird die Wiederherstellung eines Vorfußhebels mit optimaler Kombination aus Beweglichkeit und Steifigkeit herausgestellt 8 9. Es zeigt sich, dass das Gangbild in allen Alltagssituationen deutlich durch die Art der prothetischen Versorgung bestimmt wird 10 11 12.
Welche Art der Versorgung möglich ist, hängt maßgeblich von den Stumpfgegebenheiten, dem Gelenkstatus, den kosmetischen Ansprüchen und den orthopädietechnischen Fertigkeiten ab 13. Die klinische Praxis zeigt, dass die Ausprägung des funktionellen Defizits oft vom Versorgerteam unterschätzt wird. Zudem sind Passteilauswahl und Optimierungsmöglichkeiten bauartbedingt gegenüber höheren Versorgungsniveaus deutlich limitiert 14. Anpassen und Austesten sowie die adäquate Dimensionierung von Komponenten und Steifigkeiten sind in der Praxis deutlich aufwendiger als mit leicht austauschbaren und justierbaren modularen Komponenten.
Vergleichsweise wenig Informationen sind hinsichtlich der Patientenzufriedenheit sowie über die Auswirkungen der Versorgung in Bezug auf Aktivität und Funktion im Alltag der Betroffenen zu finden. In einem Übersichtsartikel von Quigley und Dillon (2016) zum Vergleich der Lebensqualität von Patienten nach Amputation im Fußbereich und Patienten nach Unterschenkelamputation mit pAVK und Diabetes konnte kein deutlicher Unterschied bezüglich der Lebensqualität der Probanden festgestellt werden, jedoch betonen die Autoren, dass dieses Thema bisher nur unzureichend untersucht sei 15. In der klinischen Betrachtung lassen sich typische Unterschiede und Alltagseinschränkungen dieser Patientengruppen feststellen.
In der hier vorgestellten Studie werden die Aspekte Mobilität, Alltagsaktivitäten sowie Zufriedenheit im Zusammenhang mit der Versorgung exemplarisch innerhalb eines Zentrums untersucht. Ziel der Arbeit ist es, Unterschiede und Gemeinsamkeiten innerhalb der Gruppe von Patienten nach Amputation im Fußbereich darzustellen und so den klinischen Eindruck objektiv zu quantifizieren.
Methoden
Als Datengrundlage dient die retrospektive Abfrage eines lokalen Patientenregisters. Die Datenerhebung für das Register erfolgt im Rahmen einer medizinisch-orthopädietechnischen Spezialsprechstunde. Hierbei wird eine standardisierte Anamnese anhand einheitlicher Fragebögen durchgeführt. Diese werden in Teilen von den Patienten selbst, teils durch Arzt und Orthopädietechniker ausgefüllt 16.
Datensätze von Patienten mit Amputation im Fußbereich lassen sich über die Registerstruktur abfragen. Für die Analyse werden die Bereiche „Angaben zur Amputation“, „Stumpfverhältnisse“, „derzeitige/geplante Versorgung“, „Therapie“ sowie „Mobilität und Lebensraum“ abgefragt. Mittels deskriptiver Statistik lässt sich die Gruppe hinsichtlich Anthropometrie und der genannten Kriterien charakterisieren. Die Auswertung zu Mobilität und Zufriedenheit erfolgt innerhalb der Subgruppen, die entsprechend den verschiedenen Versorgungen gebildet werden. Die subjektive Einschätzung zu den Aspekten Schaftpassform, Sicherheit und Zufriedenheit mit der vorhandenen Versorgung wird anhand einer Skala von 0 bis 10 in Anlehnung an den „Prosthetic Socket Fit Comfort Score“ abgefragt 17. Dabei entspricht 0 der Aussage „absolut unzufrieden“, 10 steht für „absolut zufrieden“. Auf diese Weise kann jeder der drei Bereiche bewertet werden. Abschließend werden Patienten durch den Anamnesebogen zur Formulierung ihrer individuellen Zielvorstellung aufgefordert.
