Gesund­heits­ver­sor­gung im Fokus der Ampel-Koalition

Was bringt uns die neue Regierung? Unter dieser Überschrift stellten Kirsten Abel und Patrick Grunau vom Bündnis „Wir versorgen Deutschland“ (WvD) im Live-Talk am 7. Januar das Personal und die Pläne der Ampel-Koalition für die Gesundheitsbranche in der laufenden Legislaturperiode bis 2025 vor. Rund 110 Teilnehmer:innen verfolgten den Live-Talk mit der Sprecherin des Präsidiums des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik (BIV-OT) und dem Bereichsleiter Politik, Kommunikation und Marketing bei Rehavital als Vertreter des Bündnisses.

Meh­re­re Minis­te­ri­en im Blick

Für die Gesund­heits­bran­che rele­vant sind laut Patrick Gru­n­au nicht nur die Minis­te­ri­en Gesund­heit und Arbeit und Sozia­les, die von den SPD-Poli­ti­kern Karl Lau­ter­bach und Huber­tus Heil geführt wer­den, son­dern auch das Minis­te­ri­um für Wirt­schaft und Kli­ma­schutz unter der Lei­tung des Bündnis90/Die Grü­nen-Poli­ti­kers Robert Habeck und die Minis­te­ri­en für Finan­zen sowie Bil­dung und For­schung unter der Lei­tung der FDP-Politiker:innen Chris­ti­an Lind­ner und Bet­ti­na Stark-Watz­in­ger. Gestie­ge­ne Roh­stoff- und Ener­gie­prei­se etwa wer­den die Bran­che auf lan­ge Sicht beglei­ten, so Gru­n­au. Umso wich­ti­ger sei es, Kon­tak­te in das zustän­di­ge neu geschaf­fe­ne Minis­te­ri­um Wirt­schaft und Kli­ma­schutz zu knüp­fen. Für die Umset­zung des im Koali­ti­ons­ver­trag vor­ge­se­he­nen und vom Bünd­nis WvD gefor­der­ten Büro­kra­tie­ab­baus sei das Minis­te­ri­um für Arbeit und Sozia­les ent­schei­dend. Die Aka­de­mi­sie­rung von Beru­fen in der Hilfs­mit­tel­bran­che oder die Ver­än­de­rung der Aus­bil­dungs­be­ru­fe und der Aus­bau der For­schung wür­den hin­ge­gen unter die Regie des Minis­te­ri­ums für Bil­dung und For­schung fal­len. Daher plant WvD, Kon­tak­te in all die­se Minis­te­ri­en auf­zu­bau­en, wie Patrick Gru­n­au ankündigte.

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Erfah­re­ne Gesund­heits­po­li­ti­ker am Zug

Im Fokus für die Gesund­heits­bran­che ste­he aber den­noch das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Gesund­heit, so der Reha­vi­tal-Bereichs­lei­ter. Neben dem Bun­des­mi­nis­ter für Gesund­heit, Prof. Dr. Karl Lau­ter­bach, gehö­ren die Par­la­men­ta­ri­schen Staatssekretär:innen Prof. Dr. Edgar Fran­ke und Sabi­ne Ditt­mar zur Füh­rungs­spit­ze des Minis­te­ri­ums. Vor dem Hin­ter­grund, dass Karl Lau­ter­bach bis­her den Schwer­punkt auf die Bekämp­fung der aktu­el­len Coro­na-Pan­de­mie lege, sei­en die bei­den Par­la­men­ta­ri­schen Staatsekretär:innen umso inter­es­san­ter, mein­te Patrick Gru­n­au. Die Kin­der­pfle­ge­rin und Haus­ärz­tin Sabi­ne Ditt­mar war in der ver­gan­ge­nen Legis­la­tur­pe­ri­ode Mit­glied des Gesund­heits­aus­schus­ses des Deut­schen Bun­des­ta­ges. Der Jurist Edgar Fran­ke lehrt an der Hoch­schu­le der Gesetz­li­chen Unfall­ver­si­che­rung, Bad Hers­feld, und war seit April 2018 Beauf­trag­ter der Bun­des­re­gie­rung für die Anlie­gen von Opfern und Hin­ter­blie­be­nen ter­ro­ris­ti­scher Straf­ta­ten im Inland.

