Mul­ti­re­sis­ten­te Kei­me – ein Überblick

S. Zaatreh, A. Klemke, M. Ellenrieder, W. Mittelmeier, P. Bergschmidt
Multiresistenz von Bakterien bedeutet Unempfindlichkeit gegenüber gängigen Antibiotika. Das Auftreten von multiresistenten Erregern (MRE) hat insbesondere in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen eine große Bedeutung und geht mit einer Erhöhung der Morbidität und der Mortalität einher. Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) sind die häufigsten MRE nosokomialer Infektionen in Europa. Neben MRSA zeigt sich eine zunehmende Verbreitung von weiteren MRE wie u. a.­Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE) und multiresistenten gramnegativen Erregern (MRGN). Im Hinblick auf die Patientensicherheit sollte der Prävention nosokomialer Infektionen sowie der Eindämmung multiresistenter Erreger eine besondere Bedeutung zukommen. Hierzu sind diagnostische und therapeutische Überlegungen zu berücksichtigen. Die nachfolgende Übersicht fasst die Grundlagen zu MRE sowie klinische Relevanz, Prävention, Diagnostik und Therapie zusammen.

Ein­lei­tung

Noso­ko­mia­le Infek­tio­nen, ins­be­son­de­re durch mul­ti­re­sis­ten­te Erre­ger (MRE), gehö­ren zu den häu­figs­ten Kom­pli­ka­tio­nen in medi­zi­ni­schen und pfle­ge­ri­schen Ein­rich­tun­gen und haben daher auch eine Bedeu­tung für das medi­zi­ni­sche Ver­sor­gungs­we­sen, u. a. die Tech­ni­sche Orthopädie.

Ursa­chen für die zuneh­men­de Resis­tenz, d. h. Unemp­find­lich­keit gegen­über bestimm­ten Anti­bio­ti­ka, sind:

  1. der häu­fi­ge Ein­satz von Anti­bio­ti­ka ohne medi­zi­ni­sche Indi­ka­ti­on, z. B. bei vira­len Infektionen;
  2. ein nicht test­ge­rech­ter Ein­satz von Anti­bio­ti­ka, u. a. auch der kal­ku­lier­te Ein­satz von sog. Reserveantibiotika;
  3. eine ver­min­der­te Com­pli­ance des Pati­en­ten mit unzu­ver­läs­si­ger Medikamenteneinnahme;
  4. eine fal­sche The­ra­pie­dau­er, wobei eine zu kur­ze und eine zu lan­ge The­ra­pie zur Resis­tenz­ent­wick­lung füh­ren kann;
  5. der Ein­satz von Anti­bio­ti­ka in der Lebensmittelindustrie.

Die Pro­ble­ma­tik bei noso­ko­mia­len Infek­tio­nen mit mul­ti­re­sis­ten­ten Kei­men besteht in ein­ge­schränk­ten the­ra­peu­ti­schen Mög­lich­kei­ten, ver­län­ger­ter Auf­ent­halts­dau­er in medi­zi­ni­schen Ein­rich­tun­gen und einer erhöh­ten Mor­bi­di­tät und Mor­ta­li­tät 1. Ein erhöh­ter Dia­gnos­tik- und Behand­lungs­auf­wand ist mit Mehr­kos­ten für das Gesund­heits­sys­tem ver­bun­den. Der häu­figs­te mul­ti­re­sis­ten­te Erre­ger noso­ko­mia­ler Infek­tio­nen in Euro­pa ist der Methi­cil­lin-resis­ten­te Sta­phy­lo­coc­cus aureus (MRSA). Schät­zun­gen für MRSA zei­gen z. B., dass jähr­lich etwa 170.000 Infek­tio­nen mit mehr als 5.000 Todes­fäl­len ein­her­ge­hen. Das hat zur Fol­ge, dass über eine Mil­li­on zusätz­li­che Hos­pi­ta­li­sa­ti­ons­ta­ge und Mehr­kos­ten von ca. 380 Mio. Euro für das euro­päi­sche Gesund­heits­sys­tem anfal­len 2.

Sur­veil­lan­ce

Unter Sur­veil­lan­ce wird die sys­te­ma­ti­sche und kon­ti­nu­ier­li­che Über­wa­chung inklu­si­ve Bewer­tung von Erkran­kun­gen und Todes­fäl­len ver­stan­den. Im Fokus der Pro­ble­ma­tik mit noso­ko­mia­len Infek­tio­nen und mul­ti­re­sis­ten­ten Erre­gern ste­hen die Pati­en­ten­si­cher­heit und die Opti­mie­rung des Ein­sat­zes limi­tier­ter finan­zi­el­ler Mit­tel. Der Prä­ven­ti­on noso­ko­mia­ler Infek­tio­nen sowie der Ein­däm­mung mul­ti­re­sis­ten­ter Erre­ger kommt dabei eine beson­de­re Bedeu­tung zu. Natio­nal und inter­na­tio­nal konn­ten über die Anpas­sung von Kon­troll­maß­nah­men nach lücken­lo­ser Regis­trie­rung und Bewer­tung von noso­ko­mia­len Infek­tio­nen gezeigt wer­den, dass Sur­veil­lance­maß­nah­men geeig­net sind, noso­ko­mia­le Infek­tio­nen zu ver­mei­den 3 4 5. Die Durch­füh­rung einer Sur­veil­lan­ce ist daher gesetz­lich in § 23 Infek­ti­ons­schutz­ge­setz verankert.

