Trans­dis­zi­pli­nä­res Arbei­ten in der Reha­bi­li­ta­ti­on von Pati­en­ten mit Amputationen

T. Koller, M. Hofer, J. Schuchert
An der Rehabilitation von Patienten mit Amputationen sind zwangsläufig mehrere Berufsgruppen beteiligt. Durch die verschiedenen Sichtweisen und die unterschiedlichen Fachsprachen sorgen Missverständnisse und falsche Erwartungshaltungen der jeweiligen Gruppe für unnötige Konfliktsituationen. Ein gemeinsamer Ansatz mit gegenseitigem Verständnis der jeweiligen berufsspezifischen Sichtweisen und Hypothesen ist in diesem Zusammenhang ein vielversprechender Ansatz. Der Artikel vermittelt entsprechende Überlegungen am Beispiel der transdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Orthopädie-Technikern und Physiotherapeuten.

Ein­lei­tung

Eine erfolg­rei­che Reha­bi­li­ta­ti­on von Pati­en­ten mit Ampu­ta­tio­nen erfor­dert ein Spe­zia­lis­ten­team ver­schie­de­ner Berufs­grup­pen. Dar­un­ter fal­len Fach­ärz­te für Reha­bi­li­ta­ti­on, Ortho­pä­die und Trau­ma­to­lo­gie, Fach­per­so­nen der Pfle­ge, Psy­cho­lo­gen und Psych­ia­ter, Sozi­al­ar­bei­ter, Ortho­pä­die-Tech­ni­ker, Phy­sio­the­ra­peu­ten und Ergo­the­ra­peu­ten. Jede Berufs­grup­pe defi­niert mit dem Pati­en­ten indi­vi­du­el­le Zie­le, die sich im Kom­pe­tenz­be­reich des eige­nen Berufs­stan­des befin­den. Zwar diver­gie­ren die­se Zie­le nicht sehr stark. Und doch gibt es immer wie­der Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten, fal­sche gegen­sei­ti­ge Erwar­tungs­hal­tun­gen und Schuld­zuweisungen hin­sicht­lich des Sta­gnie­rens der Pati­en­ten­re­ha­bi­li­ta­ti­on auf der Struktur‑, Akti­vi­täts- und Par­ti­zi­pa­ti­ons­ebe­ne. Der Grund dafür sind die jewei­li­gen berufs­be­zo­ge­nen Sicht­wei­sen und die damit ver­bun­de­nen Über­zeu­gun­gen und Erfah­rungs­wer­te sowie nicht zuletzt die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit einer durch­aus unter­schied­li­chen Nomen­kla­tur. Eine trans­dis­zi­pli­nä­re Vor­ge­hens­wei­se ist nach Ansicht der Autoren in die­sem Zusam­men­hang ein geeig­ne­ter Lösungs­an­satz. Auf­grund der Kom­ple­xi­tät des The­mas rückt die­ser Arti­kel bei­spiel­haft die trans­dis­zi­pli­nä­re Zusam­men­ar­beit zwi­schen ­Ortho­pä­die-Tech­ni­kern (OT) und Phy­sio­the­ra­peu­ten (PT) in den Fokus.

Ortho­pä­die­tech­ni­ker und Physiotherapeuten

Bei­de Berufs­grup­pen ver­fol­gen bei einem Pati­en­ten mit einer Ampu­ta­ti­on der unte­ren Extre­mi­tät das­sel­be Ziel: Der Pati­ent soll ganz­tä­gig sicher zu Fuß mobi­li­siert wer­den. Aller­dings beur­tei­len bei­de Par­tei­en die mög­li­cher­wei­se reha­bi­li­ta­ti­ons­ver­hin­dern­den sub­jek­ti­ven und objek­ti­ven Aspek­te unter­schied­lich. Das führt zwangs­läu­fig dazu, dass gegen­sei­tig fal­sche Erwar­tun­gen und Pro­blem­zu­wei­sun­gen ent­ste­hen. Grund­sätz­lich kann ein reha­bi­li­ta­ti­ons­ver­hin­dern­des Pro­blem – genau­er: ein Geh­feh­ler oder ein Gang­defizit – fol­gen­den drei Betei­lig­ten zuge­schrie­ben werden:

