Inter­dis­zi­pli­nä­re The­ra­pie der Hand­funk­ti­on bei Kin­dern und Jugend­li­chen mit ICP – Schwer­punkt Handorthetik

Th. Becher, A. Hägele, Ch. Tenckhoff
An der Klinik der Verfasser hat sich im Laufe der Jahre eine sehr erfolgreiche und effektive Behandlungsform der unilateralen Cerebralparese entwickelt. Allen Therapieformen gemeinsam ist das Modell des motorischen Lernens und die Therapie des erlernten Nichtgebrauchs. Die Kombination einer Spastikmodulation durch den Einsatz von Botulinumtoxin und der Verbesserung der Handstellung durch Funktions-Handorthesen aus Silikon bildet eine weitere Säule der Therapie. Der Artikel geht insbesondere auf das interdisziplinäre Vorgehen bei der Versorgung mit Handorthesen ein.

Ein­lei­tung

Die Cere­bral­pa­re­se ist mit einer Prä­va­lenz von 2–3/1000 der Lebend­ge­bo­re­nen der häu­figs­te Grund für eine kör­per­li­che Behin­de­rung im Kin­des­al­ter 1. Bei 30 % der Betrof­fe­nen liegt eine uni­la­te­ra­le spas­ti­sche Cere­bral­pa­re­se (USCP) vor; von beson­de­rer Bedeu­tung ist bei die­sen Kin­dern und Jugend­li­chen die Fähig­keit zum beid­hän­di­gen Han­deln. Die The­ra­pie der Hand­funk­ti­on bei Kin­dern und Jugend­li­chen mit uni­la­te­ra­ler Cere­bral­pa­re­se und Hemi­pa­re­se hat in den letz­ten Jah­ren eine enor­me Ent­wick­lung genom­men. Nach der erfolg­rei­chen Über­tra­gung der Kon­zep­te der Forced-Use-The­ra­pie in den Kin­der­be­reich Ende der 90er Jah­re wur­den in den letz­ten Jah­ren neue Stra­te­gien publi­ziert und erprobt.

The­ra­pie­mo­del­le

Die Forced-Use-The­ra­pie, auch „cons­traint-indu­ced move­ment the­ra­py“ genannt, wur­de aus lang­jäh­ri­ger neu­ro­lo­gi­scher und lern­theo­re­ti­scher Grund­la­gen­for­schung her­aus in den 90er Jah­ren ent­wi­ckelt. Ursprüng­lich wur­de die­se Metho­de bei erwach­se­nen Schlag­an­fall­pa­ti­en­ten ange­wandt, bei denen der Nicht­ge­brauch der betrof­fe­nen obe­ren Extre­mi­tät ein typi­sches Merk­mal ist. Der Ein­satz der betrof­fe­nen obe­ren Extre­mi­tät ist deut­lich müh­sa­mer und geht mit wesent­lich mehr Miss­erfol­gen ein­her als der Gebrauch der nicht betrof­fe­nen Extre­mi­tät. Die­se immer wie­der­keh­ren­de Frus­tra­ti­on führt zur Ver­mei­dung – man spricht dabei vom soge­nann­ten „lear­ned non-use“, also dem „erlern­ten Nicht­ge­brauch“. In der Forced-Use-The­ra­pie wird der Gebrauch der betrof­fe­nen Hand durch eine Immo­bi­li­sa­ti­on der nicht betrof­fe­nen Hand, z. B. durch einen spe­zi­el­len Hand­schuh oder eine abnehm­ba­re Gips­schie­ne, sowie durch uni­la­te­ra­le Übun­gen für die betrof­fe­ne Hand geför­dert. Davon aus­ge­hend, dass bei Kin­dern die Plas­ti­zi­tät des Gehirns grö­ßer ist als bei Erwach­se­nen, wur­de die Forced-Use-The­ra­pie erfolg­reich in die Kin­der­the­ra­pie über­nom­men. In den fol­gen­den Jah­ren wur­de die­ser grund­le­gen­de Ansatz wei­ter­ent­wi­ckelt, zunächst in Form einer bima­nu­el­len The­ra­pie mit Tätig­kei­ten, die zwin­gend mit bei­den Hän­den durch­ge­führt wer­den müs­sen. Aktu­ell wird die­ser Ansatz häu­fig durch die Ver­ein­ba­rung all­tags­re­le­van­ter, betä­ti­gungs­ori­en­tier­ter The­ra­pie­zie­le ergänzt. In zahl­rei­chen Stu­di­en wur­de die Effek­ti­vi­tät die­ser Ansät­ze nach­ge­wie­sen 2. Allen The­ra­pie­for­men gemein­sam sind das Modell des moto­ri­schen Ler­nens und die The­ra­pie des erlern­ten Nichtgebrauchs.

