Ent­wick­lung von Leis­tungs­pa­ra­me­tern und Kenn­zah­len für Prothesenfüße

F. Starker, C. Lecomte
Vorgestellt wird ein Verfahren zur Beschreibung und Unterscheidung der Leistungsparameter und Kennzahlen von Prothesenfüßen, basierend auf einem maschinellen Testverfahren.

Es wur­den 14 Leis­tungs­pa­ra­me­ter, dar­un­ter bei­spiels­wei­se der Abroll­kur­ven­ra­di­us beim Gehen, die dyna­mi­schen Stei­fig­keits­gra­di­en­ten im Fuß sowie die Leis­tungs­bi­lanz beim Abrol­len als aus­rei­chend zur Beschrei­bung iden­ti­fi­ziert. Für eine ers­te Vali­die­rung die­ser Leis­tungs­pa­ra­me­ter und Kenn­zah­len wur­den 12 ver­schie­de­ne Pro­the­sen­fü­ße unter­schied­li­cher Her­stel­ler mit Hil­fe eines mehr­ach­si­gen hydrau­li­schen Prüf­stands in unter­schied­li­chen Belas­tungs­sze­na­ri­en im vor­ge­stell­ten Prüf­pro­to­koll getes­tet. Die Ergeb­nis­se der Ver­su­che wur­den mit Hil­fe selbst ent­wi­ckel­ter Algo­rith­men bewer­tet und ver­glei­chend in Form eines Netz­dia­gramms dar­ge­stellt. Der Wer­te­be­reich der Kenn­zah­len wur­de hier­bei an die maxi­ma­len und mini­ma­len errech­ne­ten Wer­te aller ver­wen­de­ten Pro­the­sen­fü­ße ange­passt. Das Ergeb­nis zeigt typi­sche Eigen­schaf­ten der indi­vi­du­el­len Pro­the­sen­fü­ße, die sich bei direk­tem Ver­gleich ein­fa­cher inter­pre­tie­ren las­sen; somit las­sen sich Unter­schie­de zwi­schen ver­schie­de­nen Pro­the­sen­fü­ßen schnel­ler auf­zei­gen. Dem prak­ti­schen Anwen­der fällt es somit leich­ter, zwi­schen ver­schie­de­nen Pro­duk­ten zu dif­fe­ren­zie­ren und somit einen opti­ma­len Pro­the­sen­fuß für den indi­vi­du­el­len Pati­en­ten zu selektieren.

Ein­lei­tung

Pro­the­sen­fü­ße unter­schied­li­cher Her­stel­ler sind in vie­len For­men und Vari­an­ten am Markt erhält­lich. Ver­schie­de­ne Prüf­nor­men erlau­ben es dem Her­stel­ler, wäh­rend der Ent­wick­lung sicher­zu­stel­len, dass das Pro­dukt tech­nisch sicher ist 1 2 und dass es somit bei kor­rek­tem Ein­satz und adäqua­ter Benut­zung nicht aus­fällt. Anhand die­ser Nor­men wer­den sowohl die sta­ti­sche als auch die dyna­mi­sche Über­last abge­prüft. Es fehlt jedoch grund­sätz­lich ein har­mo­ni­sier­tes maschi­nel­les Prüf­ver­fah­ren zur Beschrei­bung der Funk­tio­na­li­tät der Pro­the­se im all­täg­li­chen Ein­satz. Aktu­ell gibt es zwar mecha­ni­sche Prüf­ver­fah­ren wie bei­spiels­wei­se in den USA 3, die durch ver­ein­fach­te sta­ti­sche Ver­su­che mecha­ni­sche Para­me­ter wie bei­spiels­wei­se das Über­schrei­ten eines defi­nier­ten Win­kels in der Fron­tal­ebe­ne unter einer defi­niert ein­ge­lei­te­ten ver­ti­ka­len Kraft ermit­teln. Die Ergeb­nis­se, die zumeist Maxi­mal­wer­te oder das Über­schrei­ten von Schwell­wer­ten dar­stel­len, sind jedoch in Fach­krei­sen umstrit­ten und die Über­tra­gung auf die tat­säch­li­chen Eigen­schaf­ten und ihre Funk­ti­on (das Gehen) frag­lich. 4