Um in Deutsch­land sicher­stel­len zu kön­nen, dass sol­che Refe­renz­da­ten aus­sa­ge­kräf­ti­ge Infor­ma­tio­nen lie­fern, neh­men mehr als 1.400 Kran­ken­häu­ser und 839 Inten­siv­sta­tio­nen am soge­nann­ten Kran­ken­haus-Infek­ti­ons-Sur­veil­lan­ce-Sys­tem (KISS) teil. KISS ist ein Pro­jekt des Natio­na­len Refe­renz­zen­trums (NRZ) für die Sur­veil­lan­ce noso­ko­mia­ler Infek­tio­nen und hat sich zu einem natio­na­len Netz­werk ent­wi­ckelt. KISS, das seit 1996 besteht, ist modul­ar­tig auf­ge­baut und stellt Daten zur Häu­fig­keit von noso­ko­mia­len Infek­tio­nen und deren Erre­gern sowie zum Auf­tre­ten von Erre­gern mit beson­de­rer epi­de­mio­lo­gi­scher Rele­vanz zur Ver­fü­gung. Es nutzt im Wesent­li­chen Daten, die wäh­rend der Ver­sor­gung von Pati­en­ten erho­ben wer­den, um dar­aus einen Erkennt­nis­ge­winn zur Opti­mie­rung des Infek­ti­ons­prä­ven­ti­ons- und Hygie­ne­ma­nage­ments zu erzie­len 1.

Ein­tei­lung mul­ti­re­sis­ten­ter Erre­ger (MRE)

Die ver­schie­de­nen Erre­ger ent­wi­ckeln über bestimm­te Mecha­nis­men eine geziel­te Wider­stands­fä­hig­keit gegen­über Anti­bio­ti­ka; die­se Eigen­schaft nennt man Resis­tenz­ent­wick­lung. Wenn die Kei­me gegen meh­re­re Anti­bio­ti­ka resis­tent sind, geht man von einer Mul­ti­re­sis­tenz aus. Mul­ti­re­sis­ten­te Erre­ger (MRE) kön­nen in gram­po­si­ti­ve und gram­ne­ga­ti­ve Erre­ger unter­teilt wer­den. Zu den häu­figs­ten gram­po­si­ti­ven MRE gehö­ren der Methi­cil­lin-resis­ten­te Sta­phy­lo­coc­cus aureus (MRSA) und die Van­co­my­cin-resis­ten­ten Ente­ro­kok­ken (VRE) 2 6. Die wich­tigs­ten gram­ne­ga­ti­ven mul­ti­re­sis­ten­ten Erre­ger sind Esche­ri­chia coli, Kleb­si­el­la pneu­mo­niae, Pseu­do­mo­nas aeru­gi­no­sa und Aci­n­et­o­bac­ter bau­man­nii. Das Resis­tenz­spek­tum lässt auch wei­te­re Ein­tei­lun­gen zu, z. B. die Exten­ded-Spec­trum-Beta-Lac­ta­ma­se-bil­den­den Erre­ger (ESBL), hier ins­be­son­de­re Esche­ri­chia coli und Kleb­si­el­la pneu­mo­niae. Erre­ger aus der Grup­pe der Ente­ro­bac­te­riaceae (hier­zu zäh­len u. a. auch Esche­ri­chia coli und Kleb­si­el­la pneu­mo­niae) mit Resis­tenz gegen Grup­pe-3-Cepha­los­po­ri­ne (G3C) gewin­nen zuneh­mend an Bedeu­tung 7. Des Wei­te­ren wer­den spe­zi­fi­sche Resis­ten­zen, u. a. Imi­pen­em­re­sis­ten­te Aci­n­et­o­bac­ter bau­man­nii, beschrie­ben 7 8.

Mul­ti­re­sis­ten­te gram­po­si­ti­ve Erreger

Methi­cil­lin-resis­ten­te Sta­phy­lo­coc­cus aureus (MRSA)

Der bekann­tes­te gram­po­si­ti­ve Erre­ger Sta­phy­lo­coc­cus aureus ist ein natür­li­cher Haut­keim, der am häu­figs­ten auf der Schleim­haut des Nasen­vor­hofs und sel­te­ner in der Haut­flo­ra des Men­schen vor­kommt. Methi­cil­lin-resis­ten­te Sta­phy­lo­coc­cus aureus (MRSA) sind die Anti­bio­ti­ka-resis­ten­te Vari­an­te von Sta­phy­lo­coc­cus aureus. In Deutsch­land wird die­ser Erre­ger auch ORSA (Oxa­cil­lin-resis­ten­ter Sta­phy­lo­coc­cus aureus) genannt, weil die Behand­lung mit dem Anti­bio­ti­kum Oxa­cil­lin erfolgt, aller­dings in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten rou­ti­ne­mä­ßig mit Methicillin.

Gegen den MRSA sind bestimm­te Anti­bio­ti­ka wie Beta-Lac­tam-Anti­bio­ti­ka (z. B. Peni­cil­li­ne und Cepha­los­po­ri­ne) unwirk­sam. MRSA besitzt das Resis­tenz­gen mecA, wel­ches ein modi­fi­zier­tes Peni­cil­lin-Bin­de­pro­te­in kodiert. Eigent­lich wir­ken die Anti­bio­ti­ka, indem sie die­ses Pro­te­in imi­tie­ren und die Zell­wand­syn­the­se der Erre­ger hem­men. Das modi­fi­zier­te Peni­cil­lin-Bin­de­pro­te­in bin­det die Beta-Lac­tam-Anti­bio­ti­ka, sodass die Anti­bio­ti­ka kei­nen Ein­fluss auf die Hem­mung der Zell­wand­syn­the­se haben 9.