Die Kom­bi­na­ti­on mit einer Spas­tik­mo­du­la­ti­on durch den Ein­satz von Botu­li­num­to­xin und die Ver­bes­se­rung der Hand­stel­lung durch Funk­ti­ons-Hand­orthe­sen aus Sili­kon bil­den wei­te­re Säu­len einer moder­nen The­ra­pie der bima­nu­el­len Hand­funk­ti­on bei uni­la­te­ra­ler Cerebralparese.

The­ra­pie­zie­le vereinbaren

The­ra­pie kann und soll Spaß machen. Eine Vor­aus­set­zung dafür sind kla­re und gemein­sam ver­ein­bar­te Zie­le in den Dimen­sio­nen Par­ti­zi­pa­ti­on, Akti­vi­tät und Funktion/Struktur der ICF 3. Über die neu­ro­lo­gi­schen Befun­de und die Berück­sich­ti­gung von Art, Loka­li­sa­ti­on und Aus­maß der Läsi­on hin­aus unter­su­chen die Ver­fas­ser Kin­der und Jugend­li­che per Assis­ting Hand Assess­ment (AHA), um abzu­bil­den, wie sie ihre Assis­tenz­hand bei bima­nu­el­len Spiel­hand­lun­gen ein­set­zen 4. Dabei kön­nen die tat­säch­li­che Per­for­manz des Kin­des sowie Ein­schrän­kun­gen in Funk­ti­on und Struk­tur beur­teilt werden.

Ein Assess­ment inner­halb der Dia­gnos­tik der Ver­fas­ser ist das Cana­di­an Occu­pa­tio­nal Per­for­mance Mea­su­re (COPM), ein halb­struk­tu­rier­tes Inter­view, das dem Kind oder sei­nen Bezugs­per­so­nen die Mög­lich­keit bie­tet, Betä­ti­gungs­pro­ble­me und somit bedeut­sa­me Zie­le in den ver­schie­de­nen Dimen­sio­nen des All­tags zu benen­nen und nach Rele­vanz zu ord­nen 5 6. Damit kön­nen Betä­ti­gungs­zie­le ver­ein­bart und ihre Errei­chung über­prüft wer­den. Die Zie­le der Jugend­li­chen wer­den in aus­führ­li­chen Gesprä­chen vor­her ver­ein­bart und rei­chen vom Essen mit bei­den Hän­den über eigen­stän­di­ges Anzie­hen und Rasie­ren bis zum bes­se­ren Spie­len mit der Play­Sta­ti­on – das nur als klei­ne Aus­wahl. Eine Aus­wahl von Tätig­kei­ten, die typi­scher­wei­se bima­nu­ell durch­ge­führt wer­den, fin­det sich unter www.cheq.se. Der Children’s Hand-use Expe­ri­ence Ques­ti­on­n­aire (CHEQ) ist ein Fra­ge­bo­gen für Kin­der und Jugend­li­che im Alter von 6 bis 18 Jah­ren mit einer uni­la­te­ra­len Funk­ti­ons­ein­schrän­kung, der in der Kli­nik der Ver­fas­ser häu­fig ein­ge­setzt wird 7 8.

Stu­di­en­la­ge

Es exis­tie­ren nur weni­ge Stu­di­en mit über­wie­gend nur wenig über­zeu­gen­den Ergeb­nis­sen; die­se fas­sen Jack­man et al. 2014 in einem Review wie folgt zusam­men: „Bei Kin­dern mit CP kön­nen Hand­schie­nen einen klei­nen Nut­zen für die Fähig­kei­ten der obe­ren Extre­mi­tät haben. Der Effekt ver­schwin­det aber nach dem Ende der Tra­ge­zeit. Unter Berück­sich­ti­gung der Kos­ten, poten­ti­el­ler nega­ti­ver kos­me­ti­scher Aspek­te und der Unbe­quem­lich­keit für die Kin­der müs­sen Kli­ni­ker abwä­gen, ob die Schie­nung der Hand kli­nisch wert­voll ist“ 9.

