Unter­schen­kel­or­the­sen zur Ver­sor­gung eines spas­ti­schen Spitz­fu­ßes – Unter­schied­li­che Funk­tio­na­li­tät von kur­zer und lan­ger Sohlenplatte

S. Amuthalingam, V. Diedrichs
In der orthetischen Versorgung beim spastischen Spitzfuß kommen unterschiedliche Modelle zur Anwendung. Dabei ist der Unterschied zwischen langer und kurzer Sohlenplatte von großer funktioneller Bedeutung. Der Artikel beschreibt den Unterschied im Hinblick auf die Gangphasen.

Ein­lei­tung

Spas­ti­sche Syn­dro­me sind die häu­figs­ten Fol­gen einer infan­ti­len Zere­bral­pa­re­se (IZP). Die Mus­keln sind stark ange­spannt, unkon­trol­liert und ver­kramp­fen leicht. Dies führt zu einem Funk­ti­ons­ver­lust der betrof­fe­nen Mus­keln; man spricht von einer Läh­mung. Man unter­schei­det zwi­schen der spas­ti­schen Hemi­pa­re­se, der spas­ti­schen Tetrapa­re­se und der spas­ti­schen Dipa­re­se. Bei der spas­ti­schen Hemi­pa­re­se ist eine Kör­per­hälf­te betrof­fen, bei der spas­ti­schen Dipa­re­se zei­gen bei­de Kör­per­hälf­ten Läh­mungs­er­schei­nun­gen, vor allem die Bei­ne, und bei der spas­ti­schen Tetrapa­re­se sind alle vier Extre­mi­tä­ten gelähmt – die Pati­en­ten kön­nen in der Regel nicht lau­fen. Durch die Mus­kel­im­ba­lan­ce kann es bei allen For­men der IZP zum Spitz­fuß sowie zu Kon­trak­tu­ren der Knie- oder Hüft­ge­len­ke kommen.

Anzei­ge

Die Beein­träch­ti­gung des Mus­kel­län­gen­wachs­tums spielt bei Pati­en­ten mit infan­ti­ler Zere­bral­pa­re­se eine beson­de­re Rol­le. Die Mus­ku­la­tur ver­kürzt sich auf­grund des hohen Tonus und baut sich bin­de­ge­web­ig um, so dass sie ihre Elas­ti­zi­tät ver­liert. Die Fähig­keit der Mus­kel­deh­nung stellt jedoch die not­wen­di­ge Vor­aus­set­zung für das Mus­kel­län­gen­wachs­tum dar. Wenn sie nicht mög­lich ist, ist das Mus­kel­län­gen­wachs­tum beein­träch­tigt. Es kommt zuneh­mend zu einer Mus­kel­im­ba­lan­ce mit den ent­spre­chen­den Fol­gen einer zuneh­men­den Ein­schrän­kung der Gelenk­be­weg­lich­keit, die auf Dau­er in eine Gelenk­de­zen­trie­rung mün­det 1 2.

Der spas­ti­sche Spitz­fuß ist ein Bei­spiel für die Fol­gen der Mus­kel­im­ba­lan­ce. Die Mus­kel­span­nung der Waden­mus­ku­la­tur (Gas­tro­c­ne­mi­us und Soleus) ist höher als die fuß­he­ben­de Mus­ku­la­tur (Tibia­lis ante­rius). Die Plant­ar­fle­xi­on über­wiegt im obe­ren Sprung­ge­lenk also gegen­über der Dor­sal­ex­ten­si­on. Auf Dau­er ver­kürzt sich die Waden­mus­ku­la­tur und wird immer stär­ker, die fuß­he­ben­de Mus­ku­la­tur dage­gen wird immer län­ger und schwä­cher. Der Umfang der Dor­sal­ex­ten­si­on wird gerin­ger, und irgend­wann ist die Neu­tral­stel­lung im obe­ren Sprung­ge­lenk nicht mehr erreich­bar. Der Fuß wird spitz, und nur noch die Vor­fuß­bal­len kön­nen belas­tet werden.