Somit ist es das Ziel der aktu­el­len Nor­men­ent­wick­lung (ISO/ TC 168/WG3), basie­rend auf einem dyna­mi­schen Prüf­ver­fah­ren 5 einen neu­en Stan­dard 6 bereit­zu­stel­len. Bekannt aus der Wis­sen­schaft sind bei­spiels­wei­se manu­el­le mecha­ni­sche Ver­fah­ren 7, die jedoch Nach­tei­le hin­sicht­lich der Durch­füh­rung der Expe­ri­men­te, bei­spiels­wei­se der Kraft­ein­lei­tung und der Belas­tung des Prüf­lings, auf­wei­sen. Kom­ple­xe­re maschi­nel­le mecha­ni­sche Ver­su­che 8 9 10 wei­sen Nach­tei­le beim Ver­suchs­auf­bau hin­sicht­lich der sta­ti­schen Über­be­stimmt­heit und der hier­aus resul­tie­ren­den Zwangs­mo­men­te im Pro­the­sen­fuß auf. Die Inter­pre­ta­ti­on der Ergeb­nis­se aller mecha­ni­schen Prüf­me­tho­den jedoch ist auf­grund der umfang­rei­chen Ver­su­che kom­plex und deren Ein­fluss auf das tat­säch­li­che Ver­hal­ten der Pro­the­se am Nut­zer auch unter Fach­leu­ten schwie­rig zu bestim­men. Mit Hil­fe auto­ma­ti­sier­ter Aus­wer­tungs­al­go­rith­men kann eine ers­te Inter­pre­ta­ti­on durch die Kom­bi­na­ti­on von Ver­su­chen erzielt werden.

Metho­de

Für die Ver­suchs­rei­he wur­den 12 Pro­the­sen­fü­ße ver­schie­de­ner Her­stel­ler der Grö­ßen 26 und 27 cm, abge­stimmt auf ein Nut­zer­ge­wicht von 70 bis 80 kg unter­schied­li­cher Mobi­li­täts­gra­de (2bis 4), ver­wen­det. Die Pro­the­sen­fü­ße wur­den ent­spre­chend mit Modu­lar­ad­ap­ter und Pro­the­sen­rohr ver­se­hen und nach einem defi­nier­ten Prüf­pro­to­koll 11 am Adap­ter so aus­ge­rich­tet, dass der Wech­sel des Dreh­mo­men­tes in der sagit­ta­len Ebe­ne von der Fer­se auf den Vor­fuß bei waa­ge­rech­tem Boden­win­kel (0°) unter einem dyna­mi­schen Last­wech­sel (Fmax 400 N) erfolgt (Abb. 1).

Im Gegen­satz zur Gang­ana­ly­se befin­det sich das betrach­te­te Koor­di­na­ten­sys­tem der Maschi­ne bzw. der Sen­so­ren im Pro­the­sen­auf­bau; somit wird bei­spiels­wei­se eine ver­ti­ka­le Kraft im Fol­gen­den als „Pro­xi­mal­kraft“ bezeich­net. Für einen direk­ten Ver­gleich der Boden­re­ak­ti­ons­kräf­te aus der Gang­ana­ly­se müss­te somit eine Koor­di­na­ten­trans­for­ma­ti­on durch­ge­führt werden.