  1. dem Ortho­pä­die-Tech­ni­ker auf­grund eines nicht ange­pass­ten oder unge­nü­gen­den Auf­baus der Prothese,
  2. dem Phy­sio­the­ra­peu­ten wegen man­geln­der bzw. fal­scher Instruk­ti­on oder Behand­lung auf Struk­tur- oder Aktivitätsebene,
  3. dem Pati­en­ten wegen man­geln­der Com­pli­ance oder nicht behan­del­ba­rer Defi­zi­te bezüg­lich des muskulo­skelettalen Bewegungsapparates.

Oft ist aber eine genaue Zuord­nung des Pro­blems schwie­rig und sorgt für den Unmut aller Betei­lig­ten. Ein gemein­sa­mes Gespräch unter den betei­lig­ten Berufs­grup­pen und eine gemein­sa­me Unter­su­chung und Beur­tei­lung am Pati­en­ten sind Grund­vor­aus­set­zun­gen, um die­ser Pro­ble­ma­tik erfolg­reich ent­ge­gen­tre­ten zu können.

Gemein­sa­mes Unter­suchen und Beurteilen

Bevor die gemein­sa­me Unter­su­chung gewinn­brin­gend durch­ge­führt wer­den kann, soll­ten alle Betei­lig­ten sicher­stel­len, dass sie unter den ver­schie­de­nen Begriff­lich­kei­ten auch das­sel­be ver­ste­hen. Die Nomen­kla­tur der ver­schie­de­nen Berufs­grup­pen ist nicht immer kon­gru­ent, was schon zu Beginn für Ver­wir­rung sor­gen kann.

Was soll­te beur­teilt wer­den? Das kön­nen der Ortho­pä­die-Tech­ni­ker und der Phy­sio­the­ra­peut grund­sätz­lich selbst unter sich bestim­men und sogar einen gemein­sa­men Befund­bo­gen kre­ieren, der die jewei­li­gen berufs­spe­zi­fi­schen Aspek­te glei­cher­ma­ßen mit­ein­schließt. Da sich bei den meis­ten Beur­tei­lungs­kri­te­ri­en bei­de Berufs­grup­pen ange­spro­chen füh­len, ist es wich­tig, dass bei­den Sicht­wei­sen genü­gend Raum gelas­sen wird. Der Ortho­pä­die-Tech­ni­ker geht in der Regel vom Fun­da­ment aus und baut die Pro­the­se von unten nach oben auf. Der Phy­sio­the­ra­peut dage­gen beginnt bei Pati­en­ten mit Ampu­ta­tio­nen an der unte­ren Extre­mi­tät in der Regel beim Becken und bil­det vom Becken aus­ge­hend mög­li­che Hypo­the­sen in Bezug auf Feh­ler im Gangbild.

In Abbil­dung 1 sind mög­li­che Beur­tei­lungs­kri­te­ri­en bei­der Berufs­grup­pen zusam­men­ge­fasst. Grund­sätz­lich kann das gemein­sa­me Beur­tei­len in fol­gen­de vier Grup­pen unter­teilt werden:

  • Sta­bi­li­tät
  • Mobi­li­tät
  • Sym­me­trie
  • neu­ro­mus­ku­lä­re Steuerung

Beim Aspekt „Sta­bi­li­tät“ fal­len die Beur­tei­lungs­kri­te­ri­en „Standsta­bi­li­tät“ und „sta­ti­sche Sicher­heit“ eher in den Wir­kungs­be­reich des Ortho­pä­die-Tech­ni­kers, der Aspekt „Stand­si­cher­heit“ dage­gen eher in den Bereich des Physiotherapeuten.

