Mess­tech­ni­sche Erfas­sung der Stumpf-Schaft-Inter­ak­ti­on — Les­sons lear­ned und Emp­feh­lun­gen für die Praxis

V. Noll, K. Neuheuser, C. Schumacher, F. Blab, N. Ziegenspeck, B. Kleiner, U. Schneider, A. Seyfarth, P. Beckerle
Ziel des in diesem Artikel beschriebenen Projekts ist die Objektivierung der Anpassung von Beinprothesenschäften. Dazu werden relevante Messgrößen identifiziert, in dynamischen Gangsituationen messtechnisch erfasst und durch ein hier vorgestelltes Messprotokoll abgebildet. Aufbauend auf diesen Messdaten wird eine biomechanische Modellierung von Stumpf, Schaft und deren Interaktion vorgestellt. Abschließend erfolgt eine Einordnung der entwickelten Methode in Bezug auf die Anwendbarkeit in der alltäglichen Versorgungspraxis.

Ein­lei­tung und Motivation

Dem Pro­the­sen­schaft kommt als tech­ni­sche Schnitt­stel­le zum Pati­en­ten eine beson­de­re Bedeu­tung zu, um die auf­tre­ten­den Nor­mal- und Scher­kräf­te in den Stumpf ein­zu­lei­ten. Dar­über hin­aus ist der indi­vi­du­ell ange­pass­te Pro­the­sen­schaft ein zen­tra­ler Fak­tor für den Tra­ge­kom­fort sowie das Sicher­heits­emp­fin­den und beein­flusst maß­geb­lich den Erfolg der Ver­sor­gung. Wenn­gleich es vie­le Emp­feh­lun­gen für die Geo­me­trie­an­pas­sung eines Schaf­tes gibt, ist nach wie vor unklar, nach wel­chen Kri­te­ri­en ein Schaft aus der Sicht von Ortho­pä­die-Tech­ni­kern und Nut­zen­den glei­cher­ma­ßen als „gut“ bewer­tet wird. Grün­de hier­für sind sowohl die viel­sei­ti­gen prak­ti­schen und empi­risch gewon­ne­nen Erkennt­nis­se der Ortho­pä­die-Tech­ni­ker als auch die Indi­vi­dua­li­tät der Nut­zen­den (bspw. hin­sicht­lich Ana­to­mie und Akti­vi­täts­ni­veau). Neben die­sen Rah­men­be­din­gun­gen flie­ßen auch soge­nann­te Human Fac­tors wie z. B. Erwar­tungs­hal­tung, Kör­per­sche­ma­in­te­gra­ti­on und Außen­wahr­neh­mung 1 in die Bewer­tung des Pro­the­sen­sys­tems mit ein.

Im Rah­men des hier beschrie­be­nen For­schungs­pro­jekts wird daher ein ganz­heit­li­cher Ansatz ver­wen­det, um die Inter­ak­ti­on von Stumpf und Schaft in dyna­mi­schen Gang­si­tua­tio­nen zu unter­su­chen und zu objek­ti­vie­ren. Zu die­sem Zweck kom­men neben der bio­me­cha­ni­schen Gang­ana­ly­se und der Quan­ti­fi­zie­rung der Druck­zo­nen im Schaft wei­te­re Metho­den zur bio­me­cha­ni­schen Model­lie­rung und Simu­la­ti­on sowie Metho­den der psy­cho­lo­gi­schen Nut­zer­be­fra­gung zum Ein­satz (Abb. 1). Über das Ziel des Pro­jekts und den ganz­heit­li­chen Ansatz wur­de bereits zu Pro­jekt­be­ginn in der OT (Aus­ga­be Mai 2016) berich­tet 2.

In die­sem Arti­kel wer­den die ver­schie­de­nen Mess­systeme, die zur Erhe­bung der dyna­mi­schen Stumpf-Schaft-­In­ter­ak­ti­on ver­wen­det wur­den, im Hin­blick auf ihre Eig­nung dis­ku­tiert und das letzt­lich eta­blier­te Mess­pro­to­koll vor­ge­stellt. Sodann wird das ent­wi­ckel­te bio­me­cha­ni­sche Modell zur Abbil­dung der dyna­mi­schen Inter­ak­ti­on an der Stumpf-Schaft-Schnitt­stel­le erläu­tert. Abschlie­ßend wird der ganz­heit­li­che Pro­jekt­an­satz dis­ku­tiert, Emp­feh­lun­gen für die Pra­xis aus­ge­spro­chen und ein Aus­blick auf wei­te­re not­wen­di­ge For­schungs­ar­bei­ten vermittelt.

Eta­blier­tes Messprotokoll

Die Stumpf-Schaft-Inter­ak­ti­on soll in dyna­mi­schen Gang­si­tua­tio­nen anhand sub­jek­ti­ver und objek­ti­ver Mess­grö­ßen ana­ly­siert wer­den. Um dies zu ermög­li­chen, müs­sen sowohl sta­bi­le Para­me­ter wie Per­sön­lich­keits­merk­ma­le und Ana­mne­se­da­ten berück­sich­tigt als auch tem­po­rä­re Para­me­ter wie Schaft­ver­hält­nis­se (objek­ti­ves Nut­zer­er­le­ben) und Wohl­befinden (sub­jek­ti­ves Nut­zer­emp­fin­den) wäh­rend der Mes­sun­gen erfasst wer­den. Abbil­dung 2 ver­mit­telt einen Über­blick über die im Rah­men des Pro­jekts erho­be­nen Mess­da­ten, die im Fol­gen­den erläu­tert werden.

