TAPES‑R: Neue Aspek­te der Ergeb­nis­mes­sung in der Pro­the­tik der obe­ren Extremität

S. Breier, A. Harth
Ergebnismessungen mit standardisierten Messinstrumenten sind in der Qualitätssicherung unerlässlich. Um die Auswahl an geeigneten Messinstrumenten im Bereich der Technischen Orthopädie zu erweitern, wurde der bewährte englischsprachige Fragebogen TAPES-R in die deutsche Sprache übersetzt. Anhand dreier Skalen erfasst dieser Fragebogen die Anpassung des Patienten an eine Amputation und an das Tragen einer Prothese. Die Übersetzung erfolgte gemäß internationalen Richtlinien; die vorläufige deutschsprachige Version wurde von Personen mit Amputation auf Verständlichkeit geprüft. Anhand der Rückmeldungen der Patienten wurde die psychosoziale Anpassungsskala modifiziert, um sie für Personen mit Amputation der oberen Extremität relevanter zu gestalten, sodass aus dem Original-TAPES-R zwei deutsche Fragebögen hervorgegangen sind: je einer für Amputationen der oberen und der unteren Extremität.

Ein­lei­tung

Im Jahr 1966 ver­öf­fent­lich­te Donabe­di­an sei­ne Arbeit zur Qua­li­täts­be­ur­tei­lung ärzt­li­cher Leis­tun­gen und leg­te in die­sem Zusam­men­hang zum ers­ten Mal die mitt­ler­wei­le klas­si­schen drei Qua­li­täts­di­men­sio­nen „Struk­tur“, „Pro­zess“ und „Ergeb­nis“ dar 1. Unter Struk­tur­qua­li­tät wird die Beschrei­bung der Rah­men­be­din­gun­gen einer Behand­lung sowie der zur Ver­fü­gung ste­hen­den per­so­nel­len und mate­ri­el­len Res­sour­cen ver­stan­den; Pro­zess­qua­li­tät bezieht sich auf die Art und Wei­se, wie Leis­tun­gen erbracht wer­den, und umfasst somit alle Akti­vi­tä­ten, die inner­halb der Pla­nung und im Ver­lauf der Behand­lung voll­zo­gen wer­den; unter Ergeb­nis­qua­li­tät schließ­lich wer­den die Pati­en­ten­zu­frie­den­heit, die Gesamt­kos­ten und die Ver­än­de­run­gen im Gesund­heits­zu­stand des Pati­en­ten beur­teilt, die die erbrach­ten Inter­ven­tio­nen bewirkt haben.

Unter den zahl­rei­chen Publi­ka­tio­nen Donabe­di­ans in die­sem Zusam­men­hang erschien im Jahr 1988 ein Auf­satz mit dem Titel „The qua­li­ty of care: how can it be asses­sed?“ 2 – eine Fra­ge, die Kli­ni­ker und For­scher heu­te mehr denn je beschäf­tigt. Aller­dings fehl­te es bis­lang an einem Rah­men­kon­zept, um die­se Fra­ge sys­te­ma­tisch beant­wor­ten zu kön­nen. Erst im Jahr 2001 wur­de von der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on die „Inter­na­tio­nal Clas­si­fi­ca­ti­on of Func­tio­ning, Disa­bi­li­ty and Health“ (ICF) ver­ab­schie­det; eine deut­sche Über­set­zung erschien im Jahr 2002 unter dem Titel „Inter­na­tio­na­le Klas­si­fi­ka­ti­on der Funk­ti­ons­fä­hig­keit, Behin­de­rung und Gesund­heit“ 3 (Abb. 1).

In Anleh­nung an die ICF ist es inner­halb eines bio­psy­cho­so­zia­len Reha­bi­li­ta­ti­ons­kon­zepts nicht mehr zeit­ge­mäß, nur ver­meint­lich objek­ti­ve Para­me­ter, die sich aus den kör­per­li­chen Ein­schrän­kun­gen erge­ben, zur Beur­tei­lung the­ra­peu­ti­scher Inter­ven­tio­nen her­an­zu­zie­hen. Da das zugrun­de­lie­gen­de Kon­zept Inter­ven­tio­nen sowohl auf der kör­per­li­chen als auch auf der psy­chi­schen und sozia­len Ebe­ne for­dert, muss ein sol­ches Modell auch Aus­sa­gen zur Befun­dung, zur Behand­lung und zu den Behand­lungs­er­geb­nis­sen ent­hal­ten 4.