Für die Prü­fung wur­de eine modi­fi­zier­te mehr­ach­si­ge hydrau­li­sche Prüf­ma­schi­ne (Shore Wes­tern, USA) ver­wen­det. Zusätz­lich zu den in der Prüf­norm beschrie­be­nen Sen­so­ren sind am Prüf­stand ein Beschleu­ni­gungs­sen­sor (MEAS, USA), ein Mehr­kom­po­nen­ten-Kraft- und Momen­ten­sen­sor (Sen­six, Frank­reich) sowie eine Kame­ra (GoPro, USA) ange­bracht. Pas­si­ve Mar­ker, auf dem Pro­the­sen­fuß ange­bracht, erlau­ben die Bestim­mung der rela­ti­ven Seg­ment­be­we­gung der Fuß­hül­le (Kos­me­tik). Zusätz­lich zum im Stan­dard beschrie­be­nen Pro­to­koll 12 wur­den wei­te­re Ver­su­che ent­wi­ckelt und ins Prüf­pro­to­koll (Abb. 2) inte­griert. Dabei rich­tet sich der Fokus auf das Ver­hal­ten der Pro­the­se unter Über­last 13, bei­spiels­wei­se beim Tra­gen einer Kis­te, sowie auf das Ste­hen und das Wan­ken auf der Stel­le. 14 Die Sen­sor­da­ten der Maschi­ne wur­den zeit­syn­chron mit 1000 Hz auf­ge­zeich­net und im Nach­gang auto­ma­ti­siert gefil­tert (50 Hz Tief­pass) und ver­ar­bei­tet (Mat­lab, USA). Es wer­den jeweils die Daten von fünf auf­ein­an­der­fol­gen­den Schrit­ten des Ver­suchs syn­chro­ni­siert und deren Mit­tel­wert gebil­det, um etwa­ige sto­chas­ti­sche Effek­te zu mini­mie­ren. Vor­ver­su­che erga­ben dabei eine Stan­dard­ab­wei­chung der Mess­da­ten bei auf­ein­an­der­fol­gen- den Ver­suchs­rei­hen von +/- 1 % des maxi­ma­len Signals. Die Kame­ra­da­ten wer­den sepa­rat aus­ge­wer­tet (TEMA, Image­sys­tems, Schwe­den) und wie­der­um auto­ma­ti­siert mit den Maschi­nen­da­ten ver­ar­bei­tet. Die Sta­pel­ver­ar­bei­tung aller ein­zel­nen Ver­su­che fand im Anschluss statt. Dabei wur­den die fol­gen­den zuvor iden­ti­fi­zier­ten Leis­tungs­pa­ra­me­ter und Kenn­zah­len berech­net (in nicht prio­ri­sier­ter Reihenfolge):

Über­gang von Fer­se zu Vorfuß

Der Über­gang von der Fer­se zum Vor­fuß wird beim Gehen mit nor­ma­ler Geschwin­dig­keit (1 Hz) über die Betrach­tung des Ver­laufs des Druck­zen­trums (CoP) im Bereich von ‑10° bis +10° Plat­ten­win­kel berech­net. Dabei wird der Abstand der COP-Punk­te pro Grad Rota­ti­ons­plat­ten­win­kel rela­tiv zuein­an­der betrach­tet und anschlie­ßend bewertet.

Effek­ti­ve Fuß­län­ge im belas­te­ten Zustand

Die Fuß­län­ge im belas­te­ten Zustand errech­net sich aus dem Dreh­mo­ment­vek­tor divi­diert durch den Kraft­vek­tor beim Abrol­len mit nor­ma­ler Geh­ge­schwin­dig­keit. Betrach­tet wird die resul­tie­ren­de Fuß­län­ge in der sagit­ta­len Ebene.

Ener­gie­rück­ga­be Vorfuß

Die Ener­gie­rück­ga­be der Fer­se wird aus zwei Ver­su­chen (+10° und +20° Plat­ten­win­kel) bestimmt, der Mit­tel­wert gebil­det und bewertet.

 

Ener­gie­rück­ga­be Ferse

Die Ener­gie­rück­ga­be der Fer­se wird aus zwei Ver­su­chen (-15° und ‑7,5° Plat­ten­win­kel) bestimmt, der Mit­tel­wert gebil­det und bewertet.

Gewicht

Das Gewicht wird vor dem Ver­such mit­tels einer Waa­ge mit allen vom Her­stel­ler vor­ge­se­he­nen Kom­po­nen­ten (z. B. Spek­tra-Socke und Kos­me­tik) bestimmt und notiert.

Leis­tung 15

Für die Ermitt­lung der Leis­tung wird ein 6‑DoF-Modell ver­wen­det, das die Win­kel­ge­schwin­dig­keit aus dem Seg­ment­win­kel und dem sagit­ta­len Dreh­mo­ment b berech­net (Abb. 3).

Bewe­gungs­um­fang 16

Der Bewe­gungs­um­fang des Pro­the­sen­fu­ßes berech­net sich aus dem Seg­ment­win­kel, der mit einer 2D-Kame­ra erfasst wird. Der Win­kel ergibt sich aus der Bewe­gung der Mar­ker an Fer­se und Vor­fuß (Meta­tar­so­phal­an­ge­al­ge­lenk), rela­tiv zum Lot des Pyra­mi­de­n­ad­ap­ters (Abb. 4).

Axia­le Steifigkeit

Die axia­le Stei­fig­keit, d. h. die Beweg­lich­keit des Pro­the­sen­fu­ßes in der Trans­ver­sal­ebe­ne, wird anhand der Mess­da­ten des Tor­si­ons­ver­suchs bestimmt. Dabei wird die Stei­gung des trans­ver­sa­len Moments rela­tiv zur Rota­ti­ons­be­we­gung um die Trans­ver­sal­ebe­ne zwi­schen 20 % und 80 % der rela­ti­ven Mess­wer­te berechnet.

