Einleitung
Fußdeformitäten sind eine heterogene Gruppe angeborener oder erworbener Erkrankungen, die nach ihrem klinischen Erscheinungsbild klassifiziert werden. Knick-Senkfuß, idiopathischer Klumpfuß und idiopathischer Spitzfuß mit Zehengang sind die bekanntesten Deformitäten im Kindesalter. Davon stellen Knick-Senkfuß und Klumpfuß aufgrund des Kardanmechanismus im oberen und unteren Sprunggelenk Abweichungen in genau entgegensetzte Richtungen dar 1. Somit verdeutlichen beide Fußformen repräsentativ die unterschiedliche Biomechanik von Fußfehlstellungen und deren Auswirkungen. Der Knick-Senkfuß ist in den häufigsten Fällen durch ein abgeflachtes Längsgewölbe, einen Valgus im Rückfuß und einen abduzierten und supinierten Vorfuß charakterisiert (Abb. 1). Der Klumpfuß hingegen zeigt meistens ein hohes Fußgewölbe, einen invertierten Rückfuß und einen adduzierten und pronierten Vorfuß. Eine zusätzliche Teilkomponente der Knick- und Klumpfußfehlstellung kann durch einen Spitzfuß gekennzeichnet sein und hat in diesem Falle für die Belastung des Fußes eine besondere Bedeutung. In diesem Artikel werden daher die Fehlstellungen und die damit verbundenen Fehlbelastungen bei Knick-Senkfuß, Klumpfuß und Spitzfuß erläutert und entsprechende orthopädische Hilfsmittel vorgestellt, die helfen sollen, die Deformität zu verringern, um somit die Fehlbelastungen zu reduzieren und die Funktion zu verbessern.
Die normale Fußfunktion
Da Fußfunktion und Fußbelastung eng mit der Fußstellung verknüpft sind, wird im Folgenden zunächst die normale Fußfunktion und die dazugehörige Fußbewegung beim Gehen erläutert: Während des Gehens hat der Fuß die Aufgabe, beim initialen Bodenkontakt den Aufprall des Vorfußes zu dämpfen und sich sodann in der Standphase an die Unebenheiten des Bodens anzupassen, um eine sichere Auflagefläche zu gewährleisten. Beim nachfolgenden Abdruck sollte der Fuß einen stabilen Hebel bilden, um die Kraft der Wadenmuskulatur effektiv zum Vortrieb zu nutzen 2. Diese drei Funktionen sind in Abbildung 2 veranschaulicht. Um diese gegensätzlichen Funktionen einer flexiblen Anpassung und einer stabilen Kraftübertragung zu erreichen, besteht der Fuß aus einem komplexen System aus 28 Knochen, 33 Gelenken und 112 Bändern, die durch 34 Muskeln kontrolliert werden [2]2.
Bei Stoßdämpfung und Lastaufnahme bewegt sich der Rückfuß in eine subtalare Eversion (Valgus), der Vorfuß wird abduziert und proniert, und die malleoläre Achse ist nach innen gerichtet. Die Eversion im Rückfuß führt zu einer parallelen Stellung der Talonavikular- und Kalkaneokuboid-Achsen im Mittelfuß und somit zu einer größeren Mobilität, die in der Mitte der Standphase eine Anpassung an unebene Oberflächen ermöglicht 2 3. Beim Fußabdruck hingegen supiniert der Fuß, der Rückfuß bewegt sich in die subtalare Inversion (Varus), der Vorfuß adduziert und supiniert, und die malleoläre Achse rotiert nach außen. Die Inversion führt dazu, dass sich Talonavikular- und Kalkaneokuboid-Achsen im Mittelfuß kreuzen – daraus entsteht ein stabiler Mittelfuß für den Fußabdruck3. Zusätzlich wird durch die Extension der Zehen beim Fußabdruck die Plantarfaszie angespannt und somit das Längsgewölbe stabilisiert.
Gestörte Fußfunktion bei Knick-Senkfuß und Klumpfuß sowie deren Auswirkungen
Die zuvor beschriebenen Funktionen sind bei dekompensierten Knick-Senkfüßen und rezidiven Klumpfüßen gestört. Da es sich um komplexe Deformitäten in der Sagittal‑, Frontal- und Transversalebene handelt, hilft die dreidimensionale Fußanalyse, diese Fußdeformitäten beim Gehen zu diagnostizieren 4. In Abbildung 3 wird die Bewegung des Rückfußes in der Frontalebene von Knick-Senkfüßen und Klumpfüßen einander gegenübergestellt. Der Knick-Senkfuß zeigt eine exzessive Rückfuß-Eversion und erreicht bei dekompensierten Füßen nicht mehr die Inversionsstellung beim Fußabdruck. Dies führt, wie oben beschrieben, nicht zum Verriegeln der Achsen – somit bildet der Knick-Senkfuß keinen stabilen Hebel beim Fußabdruck. Ist diese Funktion erheblich gestört, klagt der Patient häufig über Symptome wie rasche Ermüdung des Fußes, Schmerzen und Einschränkungen bei der Sportausübung. Auch wenn solche Füße im Kindesalter nicht immer schmerzhaft sind, können sich durch die chronische Deformierung mit zunehmendem Alter und Körpergewicht fixierte Deformitäten entwickeln 5.