Von beson­de­rer Bedeu­tung für die Hilfs­mit­tel­bran­che sei zudem der Gesund­heits­aus­schuss des Deut­schen Bun­des­ta­ges mit ins­ge­samt 42 Mit­glie­dern, der aktu­ell kom­mis­sa­risch von Hubert Hüp­pe, Mit­glied des Bun­des­ta­ges (MdB) für die CDU-Frak­ti­on, gelei­tet wird. Zu den Mit­glie­dern des Aus­schus­ses gehö­ren bekann­te MdBs wie Hei­ke Baeh­rens, Dirk Hei­den­blut und Mar­ti­na Stamm-Fibich von der SPD, Dr. Janosch Dah­men von Bünd­nis 90/Die Grü­nen oder Chris­ti­ne Asche­berg-Dug­nus (FDP). Die eben­falls wich­ti­ge Arbeits­grup­pe Gesund­heit des Deut­schen Bun­des­ta­ges steht unter dem Vor­sitz von Tino Sor­ge (CDU/CSU).

Bes­ser auf künf­ti­ge Kri­sen vorbereiten

„Wir sind nicht mehr kri­sen­si­cher“ – das sei die Kern­aus­sa­ge zum The­ma Gesund­heit im Koali­ti­ons­ver­trag der Ampel, erklär­te Kirs­ten Abel. Alle Refor­men der letz­ten Jahr­zehn­te haben laut der Spre­che­rin des Prä­si­di­ums des BIV-OT dafür gesorgt, dass wir nicht mehr auf ein funk­tio­nie­ren­des Gesund­heits­we­sen zurück­grei­fen kön­nen, wenn es irgend­wo gestört wird. Daher ste­he bereits in der Prä­am­bel des Ver­tra­ges unter ande­rem „Wir wol­len staat­li­ches Han­deln schnel­ler und effek­ti­ver machen und bes­ser auf künf­ti­ge Kri­sen vor­be­rei­ten…“ Die­ses Ziel zie­he sich durch den gesam­ten Ver­trag. Hier­zu wür­den auch die Stär­kung der High-Medi­zin­tech­nik „Made in Ger­ma­ny“ oder die Fach­kräf­te­si­che­rung gehö­ren, so Abel. Noch nie sei das The­ma Gesund­heit so oft in einem Koali­ti­ons­ver­trag auf­ge­nom­men wor­den wie im Jahr 2021. Allein acht Sei­ten des Ver­tra­ges wid­men sich dem Schwer­punkt „Pfle­ge und Gesund­heit“. Selbst­ver­ständ­lich spie­le auch das The­ma Digi­ta­li­sie­rung im Gesund­heits­we­sen im Ver­trag eine Rol­le. Digi­ta­li­sie­rung wer­de von den Koali­ti­ons­part­nern als Hebel für Inno­va­tio­nen und Effi­zi­enz ange­se­hen, wie Kirs­ten Abel beton­te. Ins­be­son­de­re den im Papier vor­ge­se­he­nen Büro­kra­tie­ab­bau-Pakt begrüß­te Patrick Gru­n­au, denn der Büro­kra­tie­ab­bau sei eine Kern­for­de­rung des Bünd­nis­ses WvD. Aller­dings zei­ge die Start­ver­schie­bung des E‑Rezeptes, dass die Koali­ti­ons­plä­ne das eine und die Rea­li­tät das ande­re sei­en, so der Reha­vi­tal-Bereichs­lei­ter. Es lie­ge auch an WvD sowie wei­te­ren Akteur:innen der Bran­che, das The­ma Büro­kra­tie­ab­bau wei­ter nach vor­ne zu bringen.

Medi­zi­ni­sches Per­so­nal oder nicht?