Vor der Erhe­bung der expe­ri­men­tel­len Daten wird eine aus­führ­li­che und aktu­el­le Ana­mne­se des Pro­ban­den durch ortho­pä­di­sches Fach­per­so­nal durch­ge­führt. Zur Erfas­sung der Aus­prä­gun­gen von Per­sön­lich­keits­merk­ma­len bezüg­lich der Dimen­sio­nen „Ängst­lich­keit“, „Depres­si­vi­tät“ und „Lebens­zu­frie­den­heit“ kom­men nach Ein­wil­li­gung der Teil­neh­men­den eta­blier­te Fra­ge­bö­gen zum Ein­satz. Die ver­wen­de­ten Mess­in­stru­men­te sind das Beck-Depres­si­ons-Inven­tar (BDI) 3, das Sta­te-Trait-Angst-Inven­tar (STAI) 4 und das Euro­pean Qua­li­ty of Life Ques­ti­on­n­aire (EQ-5D) 5. Auf­grund der Sta­bi­li­tät die­ser Per­sön­lich­keits­merk­ma­le kann das Aus­fül­len der Bögen unab­hän­gig vom Mess­ab­lauf erfolgen.

Um die dyna­mi­sche Inter­ak­ti­on zwi­schen Stumpf und Schaft reprä­sen­ta­tiv abzu­bil­den, wur­den zu Beginn des Pro­jekts das Gehen in der Ebe­ne sowie auf einer Ram­pe und das Trep­pen­stei­gen betrach­tet. Zur Objek­ti­vie­rung der Inter­ak­ti­on kam eine Viel­zahl tech­ni­scher Mess­sys­te­me zum Ein­satz. Als phy­sio­lo­gi­scher Para­me­ter wur­de wäh­rend der ein­zel­nen Mess­rei­hen die Herz­fre­quenz der Teil­neh­men­den erfasst. Neben den eta­blier­ten Gang­ana­ly­se­me­tho­den zur Erfas­sung von Kine­ma­tik und Kine­tik wur­den auch Mess­instrumente zur Daten­auf­nah­me rele­van­ter Belastungs­größen des Schaf­tes ver­wen­det: Inner­halb des Pro­the­sen­auf­baus wur­den die auf­tre­ten­den Belas­tun­gen direkt unter­halb des Pro­the­sen­schafts erfasst; eine wei­te­re dyna­mi­sche Mess­grö­ße ist die Nor­mal­druck­ver­tei­lung inner­halb des Schafts über Druck­mess­fo­li­en. Mit Hil­fe einer Wär­me­bild­ka­me­ra wur­den ther­mi­sche Ver­än­de­run­gen im Bereich des Bein­stumpfs zwi­schen ein­zel­nen Mess­rei­hen quan­ti­fi­ziert und ana­ly­siert. Des Wei­te­ren wur­den Tem­pe­ra­tur und Feuch­tig­keit zwi­schen Stumpf­ober­flä­che und Liner zu dis­kre­ten Zeit­punk­ten gemessen.

Die sub­jek­ti­ve Beur­tei­lung des Befin­dens wäh­rend der lau­fen­den Mes­sun­gen erfolg­te in Form von Wie­der­ho­lungs­mes­sun­gen. Dazu wur­den die Socket Fit Com­fort Sca­le (SFCS) 6 und der Kurz­fra­ge­bo­gen zur aktu­el­len Bean­spru­chung (KAB) 7 ver­wen­det. Bei bei­den Fra­ge­bö­gen han­delt es sich um nume­ri­sche Ratings­ka­len, die mit einem Zeit­auf­wand von ein bis zwei Minu­ten zu bear­bei­ten sind. Die SFCS bie­tet eine elf­stu­fi­ge Aus­wahl zwi­schen „über­haupt nicht kom­for­ta­bel“ und „maxi­mal kom­for­ta­bel“ bezüg­lich der Bequem­lich­keit des Pro­the­sen­schafts. Der KAB besteht aus sechs bipo­la­ren Adjek­tiv­paa­ren und erfasst kör­per­li­che und psy­chi­sche Bean­spru­chung in einem resul­tie­ren­den Summenwert.

Um die loka­le Zuord­nung der Posi­ti­on der Druck­mess­fo­li­en zu ermög­li­chen und die erfolg­te Stumpfana­mne­se zu ergän­zen, wur­de die drei­di­men­sio­na­le Stumpf­geo­me­trie mit Hil­fe eines 3D-Scans erfasst. Die tech­ni­schen Daten zur ver­wen­de­ten Mess­tech­nik sind in Tabel­le 1 zusammengefasst.