Beim rezidiven Klumpfuß hingegen erkennt man eine dauerhafte Inversion über die Stand- und Schwungphase. Es mag zwar ein stabiler Hebel zum Fußabdruck vorliegen, die Eversion im Rückfuß dagegen – notwendig für einen flexiblen Fuß zur Anpassung an Unebenheiten – ist eingeschränkt. Patienten mit Klumpfüßen berichten daher über eine erhöhte Gefahr des Umknickens, insbesondere beim Rennen. Passiert dies häufiger, kann es zu einer chronischen Außenbandinstabilität kommen, die zwangsläufig zum Knorpelschaden und daraufhin zur Arthrose im Sprunggelenk führt.
Neben den dargelegten Auswirkungen der Fußfehlstellungen in der Sagittal- und Frontalebene führt die Kardanmechanik der Fußgelenke bei belastetem Fuß zu einer Rotation der malleolären Achse in der Transversalebene. Beim Knick-Senkfuß handelt es sich um eine exzessive Innenrotation, beim Klumpfuß um eine Außenrotation der malleolären Achse. Die damit verbundene Innenrotation des Beines bei Knick-Senkfüßen wird mit lateralen retropatellaren Schmerzen und medialen Knorpelschäden bei Erwachsenen in Zusammenhang gebracht 67. Bei Klumpfüßen hingegen führt sie zu einer Außenrotation des Beines, wie in Abbildung 4 deutlich zu erkennen ist. Allerdings wurden die Zusammenhänge zwischen Klumpfüßen und Knie- und Hüftproblemen im Erwachsenenalter nach Wissen der Verfasser in der Literatur bislang nicht beschrieben.
Fehlbelastungen beim Spitzfuß und deren Auswirkungen
Der Spitzfuß mit alleinigem Zehenkontakt beim Gehen, wie in Abbildung 5 gezeigt, führt zu einer übermäßigen Belastung des Mittelfußes 8. In der Folge kann sich der Fuß an die Belastung anpassen, indem sich die Auflagefläche des Vorfußes verbreitert, wie in Abbildung 5 anhand eines idiopathischen Spitzfußes gezeigt wird. In einem ungünstigeren Fall kann der Mittelfuß in der Sagittalebene nachgeben, wie bei dem neurogenen Spitzfuß in Abbildung 5 eindrucksvoll zu sehen ist. Es wird bei diesen ausgeprägten neurogenen Spitzfüßen auch von einem „Durchbrechen“ des Fußes gesprochen 910.
Die Wirkung des Spitzfußes auf die proximalen Gelenke besteht bis zu einer Spitzfußstellung von 10° 11in einer Streckwirkung des Kniegelenkes, die als Plantarflexions-Knieextensions-Kopplung bezeichnet wird 12. Bei stark ausgeprägtem Spitzfuß von über 20° wird der Hebel des Fußes kleiner, und die Streckwirkung auf das Knie geht verloren. Die Patienten zeigen dann eine vermehrte Kniebeugung beim Gehen 11. Die übermäßige Kniebeugung sowie Kniestreckung beim Gehen hat eine ungünstige Belastung des Kniegelenkes zur Folge, die langfristig Knieprobleme verursachen kann. Bei vermehrter Kniebeugung besteht eine patellofemorale Überbelastung, bei Knieüberstreckung vor allem eine erhöhte Belastung der Menisken und der femorotibialen Gelenkfläche.
Neben der erhöhten Belastung im Mittelfuß ist beim Spitzfuß die gesamte Auflagefläche beim Gehen reduziert, wie in Abbildung 5 anhand der plantaren Druckverteilung gut zu erkennen ist. Das Bein wird in der Mitte der Standphase nur auf einem Druckpunkt unter der Mitte des Vorfußes anstelle zweier Druckpunkte unter Ferse und Vorfuß balanciert. Dies führt zu einer Instabilität beim Gehen und Stehen.