Bei der Bewer­tung die­ser Meta-Ana­ly­se ist jedoch zu berück­sich­ti­gen, dass in den aus­ge­wer­te­ten 6 Stu­di­en weder das ver­wen­de­te Mate­ri­al noch die Qua­li­tät des Ver­sor­gungs­pro­zes­ses adäquat beach­tet wur­den. Auch nach Erfah­rung der Ver­fas­ser sind der funk­tio­nel­le Effekt und die Akzep­tanz star­rer, aus Poly­pro­py­len oder ver­gleich­ba­ren Mate­ria­li­en gefer­tig­ter Orthe­sen gering.

Lou­wers et al. dage­gen ermit­teln in ihrer Stu­die mit einer Hand­ge­lenks- und Dau­men­schie­ne einen posi­ti­ven Effekt: „Bei Kin­dern mit spas­ti­scher hemi­ple­gi­scher CP ver­bes­sert die Schie­nung von Hand­ge­lenk und Dau­men den Spon­ta­n­ein­satz der betrof­fe­nen Hand bei bima­nu­el­len Akti­vi­tä­ten, viel­leicht weil die Schie­ne eine funk­tio­nel­le­re Posi­ti­on der Hand bewirkt“ 10.

Von ent­schei­den­der Bedeu­tung für die posi­ti­ve Bewer­tung über die Mate­ri­al­ei­gen­schaf­ten hin­aus ist die indi­vi­du­el­le, inter­dis­zi­pli­nä­re Fer­ti­gung unter Berück­sich­ti­gung der Zie­le des Pati­en­ten. Im Rah­men einer Stu­die von Hirsch und Jekel wur­de die­se Annah­me bestä­tigt 11. Die­se Bache­lor­ar­beit der Zuyd Hoge­school in den Nie­der­lan­den kam durch struk­tu­rier­te Inter­views zu dem Ergeb­nis, dass Eltern den Ein­satz einer Sili­kon­hand­orthe­se grund­sätz­lich posi­tiv erle­ben. Die Eltern beob­ach­ten eine ver­mehr­te Par­ti­zi­pa­ti­on und eine gestei­ger­te Hand­lungs­fä­hig­keit ihrer Kin­der im All­tag. Das Aus­maß die­ser Aus­wir­kun­gen wird maß­geb­lich von der Akzep­tanz der Sili­kon­hand­orthe­se beim Kind und bei den Eltern bestimmt. Die Akzep­tanz der Sili­kon­hand­orthe­se hängt bei den Kin­dern in der Haupt­sa­che von den Mate­ri­al­ei­gen­schaf­ten und von der Qua­li­tät des Ver­sor­gungs­pro­zes­ses ab.

Inter­dis­zi­pli­nä­re Versorgung

Im Fol­gen­den wird das inter­dis­zi­pli­nä­re Vor­ge­hen der Ver­fas­ser bei der Ver­sor­gung von Kin­dern und Jugend­li­chen mit Hand­orthe­sen vor­ge­stellt. Häu­fig wer­den Kin­der mit funk­tio­nel­len Hand­orthe­sen aus Sili­kon ver­sorgt, um die Hand in ihrer Funk­ti­on zu ver­bes­sern und den Kin­dern mehr akti­ve Teil­ha­be zu ermög­li­chen. Vie­le Kin­der und Jugend­li­che kön­nen so einen Weg aus dem Teu­fels­kreis des Nicht­ge­brauchs der betrof­fe­nen Hand für sich ent­de­cken. Dies bestä­ti­gen Ver­laufs­kon­trol­len nach der Ver­sor­gung. Tra­ge­dau­er und Akzep­tanz der Hand­orthe­sen sind sehr hoch. Die Ver­sor­gung ist Bestand­teil des inter­dis­zi­pli­nä­ren Kon­zep­tes der Ver­fas­ser. Gemein­sam stel­len Neu­ro­päd­ia­ter und Ergo­the­ra­peu­tin die Indi­ka­ti­on für das Hilfs­mit­tel; die Anfer­ti­gung erfolgt durch den Ortho­pä­die-Tech­ni­ker in enger Zusam­men­ar­beit mit der Ergotherapeutin.