Auch im Bereich Pro­the­sen­ver­sor­gung ist ein wach­sen­des Inter­es­se an Assess­ment­ver­fah­ren zu beob­ach­ten 5 6 7 8 9. Da aber die meis­ten stan­dar­di­sier­ten Mess­in­stru­men­te nur in eng­li­scher Spra­che exis­tie­ren, stößt man dabei auf eine hohe Bar­rie­re in Bezug auf die Akzep­tanz und die Anwend­bar­keit in deutsch­spra­chi­gen Län­dern. Denn bevor die­se Instru­men­te im kli­ni­schen All­tag ein­ge­setzt wer­den dür­fen, müs­sen sie zunächst anhand eines auf­wen­di­gen Pro­zes­ses über­setzt und anschlie­ßend in der Ziel­spra­che erneut vali­diert werden.

Der Fra­ge­bo­gen „Tri­ni­ty Ampu­ta­ti­on and Pro­sthe­sis Expe­ri­ence Sca­les“ (TAPES)

Der TAPES-Fra­ge­bo­gen wur­de am Depart­ment of Psy­cho­lo­gy des Tri­ni­ty Col­lege in Dub­lin als mul­ti­di­men­sio­na­les Assess­ment­in­stru­ment ent­wi­ckelt, das dazu dient, den psy­cho­so­zia­len Pro­zess der Anpas­sung an eine Ampu­ta­ti­on und an die Anfor­de­run­gen des Tra­gens einer Pro­the­se bes­ser zu ver­ste­hen 10. Der Fra­ge­bo­gen besteht aus drei Skalen:

  1. Psy­cho­so­zia­le Anpas­sung (15 Items)
  2. Beein­träch­ti­gung von Akti­vi­tä­ten (10 Items)
  3. Zufrie­den­heit mit der Pro­the­se (8 Items)

Die Ska­la „Psy­cho­so­zia­le Anpas­sung“ wie­der­um besteht aus drei Subskalen:

  1. All­ge­mei­ne Anpassung
  2. Sozia­le Anpassung
  3. Anpas­sung an Einschränkungen

Zusätz­li­che Fra­gen erfas­sen even­tu­ell bestehen­de Stumpf- und/oder Phan­tom­schmer­zen. Die Ergeb­nis­se einer detail­lier­ten psy­cho­me­tri­schen Ana­ly­se des ursprüng­li­chen TAPES-Fra­ge­bo­gens führ­ten zu einer revi­dier­ten Ver­si­on mit der Bezeich­nung „Tri­ni­ty Ampu­ta­ti­on and Pro­sthe­sis Expe­ri­ence Sca­les-Revi­sed“ (TAPES‑R) 11 (Abb.  2). Der Fra­ge­bo­gen leis­tet im anglo­ame­ri­ka­ni­schen Sprach­raum einen wert­vol­len Bei­trag inner­halb des Assess­ment­ver­fah­rens nach Ampu­ta­ti­on, aller­dings fast aus­schließ­lich bei Pati­en­ten mit erwor­be­ner Ampu­ta­ti­on der unte­ren Extremität.

Ziel der Studie

Mit Erlaub­nis der Autoren bestand das Ziel der hier vor­ge­stell­ten Stu­die dar­in, den TAPES-R-Fra­ge­bo­gen zu über­set­zen und kul­tu­rell zu adap­tie­ren. Inner­halb des Pro­zes­ses, aus dem TAPES-Rein ein­setz­ba­res Instru­ment auch für den deutsch­spra­chi­gen Raum zu ent­wi­ckeln, stellt dies den ers­ten Schritt dar.

Metho­de

In Über­ein­stim­mung mit inter­na­tio­na­len Richt­li­ni­en und Pro­zes­sen erfolg­ten der Über­set­zungs- und der kul­tu­rel­le Adapt­a­ti­ons­pro­zess anhand der soge­nann­ten „for­ward-back­ward-for­ward trans­la­ti­on pro­ce­du­re“ 12 13. Dies impli­zier­te fol­gen­des Vor­ge­hen: Zwei deut­sche Mut­ter­sprach­ler über­setz­ten unab­hän­gig von­ein­an­der den TAPES‑R aus dem eng­li­schen Ori­gi­nal ins Deut­sche und doku­men­tier­ten dabei auf­tre­ten­de Unklar­hei­ten. Sodann wur­den die bei­den Über­set­zun­gen mit­ein­an­der ver­gli­chen, Pro­ble­me bzw. Unter­schie­de in Bezug auf das Ver­ständ­nis wur­den bespro­chen, und es wur­de sich auf eine Ver­si­on geeinigt.