Orthetische Versorgung beim Knick-Senkfuß
In der ISO-Norm 8549–3 werden 9 Aufgaben von Orthesen formuliert:
- Fehlstellungen vorbeugen,
- Fehlstellungen reduzieren,
- Fehlstellungen halten,
- Gelenkbeweglichkeit begrenzen,
- Gelenkbeweglichkeit verbessern,
- Längenausgleich,
- schlaffe Lähmungen kompensieren,
- spastische Lähmungen kontrollieren sowie
- Belastungen auf Gewebe reduzieren bzw. umverteilen.
Beim Knick-Senkfuß ist es Aufgabe der Orthese, die Fehlstellung zu vermindern und im Falle von Schmerzen die Fehlbelastungen auf das schmerzhafte Gewebe zu reduzieren. Bei der orthetischen Therapie des Knick-Senkfußes beschränkt sich dieser Artikel auf Patienten mit flexiblem Knick-Senkfuß. Diese stellen die Mehrheit der Patienten dar – bei nur etwa 5 % der Patienten besteht eine fixierte Deformität – z. B. durch eine tarsale Koalitio oder einen vertikalen Talus – und somit eine klare Indikation zu einer operativen Versorgung 1314. Zudem beschränkt sich die Betrachtung auf Patienten, die älter als 6 Jahre sind, da sich das Fußgewölbe bis zu diesem Alter in der natürlichen Entwicklung aufrichtet [15]15. Es wurde gezeigt, dass die Fehlbelastung mit vorgefertigten Einlagen durch die Knick-Senkfuß-Deformität reduziert werden kann 16. Dies erklärt, warum in vielen Studien eine Reduktion der Schmerzen durch Einlagen nachgewiesen werden konnte 17.
Eine langfristige Verbesserung der Fußstellung nach 2 Jahren Tragedauer wurde mit einer individuell angefertigten Schaleneinlage in Blake-Technik erreicht 18. Diese Schaleneinlage wird so aufgebaut, dass sie den Rückfuß im Subtalargelenk invertiert und den Vorfuß entlang der Längsachse des Midtarsalgelenks proniert 19. Die Fußstellung wurde mittels gängiger Röntgenwinkel vor und nach der Behandlung überprüft. In einem Übersichtsartikel wurde in mehreren Studien bestätigt, dass die individuell angefertigten Versorgungen – analog zur zuvor beschriebenen Studie – bessere Ergebnisse zeigen als vorkonfektionierte Einlagen 20.
Es gibt aber auch eine randomisierte kontrollierte Studie, die nach einem Jahr keine signifikante Verbesserung zwischen individuell angefertigten oder vorkonfektionierten Einlagen und einer gesunden Kontrollgruppe von insgesamt 160 Kindern zwischen 7 und 11 Jahren nachweisen konnte 21. Dabei wurde im Vergleich zur vorher beschriebenen Studie allerdings ein anderer Orthesenaufbau mit anderen Materialeigenschaften verwendet und keine Röntgenanalyse durchgeführt, sondern der Knick-Senkfuß nur klinisch vermessen. Zudem war die Tragedauer auch nur halb so lange, sodass sich insgesamt mehrere Parameter unterscheiden und sich die Ergebnisse nicht mit der zuvor zitierten Studie vergleichen lassen.
Zu dieser Schlussfolgerung kommt auch eine aktuell erschienene Literaturübersicht zum Nachweis der Wirksamkeit von Orthesen bei Knick-Senkfüßen 22. Die Autoren bemängeln, dass es in der Literatur kein eindeutiges Kriterium für das Ausmaß der Knick-Senkfuß-Deformität gebe und dass zudem „Abertausende“ verschiedene Einlagen und Fußorthesen eingesetzt würden – mit minimaler Rechtfertigung der Auswahl und unzureichender Beschreibung der Dimensionen und Materialeigenschaften.
In den zitierten Studien 22wurde eine Vielzahl diagnostischer Indikatoren angewendet, um den Effekt von Hilfsmitteln nachzuweisen. Klinisch können dies Jack-Test, Zehenstand, Wadenverkürzung oder Höhe des Längsgewölbes sein 23. Im Röntgenbild hat sich der TMT-Index etabliert 24; in der Dynamik beim Gehen wird der sogenannte Arch-Index der Druckverteilung oder die dreidimensionale Fußkinematik angewendet 4. Beispiele für Versorgungen sind die Vielzahl der Inserts und Einlagen, einschließlich sensomotorischer Einlagen, die vorkonfektioniert oder individuell angefertigt sein können.
