Welche Dynamik die durch Covid-19 ausgelöste Krise im Verlaufe der vergangenen Wochen genommen hat und welche Auswirkungen sie auch auf das aktuelle Kongressgeschehen hat, zeigte sich daran, dass sich der Bundestagsabgeordnete Dr. Roy Kühne live aus dem Reichstag in Berlin meldete und nach kurzer Zeit wieder in den Plenarsaal gerufen wurde, wo die tags zuvor beschlossenen Corona-Maßnahmen diskutiert wurden.
In seinem Impulsvortrag zeigte Kühne die Entwicklung des Finanzhaushalts auf. Weniger Steuereinnahmen, mehr Ausgaben bedeuten mehr Kredite. Diese Rechnung verteidigte Kühne allerdings, weil es vor allem auch um Unterstützungen des Gesundheitssystems und der Wirtschaft gehe. „Wir haben in Deutschland clevere Unternehmer. Viele, gerade mittelständische Unternehmen, werden noch durch Inhaberfamilien geführt. Die wirtschaften noch mit Herz und Verstand“, so Kühne, der weitere milliardenschwere Unterstützungspakete in Aussicht stellte. Auf die Frage von Alf Reuter, Präsident des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik, was die Hilfsmittelbranche besser machen könne, um sich bei der Politik das nötige Gehör zu verschaffen, riet Kühne zur Einigkeit. „Sie haben sich in dem vergangenen Dreivierteljahr an einen Tisch gesetzt und miteinander geredet. Dabei kam auch heraus, dass sie nicht immer einer Meinung sind, wie man an die Politik herantreten soll und mit welchen Themen. Machen Sie aus ihren fünf Richtungen eine.“
Alf Reuter präsentierte im Anschluss die BIV-Betriebsumfrageergebnisse zur Coronakrise. „Die wirtschaftlichen Folgen werden wir in diesem Jahr auch nicht mehr auffangen können“, ist er sich sicher. Gerade im Zuge der zweiten Coronawelle hatte der BIV-Präsident und Unternehmer einen wichtigen Tipp parat: „Bevorraten Sie sich mit Einmalhandschuhen! Die Ergebnisse haben gezeigt, dass dort der größte Mangel herrscht und die kommende Zeit wird die Situation nicht einfacher machen.“
Sorge um Lieferketten
Dass Produktionsstandorte nach Deutschland, oder zumindest innerhalb des Wirtschaftsraums der Europäischen Union, gelegt werden sollten, dafür plädiert auch Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Joachim Kugler von der TU Dresden. Die Abhängigkeit von chinesischen Produzenten hätte die Versorgung mit PSA vor deutliche Probleme gestellt. Die Lieferketten würden auch aktuell wieder – auch bei der Versorgung mit Arzneimitteln – Sorgen bereiten. Auch den Faktor Angst, brachte Professor Kugler ins Gespräch. Viele – vor allem ältere Menschen – ließen sich nicht versorgen, weil sie Angst vor einer Infektion mit dem Coronavirus hätten.
Wie wichtig und wie effektiv die Versorgung mit Hilfsmitteln ist, belegte Oda Hagemeier, Geschäftsführerin der Herstellervereinigung für Kompressionstherapie und orthopädische Hilfsmittel – Eurocom, mit Hilfe der 2019 veröffentlichten Studie, die von der Eurocom gemeinsam mit dem Allenbach-Institut durchgeführt wurde. Dabei sprach sie vor allem das Kosten-Nutzen-Verhältnis an. Mit einem kleinen Anteil an den jährlichen Gesundheitskosten würde Millionen von Menschen geholfen. Dabei zeigt die Studie, dass eine stärkere Berücksichtigung von Hilfsmitteln nicht mehr kostet, sondern zum Beispiel durch obsolet gewordene Operationen eher zur Entlastung des Gesundheitssystems beiträgt.
Heiko Cordes
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