Die Hand­orthe­sen aus Sili­kon sol­len die Hand­funk­ti­on so unter­stüt­zen, dass das mus­ku­lä­re Ungleich­ge­wicht der Hand­mus­ku­la­tur mög­lichst aus­ge­gli­chen wird. Die Spas­tik der Flex­o­ren wird oft mit Botu­li­num­to­xin erfolg­reich behan­delt, die Exten­so­ren sind aber in vie­len Fäl­len zu schwach; durch die Unter­stüt­zung der Hand­orthe­se sol­len sie akti­viert wer­den und kön­nen dann trai­niert wer­den. Durch die Kor­rek­tur des Hand­ge­len­kes kommt es zu einer posi­ti­ven Beein­flus­sung der patho­lo­gi­schen Akti­vi­tät der Hand­ge­lenks­flex­o­ren (vor allem Mm. flex­or car­pi ulnaris und radia­lis) und zu einer dyna­mi­schen Unter­stüt­zung der Exten­so­ren. Bei der Kor­rek­tur der Hand­ge­lenk­stel­lung soll­te dar­auf geach­tet wer­den, dass das Kind durch die Kor­rek­tur kei­ne wesent­li­chen Ein­schrän­kun­gen in der Beweg­lich­keit erfährt. Wenn die Fin­ger­flex­o­ren schon ver­kürzt sind, soll­te das Hand­ge­lenk nicht zu weit auf­ge­rich­tet wer­den. Nimmt man den Kin­dern zu viel Bewe­gungs­spiel­raum, kann dies eine Ableh­nung der Hand­orthe­se zur Fol­ge haben oder zumin­dest die Tra­ge­dau­er stark einschränken.

Die Ver­fas­ser nut­zen hier­bei die Dyna­mik des Mate­ri­als Sili­kon, das Bewe­gun­gen zulässt. Man­che Kin­der benö­ti­gen z. B. die Bewe­gungs­mög­lich­keit in Rich­tung Pal­mar­fle­xi­on im Hand­ge­lenk, um Gegen­stän­de los­las­sen zu kön­nen. In die­sen Fäl­len wird das Hand­ge­lenk manch­mal in der Null­stel­lung ein­ge­stellt. Bei einer Auf­rich­tung des Hand­ge­lenks wird eine gerin­ge Sili­kon­stär­ke gewählt, damit eine Bewe­gungs­mög­lich­keit Rich­tung Pal­mar­fle­xi­on gege­ben ist. Die­se Fle­xi­bi­li­tät des Sili­kons ist ein wesent­li­cher Grund für die hohe Akzep­tanz bei den Kin­dern und für die meist hohe Tra­ge­dau­er am Tag. Je fes­ter eine Orthe­se ist, des­to mehr wird sie als Fremd­kör­per wahr­ge­nom­men. Selbst Mate­ria­li­en, die auf den ers­ten Blick weich und elas­tisch erschei­nen, wie die Grup­pe der Low-Den­si­ty-Poly­ethy­le­ne (z. B. „Strei­f­y­flex“ oder „Erko­flex“), sind im Pra­xis­test nicht ziel­füh­rend und wer­den in aller Regel schlecht akzeptiert.

Sili­kon eig­net sich auf­grund sei­ner ein­zig­ar­ti­gen Eigen­schaf­ten beson­ders für den Hand­orthe­sen­bau und wird immer häu­fi­ger ver­wen­det. Laut Schä­fer und Bai­se nimmt das Mate­ri­al in der Ver­sor­gung mit Finger‑, Hand- und Funk­ti­ons­or­the­sen bereits einen hohen Stel­len­wert ein 12. Sili­kon ist um 400  % dehn­bar, atmungs­ak­tiv, schmutz­ab­wei­send und anti­all­er­gen. Zur Pfle­ge wird es ein­fach aus­ge­kocht. Die Halt­bar­keit ist sehr gut; in gewis­sem Maße kann eine Hand­orthe­se aus Sili­kon je nach Alter des Kin­des durch den ver­stell­ba­ren Klett­ver­schluss mitwachsen.