Die klas­si­schen Reser­voi­re für MRSA-Infek­tio­nen sind Kran­ken­häu­ser und Ein­rich­tun­gen des Gesund­heits­we­sens. Die­se wer­den als HAMRSA (Hos­pi­tal- oder Health­ca­re-asso­cia­ted MRSA) bezeich­net. Seit meh­re­ren Jah­ren berich­ten ver­schie­de­ne Län­der über eine zuneh­men­de Inzi­denz von MRSA-Infek­tio­nen in der All­ge­mein­be­völ­ke­rung, der sog. CA-MRSA (Com­mu­ni­ty-acqui­red MRSA). Hier erfolgt die Infek­ti­on außer­halb des sta­tio­nä­ren Kran­ken­haus­auf­ent­hal­tes in der All­ge­mein­be­völ­ke­rung, bei ambu­lan­ten Pati­en­ten oder nach einem bestimm­ten Zeit­raum nach Kran­ken­haus­auf­nah­me. Des Wei­te­ren gewin­nen die LA-MRSA (Life­st­ock-asso­cia­ted MRSA) an Bedeu­tung, wel­che in den letz­ten Jah­ren durch die Nutz­tier­hal­tung als neue Infek­ti­ons­quel­le für den Men­schen iden­ti­fi­ziert wur­den. LA-MRSA tre­ten bei Men­schen mit direk­tem Kon­takt zu Nutz­tie­ren auf. Land­wir­te, Vete­ri­nä­re und auch Schlacht­hof­mit­ar­bei­ter sind hier beson­ders gefähr­det 2 10.

Die Häu­fig­keit von Pati­en­ten mit MRSA wird als „Prä­va­lenz” (Pati­en­ten mit MRSA/100 Pati­en­ten) bezeich­net. Dies berück­sich­tigt auch asym­pto­ma­ti­sche Trä­ger. Trä­ger bedeu­tet nicht Erkran­kung. Ein asym­pto­ma­ti­scher MRSA-Trä­ger kann jedoch poten­zi­ell MRSA auf einen ande­ren Men­schen über­tra­gen. Im All­tag ist dies aller­dings von gerin­ge­rer Bedeu­tung. In medi­zi­ni­schen und pfle­ge­ri­schen Ein­rich­tun­gen ist hin­ge­gen zum Eigen- und Fremd­schutz die Ein­hal­tung von Hygie­ne­maß­nah­men von größ­ter Bedeutung.

Die MRSA-Prä­va­lenz beträgt 30 bis 80 % in den USA und Japan, wäh­rend sie in Skan­di­na­vi­en und den Nie­der­lan­den bei 1 % liegt. CA-MRSA ist in den USA bereits der häu­figs­te Erre­ger (> 50 %) von ambu­lant erwor­be­nen Haut- und Weich­ge­we­be­infek­tio­nen; die Zahl die­ser Infek­tio­nen hat sich inner­halb von sechs Jah­ren fast ver­dop­pelt. In Deutsch­land liegt die Prä­va­lenz bei ca. 10 %. Die Infek­ti­on mit die­sen Erre­gern for­dert bis zu 700 bzw. 1.500 Todes­op­fer pro Jahr in Deutsch­land (Abb. 1) 1 2.

Oft (in ca. 15 % aller Fäl­le) sind die­se Erre­ger auch der Grund für Implan­tat-asso­zi­ier­te Infek­tio­nen. Die Erre­ger gelan­gen wäh­rend oder nach der Ope­ra­ti­on von der besie­del­ten Haut des immun­ge­schwäch­ten Pati­en­ten in die Ope­ra­ti­ons­wun­de und kön­nen so zum Teil schwe­re Infek­tio­nen ver­ur­sa­chen (Abs­zess, Sep­sis etc.) 11. Die beson­de­re Pro­ble­ma­tik von Infek­tio­nen mit die­sen mul­ti­re­sis­ten­ten Erre­gern liegt dar­in, dass für die Behand­lung der Infek­ti­on nur sehr weni­ge Anti­bio­ti­ka zur Ver­fü­gung ste­hen, wel­che den Ort der Infek­ti­on (ins­be­son­de­re Kno­chen) oft nur ein­ge­schränkt erreichen.

Van­co­my­cin-resis­ten­te Ente­ro­kok­ken (VRE)

Zu den gram­po­si­ti­ven MRE gehö­ren des Wei­te­ren Van­co­my­cin-resis­ten­te Ente­ro­kok­ken (VRE). Ente­ro­kok­ken sind gene­rell nur gering patho­gen, man fin­det sie meis­tens als rei­ne Kolo­ni­sa­ti­ons­kei­me im Darm. Die zuneh­men­de Resis­tenz gegen Gly­ko­pep­tid-Anti­bio­ti­ka wie Van­co­my­cin ist the­ra­peu­tisch von gro­ßer Bedeu­tung. Man unter­schei­det die nicht über­trag­ba­re natür­li­che Resis­tenz (Geno­typ VanC) von den erwor­be­nen über­trag­ba­ren Resis­ten­zen (Geno­ty­pen VanA und VanB), wel­che kli­nisch die grö­ße­re Rele­vanz auf­wei­sen. Der VRE-VanB-Geno­typ zeigt im Gegen­satz zum VRE-VanA-Geno­typ eine Sen­si­bi­li­tät gegen­über dem Anti­bio­ti­kum Tei­co­pla­nin 6.

Die Van­co­my­cin-resis­ten­ten Ente­ro­kok­ken sind zu 99 % den Ente­ro­coc­cus-faeci­um-Stäm­men zuge­hö­rig. Deren Van­co­my­cin-Resis­tenz­ra­te nimmt ten­den­zi­ell zu und liegt aktu­ell bei 8 bis 11 % in Deutsch­land 6. Ins­ge­samt zeigt die Prä­va­lenz von VRE gro­ße regio­na­le Unter­schie­de. Wei­ter­hin han­delt es sich meis­tens um eine Kolo­ni­sa­ti­on (Besie­de­lung von Per­so­nen ohne krank­ma­chen­de Wir­kung) und weni­ger um eine Infek­ti­on, daher ist die kli­ni­sche Rele­vanz im Ver­gleich zu ande­ren MRE als gerin­ger ein­zu­stu­fen. Den­noch muss der Prä­ven­ti­on von VRE im medi­zi­ni­schen und pfle­ge­ri­schen Bereich (z. B. in Zusam­men­hang mit offe­nen Wun­den, Ope­ra­tio­nen, inten­siv­me­di­zi­ni­scher Behand­lung u. v. m.) ein beson­de­res Inter­es­se zuge­schrie­ben wer­den (s. u.).