Mehr­fach nennt der Koali­ti­ons­ver­trag die Stär­kung der Gesund­heits­be­ru­fe als Ziel. Doch wer sind eigent­lich die Gesund­heits­be­ru­fe? Die­se Fra­ge drän­ge sich beim Lesen auf, mein­te Kirs­ten Abel. Sani­täts­haus sei ja kein geschütz­ter Begriff. In der Bran­che selbst sei der Begriff Sani­täts­haus vor der Pan­de­mie umstrit­ten gewe­sen, hät­ten sich Häu­ser in Vital­zen­tren oder Gesund­heits­häu­ser umbe­nannt. Im Bewusst­sein der Poli­tik sei­en Sani­täts­häu­ser nicht als rele­van­ter Ver­sor­ger hin­ter­legt gewe­sen. Es habe ein Jahr in der Pan­de­mie gedau­ert, um die Poli­tik für die Bedeu­tung der Sani­täts­häu­ser bei der Ver­sor­gung in Deutsch­land zu sen­si­bi­li­sie­ren, so die Ver­bands­spre­che­rin. Dies sei inzwi­schen bei den Mit­glie­dern des Gesund­heits­aus­schus­ses ange­kom­men. Aber es sei bis heu­te nicht allen klar, wer genau zum medi­zi­ni­schen Per­so­nal zählt und wer nicht, so Abel. Das sei wich­tig zum Bei­spiel bei der geplan­ten Ver­kür­zung der Coro­na-Qua­ran­tä­ne für medi­zi­ni­sches Per­so­nal und wer­de alle Bran­chen­mit­glie­der sicher noch län­ger beschäf­ti­gen. Immer­hin wür­den durch die Pan­de­mie Gesund­heits­be­ru­fe jen­seits von Ärzt:innen und Pfle­ge­kräf­ten in den Blick der Poli­tik rücken. Fluch und Segen zugleich sei, so Patrick Gru­n­au, dass man­che The­men wie die wohn­ort­na­he Ver­sor­gung im Ver­trag nur ange­ris­sen wür­den. Zwar ken­ne man dadurch nicht den Weg, den die Ampel-Koali­ti­on zur Errei­chung des Ziels gehen wol­le, kön­ne aber gleich­zei­tig gera­de durch die Leer­stel­len den Weg mög­li­cher­wei­se mitausgestalten.

Alle wich­tigs­ten Inhal­te des Koali­ti­ons­ver­tra­ges wie den Büro­kra­tie­ab­bau-Pakt, Ver­fah­rens­er­leich­te­run­gen, Digi­ta­li­sie­rung oder die Selbst­ver­wal­tung hat die OT-Redak­ti­on zusammengestellt.

Ein Bünd­nis – eine Stimme

Zusätz­lich zu den Infor­ma­tio­nen über das Per­so­nal und die gesund­heits­po­li­ti­schen Inhal­te des Koali­ti­ons­pa­piers nutz­te das Bünd­nis den Live-Talk zur Vor­stel­lung der eige­nen Akti­vi­tä­ten: Das Bünd­nis „Wir ver­sor­gen Deutsch­land“ wur­de im Jahr 2021 gegrün­det, um die qua­li­täts­ge­si­cher­te Ver­sor­gung von Patient:innen mit Hilfs­mit­teln mit einer star­ken Stim­me ein öffent­li­ches Pro­fil zu geben und damit bes­ser im Gesund­heits­we­sen zu plat­zie­ren, wie Kirs­ten Abel im Live-Talk beton­te. Ziel des Bünd­nis­ses ist es dar­über hin­aus, mit einer ein­heit­li­chen Stim­me den poli­ti­schen Ent­schei­dungs­pro­zess rund um die Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung aktiv zu beglei­ten, getreu dem WvD-Mot­to „Wer mit einer Stim­me spricht, wird bes­ser gehört“. Mit­tels Posi­ti­ons­pa­pie­ren und Stel­lung­nah­men, Gesprächs­run­den mit Vertreter:innen der Gesund­heits­po­li­tik off- wie online oder Aktio­nen der Mit­glieds­be­trie­be will das Bünd­nis auch zukünf­tig auf die beson­de­ren Leis­tun­gen und Bedürf­nis­se der Hilfs­mit­tel­bran­che auf­merk­sam machen. Grün­dungs­mit­glie­der des Bünd­nis­ses „Wir ver­sor­gen Deutsch­land“ sind neben dem BIV-OT die Leis­tungs­er­brin­ger­ge­mein­schaf­ten EGROH, Reha­vi­tal und Sani­täts­haus Aktuell.

Ruth Jus­ten

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