Die dar­aus resul­tie­ren­de Syn­the­se wur­de für die „back­ward trans­la­ti­on“ ver­wen­det, die von zwei eng­li­schen Mut­ter­sprach­lern – eben­falls unab­hän­gig von­ein­an­der und ohne Zugriff auf das Ori­gi­nal – durch­ge­führt wur­de. Auch die­se Über­set­zun­gen wur­den ver­gli­chen und auf Pro­blem­stel­len hin diskutiert.

Sodann erfolg­ten ein Review und die Kon­so­li­die­rung des Doku­ments durch die vier Über­set­zer gemein­sam mit einer Psy­cho­lo­gin, um sei­ne inhalt­li­che, seman­ti­sche und idio­ma­ti­sche Äqui­va­lenz zu sichern. Zum Schluss wur­de das Doku­ment zwei Lai­en-Review­ern vor­ge­legt, um sei­ne Ver­ständ­lich­keit zu überprüfen.

In einem wei­te­ren Schritt wur­de die vor­läu­fi­ge deutsch­spra­chi­ge TAPES-R-Ver­si­on in einer Feld­stu­die mit Pati­en­ten der BG Unfall­kli­nik Lud­wigs­ha­fen getes­tet. Ein zusätz­li­cher Fra­ge­bo­gen erfass­te die per­sön­li­che Mei­nung der Pati­en­ten zum TAPES-R-Fra­ge­bo­gen bezüg­lich sei­ner Prak­ti­ka­bi­li­tät und Ver­ständ­lich­keit. Dies wur­de in einem anschlie­ßen­den kogni­ti­ven Inter­view bespro­chen, um Pro­ble­me oder Miss­ver­ständ­nis­se zu dis­ku­tie­ren und zu doku­men­tie­ren. Laut Pohontsch und Mey­er wird die Metho­de des kogni­ti­ven Inter­views in den letz­ten Jah­ren ver­mehrt zur Ent­wick­lung und Über­prü­fung von Mess­in­stru­men­ten ein­ge­setzt. Sie dient der Iden­ti­fi­ka­ti­on von Fra­gen oder Unklar­hei­ten 14.

Ergeb­nis­se

Über­set­zung

Auf­grund der kla­ren und prä­zi­sen For­mu­lie­rung der Items gab es bei der Über­set­zung nur weni­ge Pro­ble­me. Bei­spiel­haf­te Items und deren sprach­li­che Umset­zung sind Tabel­le 1 zu entnehmen.

Feld­stu­die

Sech­zehn Per­so­nen nahm an der Feld­stu­die teil: elf Män­ner und fünf Frau­en im Alter von 22 bis 78 Jah­ren (MV 45,4 Jah­re). Sechs Per­so­nen wie­sen eine Ampu­ta­ti­on der unte­ren, zehn Per­so­nen eine Ampu­ta­ti­on der obe­ren Extre­mi­tät auf.

Im All­ge­mei­nen wur­de der über­setz­te TAPES-R-Fra­ge­bo­gen posi­tiv auf­ge­nom­men. Mit­tels einer Ska­la von 1 bis 10 bewer­te­ten die Pati­en­ten anschlie­ßend, inwie­weit sie den Fra­ge­bo­gen als logisch (8,3), sinn­voll (8,7), gut ver­ständ­lich (8,4) und ange­mes­sen lang (8,2) emp­fan­den. Wäh­rend der kog­nitiven Inter­views erga­ben sich aller­dings eini­ge Unklar­hei­ten: Sechs der Pati­en­ten mit Ampu­ta­ti­on der obe­ren Extre­mi­tät stell­ten fest, dass sich ein Item der psy­cho­so­zia­len Anpas­sungs­ska­la („hin­ken“) sowie fast alle Fra­gen zur Akti­vi­tät auf die unte­re Extre­mi­tät bezie­hen und somit für sie nicht rele­vant sind. Bei den Akti­vi­tä­ten wur­de das Item „going to work“ von eini­gen Befrag­ten der Mobi­li­tät zuge­rech­net und nicht als die Fähig­keit ver­stan­den, einem Beruf nach­zu­ge­hen. Dies wur­de anschlie­ßend kor­ri­giert. Bezüg­lich der Zufrie­den­heit mit der Pro­the­se ver­miss­ten eini­ge Per­so­nen den Aspekt „Geräusch“ in der Fra­gen­lis­te; somit wur­de die Lis­te auf 9 Items erwei­tert (Tab. 2).