In der Grup­pe „Mobi­li­tät“ wer­den bei „Fort­be­we­gung“ und „Mus­kel­ak­ti­vi­tä­ten“ eher die Phy­sio­the­ra­peu­ten in die Pflicht genom­men, bei „dyna­mi­scher Sta­tik“ und „Yiel­ding (Dämp­fung)“ eher die Orthopädie-Techniker.

Die Ortho­pä­die-Tech­ni­ker haben in der drit­ten Grup­pe „Sym­me­trie“ gro­ßen Ein­fluss auf den Aspekt „Exten­si­ons­dämp­fung“, die Phy­sio­the­ra­peu­ten eher in den Berei­chen „Schritt­län­ge“ und „Spur­brei­te“.

In der Grup­pe „Neu­ro­mus­ku­lä­re Steue­rung“ schließ­lich ist der Auf­bau der Pro­the­se bezüg­lich der „Last­über­nah­me“ Grund­vor­aus­set­zung für eine gute „Koor­di­na­ti­on“ und ein genü­gen­des „Gleich­ge­wicht“ wäh­rend des Gehens.

Die­se vier Grup­pen gilt es gemein­sam zu unter­su­chen und zu beur­tei­len. Oft wird man den wah­ren Grund für einen Geh­feh­ler nicht unmit­tel­bar gemein­sam erken­nen kön­nen. Es bleibt in der Fol­ge bei unter­schied­li­chen Hypo­the­sen bei­der Berufs­grup­pen. In die­sem Fall muss trans­dis­zi­pli­när bespro­chen wer­den, wel­che Maß­nah­me man als Ers­tes in Angriff nimmt, und die dar­aus fol­gen­de Kon­se­quenz (Ver­bes­se­rung oder Ver­schlech­te­rung) beim Pati­en­ten wie­der neu beur­teilt wer­den. Wich­tig ist auch, dass man nur eine „Kom­po­nen­te“ oder „Maß­nah­me“ auf ein­mal ver­än­dert: Wer­den meh­re­re Maß­nah­men auf­grund meh­re­rer Hypo­the­sen gleich­zei­tig ver­än­dert, wird die Beur­tei­lung bezüg­lich der Ursäch­lich­keit schwierig.

Mög­li­che Kon­se­quen­zen aus der gemein­sa­men Beurteilung

Die mög­li­chen Kon­se­quen­zen wer­den nach­fol­gend an zwei prak­ti­schen Bei­spie­len ver­an­schau­licht. Das ers­te Bei­spiel beleuch­tet den Zusam­men­hang zwi­schen der Kon­sti­tu­ti­on und dem poten­zi­el­len Ein­fluss auf die Spur­brei­te. Wenn der Pati­ent einen hohen Schwer­punkt auf­grund eines ver­grö­ßer­ten Schul­ter­ge­lenk­ab­stan­des und viel Kör­per­mas­se im Brust­korb- und Schul­ter­be­reich auf­weist, wird er zwangs­läu­fig im Zwei­bein­stand eine ver­brei­ter­te Spur ein­neh­men. In Abbil­dung 2 wer­den die kon­sti­tu­tio­nel­len Varia­tio­nen mit ihren poten­zi­el­len Aus­wir­kun­gen auf­ge­zeigt. Die logi­sche „reac­tio“ aus einem zu weit nach kra­ni­al ver­scho­be­nen Schwer­punkt ist in Abbil­dung 3 gut ersicht­lich. Die mög­li­chen Kon­se­quen­zen sei­tens des Ortho­pä­die-Tech­ni­kers sind einer­seits, den Sta­tik­auf­bau in der Fron­tal­ebe­ne außer­halb der Norm auf­zu­bau­en, und ande­rer­seits, eine ver­mehr­te Late­ral­ver­schie­bung auf­grund der bes­se­ren Last­über­nah­me ein­zu­stel­len. Der Phy­sio­the­ra­peut wird sei­ner­seits mit fol­gen­den Maß­nah­men kon­fron­tiert: even­tu­ell die poten­zi­ell hypo­to­nen Adduk­to­ren auf­trai­nie­ren oder an der Koor­di­na­ti­on und am Gleich­ge­wicht über die Pri­mär­be­we­gung des Beckens arbei­ten. Bei die­sem Bei­spiel ste­hen vier mög­li­che Hypo­the­sen als Ursa­che für den vor­lie­gen­den Geh­feh­ler zur Ver­fü­gung. Nun gilt es gemein­sam zu beur­tei­len, wel­che der Hypo­the­sen die aktu­ell wahr­schein­lichs­te ist und mit wel­cher Maß­nah­me man sie zu behe­ben versucht.