Ergebnisse
Patientengruppe
Für die Auswertung konnten insgesamt 49 Patienten nach Amputation im Fußbereich aus den letzten 5 Jahren identifiziert werden. Davon sind 76 % Männer und 24 % Frauen. Das mittlere Alter liegt bei 55 Jahren mit einer Alterspanne von 25 bis 81 Jahren. Die Amputation liegt zum Zeitpunkt der Datenerhebung zwischen 2 Monaten und 43 Jahren zurück; im Gruppenmittel beträgt die Zeit seit Amputation 10 Jahre (Tab. 1). 27 Patienten sind linksseitig, 20 auf der rechten Seite amputiert; 2 Patienten sind beidseitig betroffen. Die Mobilitätsklassen 2 und 3 sind am häufigsten vertreten, wobei 41 % der Patienten den Klassen 1 und 2 und 59 % den Klassen 3 und 4 zuzuordnen sind (Tab. 1). Mit 72 % am häufigsten sind Amputationen auf Chopart-Niveau; eine Amputation nach Pirogoff liegt bei 12 % der Probanden vor (Abb. 1a). Diabetes- und vaskulär bedingte Amputationen sind zusammengefasst in dieser Kohorte die häufigste Amputationsursache, dicht gefolgt von traumatischen Amputationen (Abb. 1b).
Versorgungen und Stumpfverhältnisse
35 % der Patienten gaben an, nach der Amputation eine Stumpfrevision (knöchern/weichteilig) erhalten zu haben. Zum Erst-Vorstellungstermin erschienen 7 Patienten ohne Versorgung, wobei nur bei 3 dieser Patienten der letzte chirurgische Eingriff weniger als 6 Monate zurücklag.
Die vorhandenen Versorgungen sind sehr unterschiedlich, lassen sich aber grob in eine Gruppe der Temporär-Versorgungen (n = 9) und eine Gruppe der Definitiv-Versorgungen (n = 33) unterteilen. Den temporären Versorgungen werden in dieser Betrachtung Frühversorgungen wie klassische Castverbände, aber auch Eigenkonstruktionen und Behelfslösungen durch Patienten, die hier als „Schuhfüller“ bezeichnet werden, zugeordnet. Die Definitiv-Versorgungen lassen sich in orthopädische Maßschuhe und Prothesenversorgungen aufteilen (Abb. 2).
Die Gruppe der Prothesenversorgungen (n = 27) konnte hinsichtlich der Versorgungsart in sprunggelenkfreie Vorfußprothesen nach Bellmann sowie eine Silikonvorfußprothese und Variationen von Rahmenschaftprothesen im Sinne einer Versorgung nach Botta sowie Pirogoff-Versorgungen mit Kondylenfassung unterteilt werden (Abb. 2)
Bei vier der Probanden lagen zusätzlich zur Bellmann-Versorgung entweder eine Wechselprothese in Rahmenschafttechnik oder individuelle oder vorkonfektionierte unterschenkelhohe Orthesenversorgungen als modulare Adaption vor (Abb. 2).
Die Definitiv-Versorgungen wiesen unterschiedliche Zustände bezüglich Abnutzung und Passform auf. Von den 33 Patienten mit Definitiv-Versorgungen geben 6 Patienten an, diese zum Untersuchungszeitpunkt nur eingeschränkt oder gar nicht tragen zu können.
Die Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk ist bei 90 % der Patienten eingeschränkt. Patienten mit einer Versorgung nach Bellmann zeigen den größten Bewegungsumfang. Die Weichteildeckung des Stumpfendes ist bei 20 % der Patienten nicht adäquat hinsichtlich einer optimalen Versorgung. Das Knochenende wird in 55 % der Fälle im Stumpfendbereich als „prominent“ beschrieben. Endbelastungsfähigkeit ist bei 78 % der nicht Versorgten, Casts und Patienten mit provisorischen Schuhfüllern gegeben; in der Gruppe der Definitiv-Versorgungen trifft dies sogar für 91 % der Fälle zu. Die Amputationsnarbe ist in 60 % aller Fälle nicht gut verschieblich, eingezogen und bei 7 % der Patienten auch instabil oder verdichtet. Schmerzen am Stumpf werden in 46 % der Fälle angegeben. Die Nennung von Phantomschmerzen ist bei den nicht beziehungsweise temporär Versorgten mit 72 % häufiger als bei den Patienten mit Definitiv-Versorgungen mit 38 %. 30 % der Patienten geben an, in Bezug auf die Amputation physiotherapeutisch behandelt worden zu sein. Jemals Kontakt zu gleichartig Betroffenen hatten ca. 15 %.