Laut den von Bea­ton et al. ent­wi­ckel­ten Richt­li­ni­en ist eine Revi­si­on erfor­der­lich, falls zwei oder mehr Teil­neh­mer Schwie­rig­kei­ten mit einem Item haben. Dar­auf­hin wur­de die psy­cho­so­zia­le Anpas­sungs­ska­la mit Erlaub­nis der Autoren und basie­rend auf den Ergeb­nis­sen der Feld­stu­die modi­fi­ziert, um sie an Per­so­nen mit Ampu­ta­ti­on der obe­ren Extre­mi­tät anzu­pas­sen, das heißt, aus dem ursprüng­li­chen TAPES-R-Fra­ge­bo­gen sind zwei Fra­ge­bö­gen her­vor­ge­gan­gen: je einer für Ampu­ta­tio­nen der obe­ren und der unte­ren Extre­mi­tät (OE/UE).

Dis­kus­si­on

Im Bereich der Pro­the­sen­ver­sor­gung wur­de in letz­ter Zeit mehr und mehr erkannt, dass in Zei­ten einer „evi­dence­ba­sed prac­ti­ce“ ein ver­bes­ser­ter Aus­tausch zwi­schen allen am Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­zess betei­lig­ten Fach­dis­zi­pli­nen erfor­der­lich ist 6. Zuver­läs­si­ge und stan­dar­di­sier­te Ver­fah­ren sind uner­läss­lich, um Pro­blem­be­rei­che zu iden­ti­fi­zie­ren, Ent­wick­lun­gen zu doku­men­tie­ren und objek­tiv zu eva­lu­ie­ren, um dadurch Behand­lungs­ver­lauf und ‑kos­ten im Sin­ne der Nach­hal­tig­keit zu opti­mie­ren 5.

Aber trotz die­ses wach­sen­den Inter­es­ses wer­den Ergeb­nis­mes­sun­gen, die sich an den Vor­ga­ben der ICF ori­en­tie­ren, noch nicht rou­ti­ne­mä­ßig durch­ge­führt. Selbst im anglo­ame­ri­ka­ni­schen Raum fin­det ein regel­mä­ßi­ger Ein­satz von „out­co­me mea­su­res“ im kli­ni­schen All­tag nur unzu­rei­chend statt 7. Auch in Bezug auf die Situa­ti­on in Euro­pa ist dies unver­ständ­lich, wenn man bedenkt, dass in den Gesund­heits­sys­te­men meh­re­rer euro­päi­scher Staa­ten die Kos­ten einer myo­elek­tri­schen Pro­the­se erst dann über­nom­men wer­den, wenn eine gründ­li­che Eva­lua­ti­on des Pati­en­ten vor­liegt 15.

Aller­dings müs­sen Mess­in­stru­men­te, die im kli­ni­schen All­tag ein­ge­setzt wer­den sol­len, einer Rei­he von Stan­dards bezüg­lich ihrer kli­ni­me­tri­schen Eigen­schaf­ten genü­gen – unab­hän­gig davon, ob es sich dabei um soge­nann­te „per­fo­mance-based tests“ oder um Pati­en­ten­fra­ge­bö­gen han­delt. Der­zeit fehlt es aber im deutsch­spra­chi­gen Raum an einer Aus­wahl geeig­ne­ter Mess­in­stru­men­te. Ziel die­ser Stu­die war es daher, den Fra­ge­bo­gen TAPES‑R zu über­set­zen, um ein pro­the­sen­spe­zi­fi­sches Eva­lua­ti­ons­in­stru­ment auch für den deutsch­spra­chi­gen Raum zur Ver­fü­gung zu stel­len. Dies bedarf, wie gezeigt wur­de, einer Über­set­zung und anschlie­ßen­den Vali­die­rung des Mess­in­stru­men­tes nach vor­ge­ge­be­nen Richtlinien.