Stei­fig­keit für Dorsalextension

Nach Gabri­el et al. 17 wird die Stei­fig­keit der Dor­sal­ex­ten­si­on beim Abroll­ver­such aus der Bewe­gung des Fuß­ge­lenks von der Pha­se der ers­ten Kraft­spit­ze der Boden­re­ak­ti­ons­kraft bis in die frü­he Stand­pha­se durch Divi­si­on des Win­kels rela­tiv zum sagit­ta­len Dreh­mo­ment berech­net. Dabei wird der Bereich von 20 % bis 80 % der rela­ti­ven Mess­wer­te betrach­tet (Abb. 5).

Stei­fig­keit für Plantarflexion

Ana­log zur Stei­fig­keit der Dor­sal­ex­ten­si­on wird die Stei­fig­keit der Plant­ar­fle­xi­on durch die Betrach­tung des Bereichs bei initia­lem Boden­kon­takt bis hin zur ers­ten Kraft­spit­ze der Boden­re­ak­ti­ons­kraft aus dem Wer­te­be­reich von 20 % bis 80 % der maxi­ma­len Wer­te berechnet.

Abroll­ra­di­us 18

Der Abroll­ra­di­us wird nach 19 aus der Betrach­tung des Fuß­kon­takt- punk­tes rela­tiv zur Defor­ma­ti­on im Fuß­ko­or­di­na­ten­sys­tem berech­net. Der Radi­us wird aus der Betrach­tung des Wer­te­be­reichs von ‑5° bis +20° Rota­ti­ons­plat­ten­win­kel durch die Bestim­mung drei­er Kreis­punk­te ermit­telt (Abb. 6).

Standsta­bi­li­tät 20

Die Standsta­bi­li­tät wird mit Hil­fe eines Ver­suchs ermit­telt, der den Fuß mit hal­bem Kör­per­ge­wicht (400 N) kon­stant belas­tet und den Nei­gungs­win­kel des Unter­grunds um +/-1° rotiert. Dabei soll das Hin- und Her­wip­pen beim Ste­hen auf der Stel­le simu­liert wer­den. Als Mess­da­ten wer­den das Dreh­mo­ment in der sagit­ta­len Ebe­ne über den Plat­ten­win­kel sowie die hier­aus resul­tie­ren­de Hys­te­re­se-Kur­ve aus­ge­wer­tet. Ein höhe­res Moment bzw. eine stark zuneh­men­de Pro­gres­si­on beim Zurück­wip­pen wer­den somit mit einem standsta­bi­le­ren Para­me­ter bewertet.

Stoß­dämp­fung beim initia­len Bodenkontakt

Für die Stoß­dämp­fung beim initia­len Boden­kon­takt wird der Ver­such des Abrol­lens bei nor­ma­ler Geh­ge­schwin­dig­keit (1 Hz) detail­lier­ter betrach­tet. Der Fokus wird auf die Lan­de­pha­se bei einem Plat­ten­win­kel von ‑20 ° bis ‑16° gerich­tet. Aus­ge­wer­tet wer­den das Signal des Beschleu­ni­gungs­sen­sors und des­sen qua­li­ta­ti­ver Verlauf.

Aus den oben ange­ge­be­nen Para­me­tern wer­den die Kenn­zah­len berech­net, die basie­rend auf einem rela­ti­ven Wer­te­be­reich von 0 bis 1 dar­ge­stellt wer­den. Die Ska­lie­rung des Wer­te­be­reichs wur­de hier­bei an die geprüf­ten 12 Pro­the­sen­fü­ße ange­passt. Der Wer­te­be­reich erlaubt zwar eine rein qua­li­ta­ti­ve Dar­stel­lung der Funk­ti­on, jedoch aus­drück­lich kei­ne Bewer­tung. Somit muss das resul­tie­ren­de Netz­dia­gramm grund­sätz­lich hin­sicht­lich der Eig­nung des jewei­li­gen Pro­the­sen­fu­ßes für den indi­vi­du­el­len Anwen­der bzw. die Nut­zer­grup­pe inter­pre­tiert wer­den. Der Vor­teil der Para­me­trie­rung besteht jedoch dar­in, dass sie bereits ver­schie­de­ne Eigen­schaf­ten in ver­ein­heit­lich­ter Form beschreibt. Als Bei­spiel sei hier ein erhöh­tes Gewicht bei einer erhöh­ten Leis­tung beim Absto­ßen des Fußes vom Boden auf­grund eines erhöh­ten Bewe­gungs­um­fangs angeführt.