Eine unter­stüt­zen­de Behand­lung mit Botu­li­num­to­xin kann indi­ziert sein. Nach Erfah­rung der Ver­fas­ser ist es oft sinn­voll, die Wir­kung der Hand­orthe­sen­ver­sor­gung zunächst abzu­war­ten und im Rah­men der Ver­laufs­kon­trol­le zu beur­tei­len, ob eine Behand­lung mit Botu­li­num­to­xin in die Wege zu lei­ten ist.

Ver­sor­gungs­pro­zess

Nach einem neu­ro­lo­gi­schem Unter­su­chungs­ter­min, einer ergo­the­ra­peu­ti­schen Befund­er­he­bung und einer Team­be­spre­chung im betreu­en­den The­ra­peu­ten­team wird der Ver­sor­gungs­pro­zess bei ent­spre­chen­der Indi­ka­ti­on in die Wege gelei­tet. Nach Ver­ord­nung durch den Arzt ermit­telt die Ergo­the­ra­peu­tin mit dem Kind und den Bezugs­per­so­nen die Ziel­set­zung für die Ver­sor­gung und hält die Begrün­dung der Ver­sor­gung im Rah­men ihres Befund­be­rich­tes fest. Eine dem MDK über­mit­tel­te Begrün­dung der Ver­ord­nung beschleu­nigt die Kos­ten­zu­sa­ge durch den Kos­ten­trä­ger in der Regel. Beim ers­ten gemein­sa­men Ter­min von Ergo­the­ra­peu­tin und Tech­ni­ker wer­den im Rah­men einer kur­zen Befund­se­quenz die Fähig­kei­ten und Schwie­rig­kei­ten beim Hand­ein­satz ana­ly­siert. Dabei wer­den mit dem Kind all­täg­li­che Hand­lun­gen wie Schlei­fe­bin­den, Besteck­hal­ten, Bau­en mit Duplo etc. durch­ge­führt. Der Ansatz ist die Ent­wick­lung einer gemein­sa­men Idee, wie die Funk­ti­on der Hand und der Hand­ein­satz im All­tag opti­miert wer­den kön­nen; dabei brin­gen die Berufs­grup­pen ihre spe­zi­fi­schen Schwer­punk­te in die Ver­sor­gung mit ein. Bei die­sem Ter­min wird ein Gips­ab­druck gefer­tigt; dabei wer­den Stel­lung und Form der Orthe­se fest­ge­legt. Der gesam­te Pro­zess wird durch Foto- und Video­do­ku­men­ta­ti­on unterstützt.

Beim zwei­ten Ter­min erfolgt die Anpro­be, bei der wie­der­um im Rah­men von Akti­vi­tä­ten des Kin­des mit der Pro­be­or­the­se die Hand­funk­ti­on getes­tet wird. Hier­bei wird die Pro­be­scha­le, die aus einem wei­chen Poly­ethy­len gefer­tigt ist, immer wie­der beschnit­ten und nach­ge­ar­bei­tet, bis die bes­te Form und Stel­lung gefun­den ist. Letzt­lich erhält man dann einen Orthe­sen­roh­ling, der in sei­ner Form als Vor­la­ge für die Silikon­orthese dient und dann zum Gefal­len des Kin­des nach sei­nen farb­li­chen Wün­schen oder mit von ihm aus­ge­such­ten Moti­ven gefer­tigt wird. Bei die­sem Ter­min wird gemein­sam ent­schie­den, in wel­cher Stär­ke und mit wel­cher Art von Ver­stär­kung die Orthe­se gefer­tigt wer­den soll. Um z. B. bei aus­ge­präg­ten Pare­sen auch die Fin­ger­ex­ten­si­on zu unter­stüt­zen oder einer ulna­ren Abduk­ti­on im Hand­ge­lenk ent­ge­gen­zu­steu­ern, kön­nen ver­schie­den har­te Sili­ko­ne in diver­sen For­men oder Stär­ken mit­ein­an­der kom­bi­niert werden.