Mobilität und Alltagsaktivitäten
Zur Nutzung der Versorgung werden die durchschnittliche tägliche Tragedauer sowie Gehstrecke und Gehdauer am Stück abgefragt. Die Ergebnisse sind entsprechend den Versorgungsgruppen in Tabelle 2 dargestellt. Die tägliche Tragedauer variiert demnach über die ganze Gruppe zwischen 0,5 und 16 Stunden. Analog dazu zeigen auch Gehstrecke (35 m bis 20 km) und Gehdauer (2 Minuten bis 5,5 Stunden) eine sehr große Spanne zwischen einzelnen Patienten. Große Unterschiede lassen sich auch im Vergleich der Gruppenmittelwerte erkennen: Den intensivsten Gebrauch zeigt in der Gesamtbetrachtung die Gruppe der Prothesennutzer.
Betrachtet man die unterschiedlichen Subgruppen der Prothesenversorgungen, fällt die deutlich geringere durchschnittliche Gehdauer der Patienten mit sprunggelenkfreien Versorgungen (700 m) gegenüber Patienten mit Rahmenschaftkonstruktionen (1,75 km) auf. Die Gruppe der Patienten mit modularen oder Wechselversorgungen zeigt mit 2,8 Kilometern die längste Gehstrecke. Hier lässt sich jedoch nicht differenzieren, mit welcher Versorgungskombination die langen Gehstrecken erfolgen.
Im Mittel müssen die Patienten in ihrem Alltag 45 Treppenstufen pro Tag überwinden. Patienten mit temporären Versorgungen gehen selten auf unebenem Untergrund (19 %) oder Schrägen (6 %). Von den Patienten mit Definitiv-Versorgungen gehen 52 % auf unebenem Untergrund und 37 % auf Schrägen. Mit der Definitiv-Versorgung fahren 81 % selbst mit dem Auto; dagegen sind nur 44 % der Patienten mit Cast oder provisorischen Versorgungen Selbstfahrer. Die Amputationsseite beeinflusst diesen Unterschied nicht, da beide Gruppen ein ähnliches Verhältnis von rechts- zu linksseitigen Amputationen zeigen.
Auf die standardmäßige Frage, in welchen Alltagsituationen ein Verbesserungswunsch besteht, wurde über die gesamte Kohorte das Gehen auf Treppen und auf unebenem Untergrund am häufigsten genannt.
In der Anamnese schätzen die Patienten ein, wie häufig sie unterschiedlichen Alltagsaktivitäten nachgehen. Abbildung 3 zeigt die Anzahl der Nennungen prozentual zur Patientengruppe. Radfahren und Sport sind für die Gruppe ohne Versorgung keine Option. Die größte Diskrepanz zwischen den unterschiedlichen Versorgungen zeigt sich bei Spaziergängen und Gartenarbeit. Bei den Angaben zur Berufstätigkeit muss berücksichtigt werden, dass zwei Drittel der nicht Berufstätigen bereits berentet sind oder sich in Frührente befinden. Bei den sportlichen Aktivitäten wurden Schwimmen und Fitness-Sport mehrfach angegeben, zudem Reha-Sport, Radfahren, Boxen, Volleyball und Wandern jeweils einmal genannt.
Zufriedenheit
Die subjektive Einschätzung von Schaftpassform, Sicherheit und Zufriedenheit wird für die Gruppe der temporären Versorgungen und für die Gruppe der Definitiv-Versorgungen in Abbildung 4 getrennt voneinander in einem Netzdiagramm dargestellt. Dabei sind im Uhrzeigersinn die möglichen Bewertungen von 0 („absolut unzufrieden“) bis 10 („absolut zufrieden“) aufgetragen. Die Häufigkeit der Wertung in Prozent wird entlang des Radius aufgetragen (0 % bis 25 %). Für die Gruppe der Patienten mit Temporär-Versorgung zeigt sich, dass die drei Bereiche „Sicherheit“, „Schaftpassform“ und „Zufriedenheit“ nicht besser als mit 6 bewertet werden. Die Wertung der Zufriedenheit mit der vorhandenen Versorgung liegt für alle Patienten zwischen 3 und 5. Für die Patienten mit Definitiv-Versorgung zeigt sich eine andere Tendenz in der Bewertung. Hier liegt der Großteil der Wertung für die drei Bereiche zwischen 8 und 10. Ein kleinerer Teil der Wertungen liegt für Sicherheit, Schaftpassform und Zufriedenheit zwischen 3 und 6.
Die Darstellung (Abb. 4b) für die Gruppe der definitiv Versorgten lässt vermuten, dass sich die Patienten in eine „eher zufriedene“ und eine „eher unzufriedene“ Gruppe aufteilen. In der Detailanalyse der einzelnen Fälle zeigt sich allerdings, dass nur zwei Patienten in allen drei Bereichen eher unzufrieden sind. 14 Patienten sind mit allen drei Bereichen eher zufrieden; 10 Patienten bewerten einen oder zwei Bereiche mit „eher unzufrieden“. Ein Beispiel hierfür ist ein Patient, der mit Passform und Sicherheit seiner Prothese zufrieden ist, mit der Versorgung insgesamt aber aufgrund des Erscheinungsbilds eher unzufrieden ist.