Zusammenfassend kann nach der Auswertung einschlägiger Studien festgestellt werden, dass es Nachweise dafür gibt, dass Schaleneinlagen die Fehlbelastungen bei Knick-Senkfüßen verringern können, um Belastungen des Gewebes und somit Schmerzen zu reduzieren. Hinsichtlich des langfristigen Korrektureffekts der Fußdeformität gibt es widersprüchliche Ergebnisse, die sich aber durch einen unterschiedlichen Orthesenaufbau oder unterschiedliche Messgrößen zur Bestimmung des Therapieerfolges erklären lassen.
Orthetische Versorgung beim Klumpfuß
Die Behandlung des kongenitalen Klumpfußes erfolgt üblicherweise innerhalb der ersten Lebenswochen im Säuglingsalter mit der Ponseti-Methode 2526; die Füße werden beim Neugeborenen dabei etappenweise mit Gipsverbänden redressiert. Nach vier bis fünf Behandlungen sind die Füße bis auf den Spitzfuß auskorrigiert – diese letzte Komponente lässt sich in den meisten Fällen nur durch eine perkutane Tenotomie der Achillessehne korrigieren. Zur Vorbeugung eines Rückfalls (Rezidivs) muss nach der Gipsbehandlung in den ersten drei Monaten Tag und Nacht und danach bis zum vierten Lebensjahr nur nachts eine spezielle Abduktionsschiene angelegt werden. Es konnte hierbei gezeigt werden, dass die Compliance mit der Fußabduktionsorthese den größten Einfluss auf die Rezidivrate hat 27.
Bei dieser Nachtlagerung im Kleinkindalter ist der Versorgungsstandard eine Denis-Browne-Schiene, bei der beide Füße in Außenrotation mit einem Stab verbunden werden. Allerdings ist Compliance bei Kleinkindern durch die feste Verbindung beider Füße oft nicht gegeben. Sie könnte gesteigert werden, wenn durch zwei Unterschenkelorthesen, die nicht miteinander verbunden sind, der Fuß über Nacht in Außenrotation gehalten würde 2829. Ein weiterer Vorteil bestünde darin, dass diese Versorgung auch am Tag getragen werden könnte.
Bei einseitigem Klumpfuß besteht zudem das Risiko einer Knick-Senkfuß-Stellung im kontralateralen Fuß nach Tragen einer Denis-Browne-Schiene 30. Bei neurologischen Patienten mit ausgeprägter Adduktionsstellung des Vorfußes wäre bei einer nicht durch einen Stab verbundenen Versorgung ein Gegenlager mittels in 30° Kniebeugung eingestellter Oberschenkelhülse notwendig, um entsprechende Torsionskräfte zu erzeugen. Diese Versorgung kann dann natürlich nur als Nachtlagerung verwendet werden. Entsprechende Orthesen zur Versorgung bei Kleinkindern nach der Gipsbehandlung sind in Abbildung 6 dargestellt. Besteht nach dem 4. Lebensjahr ein Rezidiv bei Kindern und Jugendlichen, wird in den meisten Fällen eine Operation notwendig 31.
Die Zahl der Studien zur Hilfsmittelversorgung bei idiopathischen adoleszenten rezidiven Klumpfüßen ist nach der Recherche durch die Verfasser gering. Deshalb werden im Folgenden Versorgungen exemplarisch vorgestellt, die bei Klumpfuß-Rezidiven nach einer Therapie im Kleinkindalter helfen können, die Fußstellung beim Gehen zu verbessern. Wie bereits zuvor beschrieben, bestehen durch die Rückfuß-Inversion eine reduzierte Stabilität in der Standphase und ein erhöhter Druck am Fußaußenrand. Zudem führt die Adduktion des Vorfußes zu einem Einwärtsgang, der eine erhöhte Stolper- und Sturzneigung zur Folge hat. Im Fall eines gering ausgeprägten Klumpfußes mit Adduktion des Vorfußes kann durch eine Einlage mit integriertem Lappen medial des Hallux bis zur Metatarsale-1-Basis die Adduktionsstellung des Vorfußes korrigiert werden. Als Gegenlager dient eine Abstützung an der lateralen Ferse, wie in Abbildung 7 gezeigt wird. Besteht eine ausgeprägte Inversion des Rückfußes, die sich manuell gut redressieren lässt, kann mit einer ringförmigen Kalkaneus-Repositionsorthese wie in Abbildung 8 der Rückfuß und mit einem medial ausgezogenen Lappen bis zum Vorfuß die Vorfußadduktion reduziert werden. Die physiologische Valgusstellung wird dabei durch eine Kalkaneus-Rotation beim Anziehvorgang eingestellt.