Beim abschlie­ßen­den drit­ten Ter­min wird dem Kind die Hand­orthe­se aus­ge­hän­digt; das Kind wird ange­lei­tet, die Orthe­se selbst­stän­dig oder mit Hil­fe der Eltern anzu­zie­hen, und ihre Funk­ti­ons­wei­se wird wie­der­um über­prüft. Gege­be­nen­falls kön­nen auch jetzt noch klei­ne Ände­run­gen vor­ge­nom­men wer­den, z. B. das Abschlei­fen von Kan­ten oder das Kür­zen der Orthe­se mit nach­fol­gen­dem Abschlei­fen. Kind und Eltern bekom­men eine Ein­wei­sung in die Pfle­ge und Anwen­dung der Hand­orthe­se. Dies ist ein wich­ti­ger Aspekt im Ver­sor­gungs­pro­zess und macht einen gro­ßen Teil der Akzep­tanz und des Ver­ständ­nis­ses der Ver­sor­gung aus. Nach­fol­gend wer­den Ver­laufs­kon­trol­len zur Eva­lua­ti­on der Ver­sor­gung ver­ein­bart. Die Tra­ge­zeit, die in der Regel min­des­tens acht Stun­den pro Tag beträgt, wird erfasst und die Rea­li­sa­ti­on der ver­ein­bar­ten Zie­le erfragt.

Der Aus­tausch über die the­ra­peu­ti­schen Zie­le der Orthe­sen­ver­sor­gung mit den ambu­lant täti­gen The­ra­peu­tin­nen und The­ra­peu­ten, dem Kin­der­gar­ten oder der Schu­le erfolgt münd­lich oder schrift­lich. Auch die­se insti­tu­tio­nen­über­grei­fen­de Abstim­mung stellt einen wesent­li­chen Wirk­fak­tor hin­sicht­lich der Akzep­tanz und des Erfol­ges der orthe­ti­schen Ver­sor­gung dar.

Meist erle­ben die Ver­fas­ser in den ambu­lan­ten Nach­un­ter­su­chun­gen Kin­der, Jugend­li­che und Eltern, die von Erfol­gen berich­ten, die über die ursprüng­lich ver­ein­bar­ten The­ra­pie­zie­le deut­lich hin­aus­ge­hen – vor allem im spon­ta­nen Ein­satz der betrof­fe­nen Hand, der Sym­me­trie des Kör­pers und in der Selbständigkeit.

Fazit

Zusam­men­fas­send lässt sich fest­stel­len, dass die orga­ni­sier­te inter­dis­zi­pli­nä­re Zusam­men­ar­beit hohe Zie­le errei­chen lässt und all­tags­taug­li­che, von den Kin­dern gern getra­ge­ne, hilf­rei­che Hand­schie­nen erzeugt. Von ortho­pä­die­tech­ni­scher Sei­te sind bezüg­lich Mate­ri­al und tech­ni­scher Mach­bar­keit viel­ver­spre­chen­de Mög­lich­kei­ten pro­gnos­ti­ziert, die hof­fent­lich bald auch erfreu­lich dyna­mi­sche Ver­sor­gun­gen der unte­ren Extre­mi­tät ermöglichen.

Die Autoren:
Tho­mas Becher
Kin­der- und Jugendneurologe,
Diplom-Heil­päd­ago­ge,
Ober­arzt und Lei­tung Motorikteam
Sana Kli­ni­ken Düsseldorf
Gräu­lin­ger­str. 120
40625 Düs­sel­dorf
thomas.becher@sana. de

Anke Häge­le
Ergo­the­ra­peu­tin, Bache­lor of Health,
The­ra­peu­ti­sche Leitung
Kin­der­n­eu­ro­lo­gi­sches Zentrum
Sana Kli­ni­ken Düsseldorf
Gräu­lin­ger­str. 120
40625 Düs­sel­dorf
anke.haegele@sana.de

Chris­toph Tenckhoff
Ortho­pä­die­tech­nik-Meis­ter Pädiatrie
Pädi­Tec GmbH & Co. KG
Bie­nen­hof
51519 Oden­thal
info@paeditec.de

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
Becher Th, Häge­le A, Tenck­hoff Ch. Inter­dis­zi­pli­nä­re The­ra­pie der Hand­funk­ti­on bei Kin­dern und Jugend­li­chen mit ICP – Schwer­punkt Hand­orthe­tik. Ortho­pä­die Tech­nik, 2016; 67 (1): 18–21
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