Die Ver­wen­dung der umfang­rei­chen Mess­tech­nik und die Betrach­tung der drei unter­schied­li­chen Gang­sze­na­ri­en hat eine sehr lan­ge Ver­suchs­dau­er zur Fol­ge: Die Durch­füh­rung der Pilot­stu­die mit einem unter­schen­kel­am­pu­tier­ten Teil­neh­mer erfor­der­te drei Mess­ta­ge. Die­ser mess­tech­ni­sche und zeit­li­che Auf­wand ist im Rah­men der ange­streb­ten Stu­die nicht sinn­voll umsetz­bar. Durch die Ana­ly­se der Pilot­stu­die konn­te jedoch bereits eine ers­te Reduk­ti­on erreicht wer­den: Abbil­dung 3 zeigt jeweils die gemes­se­nen Boden­re­ak­ti­ons­kräf­te einer reprä­sen­ta­ti­ven Stand­pha­se der Pro­the­sen­sei­te bei den unter­schied­li­chen Gang­sze­na­ri­en. Im Gegen­satz zur gro­ßen Belas­tungs­va­ria­ti­on zwi­schen dem gera­den Gehen in der Ebe­ne (links) ver­gli­chen mit dem Trepp­ab­ge­hen (Mit­te) sind die Belas­tungs­si­tua­tio­nen beim gera­den Gehen in der Ebe­ne und auf der Ram­pe (rechts) von ver­gleich­ba­rem Niveau. Aus die­sem Grund wur­de das Mess­pro­to­koll im wei­te­ren Ver­lauf auf die Gang­sze­na­ri­en „Gehen in der Ebe­ne“ und „Trep­pen­stei­gen“ reduziert.

Dar­über hin­aus wur­de auch die Anzahl der ein­ge­setz­ten Mess­sys­te­me ver­rin­gert: Auf­grund des gerin­gen Infor­ma­ti­ons­ge­halts und der feh­len­den Modell­in­te­gra­ti­on wur­den weder die dis­kre­ten Feuch­te- und Tem­pe­ra­tur­mes­sun­gen noch die Herz­fre­quenz wei­ter berück­sich­tigt. In der Aus­wer­tung der Wär­me­bil­der war kei­ne Dif­fe­ren­zie­rung der unter­schied­li­chen Grün­de für Wär­me­ent­wick­lung (Wärme­isolation Schaft, kör­per­li­che Anstren­gung, Rei­bung etc.) mög­lich, wes­halb auch auf die­se Mess­grö­ße im wei­te­ren Ver­lauf ver­zich­tet wur­de. Durch die Opti­mie­rung des zeit­li­chen Ablaufs konn­te letzt­end­lich das im Fol­gen­den beschrie­be­ne kom­pak­te Mess­pro­to­koll eta­bliert werden:

Zunächst erfolgt die Auf­klä­rung der Teil­neh­men­den über das Pro­jekt, den bevor­ste­hen­den Mess­ab­lauf und die Frei­wil­lig­keit der Teil­nah­me. Dabei wer­den auch die Fra­ge­bö­gen zur Erfas­sung der Per­sön­lich­keits­merk­ma­le (Aus­fül­len unab­hän­gig vom Tag der Mes­sung) aus­ge­hän­digt und kurz erläu­tert. Zudem fin­det eine ers­te Erhe­bung des sub­jek­ti­ven Nut­zer­emp­fin­dens statt. Als Aus­gangs­wert für den wei­te­ren Mess­ver­lauf und zur Iden­ti­fi­ka­ti­on etwa­iger Ände­run­gen durch die ange­leg­te Mess­tech­nik wer­den sowohl SFCS als auch KAB abgefragt.

Zur demo­gra­fi­schen und anthro­po­me­tri­schen Doku­men­ta­ti­on wer­den Alter, Geschlecht, Grö­ße, Gewicht, Mobi­li­täts­grad, Art/Zeitpunkt/Grund der Ampu­ta­ti­on und der Pro­the­sen­auf­bau erfasst. Des Wei­te­ren wird die Stumpf­geo­me­trie in Anleh­nung an 8 und abs­tra­hier­te Para­me­ter der Schaft­geo­me­trie erfasst. Im Rah­men des Pro­jekts wur­de dazu ein drei­sei­ti­ger Doku­men­ta­ti­ons­bo­gen ent­wi­ckelt. Des Wei­te­ren erfolgt die Vor­be­rei­tung der Mess­tech­nik. Dabei müs­sen sowohl die selbst­re­flek­tie­ren­den Mar­ker des Moti­on Cap­tu­ring plat­ziert als auch der Kraft-Momen­ten-Sen­sor und die Druck­mess­fo­li­en in den Pro­the­sen­auf­bau bzw. den Schaft inte­griert wer­den. Die ana­to­mi­schen Land­mar­ken wur­den nach 9 pal­piert und mit Mar­kern beklebt. Auf dem Pro­the­sen­auf­bau wur­den min­des­tens drei Mar­ker je Kom­po­nen­te ange­bracht, um Posi­ti­on und Ori­en­tie­rung bestim­men zu kön­nen. Der Kraft-Momen­ten-Sen­sor soll am dista­len Ende des Pro­the­sen­schaf­tes ober­halb des Knie­ge­lenks imple­men­tiert werden.

