Der Mann mit Eigenschaften

Weggefährten aus der OT-Branche nehmen in persönlichen Nachrufen Abschied von Michael Leitmair. Darunter Stefan Geiselbrechtinger als Vertreter der Eurocom e. V.

Lei­den­schaft­lich und durch­drun­gen von tie­fem Wis­sen, klar in der Sache, dabei stets auf respekt­vol­ler Augen­hö­he – die­se per­sön­li­chen Merk­ma­le und nicht zuletzt sein Esprit mach­ten die Begeg­nun­gen mit Micha­el Leit­mair zu Stern­stun­den. Sie waren glei­cher­wei­se sein natür­li­ches Erfolgs­re­zept als lang­jäh­ri­ger Spre­cher unse­rer Arbeits­grup­pe Pro­the­tik, die er seit ihrer Grün­dung im Jahr 2005 maß­geb­lich präg­te und in ihr als zen­tra­les Bin­de­glied zwi­schen Indus­trie, Hand­werk und Kos­ten­trä­gern wirk­te. Micha­el Leit­mair war Antriebs­fe­der und ver­bin­den­de Kraft zugleich, dem es gelang, uns Unter­neh­mer auf das über­grei­fend Gemein­sa­me ein­zu­schwö­ren, wenn es dar­um ging, sich für die best­mög­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen einer der kom­ple­xes­ten ortho­pä­die­tech­ni­schen Her­aus­for­de­run­gen stark zu machen: der Ver­sor­gung mit Pro­the­sen. Jenen „Gesamt­kunst­wer­ken“ also, die erst im Zusam­men­spiel von medi­zin­tech­no­lo­gi­scher Ent­wick­lung und hand­werk­li­cher Fer­tig­keit aus der Mög­lich­keits­viel­falt der Kom­po­nen­ten Lösun­gen kre­ieren, um Men­schen wie­der „auf die Bei­ne zu brin­gen“ – und zwar so, wie es ihren ganz indi­vi­du­el­len Vor­aus­set­zun­gen ent­spricht. Gebrauchs­vor­tei­le und Funk­tio­nen, die in der Tech­no­lo­gie ste­cken, und Ansprü­che der Pati­en­ten, die sich dar­aus ablei­ten, trans­pa­rent zu machen, waren Micha­el Leit­mair ein Anlie­gen, das er öffent­lich­keits­wirk­sam in der Arbeits­grup­pe Pro­the­tik in ver­schie­de­ne Rat­ge­ber umsetzte.

Anzei­ge

Eine beson­de­re Her­aus­for­de­rung, die Micha­el Leit­mair für uns beherzt annahm und kon­se­quent gestal­te­te, war es, ein Pro­blem­be­wusst­sein dafür zu schaf­fen, dass die kom­ple­xe Pro­the­sen­ver­sor­gung schwer­lich in einem ein­fach struk­tu­rier­ten Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis kate­go­ri­sier­bar sei. Die Aus­ein­an­der­set­zung um die Pro­dukt­grup­pe 24 „Bein­pro­the­sen“ bot Stoff für kon­tro­ver­se Dis­kus­si­ons­run­den mit Kos­ten­trä­gern, in denen sich Micha­el Leit­mair als wert­vol­ler Stra­te­ge erwies. Sei­ne Mei­nung und sein Ver­hand­lungs­ge­schick zähl­ten viel für uns, da sie wesent­lich dazu bei­tru­gen, die Mit­glie­der hin­ter einem gemein­sa­men Ziel zu ver­ei­nen. Des­halb war er ein vom Vor­stand und von der Geschäfts­füh­rung geschätz­ter Ansprech­part­ner, wenn es um Grund­satz­ent­schei­dun­gen der Euro­com ging.

Dass man ihm genau – und gern – zuhör­te, liegt wohl an die­ser unver­wech­sel­ba­ren Mischung aus gewach­se­ner Kom­pe­tenz und geleb­ter mensch­li­cher Grö­ße. Der Netz­wer­ker, der das „Who is Who“ der Bran­che kann­te, wuss­te genau, „wie der Laden läuft“. Geprägt war Micha­el Leit­mair von einem ech­ten Inter­es­se an sei­nem Gegen­über, stets bereit, über den Tel­ler­rand zu schau­en, um die Sicht­wei­se des ande­ren zu ver­ste­hen. Dabei zeig­te er sich als groß­ar­ti­ger Erklä­rer, der ein­fa­che Wor­te für kom­pli­zier­te Sach­ver­hal­te fand. Das kam nicht von unge­fähr. Der Mana­ger und Ortho­pä­die­tech­ni­ker lern­te sein Fach von der Pike auf, als jugend­li­cher Azu­bi bei der Fir­ma Strei­fen­e­der, deren Pro­the­sen- und Orthe­sen­ent­wick­lung er spä­ter erfolg­reich auf­ge­baut und gelei­tet hat. Welt­weit war er auf allen Mes­sen unter­wegs für sei­ne Wahl­hei­mat, die Ortho­pä­die-Tech­nik. Micha­el Leit­mair brann­te für sei­ne Auf­ga­ben, mit denen er sich hun­dert­pro­zen­tig iden­ti­fi­zier­te, ob im Unter­neh­men oder in der Eurocom.

Die Zusam­men­tref­fen mit Micha­el Leit­mair waren span­nend. Die­se bemer­kens­wer­te Per­sön­lich­keit schöpf­te aus jahr­zehn­te­lan­gem Insi­der­wis­sen einer Bran­che. Dass er gleich­zei­tig so unver­krampft und vol­ler Charme auf­trat, konn­te selbst här­tes­te Dis­kus­sio­nen ent­zer­ren. „Komm, wir gehen mal eine rau­chen“ wur­de auch für Nicht­rau­cher zum geflü­gel­ten Wort für das Ent­ste­hen äußerst inspi­rie­ren­der Momen­te, die den Blick für das gro­ße Gan­ze öff­ne­ten und Raum für Nar­ra­ti­ve schu­fen. Es gibt vie­le Men­schen, die Geschich­ten erzäh­len, aber nur weni­ge, die die­se Geschich­ten auch selbst erlebt haben. Vie­le bli­cken träu­mend auf die „guten alten Zei­ten“ zurück, weni­ge zie­hen ihre Rück­schlüs­se aus dem Erleb­ten und rich­ten sich neu aus, fin­den die Kraft, aus Rück­schlä­gen neue Auf­ga­ben und Her­aus­for­de­run­gen anzu­neh­men, ohne zu vergessen.

Micha­el Leit­mair bleibt. Sei­ne Erleb­nis­se, sei­ne Kom­pe­tenz und Mensch­lich­keit sind uns Auf­trag für die Gestal­tung unse­rer Zukunft.

Ste­fan Geiselbrechtinger
(Mit­glied des Eurocom-Vorstands,
Geschäfts­füh­rer Oped GmbH)

Eine Über­sicht wei­te­rer Nach­ru­fe auf Micha­el Leit­mair fin­den Sie hier.

 

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