Mul­ti­re­sis­ten­te gram­ne­ga­ti­ve Erre­ger (MRGN)

Der Begriff „Mul­ti­re­sis­tenz” ist für bak­te­ri­el­le gram­ne­ga­ti­ve Erre­ger in Deutsch­land nicht ein­deu­tig defi­niert 12. Eine Kon­sen­sus­de­fi­ni­ti­on der Mul­ti­re­sis­tenz bei MRGN des ECDC (Euro­pean Cent­re for Dise­a­se Pre­ven­ti­on and Con­trol) und der US-ame­ri­ka­ni­schen CDC (Cen­ters for Dise­a­se Con­trol and Pre­ven­ti­on) ist in der Pati­en­ten­ver­sor­gung wegen ihrer gro­ßen Kom­ple­xi­tät nur schwer anwend­bar 7.

Eine kürz­lich ver­öf­fent­lich­te Defi­ni­ti­on mul­ti­re­sis­ten­ter gram­ne­ga­ti­ver Erre­ger der Kom­mis­si­on für Kran­ken­haus­hy­gie­ne und Infek­ti­ons­prä­ven­ti­on (KRINKO) basiert für Ente­ro­bac­te­riaceae (u. a. Esche­ri­chia coli, Kleb­si­el­la pneu­mo­niae und Ente­ro­bac­ter cloa­cae), Pseu­do­mo­nas aeru­gi­no­sa und Aci­n­et­o­bac­ter bau­man­nii auf der Bewer­tung von vier anti­bio­ti­schen Leit­sub­stan­zen. Für die­se Bewer­tung wer­den vier bak­te­ri­zid wir­ken­de Anti­bio­ti­ka­grup­pen her­an­ge­zo­gen: Peni­cil­li­ne, Cepha­los­po­ri­ne, Car­ba­pe­n­e­me und Flu­or­chi­no­lo­ne. Eine Mul­ti­re­sis­tenz liegt vor, wenn nur noch eine Stell­ver­tre­ter­sub­stanz (3MRGN) oder kei­ne (4MRGN) sen­si­bel getes­tet wird 13 (Tab. 1). Die Defi­ni­ti­on gilt jedoch nicht für sel­te­ne gram­ne­ga­ti­ve Erre­ger, z. B. Ste­notro­pho­mo­nas maltophilia.

Die Beta-Lac­tam-Resis­tenz von gram­ne­ga­ti­ven Erre­gern begrün­det sich in einer enzy­ma­ti­schen Inak­ti­vie­rung durch Beta-Lac­ta­ma­sen. Extended-Spectrum-Beta-Lactamasen(ESBL-)bildende Erre­ger und Spe­zi­es­spe­zi­fi­sche soge­nann­te AmpC-Beta-Lac­ta­ma­sen zei­gen ein erwei­ter­tes Sub­strat­spek­trum, das neben Peni­cil­li­nen auch alle Cepha­los­po­ri­ne umfasst. Dem­entspre­chend sind bei ESBL-Bild­nern in der o. g. Defi­ni­ti­on die Stell­ver­tre­ter­sub­stan­zen der Peni­cil­li­ne und Cepha­los­po­ri­ne resis­tent; eine Aus­wei­sung als Mul­ti­re­sis­tenz liegt erst vor, wenn Car­ba­pe­n­e­me und/oder Flu­or­chi­no­lo­ne zusätz­lich resis­tent getes­tet wer­den 7.

Infek­tio­nen mit mul­ti­re­sis­ten­ten gram­ne­ga­ti­ven Erre­gern (MRGN) sind im Ver­gleich zu nicht­mul­ti­re­sis­ten­ten Erre­gern mit höhe­ren Kos­ten und einem ver­län­ger­tem Kran­ken­haus­auf­ent­halt sowie einer 21 % höhe­ren Leta­li­tät ver­bun­den 7. Die Über­tra­gung erfolgt durch indi­rek­ten oder direk­ten Kon­takt z. B. mit kon­ta­mi­nier­ter Haut, Wund­se­kre­ten und Urin. Fast alle MRGN kön­nen meh­re­re Tage auf Ober­flä­chen über­le­ben 14.

Scree­ning und dia­gnos­ti­sche Mög­lich­kei­ten als Grund­la­ge zur Prävention

In den indus­tria­li­sier­ten Län­dern stel­len noso­ko­mia­le Infek­tio­nen und die zuneh­men­de Aus­brei­tung von mul­ti­re­sis­ten­ten Krank­heits­er­re­gern hoch­ak­tu­el­le Pro­ble­me dar. Eine sach­ge­rech­te Dia­gnos­tik und The­ra­pie sowie ins­be­son­de­re die Prä­ven­ti­on erfor­dert umfang­rei­che und spe­zi­el­le Kenntnisse.