The­ra­pie der Spastik

Es steht eine Viel­zahl ver­schie­de­ner The­ra­pie­me­tho­den zur Ver­fü­gung, um den Spitz­fuß zu behan­deln. Zum einen wird ver­sucht, die spas­ti­schen Mus­kel­ver­kramp­fun­gen zu lockern. Dazu ste­hen Medi­ka­men­te, soge­nann­te Mus­kel­re­la­xan­ti­en, zur Ver­fü­gung (z. B. Botu­li­num­to­xin). Zum ande­ren ist die Behand­lung sym­pto­ma­tisch auf die zuneh­men­de Ver­kür­zung der Mus­ku­la­tur gerich­tet. Dabei wird ver­sucht, kran­ken­gym­nas­tisch die ver­kürz­ten Mus­keln oder Seh­nen zu deh­nen („manu­el­le Redres­si­on”). Deh­nung kann aber auch durch Orthe­sen aus­ge­übt wer­den. Sie ermög­li­chen sogar eine erheb­li­che Ver­län­ge­rung der The­ra­pie­zeit, da sie über vie­le Stun­den tags­über und nachts getra­gen wer­den kön­nen. Wenn die kon­ser­va­ti­ven Metho­den nicht zum gewünsch­ten Erfolg füh­ren, kann eine ope­ra­ti­ve Behand­lungs­me­tho­de in Erwä­gung gezo­gen wer­den. Hier­bei wird die Achil­les­seh­ne oder die Waden­mus­ku­la­tur ope­ra­tiv ver­län­gert. Ziel einer Achil­les­seh­nen- oder Waden­mus­ku­la­tur­ver­län­ge­rung ist es, die Steh- und Gang­fä­hig­keit zu ver­bes­sern. Es ist zu über­prü­fen, ob der Spitz­fuß nur durch die Ver­kür­zung des M. gas­tro­c­ne­mi­us oder auch durch die Ver­kür­zung zusam­men mit dem M. soleus ent­stan­den ist. Dies erfolgt durch den soge­nann­ten Test nach Sil­ver­skjöld. Dabei wird die Beweg­lich­keit im obe­ren Sprung­ge­lenk ein­mal bei Knie­stre­ckung und ein­mal bei Knie­beu­gung untersucht.

Da der M. gas­tro­c­ne­mi­us zwei­ge­len­kig ist und sowohl über das obe­re Sprung­ge­lenk als auch über das Knie­ge­lenk zieht, wird er bei Knie­stre­ckung maxi­mal gedehnt und zeigt so, ob er ver­kürzt ist. Der M. soleus hin­ge­gen ist nur ein­ge­len­kig über dem obe­ren Sprung­ge­lenk und kann iso­liert bei Knie­beu­gung unter­sucht werden.

Gang­ana­ly­se

Eine über­mä­ßi­ge Plant­ar­fle­xi­on führt in den Stand­pha­sen durch eine ver­kürz­te Schritt­län­ge und redu­zier­te Geh­ge­schwin­dig­keit zu einer Ein­schrän­kung der Fort­be­we­gung. Die gleich­zei­tig vor­han­de­ne beein­träch­tig­te Sta­bi­li­tät erschwert die auf­rech­te Kör­per­hal­tung 3. In den Schwung­pha­sen blo­ckiert eine über­mä­ßi­ge Plant­ar­fle­xi­on ein frei­es Durch­schwin­gen des Beines.

1. Pha­se: Initia­ler Bodenkontakt

Bei der über­mä­ßi­gen Plant­ar­fle­xi­on gibt es drei ver­schie­de­ne For­men von Boden­kon­takt: den fla­chen Fer­sen­kon­takt, bei dem die Fer­se zuerst den Boden berührt (Abb. 1), den Boden­kon­takt mit dem gesam­ten Fuß, den soge­nann­ten Fuß­soh­len­kon­takt, und eine drit­te Form, den Vor­fuß­kon­takt (Abb. 2). Wir betrach­ten den Boden­kon­takt mit dem Vorfuß.

2. Pha­se: Belastungsantwort

Wäh­rend der Gewichts­über­nah­me (Ver­la­ge­rung des Kör­per­ge­wichts auf ein Bein) kann der Vor­fuß­kon­takt in der ers­ten Pha­se, je nach Ursa­che, zu ver­schie­de­nen Bewe­gungs­mus­tern füh­ren. Wenn das Sprung­ge­lenk beweg­lich ist, wird durch die Gewichts­über­nah­me unver­züg­lich im Anschluss an den Vor­fuß­kon­takt die Fer­se schnell zu Boden fal­len (Abb. 3a). Dabei bleibt die Tibia ver­ti­kal ausgerichtet.