Ursprüng­lich als Mess­in­stru­ment für die unte­re Extre­mi­tät ent­wi­ckelt, haben Des­mond und MacLach­lan 2005 eine Fak­tor­ana­ly­se des TAPES-Fra­ge­bo­gens mit Per­so­nen mit erwor­be­ner Ampu­ta­ti­on der obe­ren Ex­tremität durch­ge­führt  16. In die­ser Stu­die wur­de das Item „Es macht mir nichts aus, wenn jemand bemerkt, dass ich hin­ke“ in der psy­cho­so­zia­len Anpas­sungs­ska­la auf­grund man­geln­der Rele­vanz ausgeschlossen.Die Fra­gen zur Beein­träch­ti­gung ihrer Akti­vi­tät wur­den von den Teil­neh­mern zwar beant­wor­tet, aller­dings zeig­ten die Ergeb­nis­se sehr nied­ri­ge Wer­te, was dar­auf hin­deu­tet, dass die­se Grup­pe mit Ampu­ta­ti­on der obe­ren Extre­mi­tät wenig Pro­ble­me im Bereich Mobi­li­tät auf­weist. Die Ergeb­nis­se der hier vor­ge­stell­ten Feld­stu­die ste­hen in Ein­klang mit denen von Des­mond und MacLach­lan: Wäh­rend des kogni­ti­ven Inter­views wur­den meh­re­re Items auch von den für die hier vor­ge­stell­te Stu­die befrag­ten Teil­neh­mern als der unte­ren Extre­mi­tät zuge­hö­rig erkannt und somit für sie als nicht rele­vant iden­ti­fi­ziert, zum Bei­spiel „Einen Trep­pen­ab­satz stei­gen“, „100 Meter gehen“ oder „Zum Bus ren­nen“. In Zukunft wird in der adap­tier­ten Ver­si­on des TAPES‑R die Ska­la zur Beein­träch­ti­gung der Akti­vi­tä­ten gänz­lich ent­fernt und durch einen alter­na­ti­ven Fra­ge­bo­gen ersetzt 17.

Im Jahr 2005 wur­de die Grup­pe ULPOM (Upper Limb Pro­sthe­tic Out­co­me Mea­su­res) gegrün­det 5. Ziel die­ser mul­ti­dis­zi­pli­nä­ren Arbeits­grup­pe war es, einen sys­te­ma­ti­schen Ansatz bezüg­lich der Erfas­sung der Funk­ti­ons­fä­hig­keit bei Pro­the­sen­nut­zern mit Ampu­ta­ti­on der obe­ren Extre­mi­tät zu iden­ti­fi­zie­ren. Wei­te­re Autoren führ­ten sys­te­ma­ti­sche Reviews durch, um geeig­ne­te Mess­instrumente zur Ergeb­nis­mes­sung von Pro­the­sen­nut­zern zu iden­ti­fi­zie­ren 6 7 8. Im Review von Lind­ner et al. wur­den die Inhal­te der iden­ti­fi­zier­ten Instru­men­te mit den Kom­po­nen­ten der ICF-Klas­si­fi­ka­tio­nen ver­gli­chen (soge­nann­tes „lin­king“). Ihre Ergeb­nis­se zei­gen, dass die Instru­men­te ACMC, OPUS und TAPES mehr als eine ICF-Kom­po­nen­te umfas­sen und ICF-Domä­nen berück­sich­ti­gen, die in ande­ren Mess­in­stru­men­ten nicht beach­tet wer­den 9. Die Ergeb­nis­se der Stu­die von Lind­ner und Kol­le­gen zei­gen zudem, dass nur OPUS und TAPES‑R die ICF-Kate­go­rie „Emo­tio­na­le Funk­tio­nen” (Klas­si­fi­ka­ti­on: b152) und „Kör­per­sche­ma” (Klas­si­fi­ka­ti­on: b1801) ent­hal­ten. Unter Kör­per­sche­ma wird ein neu­ro­psy­cho­lo­gi­sches Kon­strukt ver­stan­den, das die men­ta­le Reprä­sen­ta­ti­on des eige­nen Kör­pers und sei­ne Abgren­zung zur Umwelt umfasst 18. Die sub­jek­ti­ve Indi­vi­dua­li­tät und das Selbst­wert­ge­fühl ent­wi­ckeln sich auf der Basis des Kör­per­sche­mas als Vor­stel­lung. Durch psy­chi­sche und phy­si­sche Ereig­nis­se wie zum Bei­spiel eine Ampu­ta­ti­on kann es in Mit­lei­den­schaft gezo­gen wer­den. Bekannt­lich weist die Fremd­wahr­neh­mung hin­sicht­lich des eige­nen Kör­pers Unter­schie­de zur Selbst­wahr­neh­mung auf. Eine ampu­tier­te Per­son emp­fin­det sich in der Öffent­lich­keit häu­fig als beson­ders expo­niert und fürch­tet Ableh­nung oder Ver­ach­tung. Dies kann in der Fol­ge einen Rück­zug aus dem gesell­schaft­li­chen Leben und eine Ver­rin­ge­rung der Teil­ha­be nach sich zie­hen. Umso wich­ti­ger ist die recht­zei­ti­ge Iden­ti­fi­ka­ti­on sol­cher Pro­ble­me durch die psy­cho­so­zia­le Anpas­sungs­ska­la des TAPES‑R für die obe­re Extre­mi­tät (TAPES-R-OE). All­ge­mein ist fest­zu­stel­len, dass trotz der gro­ßen Akzep­tanz des bio­psy­cho­so­zia­len Modells der ICF des­sen spe­zi­fi­sche Anwen­dung in der Reha­bi­li­ta­ti­on deut­lich begrenzt ist und weit hin­ter sei­nem Poten­zi­al zurück­bleibt. Aller­dings ver­weist das Gesetz zur Stär­kung der Teil­ha­be und Selbst­be­stim­mung von Men­schen mit Behin­de­run­gen (Bun­des­teil­ha­be­ge­setz, BTHG) von 2016 expli­zit auf die ICF. So wird etwa in § 118 fest­ge­stellt, dass der indi­vi­du­el­le Bedarf an Leis­tun­gen zur selbst­be­stimm­ten Lebens­füh­rung durch ein Instru­ment zu ermit­teln ist, das sich an der ICF ori­en­tiert 19. Hier hat die For­de­rung von Kli­ni­kern, Wis­sen­schaft­lern und Poli­ti­kern, die eine kon­kre­te Umset­zung der ICF in der Behand­lung und Ver­sor­gung von Men­schen mit Behin­de­rung for­dern, einen deut­li­chen Nie­der­schlag gefunden.