Wäh­rend sich in den USA die kli­ni­sche Infek­tio­lo­gie durch die Infec­tious Dise­a­ses Socie­ty of Ame­ri­ca als eige­nes Fach­ge­biet eta­bliert, wer­den in Deutsch­land schwe­re Infek­tio­nen meis­tens von den jewei­li­gen organ­spe­zi­fi­schen Fächern behan­delt. Eine qua­li­fi­zier­te infek­tio­lo­gi­sche Bera­tung hat hier­bei ihren Nut­zen; so konn­te in meh­re­ren Stu­di­en gezeigt wer­den, dass eine direk­te infek­tio­lo­gi­sche kon­si­lia­ri­sche Mit­be­treu­ung bei kli­nisch mani­fes­ten Infek­tio­nen und bei inten­siv­me­di­zi­nisch behan­del­ten Pati­en­ten zu einer Sen­kung von Mor­bi­di­tät und Leta­li­tät füh­ren konn­te 15.

Die zuneh­men­de Aus­brei­tung von MRSA ver­an­lass­te das Robert-Koch-Insti­tut bereits 2004 zu kon­kre­ten Emp­feh­lun­gen hin­sicht­lich des akti­ven Scree­nings 16. Nur durch eine gene­rel­le Unter­su­chung auf MRSA bei Auf­nah­me in ein Kran­ken­haus kön­nen Pati­en­ten mit MRSA-Besied­lung iden­ti­fi­ziert wer­den. Der per­so­nel­le und finan­zi­el­le Unter­su­chungs­auf­wand ist hier­bei jedoch immens. Die Nie­der­lan­de sind seit Jahr­zehn­ten ein Vor­rei­ter im Scree­ning und im Umgang mit MRSA, aber auch in Deutsch­land konn­te der Trend des jah­re­lan­gen Anstiegs der MRSA-Zah­len aus Infek­ti­ons­iso­la­ten sta­bi­li­siert, ten­den­zi­ell sogar umge­kehrt wer­den 17. Das akti­ve Scree­ning kann durch ein­fa­che Tup­fer­ab­stri­che vor­ge­nom­men wer­den. Die Abstri­che erfol­gen im Ope­ra­ti­ons­ge­biet, der Leis­te, der Nase und im Rachen.

Um das Scree­ning mög­lichst effek­tiv ein­zu­set­zen, hat die Kom­mis­si­on für Kran­ken­haus­hy­gie­ne und Infek­ti­ons­prä­ven­ti­on Risi­ko­fak­to­ren bezie­hungs­wei­se Pati­en­ten­grup­pen defi­niert, bei denen ein Auf­nah­me­scree­ning erfol­gen soll­te (Tab. 2). Wird das Auf­nah­me­scree­ning auf die­se Pati­en­ten­grup­pen beschränkt, kann trotz redu­zier­ten Unter­su­chungs­um­fangs die Mehr­zahl der MRSA-Pati­en­ten iden­ti­fi­ziert wer­den. Es wer­den Risi­ko­fak­to­ren der ers­ten und der zwei­ten Kate­go­rie unter­schie­den. Tref­fen ein Risi­ko­fak­tor der ers­ten oder zwei Risi­ko­fak­to­ren der zwei­ten Kate­go­rie zu, gilt die Emp­feh­lung zum akti­ven Scree­ning 16.

Für den Nach­weis ste­hen zwei ver­schie­de­ne Metho­den zur Ver­fü­gung: zum einen der phä­no­ty­pi­sche Nach­weis der Oxa­cil­lin-Resis­tenz in der Kul­tur, zum ande­ren der geno­ty­pi­sche Nach­weis des Resis­tenz­gens MecA bezie­hungs­wei­se des Sta­phy­lo­kok­ken-Kas­set­ten-Chro­mo­soms SCC­mec, auch als „Schnell­test” bekannt. Der „Schnell­test” lie­fert nach 1 bis 3 Stun­den ers­te Ergeb­nis­se, ist jedoch mit hohen Kos­ten ver­bun­den. Er bestimmt die ver­ant­wort­li­chen Oxca­cil­lin­re­sis­ten­zen über die dazu­ge­hö­ri­gen Resis­tenz­ge­ne und erkennt Sta­phy­lo­coc­cus aureus und zusätz­lich die ver­schie­de­nen Ver­tre­ter der koagu­lase­ne­ga­ti­ven Sta­phy­lo­kok­ken (KNS). In kli­ni­schen Pro­ben mit gleich­zei­ti­ger Anwe­sen­heit von Sta­phy­lo­coc­cus aureus und koagu­lase­ne­ga­ti­ven Sta­phy­lo­kok­ken sind die­se par­al­lel mit nach­zu­wei­sen, um falsch posi­ti­ve Test­ergeb­nis­se aus­zu­schlie­ßen 18.

Wird das Auf­nah­me­scree­ning auf Risi­ko­pa­ti­en­ten beschränkt, kann trotz redu­zier­ten Unter­su­chungs­um­fangs die Mehr­zahl der MRSA-Pati­en­ten iden­ti­fi­ziert wer­den. Hohe Scree­ning-Kos­ten, ins­be­son­de­re bei der Ver­wen­dung von Schnell­tests, kön­nen somit in einer gesun­den Kos­ten-Nut­zen-Rela­ti­on gehal­ten wer­den (Tab. 3).

Resis­ten­te Kei­me sind nicht nur das Pro­blem von Kran­ken­häu­sern und Pfle­ge­ein­rich­tun­gen, son­dern auch des ambu­lan­ten medi­zi­ni­schen Sek­tors. Die Kas­sen­ärzt­li­che Bun­des­ver­ei­ni­gung (KBV) und der GKV-Spit­zen­ver­band haben des­halb im Jahr 2012 eine spe­zi­el­le Ver­gü­tungs­ver­ein­ba­rung für MRSA-Leis­tun­gen abge­schlos­sen. Seit dem 1. April 2014 sind die­se Leis­tun­gen nun Bestand­teil des Ein­heit­li­chen Bewer­tungs­maß­sta­bes (EBM). Eine ambu­lan­te Sanie­rung und ins­be­son­de­re Kon­troll­scree­ning-Unter­su­chun­gen bei bekann­ten MRSA-Pati­en­ten kön­nen somit bereits im Vor­feld sta­tio­nä­rer Behand­lun­gen extrabud­ge­tär durch­ge­führt wer­den. Damit erfolgt die Aus­deh­nung der Sur­veil­lan­ce und Prä­ven­ti­on in den ambu­lan­ten Sektor.