Um eine Gewöh­nung an mög­li­che Ver­än­de­run­gen im Pro­the­sen­auf­bau für den Pro­ban­den zu gewähr­leis­ten und um die Zeit für die Ein­stel­lung des Pro­the­sen­auf­baus am Ver­suchs­tag mini­mal zu hal­ten, wur­den Sen­sor-Dupli­ka­te aus Alu­mi­ni­um ange­fer­tigt. Die Dupli­ka­te haben eine iden­ti­sche Auf­bau­hö­he und Mas­se. Die­se wur­den etwa zwei Wochen vor Durch­füh­rung der Labor­ver­su­che an die Teil­neh­men­den gesen­det und durch Beschäf­tig­te des ver­sor­gen­den Sani­täts­hau­ses an ent­spre­chen­der Stel­le in den Pro­the­sen­auf­bau inte­griert. Am Ver­suchs­tag wur­den die Dupli­ka­te vom ver­suchs­be­glei­ten­den ortho­pä­di­schen Fach­per­so­nal durch den Sen­sor mit­tels Lösen der 4‑Loch-Auf­nah­men getauscht, sodass kei­ne Ver­än­de­rung bei Höhe oder Rota­ti­on des Pro­the­sen­auf­baus ent­ste­hen konn­te. Zur Erfas­sung des Nor­mal­drucks im Pro­the­sen­schaft wer­den die not­wen­di­gen Sen­sor­mat­ten zwi­schen Liner und Bein­stumpf bzw. zwi­schen Pro­the­sen­schaft und Bein­stumpf plat­ziert. Die ver­wen­de­te Mat­ten­kon­fi­gu­ra­ti­on der Novel GmbH wur­de bereits bei Mes­sun­gen mit Ampu­tier­ten ein­ge­setzt 10.

Direkt nach der Kom­plet­tie­rung der Mess­vor­be­rei­tun­gen wird erneut das momen­ta­ne Nut­zer­emp­fin­den durch SCFS und KAB erfasst. Ziel ist dabei, die Ver­än­de­rung der Stumpf-Schaft-Schnitt­stel­le durch die ein­ge­brach­te Mess­tech­nik und das Wohl­be­fin­den des mit Mess­tech­nik aus­ge­stat­te­ten Pro­ban­den zu quan­ti­fi­zie­ren. Im Anschluss erfolgt ein kur­zer Funk­ti­ons­test der unter­schied­li­chen Mess­sys­te­me, die zeit­lich syn­chro­ni­siert auf­ge­zeich­net werden.

Zu Ran­do­mi­sie­rungs­zwe­cken wur­de die Rei­hen­fol­ge der Mess­rei­hen (gera­des Gehen in der Ebe­ne, Trep­pen­stei­gen) vari­iert. Für das Gehen in der Ebe­ne wer­den die Kraft­mess­plat­ten (50 × 50 cm Flä­che) mit einem Abstand von 0,25 m zwi­schen den Plat­ten in Rei­he mon­tiert, um bei nor­ma­ler Geh­ge­schwin­dig­keit der Pro­ban­den einen opti­ma­len Fuß­kon­takt auf den Kraft­mess­plat­ten zu erhal­ten. Damit kann für bei­de Bei­ne inner­halb eines Mess­durch­gangs sowohl die Boden­re­ak­ti­ons­kraft in der Stand­pha­se des ipsi­la­te­ra­len Beins als auch die zeit­glei­che Dop­pel­kon­takt­pha­se des kon­tra­la­te­ra­len Beins erfasst wer­den. Ins­ge­samt wer­den min­des­tens zehn erfolg­rei­che Mess­rei­hen durch­ge­führt, wobei nach der Hälf­te und nach Abschluss der Mess­rei­hen eine erneu­te Abfra­ge des Nut­zer­emp­fin­dens durch SFCS und KAB erfolgt.

Im Anschluss erfolgt der not­wen­di­ge Umbau des Lauf­labors: Die Kraft­mess­plat­ten wer­den in die Trep­pe ein­ge­setzt. Dabei ent­steht für den Pro­ban­den eine Erho­lungs­pau­se von etwa zwan­zig Minu­ten. Beim Trep­pen­stei­gen durf­ten die Pro­ban­den ihre gewohn­ten Stra­te­gien zur Bewäl­ti­gung der Trep­pe ein­set­zen. So durf­te bspw. bei Bedarf ein Gelän­der zur Siche­rung ver­wen­det wer­den. Wie beim Mess­ab­lauf des gera­den Gangs wer­den jeweils zehn erfolg­rei­che Mess­rei­hen für das Hoch- und das Her­un­ter­ge­hen der Trep­pe auf­ge­zeich­net. Eben­falls wer­den zur Kom­plet­tie­rung des Nut­zer­emp­fin­dens SCFS und KAB vor Beginn, nach der Hälf­te und nach Kom­plet­tie­rung der voll­stän­di­gen Mess­rei­hen durchgeführt.

Nach der mess­tech­ni­schen Erfas­sung der dyna­mi­schen Stumpf-Schaft-Inter­ak­ti­on in den unter­schied­li­chen Gang­szenarien wird der Stumpf des Pro­ban­den im Stand gescannt. Dazu wird der Pro­the­sen­schaft und ggf. der Liner aus­ge­zo­gen. Die Stumpf­geo­me­trie sowie die Posi­ti­on der Druck­mess­fo­li­en und der Mar­ker wer­den durch den 3D-Scan fest­ge­hal­ten. Dabei wird auch das aktu­el­le Befin­den des Pro­ban­den mit­tels KAB erfasst. Im Anschluss wird die kom­plet­te Mess­tech­nik vom Pro­ban­den und aus des­sen Pro­the­sen­auf­bau ent­fernt. Zum Abschluss der Mes­sung wird nach Wie­der­her­stel­lung der All­tags­pro­the­se ein letz­tes Mal das Nut­zer­emp­fin­den mit SFCS und KAB erfasst.