Bei einer star­ren Plant­ar­fle­xi­on kann es zu zwei ver­schie­de­nen Bewe­gungs­mus­tern kom­men: Ent­we­der bleibt die Fer­se abge­ho­ben (Abb. 3b), oder es kommt durch das Fal­len der Fer­se in Rich­tung des Bodens zu einer plötz­li­chen Hyper­ex­ten­si­on des Knie­ge­lenks (Abb. 3c) 4 5.

3. Pha­se: Mitt­le­re Standphase

Die Vor­wärts­be­we­gung der Tibia wird bei einer über­mä­ßi­gen Plant­ar­fle­xi­on des OSG in die­ser Pha­se gehemmt. Drei typi­sche Kom­pen­sa­ti­ons­be­we­gun­gen kön­nen dabei beob­ach­tet wer­den: vor­zei­ti­ge Fer­sen­an­he­bung, Hyper­ex­ten­si­on des Knie­ge­lenks und vor­wärts geneig­ter Rumpf. Die­se drei mög­li­chen Kom­pen­sa­ti­ons­be­we­gun­gen zei­gen den Ver­such und die Anstren­gung des Kör­pers, sich trotz exzes­si­ver Plant­ar­fle­xi­on fort­zu­be­we­gen. Wel­che Form zur Kom­pen­sa­ti­on in Erschei­nung tritt, vari­iert mit der Geh­ge­schwin­dig­keit und der vor­han­de­nen Beweg­lich­keit im Knie­ge­lenk. Oft sind auch Misch­for­men zu beobachten.

Bei Pati­en­ten mit genü­gend Kraft und ohne wei­te­re grö­ße­re Ein­schrän­kun­gen zeigt sich oft die vor­zei­ti­ge Fer­sen­an­he­bung als Kom­pen­sa­ti­ons­be­we­gung. Die Pati­en­ten kön­nen sich durch­aus über den Vor­fuß hin­aus vor­wärts­be­we­gen. Die Fer­sen­an­he­bung erfolgt jedoch zu früh, d. h. in der mitt­le­ren statt in der ter­mi­na­len Standphase.

Die Hyper­ex­ten­si­on des Knie­ge­lenks fin­det sich häu­fig bei Pati­en­ten mit zere­bra­ler Läh­mung. Das Aus­maß die­ser Hyper­ex­ten­si­on kann sich bei star­ker Spas­tik noch ver­grö­ßern, hängt aber auch von der Beweg­lich­keit des Knie­ge­len­kes ab.

Der vor­wärts­ge­neig­te Rumpf dient weni­ger zur Fort­be­we­gung; die­se Kom­pen­sa­ti­ons­be­we­gung hilft dem Pati­en­ten, den Kör­per­schwer­punkt nach vorn zu ver­la­gern, um so eine höhe­re Gang­si­cher­heit und Standsta­bi­li­tät zu erreichen.

4. Pha­se: Ter­mi­na­le Standphase

Abhän­gig von der Fähig­keit des Pati­en­ten, das Kör­per­ge­wicht über den Vor­fuß hin­aus nach vor­ne zu tra­gen, wirkt sich eine über­mä­ßi­ge Plantarf­lexion in die­ser Pha­se auf die Gang­me­cha­nik aus. Wenn der Pati­ent in die­ser Pha­se kei­ne Fer­sen­an­he­bung erreicht, ver­kürzt sich die Schritt­län­ge des kon­tra-late­ra­len Bei­nes enorm. Dies führt dann in der Fort­be­we­gung zu einem erhöh­ten Ener­gie­auf­wand 6.

5. Pha­se: Vor-Schwungphase

Wenn der Kör­per in der ter­mi­na­len Stand­pha­se auf dem Vor­fuß abge­stützt wer­den konn­te, sind in der Vor-Schwung­pha­se kei­ne Gang­un­ter­schie­de zu erwar­ten. Eine Plant­ar­fle­xi­on in die­ser Pha­se ist nor­mal. Wenn der Kör­per nicht auf dem Vor­fuß abge­stützt wer­den konn­te, ent­fällt die­se Pha­se 7.