Gemäß den MRSA-Emp­feh­lun­gen der KRINKO ist die räum­li­che Distan­zie­rung von Pati­en­ten mit MRSA sowie eine soge­nann­te Bar­rie­re­hy­gie­ne (Mund­schutz, Schutz­klei­dung, Hand­schu­he) für Per­so­nal und Besu­cher die ent­schei­den­de Vor­aus­set­zung, eine Über­tra­gung zu ver­hin­dern 19. Das pri­mä­re Ziel muss den­noch eine Beach­tung der Stan­dard­hy­gie­ne (z. B. Hän­de­des­in­fek­ti­on) und eine soli­de hygie­ni­sche Grund­ver­sor­gung aller Pati­en­ten und auch der Hilfs­mit­tel sein. Dies gilt auch für die ambu­lan­te Wei­ter­be­hand­lung in sämt­li­chen medi­zi­ni­schen Ein­rich­tun­gen (z. B. Arzt­pra­xis, Sani­täts­haus, Phy­sio- und Ergotherapie).

Eine Emp­feh­lung für ein akti­ves Scree­ning bei VRE kann bei unzu­rei­chend fun­dier­ter Daten­la­ge aktu­ell nicht gege­ben wer­den. Dies wird mit der im Ver­gleich zu MRGN und MRSA gerin­ge­ren kli­ni­schen Bedeu­tung begrün­det 20.

Auch für eine VRE-Kolo­ni­sa­ti­on sind Risi­ko­fak­to­ren in epi­de­mio­lo­gi­schen Stu­di­en iden­ti­fi­ziert wor­den. Allen vor­an steht die Gabe von Anti­bio­ti­ka mit einem 1,25- bis 31,9‑fach erhöh­ten Risi­ko, aber auch die vor­her­ge­hen­de Hos­pi­ta­li­sie­rung (3,7- bis 39,8‑fach erhöh­tes Risi­ko), Diar­rhö (48,0‑fach erhöh­tes Risi­ko), die Gabe von Immun­sup­pres­si­va (2,9‑fach erhöh­tes Risi­ko), Intu­ba­ti­on, mecha­ni­sche Beatmung, wei­te­re inva­si­ve Maß­nah­men (5,2- bis 16,8‑fach erhöh­tes Risi­ko) und chro­ni­sche Hämo­dia­ly­se­pflich­tig­keit (3,9- bis 5,8‑fach erhöh­tes Risi­ko) 6.

VRE haben ihr Reser­voir im gesam­ten Gas­tro­in­testi­nal­trakt, eine Sanie­rung ist daher unwahr­schein­lich, und es exis­tie­ren im Unter­schied zu MRSA kei­ne Sanie­rungs­sche­ma­ta. Somit besitzt die Kran­ken­haus­hy­gie­ne zur Infek­ti­ons­pro­phy­la­xe eine vor­ran­gi­ge Bedeu­tung. Unter Berück­sich­ti­gung der o. g. Fak­ten ist eine Kon­takt­iso­lie­rung nur für Risi­ko­be­rei­che (Inten­siv­sta­tio­nen, Inter­me­dia­te-Care-Sta­tio­nen, Häma­to­lo­gie-Onko­lo­gie [immun­sup­p­ri­mier­te Pati­en­ten], Trans­plan­ta­ti­ons­sta­tio­nen, Neo­na­to­lo­gie und Dia­ly­se) und Risi­ko­pa­ti­en­ten (VRE-infi­zier­te Pati­en­ten mit sezer­nie­ren­den Wun­den, kolo­ni­sier­te Pati­en­ten mit Diar­rhö, Clos­tri­di­um­dif­fi­ci­le-asso­zi­ier­ter Diar­rhö, Stuhl­in­kon­ti­nenz, Enterosto­ma und kolo­ni­sier­te Pati­en­ten mit man­geln­der per­sön­li­cher Hygie­ne und Com­pli­ance) emp­foh­len 6.

Für MR-GNE sind Prä­va­len­zen von 51 % (Pfle­ge­heim, Irland) und 3 bis 9 % (Inten­siv­sta­tio­nen, Deutsch­land) beschrie­ben. Eine gene­rel­le Emp­feh­lung zum akti­ven Scree­ning bei MRGN liegt nicht vor. Ein akti­ves Scree­ning bei Kon­takt­pa­ti­en­ten mit Car­ba­pe­n­em-resis­ten­ten gram­ne­ga­ti­ven Erre­gern (Ente­ro­bac­te­riaceae und Aci­n­et­o­bac­ter bau­man­nii) ist jedoch akzep­tiert 21.

In der Dia­gnos­tik kom­men phä­no­ty­pi­sche und geno­ty­pi­sche Ver­fah­ren bei MRGN zur Anwen­dung. Die Bestä­ti­gung von z. B. AmpC-Beta-Lac­ta­ma­sen, Metallo-Beta-Lac­ta­ma­sen und ande­ren Car­ba­pe­n­e­ma­sen erfolgt mit­tels unter­schied­li­cher Test­sys­te­me, wel­che jedoch nicht immer eine befrie­di­gen­de Spe­zi­fi­tät und Sen­si­ti­vi­tät auf­wei­sen 22. Geno­ty­pi­sche Nach­weis­ver­fah­ren wie die PCR-Ampli­fi­ka­ti­on und die Sequen­zie­rung sind kos­ten- und arbeits­in­ten­siv, blei­ben bis­her Spe­zi­al­la­bo­ren vor­be­hal­ten und ste­hen für ein akti­ves Scree­ning nur ein­ge­schränkt zur Ver­fü­gung. Des Wei­te­ren lie­gen noch kei­ne fun­dier­ten Daten zur Wahl der Pati­en­ten­ma­te­ria­li­en zum akti­ven Scree­ning vor. Hier erschei­nen aktu­ell Abstri­che von offe­nen Wun­den, von Tra­che­al­se­kret bei beatme­ten Pati­en­ten und Peri­anal-/Rek­tal­ab­stri­che sinnvoll.