Die Dau­er des beschrie­be­nen Mess­ab­laufs inklu­si­ve Vor­be­rei­tung und Instru­men­tie­rung des Pro­ban­den beträgt etwa vier Stun­den. Mit die­sem eta­blier­ten Pro­to­koll las­sen sich mit ver­tret­ba­rem Auf­wand sowohl sub­jek­ti­ve als auch objek­ti­ve Mess­grö­ßen der Stumpf-Schaft-Inter­ak­ti­on wäh­rend dyna­mi­scher Gang­si­tua­tio­nen erfassen.

Bei der Pro­ban­den­ak­qui­se stellt die Inte­gra­ti­on der iPecs-Kraft­mess­do­se in den Pro­the­sen­auf­bau eine gro­ße Her­aus­for­de­rung dar. Die Auf­bau­hö­he von 45 mm und das Ziel der Posi­tio­nie­rung direkt am dista­len Schaft­en­de sor­gen für Ein­schrän­kun­gen in Bezug auf die Stumpf­län­ge. Im Rah­men des Pro­jekts wur­den mit dem eta­blier­ten Mess­pro­to­koll zwei Stu­di­en mit jeweils zwei Pro­ban­den im Abstand von sechs Mona­ten durch­ge­führt. Tabel­le 2 fasst die erho­be­nen Mess­da­ten in einer Auf­stel­lung der Pro­ban­den zusammen.

Mit Hil­fe der Daten las­sen sich unter­schied­li­che Fra­ge­stel­lun­gen im Rah­men von Fall­stu­di­en unter­su­chen. Pro­band 1 wur­de im Abstand von sechs Mona­ten mit iden­ti­schen Pro­the­sen- und Schaft­kom­po­nen­ten ver­mes­sen. Die Daten sol­len im Hin­blick auf Kon­ti­nui­tät der Stumpf-Schaft-Inter­ak­ti­on unter­sucht wer­den. Im Gegen­satz dazu wur­de Pro­band 2 im sel­ben Abstand, aber mit unter­schied­li­chen Schaft­systemen unter­sucht. Dabei unter­schei­det sich ledig­lich die Schaft­form; der Rest der Kom­po­nen­ten wur­de nicht ver­än­dert. In Abhän­gig­keit der Ana­ly­se­er­geb­nis­se von Pro­band 1 lässt sich bei Pro­band 2 der Ein­fluss der Schaft­form auf die Stumpf-Schaft-Inter­ak­ti­on untersuchen.

Loka­le Modellierung

Der Fokus bei der Model­lie­rung liegt auf der Ermög­li­chung der Ana­ly­se dyna­mi­scher Vor­gän­ge in der Schnittstellen­interaktion. Dazu erscheint die exak­te Nach­bil­dung der indi­vi­du­el­len und kom­ple­xen Stumpf­geo­me­trie und ‑kon­sti­tu­ti­on nicht ziel­füh­rend. Viel­mehr geht es dar­um, ein Modell auf­zu­bau­en, wel­ches das dyna­mi­sche Ver­hal­ten der Stumpf-Schaft-Schnitt­stel­le abbil­den kann (gerin­ge Modellkom­plexität sowie gerin­ge Rechen­zeit) und das trotz­dem zur Bewer­tung von Ein­fluss­fak­to­ren auf das Schnitt­stel­len­ver­hal­ten genutzt wer­den kann (Indi­vi­dua­li­sie­rung und Inte­gra­ti­on phy­si­ka­li­scher Gegebenheiten).

Das ent­wi­ckel­te Modell und des­sen Imple­men­tie­rung sind in Abbil­dung 4 dar­ge­stellt. Dabei sind der Stumpf­kno­chen und der Pro­the­sen­schaft als stei­fe Kör­per model­liert, die über Weich­ge­we­be­mo­del­le mit­ein­an­der elas­tisch an acht gleich­ver­teil­ten Kon­takt­punk­ten (Liner) gekop­pelt sind. Zwi­schen Liner und Schaft­wand sind zusätz­lich jeweils Reib­mo­del­le imple­men­tiert, sodass eine Rela­tiv­be­we­gung zwi­schen Bein­stumpf und Pro­the­sen­schaft mög­lich ist.

Eine Simu­la­ti­on erfolgt durch das Auf­prä­gen von Belas­tungs­da­ten am dista­len Schaft­en­de. Als wei­te­re Rand­be­din­gung wird der Kno­chen in einem ers­ten Schritt als „World­frame“ defi­niert und ver­bleibt des­halb bewe­gungs­los. In Abhän­gig­keit von den auf­ge­präg­ten Belas­tun­gen am dista­len Schaft­en­de und den defi­nier­ten Weich­ge­we­be­mo­del­len ergibt sich im Lau­fe der Simu­la­ti­on ein wie­der­keh­ren­des Bewe­gungs­mus­ter. Nach Abschluss der Simu­la­ti­on kön­nen die auf­tre­ten­den Nor­mal- und Scher­be­las­tun­gen in den acht Kon­takt­punk­ten aus­ge­le­sen wer­den. Des Wei­te­ren kann eine Ana­ly­se der Rela­tiv­be­we­gun­gen zwi­schen Pro­the­sen­schaft und Kno­chen sowie zwi­schen Pro­the­sen­schaft und Liner (Kon­takt­punk­te) erfolgen.