Ergeb­nis­se

Alle Pro­the­sen­fü­ße konn­ten erfolg­reich nach dem vor­ge­stell­ten Pro­to­koll geprüft wer­den. Die Zusam­men­füh­rung der Mess­kur­ven und Para­me­ter aus den ver­schie­de­nen ein­zel­nen Ver­su­chen und die anschlie­ßen­de auto­ma­ti­sier­te Aus­wer­tung konn­ten erfolg­reich durch­ge­führt wer­den. Die hier­aus resul­tie­ren­den Leis­tungs- para­me­ter und Kenn­zah­len doku­men­tie­ren deut­li­che Unter­schie­de zwi­schen den ver­schie­de­nen geprüf­ten Pro­the­sen­fü­ßen, die sich mit Anwen­der­kom­men­ta­ren – bei­spiels­wei­se bezüg­lich des Über­gangs von der Fer­se zu den Zehen­kor­re­lie­ren las­sen. Es ergibt sich somit für jeden Pro­the­sen­fuß ein cha­rak­te­ris­ti­scher Ver­lauf im Netz­dia­gramm, der mit der Gesamt­funk­ti­on der Pro­the­se korreliert.

Unter Betrach­tung der Ein­tei­lung der Pro­the­sen in die ver­schie­de­nen Mobi­li­täts­ka­te­go­rien erge­ben sich somit zumeist domi­nie­ren­de Eigen­schaf­ten bei der Betrach­tung der Leis­tungs­in­di­ka­to­ren: Pro­the­sen­fü­ße für nied­ri­ge Mobi­li­täts­ka­te­go­rien (2), dar­ge­stellt in Abbil­dung 7, zei­gen, dass hier ein nied­ri­ges Gewicht in der Ent­wick­lung ange­strebt wird. Der Ver- gleich des har­mo­ni­schen Über­gangs von der Fer­se auf den Vor­fuß weist deut­li­che Unter­schie­de (0,2 bis 0,9) auf. Wei­ter­hin zeigt sich, dass drei der vier getes­te­ten Pro­the­sen­fü­ße über einen sehr stei­fen Vor­fuß ver­fü­gen (0,9 bis 1). Bei Betrach­tung des Ver­suchs der Standsta­bi­li­tät (Hin- und Her­wip­pen) zeigt sich jedoch, dass hier­durch die Standsta­bi­li­tät gering aus­fällt, da der stei­fe Vor­fuß bereits über eine rigi­de Abroll­kur­vat­ur verfügt.

Bei den sechs getes­te­ten Pro­the­sen­fü­ßen für akti­ve Mobi­li­täts­ka­te­go­rien (3) kön­nen deut­li­che Unter­schie­de fest­ge­stellt wer­den (Abb. 8). So fin­den sich für den Para­me­ter des Über­gangs von der Fer­se zum Vor­fuß Wer­te im Bereich zwi­schen 0,3 und 1,0. Eben­so zei­gen sich bei der Leis­tung (zwi­schen 0,3 und 1,0) deut­li­che Unter­schie­de zwi­schen den Prüf­lin­gen. Ten­den­zi­ell kann ver­gli­chen mit der nied­ri­ge­ren Mobi­li­täts­ka­te­go­rie 2 eine sehr gerin­ge Plant­ar­fle­xi­ons­stei­fig­keit fest­ge­stellt wer­den (0,0 bis 0,3).

In einem wei­te­ren Bei­spiel wur­den vier Pro­the­sen­fü­ße ver­gli­chen, die optisch als sehr ähn­lich beschrie­ben wer­den kön­nen (Abb. 9). Dabei zei­gen sich trotz des ähn­li­chen Gewichts aller Prüf­lin­ge (0,2 bis 0,3) deut­li­che Unter­schie­de im Bereich der Dor­sal­ex­ten­si­ons­stei­fig­keit (0,2 bis 0,8) sowie der Ener­gie­rück­ga­be der Fer­se (0,5 bis 0,9). Wei­ter­hin zeigt sich, dass der resul­tie­ren­de Abroll­ra­di­us bei zwei Prüf­lin­gen deut­lich höher (0,6 bzw. 0,8) liegt als bei den bei­den wei­te­ren Prüf­lin­gen (0,3). Wie­der­um im Über­gang von der Fer­se zum Vor­fuß kann eine deut­li­che Band­brei­te (0,3 bis 0,8) der Prüf­lin­ge auf­ge­zeigt werden.