6. Pha­se: Initia­le Schwungphase

In die­ser Pha­se lässt sich eine über­mä­ßi­ge Plant­ar­fle­xi­on im OSG kaum beob­ach­ten, da beim zurück­ge­neig­ten Bein die Zehen natür­li­cher­wei­se zum Boden zei­gen. Daher ist es schwie­rig, eine exzes­si­ve Plant­ar­fle­xi­on zu erken­nen 8.

7. Pha­se: Mitt­le­re Schwungphase

Im Gegen­satz zur initia­len Schwung­pha­se ist eine über­mä­ßi­ge Plant­ar­fle­xi­on in der mitt­le­ren Schwung­pha­se gut sicht­bar. Das OSG soll­te die Neu­tral-Null-Stel­lung erreicht haben. Jedoch befin­det es sich noch in der Plant­ar­fle­xi­on und führt zum Schlei­fen der Zehen über den Boden (feh­len­de Boden­frei­heit bzw. „cle­arance”). Das kann, weil der Schwung vor­zei­tig been­det und die Fort­be­we­gung enorm gestört wird, zum Sturz des Pati­en­ten füh­ren. Damit dies nicht geschieht, kön­nen auch hier kom­pen­sa­to­ri­sche Bewe­gun­gen voll­zo­gen wer­den. Um dem Fuß ein Durch­schwin­gen zu ermög­li­chen, sind die häu­figs­ten Kom­pen­sa­tio­nen eine über­trie­be­ne Hüft­ge­lenk­fle­xi­on („Step­per­gang”) 9 oder eine ver­stärk­te Ober­kör­per­seit­nei­gung zur Gegenseite.

8. Pha­se: Ter­mi­na­le Schwungphase

Das Zehen­schlei­fen in der mitt­le­ren Schwung­pha­se wird durch das Anhe­ben des Fußes zu Beginn der ter­mi­na­len Schwung­pha­se been­det. Das gebeug­te Hüft­ge­lenk und das gestreck­te Knie­ge­lenk posi­tio­nie­ren den Fuß auch mit Plant­ar­fle­xi­on über dem Boden, so dass eine über­mä­ßi­ge Plant­ar­fle­xi­on in die­ser Pha­se sel­ten zu Pro­ble­men führt 10. Aller­dings kann eine man­gel­haf­te Knie­stre­ckung einen Abbruch des Gang­zy­klus vor die­ser Pha­se erzwingen.

Kom­pli­ka­tio­nen beim Spitzfuß

Pati­en­ten mit einem Spitz­fuß bei spas­ti­scher Dipa­re­se haben häu­fig auch eine Knief­le­xi­ons­kon­trak­tur, d. h., eine vol­le Knie­stre­ckung ist – z. B. durch Mus­kel­ver­kür­zun­gen – nicht mehr mög­lich. Dies gehört zum Kör­per­mus­ter der spas­ti­schen Dipa­re­se. Die Kom­bi­na­ti­on aus Spitz­fuß und Knief­le­xi­ons­kon­trak­tur macht es für die­se Pati­en­ten unmög­lich, in die Dor­sal­ex­ten­si­on zu gelan­gen, um mit der Fer­se auf­zu­set­zen. Beim Ver­such der Dor­sal­ex­ten­si­on bei feh­len­der Knie­stre­ckung ver­la­gert sich der Schwer­punkt des Kör­pers nach hin­ten, der Pati­ent fällt 11.

Ziel einer Mus­kel- bzw. einer Achillessehnen-Verlängerung

Ziel einer ASV ist es u. a., die Dor­sal­ex­ten­si­on zu ermög­li­chen, so dass der Pati­ent mit der Fer­se am Boden auf­set­zen kann. Eine mög­li­che Kom­pli­ka­ti­on bzw. Gefahr ist dabei, dass der Pati­ent nach einer ASV und unge­brems­ter Dor­sal­ex­ten­si­on im Kau­er­gang geht.