Die individuellen Angaben zur Zielvorstellung beziehen sich in der Gruppe der temporären Versorgungen und der nicht Versorgten überwiegend auf die Aspekte „Stabilität“ und „Sicherheit“ sowie „beschwerdefreies und uneingeschränktes Gehen“. Unter den Patienten mit Definitiv-Versorgung sind die drei wichtigsten Themen eine erhöhte Belastungsfähigkeit (längeres, weiteres Gehen), das Ausüben sportlicher Aktivitäten sowie langfristige Beschwerdefreiheit.
Patienten mit nicht-modularen Versorgungen (OSG-freie Prothese mit Unterschenkeladaption) äußern außerdem den Wunsch nach Wechselmöglichkeiten zwischen Versorgungen für unterschiedliche Alltagsanforderungen.
Limitationen
Bei der Verallgemeinerung der Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die Daten innerhalb einer ambulanten Sprechstunde erhoben wurden, die häufig von Patienten mit konkretem Vorstellungsgrund wie beispielsweise Stumpfproblemen oder dem Wunsch nach Neuversorgung aufgesucht wird. Die Ergebnisse lassen sich daher nur eingeschränkt mit anderen Studien zu Zufriedenheit oder Lebensqualität vergleichen. Da die Auswertung auf der Basis von Anamnese-Dokumentationen durchgeführt wurde, kam kein spezifischer Fragebogen zur Lebensqualität oder zur Zufriedenheit mit Hilfsmitteln wie beispielsweise der SF-36 oder der QUEST-Fragebogen zum Einsatz.
Der Anteil der betroffenen Männer in der vorgestellten Kohorte ist mit 76 % noch höher, als er in der Literatur beschrieben wird. Dies könnte auf die Verteilung der Amputationsursachen zurückzuführen sein: Die hier beschriebene Gruppe schließt neben diabetes- und anderen vaskulär bedingten Amputationen mit 35 % einen hohen Anteil an traumatischen Amputationen ein, die ebenfalls häufiger Männer betreffen. Mit 59 % der Patienten in den Mobilitätsklassen 3 und 4 handelt es sich bei der Studienkohorte um relativ mobile Patienten.
Diskussion
Besonders eindrücklich ist der Vergleich zwischen den Versorgungsgruppen hinsichtlich Tragedauer, Gehstrecke und Gehdauer (Tab. 2). Die nach der vorhandenen Versorgung aufgeschlüsselte Zeit seit der Amputation ist bei den Patienten mit Castverbänden deutlich länger, als dies für eine klassische Frühversorgung vorgesehen ist. Die längere Verwendungsdauer war nur vereinzelt mit Stumpfproblemen zu begründen, und diese waren in den vorhandenen Versorgungen nicht immer adäquat adressiert. Die lange Zeit seit der Amputation fällt auch bei den Patienten mit provisorischen „Schuhfüllern“ und bei den gänzlich Unversorgten auf. Daraus lässt sich schließen, dass ein Teil der Patienten nach der initialen Behandlung der orthopädietechnischen und medizinischen Patientenführung entgleitet. Die Auswertung dieser Studie zeigt, dass diese Patienten erst nach langer Zeit und bei zunehmenden Schwierigkeiten im Alltag erneut aktiv Rat suchen oder durch Angehörige dazu motiviert werden. Die Ergebnisse mit provisorischen „Schuhfüllern“ sind für Tragedauer, Gehstrecke und Gehdauer deutlich schlechter als für Patienten, die mit einem Cast versorgt sind. Auffällig ist auch, dass die Patienten mit orthopädischen Schuhen bei Tragedauer und Gehdauer schlechter abschneiden als die Gruppe mit Cast. In der Gehstrecke profitieren sie jedoch wie erwartet von ihrer Schuhversorgung. Hierbei ist einschränkend zu berücksichtigen, dass diese Gruppe mit n = 3 sehr klein ist und dass ihr Alter rund 10 Jahre über dem Durchschnittsalter der gesamten Kohorte liegt.