Dis­kus­si­on

Die ent­wi­ckel­ten Leis­tungs­pa­ra­me­ter und Kenn­zah­len zei­gen deut­li­che Unter­schie­de zwi­schen den ver­schie­de­nen getes­te­ten Pro­the­sen­fü­ßen auf. Die zusätz­lich ein­ge­führ­ten Ver­su­che (s. Abb. 2) ver­hel­fen zu einem umfas­sen­de­ren Ver­ständ­nis der Funk­ti­on der Pro­the­se unter wei­te­ren Belas­tungs­be­din­gun­gen. Die 14 ein­ge­führ­ten Leis­tungs­pa­ra­me­ter erschei­nen nach dem bis­he­ri­gen Wis­sen­stand als dif­fe­ren­ziert genug, um ent­spre­chen­de Unter­schie­de auf­zu­zei­gen. Die kli­ni­sche Rele­vanz die­ser Para­me­ter muss jedoch in nach­fol­gen­den Stu­di­en wei­ter belegt wer­den. So ist es denk­bar, wei­te­re Para­me­ter ein­zu­füh­ren bzw. ande­re Para­me­ter zu strei­chen. Der defi­nier­te Wer­te­be­reich, der auf den mini­ma­len und maxi­ma­len Wer­ten der berech­ne­ten Leis­tungs­pa­ra­me­ter beruht und zwi­schen 0 und 1 ska­liert wur­de, zeig­te bereits bei Aus­wer­tung zu den 12 getes­te­ten Pro­the­sen, dass eine Ein­schrän­kung in einem vor­de­fi­nier­ten Wer­te­be­reich not­wen­dig war (Dor­sal­ex­ten­si­ons­stei­fig­keit). Denk­bar ist hier die Aus­wahl eini­ger typi­scher (Standard-)Prothesenfüße der zu ver­glei­chen­den Mobi­li­täts­ka­te­go­rie, die den Bereich von 0,1 bis 0,9 beschrei­ben, um somit eine extre­me Ver­zer­rung auf­grund eines spe­zi­el­len Pro­the­sen­fu­ßes zu minimieren.

Das vor­ge­stell­te Ver­fah­ren konn­te deut­li­che Unter­schie­de bei optisch ähn­li­chen Pro­duk­ten (Abb. 9) auf- zei­gen, die bei­spiels­wei­se ein ähn­li­ches Gewicht (+/- 100 g) auf­wei­sen. So zeigt sich in die­sem Bei­spiel bei der Betrach­tung des Über­gangs von der Fer­se auf den Vor­fuß beim Gehen sowie bei der Stei­fig­keit der Dor­sal­ex­ten­si­on ein Wer­te­be­reich von 0,3 bis 0,8. Es kann ver­mu­tet wer­den, dass dafür nicht die Form, son­dern die tat­säch­li- che Beschaf­fen­heit und Ver­ar­bei­tung des Faser­ver­bunds ver­ant­wort­lich sind. Im Gegen­satz zu einer aktu­el­len Stu­die 21 zeigt sich zudem, dass bei Betrach­tung der getes­te­ten Pro­duk­te deut­li­che mecha­ni­sche Unter- schie­de, je nach Anwen­der­ka­te­go­rie (Abb. 7 u. 8), bestehen.