Die Ziele der Versorgung bei einem rezidiven Klumpfuß lauten:
- die pathologische Belastung des Fußes zu verringern,
- die Kontaktfläche des Fußes zu vergrößern und
- ein Umknicken des Fußes zu verhindern.
Da es nur wenige einschlägige Studien gibt, kann zur langfristigen Verbesserung der Fußdeformität durch Orthesen bei adoleszenten idiopathischen Klumpfüßen keine Angabe gemacht werden.
Bezüglich aller aufgezeigten orthetischen Versorgungen ist anzumerken, dass die Abbildungen zwar zum besseren Verständnis den Aufbau ohne Schuhe zeigen, dass sie aber nur mit einem Schuh ihre volle Wirkung entfalten. Wichtig sind bei konfektionierten Schuhen die Brandsohle, eine feste Fersenkappe und die Schnürung. Die Schuhe müssen nicht unbedingt größer sein – es ist oft ausreichend, die konfektionierte Einlage aus dem Schuh herauszunehmen, um den notwendigen Platz für die Orthese zu schaffen.
Orthetische Versorgung beim Spitzfuß
Einlagen mit Fersenerhöhung sind vorteilhaft, um bei einem Zehenspitzengang eine größere Auflagefläche zu schaffen, um den Druck auf dem Vorfuß und die Biegebelastungen auf den Mittelfuß zu reduzieren. Dies ist indiziert, wenn eine knöcherne Fehlstellung oder ein Zehenspitzengang ohne Verkürzung der Wadenmuskulatur vorliegt. Beispiele für knöcherne Fehlstellungen sind ein abgeflachter Taluskopf, der bei Klumpfüßen häufig auftritt 32, sowie ein Vorfußspitzfuß. Ein Zehenspitzengang kann auch bei regulärer Dorsalflexion im Sprunggelenk durch eine vermehrte Beugehaltung der Knie und Hüfte beim Gehen verursacht werden.
Bei Patienten mit einer Verkürzung der Wadenmuskulatur hingegen kann die Spitzfußstellung durch Unterschenkelorthesen verbessert werden. Beim Gehen mit Unterschenkelorthesen zeigte eine Analyse über mehrere Studien, dass bei Patienten mit Zerebralparese der Zehengang im Mittel um 1,6° in der Standphase reduziert wurde 33. Wichtiger ist aber, dass auch eine langfristige Korrektur des Barfußganges ohne Orthesen durch progressives Dehnen mit Unterschenkelorthesen von mehr als 6 von 24 Stunden am Tag erreicht werden kann 3435. Nach einer Tragedauer von 3 Monaten hat sich z. B. der Sohlenwinkel bei initialem Bodenkontakt von einem Zehenerstkontakt hin zu einem normalen Fersenkontakt verbessert. Positive Effekte wurden hier sowohl bei Kindern mit idiopathischem Zehengang 34 als auch bei Kindern mit Zerebralparese nachgewiesen [34]35.
Schlussfolgerung
Der Knick-Senkfuß führt zu einem instabilen Hebel beim Fußabdruck; dies kann zu Einschränkungen der Funktion und zu Schmerzen führen. Die Schmerzen können mit Einlagen gelindert werden. Bei Klumpfüßen hingegen besteht eine reduzierte Anpassungsfähigkeit des Fußes an unebene Untergründe und dadurch eine erhöhte Gefahr des Umknickens beim Gehen und Rennen. Zudem führt die Adduktion des Vorfußes zu einer erhöhten Stolpergefahr. Schaleneinlagen können zur Einbettung und Gewichtsverlagerung dienen und die Adduktion des Vorfußes etwas korrigieren. Besteht zusätzlich oder auch isoliert ein Spitzfuß, wirken hohe Kräfte auf den Mittelfuß beim Gehen. Bei knöcherner Ursache der Spitzfußstellung kann eine Fersenerhöhung helfen; bei muskulären Ursachen kann der Spitzfuß mit einer Unterschenkelorthese behandelt werden.
Für die Autoren:
Dr. habil. Harald Böhm
Leiter des Ganglabors
Orthopädische Kinderklinik Aschau
Behandlungszentrum Aschau GmbH
Bernauer Str. 18
83229 Aschau im Chiemgau
h.boehm@bz-aschau.de
Begutachteter Beitrag/reviewed paper
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- Rehabilitation aus orthopädietechnischer und physiotherapeutischer Sicht – Osseointegration und Schaftprothesen der unteren Extremität im Vergleich — 5. November 2024
- Belastungsprofile von knochenverankerten Oberschenkelimplantaten verbunden mit modernen Prothesenpassteilen — 5. November 2024
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