Die Indi­vi­dua­li­sie­rung des Modells wird durch die Inte­gra­ti­on der erho­be­nen Mess­da­ten erreicht. Dabei wer­den durch die Schaft­ver­mes­sung die abs­tra­hier­te Geo­me­trie sowie die Mas­sen­ver­tei­lung des Pro­the­sen­auf­baus ange­passt. Aus den gemes­se­nen Umfangs­wer­ten des Bein­stump­fes wäh­rend der Ana­mne­se wer­den Weich­ge­we­be­dicken abs­tra­hiert und im Modell ent­spre­chend indi­vi­dua­li­siert. Die Stumpf­län­ge wird eben­falls an den Pro­ban­den ange­passt. Des Wei­te­ren wer­den die auf­ge­präg­ten Belas­tungs­da­ten aus den erho­be­nen Mess­da­ten der unter­schied­li­chen Gang­si­tua­tio­nen gewon­nen. Der Erstel­lungs­pro­zess der Belas­tungs­da­ten wird durch Abbil­dung 5 verdeutlicht.

Aus der Anzahl an Mess­rei­hen mit glei­cher Belastungs­situation wird jeweils ein rele­van­ter Gang­zy­klus des Pro­the­sen­beins iden­ti­fi­ziert und extra­hiert. Auf­grund der Gang­variabilität müs­sen die extra­hier­ten Gang­zy­klen vor der Mit­te­lung nor­miert wer­den. Aus den gemit­tel­ten Mess­da­ten wer­den anschlie­ßend die Belas­tungs­da­ten syn­the­ti­siert. Die­se bestehen aus der Anein­an­der­rei­hung der gemit­tel­ten expe­ri­men­tel­len Daten, sodass dem Modell indi­vi­du­el­le zykli­sche Ein­gangs­da­ten auf­ge­prägt wer­den können.

Im Hin­blick auf die Indi­vi­dua­li­sie­rung des Modells soll­te ein­schrän­kend erwähnt wer­den, dass eine voll­stän­di­ge Anpas­sung der­zeit noch nicht erfolgt ist: Eini­ge Para­me­ter, beson­ders in Bezug auf die Stumpf­kon­sti­tu­ti­on und das Weich­ge­we­be­ver­hal­ten, sind schwie­rig erfass­bar. Wäh­rend Gewe­be­dicken abge­schätzt wur­den, sind die Para­me­ter des Weich­gewebemodells phy­si­ka­lisch moti­viert 11, aber nicht pro­ban­den­spe­zi­fisch ange­passt. Anhand wei­te­rer Mes­sun­gen wie bei­spiels­wei­se Magnet­re­so­nanz­to­mo­gra­phie-Daten (MRT) lie­ße sich der Indi­vi­dua­li­sie­rungs­grad des Modells wei­ter erhöhen.

Anhand der im Pro­jekt erho­be­nen Nor­mal­d­rü­cke lässt sich die Güte des ent­wi­ckel­ten Modells eva­lu­ie­ren und das Modell ite­ra­tiv ver­bes­sern. Als wei­te­re Vali­die­rungs­grö­ße könn­te die Rela­tiv­be­we­gung zwi­schen Bein­stumpf und Pro­the­sen­schaft 12 in Betracht gezo­gen wer­den. Mit Hil­fe des vali­dier­ten Modells kön­nen die dyna­mi­schen Inter­ak­tio­nen an der Schnitt­stel­le simu­liert und im Hin­blick auf der­zeit nicht mess­ba­re Ein­fluss­pa­ra­me­ter wie bei­spiels­wei­se die auf­tre­ten­den Scher­be­las­tun­gen des Weich­ge­we­bes unter­sucht werden.

Erkennt­nis­ge­winn und Praxisempfehlungen

Die Mes­sung und Bewer­tung der Inter­ak­ti­on von Stumpf und Schaft in dyna­mi­schen Gang­si­tua­tio­nen bleibt eine gro­ße Her­aus­for­de­rung der Ortho­pä­die-Tech­nik. Den­noch kann durch die Ergän­zung der bio­me­cha­ni­schen Gang­analyse mit Hil­fe wei­te­rer Mes­sun­gen und Nut­zer­er­he­bun­gen ein bes­se­res Ver­ständ­nis erzielt wer­den. Die in die­sem Arti­kel vor­ge­schla­ge­ne Reduk­ti­on der betrach­te­ten Gang­szenarien auf „Gehen in der Ebe­ne“ und „Trep­pen­stei­gen“ erlaubt eine aus­rei­chend gute Abbil­dung mög­li­cher Belas­tun­gen des Schaf­tes bei deut­lich gerin­ge­rem Mess­auf­wand. Auch der sys­te­ma­ti­sche Aus­schluss von Mess­ver­fah­ren ver­ein­facht die Umset­zung von Unter­su­chun­gen der Stumpf-Schaft-Schnittstelle.