Orthe­sen

In ers­ter Linie die­nen Orthe­sen der Fixie­rung oder Kor­rek­tur bei Glied­ma­ßen­de­for­mi­tä­ten und Hal­tungs­feh­lern. Orthe­sen ermög­li­chen durch die Unter­stüt­zung der Gelenk­funk­ti­on ein phy­sio­lo­gi­sches Gehen. Ent­schei­dend dafür sind Ver­ar­bei­tungs­qua­li­tät, Funk­ti­on und Pass­ge­nau­ig­keit. Um eine indi­vi­dua­li­sier­te Orthe­se her­stel­len zu kön­nen, bedarf es einer engen Zusam­men­ar­beit zwi­schen Pati­en­ten, Ärz­ten, The­ra­peu­ten und der Werkstatt.

In der Zustands­er­he­bung wird aus ärzt­li­cher Sicht fest­ge­legt, zu wel­chem Ziel eine orthe­ti­sche Ver­sor­gung füh­ren soll; aus tech­ni­scher Sicht wird fest­ge­stellt, inwie­fern die­se Vor­ga­be tech­nisch rea­li­sier­bar ist. Des Wei­te­ren erfol­gen Unter­su­chun­gen u. a. zur Ana­ly­se des Gang­bil­des, zur Fest­le­gung der Fuß­be­weg­lich­keit und auch zur Dia­gno­se von All­er­gien. Die Aus­wahl des Mate­ri­als für außen und innen wie z. B. Leder, Kunst­stof­fe und koh­len­stoff­fa­ser­ver­stärk­te Kunst­stof­fe (CFK) ist abhän­gig von der Bio­kom­pa­ti­bi­li­tät und den benö­tig­ten Anfor­de­run­gen 12.

Ziel einer orthe­ti­schen Ver­sor­gung bei Pati­en­ten mit Spitz­fuß und Knie­beu­ge­kon­trak­tu­ren ist es, die Stre­ckung im Knie­ge­lenk zu errei­chen, um einen mög­li­chen Kau­er­gang zu ver­hin­dern und die Spas­tik zu hem­men. Wich­tig bei einer Spas­tik ist das Errei­chen einer Spas­tik­hem­mung durch redres­si­ve infor­ma­ti­ve Orthe­tik. Das Haupt­ele­ment bei die­ser Form der Spas­tik­hem­mung ist der soge­nann­te Hes­sing­schuh. Der Hes­sing­schuh ist ein knö­chel­über­grei­fen­der Leder- oder Kunst­stoff­schuh. Ziel sei­nes Ein­sat­zes ist es, Mus­kel­kon­trak­tio­nen trotz ankom­men­der Ner­ven­im­pul­se zu ver­hin­dern oder zumin­dest abzuschwächen.

Es wer­den zwei Aus­füh­run­gen des Hes­sing­schuhs her­ge­stellt: mit einer kur­zen oder mit einer lan­gen Soh­len­plat­te. Um einen Kau­er­gang zu ver­hin­dern bzw. einem sol­chen vor­zu­beu­gen, ver­wen­det man Unter­schen­kel­or­the­sen in Kom­bi­na­ti­on mit einem Hes­sing­schuh und lan­ger Sohlenplatte.

Unter­schied zwi­schen kur­zer und lan­ger Sohlenplatte

Der Hes­sing­schuh mit kur­zer Soh­len­plat­te führt zur Exten­si­on in den Zehen­grund­ge­len­ken in der ter­mi­na­len Stand­pha­se. Dadurch schwingt die Tibia nach vorn über die Ver­ti­ka­le hin­aus. Die Knie- und Hüft­ge­len­ke müs­sen sich, bevor sie zum Abdrü­cken gestreckt wer­den, beugen.

Wenn nach einer Achil­les­seh­nen­ver­län­ge­rung nicht mehr die Mög­lich­keit einer Fixie­rung des OSG besteht, kann die Exten­si­on in den Zehen­grund­ge­len­ken zusam­men mit der Beweg­lich­keit im OSG zur ver­stärk­ten Knie- und Hüft­beu­gung füh­ren („Kau­er­gang”).

Die Beweg­lich­keit im OSG hängt von der ein­ge­stell­ten Beweg­lich­keit der Knö­chel­ge­len­ke an der Orthe­se ab. Bei frei­er Dor­sal­ex­ten­si­on nach einer ASV kann die Achil­les­seh­ne bei Vor­brin­gung des Kör­per­lots über die Ver­ti­ka­le das OSG nicht mehr fixie­ren. Die Tibia wird nach vor­ne gescho­ben, wes­halb sich die Knie- und Hüft­ge­len­ke beu­gen müs­sen. Das ver­stärkt die Ten­denz zum Kau­er­gang. Das Gang­bild ist im Prin­zip so, als wenn kei­ne Orthe­se getra­gen würde.