Kri­tisch betrach­tet muss dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den, dass die unter­such­ten Test­sze­na­ri­en zwar das mecha­ni­sche Ver­hal­ten des tech­ni­schen Bau­teils, nicht jedoch die Reak­ti­on des Pro­the­sen­nut­zer­ver­hal­tens auf die spe­zi­fi­sche Pro­the­sen­funk­ti­on bzw. die Leis­tungs­pa­ra­me­ter auf­zei­gen. Somit ist zukünf­tig ein detail­lier­ter Ver­gleich der maschi­nel­len Ergeb­nis­se mit den Ergeb­nis­sen aus kli­ni­schen Stu­di­en erfor­der­lich. Erst dadurch kann eine Kor­re­la­ti­on der vor­ge­stell­ten Leis­tungs­pa­ra­me­ter und Kenn­zah­len mit dem Nut­zer­grup­pen­ver­hal­ten sowie mit indi­vi­du­el­len Prä­fe­ren­zen und den­re­sul­tie­ren­den Vor­tei­len­auf­ge­zeigt wer­den. Für die vor­ge­stell­te Stu­die wur­den die in der Prüf­norm 22 beschrie­be­nen Ein­gangs­kur­ven ver­wen­det. Wei­te­re bis­her nicht ver­öf­fent­lich­te Unter­su­chun­gen mit Daten, extra­hiert aus einer kli­ni­schen Gang­ana­ly­se, wei­sen jedoch Unter­schie­de zu den ver­ein­heit­lich­ten Ein­gangs­da­ten des Prüf­stan­dards 23 mit gang­spe­zi­fi­schen Kur­ven auf. Wei­te­re Unter­su­chun­gen müs­sen hier- bei zei­gen, ob opti­mier­te Kur­ven zu kli­nisch rele­van­te­ren Daten füh­ren. Im Gegen­satz zum rea­len Ein­satz von Pro­the­sen­fü­ßen wird beim vor­ge­stell­ten Prüf­ver­fah­ren kein Schuh ver­wen­det, für den bereits in vor­an­ge­gan­ge­nen Ver­su­chen 24 und in der Lite­ra­tur 25 deut­li­che Ein­flüs­se auf das Pro­the­sen­ver­hal­ten nach­ge­wie­sen wur­den. Hier gilt es ein tie­fe­res Ver­ständ­nis über das Zusam­men­spiel zwi­schen Schuh und Pro­the­sen­fuß zu ent­wi­ckeln und gene­rel­le Hin­wei­se, basie­rend auf ver­schie­de­nen Schuh­ty­pen und deren Ein­fluss auf die Funk­ti­on bzw. die Leis­tungs­pa­ra­me­ter, zu geben. Für eine ein­heit­li­che Ver­gleich­bar­keit zwi­schen den Pro­the­sen­fü­ßen unter­ein­an­der wird die Aus­rich­tung, d. h. die Lot­li­nie, sowie die Aus­rich­tung des Prüf­lings über den Pyra­mi­de­n­ad­ap­ter auf einen ein­heit­li­chen Stan­dard 26 aus­ge­führt. Inwie­fern die­ses Aus­rich­tungs­ver­fah­ren mit der indi­vi­du­el­len Aus­rich­tung am Nut­zer, der Pro­the­sen­schaft­ge­stal­tung, kor­re­liert, kann mit einem sol­chen Ver­fah­ren nicht beant­wor­tet wer­den – auch hier müs­sen wei­te­re Stu­di­en erfol­gen und Kor­re­la­tio­nen auf­ge­zeigt werden.

Abschlie­ßend bleibt fest­zu­stel­len, dass das vor­ge­stell­te Ver­fah­ren sowie die Aus­wer­te­al­go­rith­men hel­fen kön­nen, Funk­tio­nen von Pro­the­sen­fü­ßen auf­zu­zei­gen und zwi­schen ver­schie­de­nen Typen und Pro­duk­ten ver­ein­facht zu dif­fe­ren­zie­ren. Hier­mit lässt sich eine ent­spre­chen­de Selek­ti­on von Pro­the­sen­fü­ßen für eine spe­zi­fi­sche Nut­zer­grup­pe oder einen indi­vi­du­el­len Pro­the­sen­nut­zer, basie­rend auf der tat­säch­li­chen Funk­ti­on, treffen.

Der Autor:
Felix Star­ker
Engi­neer, Bio­me­cha­ni­cal Solutions
Össur hf.
Grjót­hal­si 1, 110 Reykja­vík, Ísland
fstarker@ossur.com

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
Star­ker F., Lecomte C. Ent­wick­lung von Leis­tungs­pa­ra­me­tern und Kenn­zah­len für Pro­the­sen­fü­ße. Ortho­pä­die Tech­nik. 2019; 70 (4): 40–46
  1. Inter­na­tio­nal Orga­niza­ti­on for Stan­dar­di­s­a­ti­on (ISO). ISO 10328:2016. Pro­sthe­tics – Struc­tu­ral test­ing of lower- limb pro­s­the­ses – Requi­re­ments and test methods. Gen­e­va: ISO, 2016
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