Die viel­ver­spre­chen­de, aber auch oft dis­ku­tier­te Quan­ti­fi­zie­rung der Druck­zo­nen im Schaft wird aktu­ell durch mess­tech­ni­sche Rand­be­din­gun­gen limi­tiert. Durch die Ergän­zung um modell­ba­sier­te bio­me­cha­ni­sche Simu­la­tio­nen kann jedoch ein Grund­ver­ständ­nis indi­vi­du­el­ler Stumpf-Schaft-Cha­rak­te­ris­ti­ka gewon­nen wer­den. Eine sehr span­nen­de Ergän­zung stel­len zudem psy­cho­lo­gi­sche Befra­gun­gen dar, die Auf­schluss über das Nut­zer­er­le­ben geben und somit der Schaft­op­ti­mie­rung sehr dien­lich sein können.Der Kos­ten- und Zeit­auf­wand des vor­ge­stell­ten Mess­pro­to­kolls dürf­te zwar trotz des redu­zier­ten Umfangs größ­ten­teils For­schungs­ein­rich­tun­gen wie Uni­ver­si­tä­ten, Hoch­schu­len und For­schungs­in­sti­tu­ten vor­be­hal­ten blei­ben. Die geziel­te Anwen­dung ein­zel­ner Metho­den könn­te hin­ge­gen durch­aus kos­ten- und zeit­spa­rend in den all­täg­li­chen Ablauf einer Ver­sor­gung inte­griert wer­den, um einen daten­ba­sier­ten und damit objek­ti­ve­ren Ent­schei­dungs­pro­zess („evi­dence-based prac­ti­ce“) zu gewähr­leis­ten. Zusätz­lich kön­nen sol­che Daten zur eige­nen Qua­li­täts­kon­trol­le und Pro­zess­über­wa­chung hin­zu­ge­zo­gen wer­den. Hier­bei sind sicher­lich die stan­dar­di­sier­ten Fra­ge­bö­gen sowie die Mess­sys­te­me zur Auf­nah­me der Pro­the­sen­be­las­tung (Kraft­mess­plat­ten und iPecs) zu nen­nen, da die­se ledig­lich einen gerin­gen zusätz­li­chen Zeit­auf­wand zur Daten­er­he­bung erfor­dern. Druck­mess­fo­li­en wie die im Pro­jekt genutz­ten sind für die hier beschrie­be­ne Anwen­dung auf­grund der Hand­hab­bar­keit (z. B. Posi­tio­nier­ge­nau­ig­keit, Abde­ckung der Schaft­wand) im Rah­men einer all­täg­li­chen Ver­sor­gungs­pra­xis nur bedingt geeignet.

Die Auf­nah­me der Nut­zer­er­fah­run­gen ist für die Pra­xis rele­vant, um Kennt­nis­se über die sub­jek­ti­ve Bean­spru­chung zu erlan­gen. Die Kor­re­la­ti­on der Beob­ach­tun­gen zu bio­me­cha­ni­schen Mess­wer­ten gestal­tet sich auf­grund per­so­nen­spe­zi­fi­scher Cha­rak­te­ris­ti­ka jedoch noch schwie­rig, sodass Fol­ge­stu­di­en unter­su­chen soll­ten, inwie­fern Nut­z­er­fah­run­gen über Mess­wer­te z. B. zur Pro­the­sen­be­las­tung oder zum Druck im Schaft objek­ti­vier­bar sind.

Als Grund­la­ge für die bio­me­cha­ni­sche Model­lie­rung stellt die Mes­sung der struk­tur­in­ter­nen Kräf­te und Momen­te – z. B. mit dem iPecs-Sys­tem – eine sinn­vol­le Erwei­te­rung des Mess­auf­baus dar. Die Belas­tun­gen der Schnitt­stel­le kön­nen je nach Pro­the­sen­auf­bau direkt unter­halb des Schaf­tes auf­ge­zeich­net wer­den und somit als rea­lis­ti­sche Last­pro­fi­le in die Simu­la­ti­on ein­flie­ßen. Um die rele­van­ten Belas­tun­gen der Schnitt­stel­le auf der Basis ein­fa­cher Mess­mit­tel wie iPecs und Kraft­mess­plat­ten bes­ser abschät­zen und bewer­ten zu kön­nen, ist eine tie­fer­ge­hen­de Ana­ly­se der Model­lie­rungs­me­tho­den und der Ein­fluss­fak­to­ren auf das Modell­ver­hal­ten not­wen­dig. Ein zen­tra­ler Aspekt für die Anwen­dung in der Pra­xis ist die wei­te­re Reduk­ti­on des Mess- und Model­lie­rungs­auf­wan­des. Dazu könn­ten bei­spiels­wei­se Modell­pa­ra­me­ter über eine ein­fa­che, ange­pass­te Stumpfana­mne­se anstatt durch Daten aus 3D-Scans, MRT oder Elektromyographie-(EMG-)Messungen per­so­nen­spe­zi­fisch iden­ti­fi­ziert werden.

Trotz ver­blei­ben­der tech­ni­scher Her­aus­for­de­run­gen sind durch das vor­ge­schla­ge­ne Mess­pro­to­koll Indi­ka­to­ren zur Opti­mie­rung geeig­ne­ter Metho­den für die prak­ti­sche Nut­zung im ortho­pä­die­tech­ni­schen All­tag vor­han­den. Da die Umset­zung in der Anwen­dung eher mit­tel­fris­tig zu erwar­ten ist, soll­te die For­schung in der Zwi­schen­zeit die Metho­den wei­ter opti­mie­ren, sodass letzt­lich die Poten­zia­le in der Ver­sor­gung aus­ge­schöpft wer­den können.

För­der­hin­weis

Das IGF-Vor­ha­ben 18873 der For­schungs­ver­ei­ni­gung ­DECHEMA e. V. wird über die AiF im Rah­men des Pro­gramms zur För­de­rung der Indus­tri­el­len Gemein­schafts­for­schung (IGF) vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft und Ener­gie auf­grund eines Beschlus­ses des Deut­schen Bun­des­ta­ges gefördert.