Das zwei­te Bei­spiel beleuch­tet den Ein­fluss der Fuß­kon­sti­tu­ti­on auf die gesam­te Sta­tik. In Abbil­dung 4 ist dies gut ersicht­lich: In Abbil­dung 4a zieht sich die Lot­li­nie durch das Ohr, das Schul­ter­ge­lenk, das Hüft­ge­lenk, das Knie­ge­lenk und das Os navicu­la­re. Die ver­schie­de­nen Kör­per­ab­schnit­te sind gut über­ein­an­der ange­ord­net, und es ent­ste­hen nur weni­ge Dreh­mo­men­te und Belas­tun­gen an den „Dreh­punk­ten“. Vor­aus­set­zung dafür ist aber unter vie­len ande­ren auch die rich­ti­ge Fuß­kon­sti­tu­ti­on: Besitzt jemand einen kur­zen Vor­fuß und eine lan­ge Fer­se (han­delt es sich also um einen „Fer­sen­ste­her“), wird er nie ger­ne im Stand sei­nen Vor­fuß mehr belas­ten wol­len, denn dies bedeu­tet für ihn Unsi­cher­heit. Folg­lich rich­tet sich in die­sem Fall die Sta­tik des Kör­pers reak­tiv wie in Abbil­dung 4b aus. Das hat zur Fol­ge, dass in den „Dreh­punk­ten“ mehr Kräf­te ein­wir­ken und dass zum Bei­spiel bei einem ober­schen­kel­am­pu­tier­ten Pati­en­ten die Posi­ti­on des Pro­the­senknies in der Trans­ver­sal­ebe­ne bezüg­lich des Dreh­punkts etwas nach hin­ten kor­ri­giert wer­den soll­te (ansons­ten ist die Stand­si­cher­heit poten­zi­ell ungenügend).

Abbil­dung 4c zeigt genau das Gegen­teil: Durch die kur­ze Fer­se und den lan­gen Vor­fuß will der Pati­ent mög­lichst wenig Gewicht auf den Rück­fuß geben. Das bedeu­tet für ihn Unsi­cher­heit und poten­zi­el­le Sturz­ge­fahr nach hin­ten. Der „Vor­fuß­ste­her“ belas­tet sei­nen Vor­fuß ver­mehrt, und somit ver­schiebt sich die Lot­li­nie in den Vor­fuß­be­reich. Die Sta­tik reagiert mit einer Über­stre­ckung der Knie, einer ver­mehr­ten lum­ba­len Lor­do­se und einer Kopf­pro­trak­ti­on. Dabei wird die Schritt­aus­lö­sung bei einer Ober­schen­kel­am­pu­ta­ti­on bezüg­lich des Dreh­punk­tes des Pro­the­senknies deut­lich erschwert.