Beim Auf­tre­ten von MRGN emp­fiehlt sich die Unter­brin­gung in Ein­zel­zim­mern oder in der Kohor­te und die Ein­hal­tung von Hygie­ne­maß­nah­men. Bei 4MRGN, ESBL-Bild­nern oder Resis­tenz gegen­über Car­ba­pe­n­e­men sowie beim Nach­weis mul­ti­re­sis­ten­ter Aci­n­et­o­bac­ter bau­man­nii soll­ten immer ent­spre­chen­de Iso­lie­rungs­maß­nah­men durch­ge­führt und Hygie­ne­richt­li­ni­en strikt ein­ge­hal­ten wer­den 7 23.

Eine Ver­bes­se­rung des Nach­wei­ses von Erre­gern auf Implan­ta­ten konn­te durch die Soni­ka­ti­on erreicht wer­den 24. Bei den Implan­tat-asso­zi­ier­ten Infek­tio­nen wer­den die poten­zi­ell bak­te­ri­ell besie­del­ten Implan­tat-Kom­po­nen­ten ope­ra­tiv ent­nom­men und der durch die Bak­te­ri­en ent­stan­de­ne Bio­film (drei­di­men­sio­na­le Ansamm­lung von Bak­te­ri­en, ein­ge­bet­tet in einem selbst­pro­du­zier­ten Schleim­film aus Polys­ac­cha­ri­den) durch Ultra­schall­be­hand­lung (Soni­ka­ti­on) abge­löst. Durch die­se Metho­de wer­den die Bak­te­ri­en aus dem Bio­film her­aus­ge­löst und die Sen­si­ti­vi­tät des Erre­ger­nach­wei­ses der Pro­the­sen­in­fek­ti­on erhöht. Die Ultra­schall-Lösung wird anschlie­ßend durch wei­ter­füh­ren­de Tests unter­sucht (PCR und Aus­plat­tie­rung auf Agar) 24.

The­ra­pie

Deko­lo­ni­sa­ti­on und Hygienemanagement

Bei der Kolo­ni­sa­ti­on (Besied­lung) des Kör­pers durch Erre­ger kön­nen die­se dem Men­schen nor­ma­ler­wei­se nicht scha­den. Wenn jedoch das Immun­sys­tem und damit die Abwehr­la­ge des Kör­pers geschwächt ist oder Kei­me in eine Ope­ra­ti­ons­wun­de gelan­gen, kön­nen sie zu einer Infek­ti­on füh­ren. Aus die­sen Grün­den müs­sen in medi­zi­ni­schen und pfle­ge­ri­schen Ein­rich­tun­gen ent­spre­chen­de Maß­nah­men im Fal­le einer Kolo­ni­sa­ti­on ergrif­fen wer­den 25.

Bei­spiels­wei­se soll­te der Pati­ent bei einer Kolo­ni­sa­ti­on mit MRSA in einem Ein­zel­zim­mer iso­liert wer­den. Soge­nann­te Kon­takt­per­so­nen, d. h. Pati­en­ten in Mehr­bett­zim­mern mit Kon­takt zu MRSA-Pati­en­ten, die nicht pri­mär mit MRSA kolo­ni­siert waren, soll­ten bis zum Ein­gang eines nega­ti­ven Scree­ning-Ergeb­nis­ses eben­falls ent­spre­chend iso­liert wer­den. Die Räum­lich­kei­ten wer­den mit einem Tür­schild gekenn­zeich­net, wel­ches die wich­tigs­ten Infor­ma­tio­nen zu den Hygie­ne­maß­nah­men darlegt.

Das Tra­gen von Schutz­hand­schu­hen, Mund-Nasen-Schutz und Kit­tel beim Betre­ten des Zim­mers und beim Kon­takt mit dem betrof­fe­nen Pati­en­ten sowie kon­se­quen­te Hän­de­des­in­fek­ti­on müs­sen ein­ge­hal­ten wer­den. Die Des­in­fek­ti­on von Kon­takt- und Ober­flä­chen von Möbeln und auch ortho­pä­die­tech­ni­schen Hilfs­mit­teln sind mit­tels alde­hy­di­scher bzw. alko­ho­li­scher Wisch­des­in­fek­tio­nen zu errei­chen. Die Beför­de­rung des Pati­en­ten soll­te mög­lich ver­mie­den wer­den. Im Fal­le von diagnostisch/therapeutisch not­wen­di­gen Trans­por­ten inner­halb der Ein­rich­tung ist die Zielstation/Abteilung über die Kolo­ni­sie­rung zu informieren.