Für die Autoren:
Vero­ni­ka Noll M. Sc.
Tech­ni­sche Uni­ver­si­tät Darmstadt
Insi­tut für Mecha­tro­ni­sche Sys­te­me im Maschinenbau
Otto-Berndt-Stra­ße 2
64287 Darm­stadt
noll@ims.tu-darmstadt.de

Zita­ti­on
Noll V, Neu­heu­ser K, Schu­ma­cher C, Blab F, Zie­gen­speck N, Klei­ner B, Schnei­der U, Seyf­arth A, Becker­le P. Mess­tech­ni­sche Erfas­sung der Stumpf-Schaft-Inter­ak­ti­on — Les­sons lear­ned und Emp­feh­lun­gen für die Pra­xis. Ortho­pä­die Tech­nik, 2018; 69 (5): 88–94
Tab. 1 Tech­ni­sche Daten der ein­ge­setz­ten Mess­tech­nik zur Erhe­bung objek­ti­ver Parameter.
Mess­grö­ßeMess­ver­fah­ren und Bezeich­nungAnmer­kun­gen
Herz­fre­quenzSen­sor Del­sys Tri­g­no HF (Del­sys Inc., Natick/MA, USA)
  • 2‑Punkt Kle­be­elek­tro­den

  • syn­chro­ni­siert mit Motion-Capture-System

Kine­ma­tikKraft­mess­plat­ten: AMTI Accu­Gait (AMTI, Watertown/MA, USA)
  • 15 Infra­rot-Kame­ras

  • pas­si­ve Mar­ker (Durch­mes­ser: 12,5 mm)

  • Daten­ra­te 200 Hz

  • unte­re Extre­mi­tä­ten & Pelvis

Kine­tikKraft­mess­plat­ten: AMTI Accu­Gait (AMTI, Watertown/MA, USA) 
  • Inte­gra­ti­on in modu­la­rem Boden­sys­tem (RK Rose+Krieger, Salem-Neu­frach, Deutschland)

  • Daten­ra­te 1000 Hz

Belas­tun­gen unter­halb SchaftiPecs: Sechs-Kom­po­nen­ten-Kraft-Momen­ten-Sen­sor (iPecs, RTC Elec­tro­nics, Dexter/MI, USA)
  • Auf­bau­hö­he 45 mm ohne Adapter

  • Daten­ra­te 500 Hz

Nor­mal­d­rü­cke an Stumpf-Schaft-Schnittstelle
Novel Pli­ance (Novel GmbH, Mün­chen, Deutschland)
  • drei Sen­sor­mat­ten Typ S2054/ S2098

  • Daten­ra­te 50 Hz

Wär­me­bild­ka­me­raWär­me­bild­ka­me­ra FLIR™ T640 (Orgl­meis­ter Infra­rot-Sys­te­me GmbH & Co. KG, Wal­luf, Deutschland
  • dyna­mi­scher Wärmebild-Scan

  • Daten­ra­te 30 Hz

  • 640 × 480 Px

Tem­pe­ra­tur im SchaftInf­ra­Log V301 (Drie­sen & Kern GmbH, Bad Bramstedt, Deutschland)
  • Tem­pe­ra­tur und Feuch­te­sen­sor in Sili­kon­ge­häu­se (ca. 4 × 10 mm)

  • Daten­ra­te 1 Hz

Feuch­tig­keit im SchaftInf­ra­Log V301 (Drie­sen & Kern GmbH, Bad Bramstedt, Deutschland)
  • Tem­pe­ra­tur und Feuch­te­sen­sor in Sili­kon­ge­häu­se (ca. 4 × 10 mm)

  • Daten­ra­te 1 Hz

Stumpf­geo­me­trie3D-Ober­flä­chen­scan­ner
  • Faro Free­style (Faro Euro­pe GmbH, Korn­tal-Mün­chin­gen, Deutschland)

  • Artec Eva 3D (Artec 3D, San­ta Clara/CA, USA)

  • Artec-Scan­ner in der 2. Mess­rei­he auf­grund der bes­se­ren Nach­ver­ar­bei­tungs­mög­lich­kei­ten verwendet

Tab. 2 Auf­stel­lung der Pro­ban­den, die im Rah­men des Pro­jekts mess­tech­nisch erfasst wurden.
Pro­band 1Pro­band 2
Mess­zeit­punktApril 2017Okto­ber 2017April 2017Okto­ber 2017
Schaft­formMil­wau­keelängs­ovalAna­to­my
Geschlechtmm
Alter in Jahren5053
Grö­ße in cm189185
Gewicht in kg8474
Ampu­ta­ti­on &ProtheseHöhe & SeiteTF linksTF links
Mobi­li­täts­klas­se44
Ampu­ta­ti­ons­jahr20081983
Knie­ge­lenkOtto­bock GeniumEndo­li­te LINX
FußOtto­bock Tri­ton VS (28 cm)Endo­li­te Elan (27 cm)

 

 

  1. Becker­le P, Christ O, Schür­mann T, Vogt J, von Stryk O, Rin­der­knecht S. A human-machi­ne-cen­te­red design method for (powered) lower limb pro­sthe­tics. Robo­tics and Auto­no­mous Sys­tems, 2017; 95: 1–12
  2. Noll V, Schu­ma­cher C, Neu­heu­ser K, Braun M, Blab F, Klei­ner B, Star­ker F, Becker­le P, Schnei­der U. Opti­mier­te Anpas­sung von Bein­pro­the­sen­schäf­ten. Ortho­pä­die Tech­nik, 2016; 67 (5): 68–74
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