Ist die Pro­the­se im Norm­auf­bau, ver­sucht der Betrof­fe­ne stets, die Pro­the­se auf der Fer­se oder auf dem Vor­fuß zu belas­ten (also sein bekann­tes Mus­ter ein­zu­neh­men). Dies gelingt ihm jedoch nur schwer; somit soll­te die Pro­the­se dem­entspre­chend außer­halb der Norm auf­ge­baut wer­den. In Abbil­dung 5 wer­den die mög­li­chen Kon­se­quen­zen bei einem Fer­sen­ste­her jeweils aus der Sicht des Ortho­pä­die-Tech­ni­kers und des Phy­sio­the­ra­peu­ten dar­ge­stellt. Sei­tens der Pro­the­se muss eine Anpas­sung außer­halb der Norm statt­fin­den, da sich der erhal­te­ne Fuß bezüg­lich sei­ner Sta­tik sicher­lich nicht ver­än­dert hat. Nichts­des­to­trotz müs­sen auch auf der phy­sio­the­ra­peu­ti­schen Sei­te Maß­nah­men im Sin­ne von mehr Bewe­gungs­frei­heit der Hüft­ge­len­ke und der „neu­ro­mus­ku­lä­ren Steue­rung“ in Betracht gezo­gen werden.

Die Sta­tik beim Vor­fuß­ste­her ähnelt einer all­ge­mei­nen Hal­tungs­schwä­che und bedarf von phy­sio­the­ra­peu­ti­scher Sei­te her zahl­rei­cher Maß­nah­men: Die all­ge­mei­ne Hal­tungs­schwä­che soll­te mit­tels geziel­ten Kraft­trai­nings und ent­spre­chen­der Hal­tungs­schu­lung ver­ringert wer­den. Dies steht natür­lich auch in direk­tem Zusam­men­hang mit der „Com­pli­ance“ sei­tens des Pati­en­ten. Auf der tech­ni­schen Sei­te muss bezüg­lich der Dreh­ach­sen an der unte­ren Ex­tremität eine geeig­ne­te Lösung zwi­schen Sta­bi­li­tät und Mobi­li­tät gefun­den wer­den. So wie in Abbil­dung 6 dar­ge­stellt, hät­te der Pati­ent mit der Fle­xi­ons­aus­lö­sung am Pro­the­senknie sicher­lich mehr Mühe, da der Dreh­punkt des Pro­the­senknie­ge­len­kes hin­ter der Lot­li­nie steht.

Der Pati­ent ist und bleibt ein Individuum

Bis jetzt wur­den ledig­lich die tech­ni­schen und mus­ku­los­ke­letta­len Mög­lich­kei­ten bezüg­lich der Ursa­che für einen Geh­feh­ler behan­delt. Eine nicht unwe­sent­li­che Kom­po­nen­te fehlt aber noch – der Pati­ent. Jeder Betrof­fe­ne geht mit sei­ner Situa­ti­on (sei­nem Han­di­cap) anders um; jeder Betrof­fe­ne besitzt ande­re oder anders gewich­te­te Res­sour­cen und Mög­lich­kei­ten, sei­nen Kör­per zu sta­bi­li­sie­ren. Das sta­bi­li­sie­ren­de Sys­tem von Pan­ja­bi in Abbil­dung 7 zeigt dies auf. Um unse­ren Kör­per in sta­ti­scher und dyna­mi­scher Akti­vi­tät stets sta­bi­li­sie­ren zu kön­nen, bedarf es drei­er Systeme:

  1. Pas­siv (osseo­li­ga­men­tär): Damit ist grund­sätz­lich die pas­si­ve Sta­bi­li­tät gemeint. Die­se Sta­bi­li­tät wird durch Kno­chen, Gelen­ke und Kap­seln sowie die liga­men­tä­ren Struk­tu­ren gebildet.
  2. Aktiv (mus­ku­lär): Damit ist die akti­ve Sta­bi­li­tät gemeint. Das heißt, es muss fest­ge­stellt wer­den, wie gut die Mus­ku­la­tur unse­ren Kör­per (vor allem die Gelen­ke) aktiv zu sta­bi­li­sie­ren und ihn gegen die Schwer­kraft auf­recht zu hal­ten vermag.
  3. Steue­rung (neu­ral): Damit ist die gesam­te Ansteue­rung der Mus­ku­la­tur und das Feed­back der Gelenk­stel­lun­gen und Span­nungs­zu­stän­de in den ver­schie­de­nen Gewe­ben gemeint. Auf die­ses Sys­tem wir­ken auch die Moti­va­ti­on und der all­ge­mei­ne Gemüts­zu­stand ein. Letz­te­res beein­flusst den all­ge­mei­nen Grund­to­nus, die Kör­per­hal­tung und den intrin­si­schen Antrieb.

An wel­chem Sys­tem nun am ehes­ten gear­bei­tet wer­den muss, kann erst nach einer indi­vi­du­el­len phy­sio­the­ra­peu­ti­schen und ortho­pä­die­tech­ni­schen Unter­su­chung beant­wor­tet wer­den. Ist die pas­si­ve Sta­bi­li­tät gege­ben, der Pati­ent aber dyna­misch insta­bil, bedarf es phy­sio­the­ra­peu­ti­scher Maß­nah­men im akti­ven und neu­r­a­len Sys­tem. Ist dage­gen die pas­si­ve Struk­tur trotz akti­ver mus­ku­lä­rer Sta­bi­li­täts­ver­su­che insuf­fi­zi­ent, soll­te der Ortho­pä­die-Tech­ni­ker Maß­nah­men für mehr Unter­stüt­zung zur pas­si­ven Sta­bi­li­tät ergreifen.

Fazit

Ver­wei­len bei­de Berufs­grup­pen in ihrer eige­nen Spra­che und in ihrer eige­nen Sicht­wei­se, nüt­zen auch über­ein­stim­men­de Ziel­set­zun­gen nicht viel. Ein akti­ves auf­ein­an­der Zuge­hen im Sin­ne einer Hori­zont­er­wei­te­rung ist die bes­te Vor­aus­set­zung für einen Nut­zen beim Pati­en­ten. Die bei­den Berufs­grup­pen soll­ten sich in ihrer Fach­spra­che (Nomen­kla­tur) eichen und gemein­sam Zie­le for­mu­lie­ren. Erst dann ist eine gemein­sa­me Unter­su­chung und Beur­tei­lung mit der Bil­dung ver­schie­de­ner Hypo­the­sen gewinn­brin­gend. Die aktu­ell wahr­schein­lichs­te Hypo­the­se soll­te gemein­sam prio­ri­siert und dann ent­spre­chen­de Inter­ven­tio­nen oder Maß­nah­men ergrif­fen wer­den. Nach erfolg­ter Ände­rung oder The­ra­pie­in­ter­ven­ti­on soll­te gemein­sam eine Neu­be­ur­tei­lung statt­fin­den und wei­te­re Schrit­te bespro­chen wer­den. Abbil­dung 8 visua­li­siert ein mög­li­ches Vor­ge­hen für eine gewinn­brin­gen­de Zusam­men­ar­beit und somit in ers­ter Linie einen poten­zi­el­len Nut­zen für den Pati­en­ten, aber auch für die betei­lig­ten Berufs­grup­pen in Bezug auf deren Zusammenarbeit.

Für die Autoren:
Tho­mas Koller
Dipl.-Physiotherapeut FH
Reha­kli­nik Bel­li­kon, CH-5454 Bellikon
Thomas.Koller@rehabellikon.ch

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
Kol­ler T, Hofer M, Schu­chert J. Trans­dis­zi­pli­nä­res Arbei­ten in der Reha­bi­li­ta­ti­on von Pati­en­ten mit Ampu­ta­tio­nen. Ortho­pä­die Tech­nik, 2018; 69 (5): 74–78
Tei­len Sie die­sen Inhalt