Der Hes­sing­schuh mit lan­ger Soh­len­plat­te führt zur Exten­si­on des Knie­ge­len­kes in der Stand­pha­se. Wenn das Kör­per­lot über das OSG nach vor­ne ver­scho­ben wird, erfolgt kei­ne Fle­xi­on in den Zehen­grund­ge­len­ken, und die Kraft der Tibia wird auf die Fer­se zurück­ver­la­gert. Der Abroll­vor­gang des Fußes bricht somit ab, da die Fer­se kurz nach der Anhe­bung wie­der auf den Boden zurück­ge­drückt wird. Bei wei­te­rer Ver­la­ge­rung des Rump­fes nach vorn zur Ein­lei­tung der kon­tra­la­te­ra­len Stand­bein­pha­se muss das Knie­ge­lenk gestreckt wer­den. Wie weit es gestreckt wer­den muss, kann durch die Ein­stel­lung der Knöchel­gelenke an der Orthe­se indi­vi­du­ell ange­passt werden.

Aller­dings ist zu beach­ten, dass es auch eine Grup­pe von Pati­en­ten gibt, die trotz lan­ger Soh­len­plat­te und gesperr­ter Dor­sal­ex­ten­si­on in den Knö­chel­ge­len­ken nur auf den Schuh­spit­zen und damit im Kau­er­gang laufen.

Für die Autoren:
Dr. med. Vol­ker Diedrichs
Chef­arzt der Ortho­pä­di­schen Kli­nik III
Kli­nik für Kin­der- u. Neuroorthopädie
See­park-Kli­nik Debstedt
27607 Lan­gen-Deb­stedt
Volker.Diedrichs@kliniken-wesermuende.de

Begut­ach­te­ter Beitrag/Reviewed paper

Zita­ti­on
Amutha­lingam S, Died­richs V. Unter­schen­kel­or­the­sen zur Ver­sor­gung eines spas­ti­schen Spitz­fu­ßes – Unter­schied­li­che Funk­tio­na­li­tät von kur­zer und lan­ger Soh­len­plat­te. Ortho­pä­die Tech­nik, 2014; 65 (5): 106–109
  1. West­hoff B, Wei­mann-Stahl­schmidt K, Kraus­pe R. Spas­ti­scher Spitz­fuß. Der Ortho­pä­de, 2011; 40 (7): 637–648
  2. Raa­be A. Spas­ti­sche Bewe­gungs­stö­run­gen. http://www.neurochirurgie.insel.ch/de/spezialgebiete-erkrankungen/neurochirurgische-erkrankungen/funktionelle-neurochirurgie/spastische-bewegungsstoerungen/
  3. Götz-Neu­mann K. Gehen ver­ste­hen. Stutt­gart, New York: Thie­me, 2011
  4. Götz-Neu­mann K. Gehen ver­ste­hen. Stutt­gart, New York: Thie­me, 2011
  5. Per­ry J. Gang­ana­ly­se. Mün­chen, Jena: Urban & Fischer, 2003
  6. Götz-Neu­mann K. Gehen ver­ste­hen. Stutt­gart, New York: Thie­me, 2011
  7. Per­ry J. Gang­ana­ly­se. Mün­chen, Jena: Urban & Fischer, 2003
  8. Per­ry J. Gang­ana­ly­se. Mün­chen, Jena: Urban & Fischer, 2003
  9. Per­ry J. Gang­ana­ly­se. Mün­chen, Jena: Urban & Fischer, 2003
  10. Götz-Neu­mann K. Gehen ver­ste­hen. Stutt­gart, New York: Thie­me, 2011
  11. Hef­ti F, Grill F, Brun­ner R, Freu­ler F. Kin­der­or­tho­pä­die in der Pra­xis. 2., erw. und vollst. über­arb. Aufl. Ber­lin: Sprin­ger Ver­lag, 2009
  12. Koe­nen G. Orthe­sen. http://www.firmengruppe-koenen.de/index.php?option=com_content&view=articl&id=51&Itemid=58
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