Die Prothesenversorgungen sind für einen Teil der Auswertung in Subgruppen unterteilt. Die Aufteilung erfolgt nach Konstruktionsmerkmal, jedoch nicht nach Passform und Zustand der Prothese. Aufgrund der kleinen Patientenzahl pro Subgruppe wurden für einen Teil der Auswertung alle Definitiv-Versorgungen zusammengefasst, um Tendenzen gegenüber den temporären Versorgungen aufzuzeigen.
Eine valide Aussage zur Funktion und zur Zufriedenheit hinsichtlich der unterschiedlichen Versorgungskonzepte erfordert eine größere Probandenzahl und ließe sich beispielsweise über eine standardisierte multizentrische Dokumentation in Form eines Registers realisieren.
Fazit und Schlussfolgerung
Zusammengefasst konnte gezeigt werden, dass einige Patienten teilweise lange Zeit nach der Amputation nicht fachgerecht versorgt sind und dass eine Anbindung an eine physiotherapeutische Behandlung für diese Patientengruppe nur selten gegeben ist. Patienten mit Cast-Versorgungen und sonstigen Provisorien berichten vermehrt von Phantomschmerzen und vermeiden unebenen Untergrund und Schrägen. Sie sind weniger mobil – sowohl zu Fuß als auch mit Fahrrad und Pkw – und mit ihrer Versorgung, Sicherheit und Schaftpassform eher unzufrieden.
Die Stumpfgegebenheiten sind in allen Versorgungsgruppen ähnlich herausfordernd und weisen die typischen in der Literatur beschriebenen Probleme wie Spitzfußstellung, knöcherne Prominenzen und instabile Narben auf 18. Die Gruppenanalyse der Gehstrecke zeigt eine deutliche Zunahme in Abhängigkeit von der Art der Versorgung. Dies unterstützt die Empfehlung für funktionelle Versorgungen. Eine frontale Anlage wie bei der Rahmenschaftkonstruktion ermöglicht es, die Last auf den Stumpf zu reduzieren 19 20. Modular gestaltete Versorgungen bieten die Möglichkeit, auf unterschiedliche Alltagsanforderungen (häusliches Umfeld, hohe körperliche Aktivität, optische Ansprüche) zu reagieren, wie es auch Unversehrte bei der Wahl von situationsabhängigem Schuhwerk tun können. Der Wunsch nach Funktionsverbesserung besonders auf Schrägen und unebenem Untergrund weist auf die Schwierigkeit der eingeschränkten Sprunggelenkfunktion und deren prothetischer Kompensation durch Aufbau oder adaptive Steifigkeiten hin. Dies in Einklang mit den Stumpfgegebenheiten zu einem funktionell zufriedenstellenden Ergebnis zu bringen stellt die hohen Anforderungen an die Umsetzung dieser Versorgungen heraus.
In den Medien oder im Herstellermarketing sind Patienten nach Amputation im Fußbereich kaum repräsentiert. Nur sehr wenige Patienten berichten über Kontakt zu gleichartig Betroffenen. Sie sind oft schlechter informiert oder bagatellisieren den Verlust des Vorfußes im Vergleich zu anderen Amputationshöhen. Hinzu kommen geschlechtsspezifische Unterschiede bezüglich der Inanspruchnahme fachlichen Rates bei medizinischen Problemen 21. Die vielfältigen Varianten an selbst oder von Angehörigen angefertigten „Schuhfüllern“ oder stark gealterte Versorgungen, die während der Termine dokumentiert wurden, illustrieren ein Defizit an Aufklärung und Patientenführung. Die Beratung über Versorgungsoptionen und Stumpfpflege durch alle beteiligten Berufsgruppen ist für Patienten nach Amputation im Fußbereich sowie deren Familie umso wichtiger, da Kontakte zu Physiotherapie oder gleichartig Betroffenen seltener sind. Dies verdeutlicht die wichtige Rolle der Orthopädietechnik, Patienten sowie deren Versorgungen und Anforderungen im Rahmen der eigenen regulatorischen Pflichten regelmäßig zu begutachten und zu bewerten, um Interventionsbedarf zeitnah zu erkennen.
Für die Autoren:
Dipl.-Ing. (FH) Julia Block
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Zentrum für Orthopädie, Unfallchirurgie
und Paraplegiologie
Universitätsklinikum Heidelberg
Schlierbacher Landstr. 200a
69118 Heidelberg
julia.block@med.uni-heidelberg.de
Begutachteter Beitrag/reviewed paper
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- Die neue Leitlinie zum Lipödem-Syndrom: mehr Licht als Schatten. Konsequenzen für die Praxis — 5. Dezember 2024
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