Bei der Besied­lung der Nase erfolgt die Appli­ka­ti­on anti­bio­ti­scher bzw. anti­sep­ti­scher Nasen­sal­be. Alter­na­tiv kön­nen PVP-Jod-Prä­pa­ra­te oder ande­re lokal appli­zier­ba­re Anti­bio­ti­ka mit nach­ge­wie­se­ner Wirk­sam­keit ein­ge­setzt wer­den. Bei einer MRSA-Kolo­ni­sa­ti­on der Mund­höh­le und des Rachen­raums wer­den des­in­fi­zie­ren­de Mund­lö­sun­gen ein­ge­setzt. Haut­lä­sio­nen bedür­fen eines täg­lich mehr­ma­li­gen Auf­brin­gens anti­sep­ti­scher Lösun­gen. Ganz­kör­per­wa­schun­gen unter­ Ein­schluss der Haa­re mit anti­sep­ti­schen Sei­fen füh­ren eben­falls zur Deko­lo­ni­sie­rung. Drei Tage nach Been­di­gung einer Sanie­rungs­be­hand­lung wer­den Kon­troll­ab­stri­che von den vor­her nach­weis­lich besie­del­ten und den sanier­ten Berei­chen an 3 auf­ein­an­der­fol­gen­den Tagen zur Deko­lo­ni­sie­rungs­kon­trol­le abge­nom­men 25.

Sys­te­mi­sche The­ra­pie mit Antibiotika

Der sys­te­mi­sche Ein­satz von Anti­bio­ti­ka muss auch im Hin­blick auf die wei­te­re Resis­tenz­ent­wick­lung von Erre­gern immer kri­tisch geprüft wer­den. Daher gilt z. B. bei MRSA-Nach­weis 19:

  1. Die simp­le Kolo­ni­sa­ti­on ist kei­ne Indikation.
  2. Eine Behand­lung mit sys­te­mi­schen Anti­bio­ti­ka erfolgt nur bei kli­nisch rele­van­ten Infektionen.
  3. Im Fal­le einer Infek­ti­on ist ggf. eine adäqua­te chir­ur­gi­sche The­ra­pie durchzuführen.
  4. Die Dau­er der The­ra­pie mit Aus­nah­me von Osteo­mye­li­tis und Endo­kar­di­tis soll­te unab­hän­gig vom mikro­bio­lo­gi­schen Befund bis etwa 3 bis 5 Tage über die kli­ni­sche Bes­se­rung hin­aus durch­ge­führt werden.

Bei Infek­tio­nen mit mul­ti­re­sis­ten­ten Erre­gern ist die Anti­bio­ti­ka­ga­be in der The­ra­pie abhän­gig vom Keim und vom ent­spre­chen­den Resis­to­gramm, wel­ches eine Aus­sa­ge über die Anti­bio­ti­ka­re­sis­tenz der Erre­ger erlaubt 26. Die Anti­bio­ti­ka­the­ra­pie soll­te mög­lichst auf­grund eines vor­lie­gen­den Resis­to­gramms ver­ord­net wer­den. Die weni­gen meist sen­si­bel getes­te­ten Anti­bio­ti­ka, sog. Reser­ve­an­ti­bio­ti­ka, gegen die wich­tigs­ten mul­ti­re­sis­ten­ten Erre­ger sind in Tabel­le 4 dargestellt.

Infor­ma­ti­ons­wei­ter­ga­be

Im Fal­le einer Kolo­ni­sie­rung oder Infek­ti­on mit mul­ti­re­sis­ten­ten Kei­men ist die Wei­ter­ga­be von Infor­ma­tio­nen über eine MRE-Besied­lung von Pati­en­ten an die wei­ter­be­treu­en­de Insti­tu­ti­on (z. B. Reha­kli­nik, Pfle­ge­ein­rich­tung, Haus­arzt) von gro­ßer Bedeu­tung. Dies dient der sofor­ti­gen Ein­lei­tung ent­spre­chen­der Hygie­ne­maß­nah­men und kann die wei­te­re Aus­brei­tung von MRE redu­zie­ren. Eine ent­spre­chen­de Infor­ma­ti­ons­wei­ter­ga­be soll­te in Form eines Über­lei­tungs­bo­gens statt­fin­den (Abb. 2) 25.

Ansät­ze für die Zukunft

Eine Infek­ti­on mit MRE zu ver­hin­dern und die Anste­ckung zu mini­mie­ren ist ein Ziel der heu­ti­gen Wis­sen­schaft und For­schung. Fol­gen­de Ansät­ze sei­en bei­spiel­haft genannt: Die Ent­wick­lung keim­re­du­zie­ren­der Ober­flä­chen auf der Basis des natür­li­chen Säu­re­schutz­man­tels der mensch­li­chen Haut bzw. bak­te­ri­zi­der Metal­le sind dabei prak­ti­sche Ansätze.

Für die Tech­ni­sche Ortho­pä­die und die Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung steht eine neu­ar­ti­ge Tech­no­lo­gie zur anti­mi­kro­biel­len Aus­stat­tung von Kunst­stof­fen, Lacken und Kera­mik zur Ver­fü­gung. Hier­bei wer­den Über­gangs­me­tall­oxi­de in Werk­stof­fe (z. B. für Orthe­sen) ein­ge­bracht. Unter Anwe­sen­heit von Luft­feuch­tig­keit ent­steht direkt an den Ober­flä­chen der Werk­stof­fe ein Säu­re­film, der Bak­te­ri­en, Viren und Pil­ze rasch abtö­tet. Die­se Ver­fah­ren wur­den gegen Sta­phy­lo­coc­cus aureus, Esche­ri­chia coli, Pseu­do­mo­nas aeru­gi­no­sa und wei­te­re Kei­me erprobt 27. Die Vor­tei­le der Tech­no­lo­gie lie­gen in der Keim­ab­tö­tung bereits bei Kon­takt sowie im brei­ten Akti­vi­täts­spek­trum unab­hän­gig von Anti­bio­ti­ka­re­sis­ten­zen, zum Bei­spiel gegen MRSA und VRE 27.

Für die Autoren:
Priv.-Doz. Dr. med. habil.
Phil­ipp Bergschmidt
Ortho­pä­di­sche Kli­nik und Poliklinik
Uni­ver­si­täts­me­di­zin Rostock
Doberaner Stra­ße 142
18057 Ros­tock
philipp.bergschmidt@med.uni-rostock.de

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

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