Aus­blick

Die Über­set­zung des TAPES‑R stellt den ers­ten Schritt inner­halb des Pro­zes­ses dar, ein ein­setz­ba­res Instru­ment zur Vali­die­rung pro­the­ti­scher Ver­sor­gun­gen für den deutsch­spra­chi­gen Raum zur Ver­fü­gung zu stel­len. Der zwei­te Schritt besteht dar­in, in einer nach­fol­gen­den Stu­die Relia­bi­li­tät und Vali­di­tät der modi­fi­zier­ten psy­cho­so­zia­len Anpas­sungs­ska­la des TAPES-R-OE bei deutsch­spra­chi­gen Pro­the­sen­nut­zern mit Ampu­ta­ti­on der obe­ren Extre­mi­tät und Pro­the­sen­ver­sor­gung zu eva­lu­ie­ren. Im Rah­men einer Koope­ra­ti­on mit der Abtei­lung Tech­ni­sche Ortho­pä­die der Uni­ver­si­täts­kli­nik Hei­del­berg, der Fir­ma Ortho­pä­die­tech­nik Brun­ner, Lud­wigs­ha­fen, und der Fir­ma Früh­auf Arm­pro­the­tik, Mau­er bei Hei­del­berg, wer­den bereits Daten erho­ben. Die Stich­pro­be der Vali­die­rungs­stu­die wird aus dem Kun­den­stamm die­ser koope­rie­ren­den Insti­tu­tio­nen rekrutiert.

Fazit

Eine Befund­er­he­bung und Ergeb­nis­mes­sung nach ein­heit­li­chen Richt­li­ni­en ist für den Bereich Pro­the­tik der obe­ren Extre­mi­tät erfor­der­lich, um eine kla­re Aus­sa­ge über den Aus­gang eines Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­zes­ses tref­fen zu kön­nen. Die Vor­ga­be, dies auf der Basis der ICF zu tun, wür­de den not­wen­di­gen Pro­zess des inter­dis­zi­pli­nä­ren Aus­tau­sches in die­sem Bereich der Reha­bi­li­ta­ti­on unterstützen.

Dank­sa­gung

Wir dan­ken Frau Pro­fes­sor Pame­la Gal­lag­her, Dub­lin City Uni­ver­si­ty, für ihr Inter­es­se und ihre Unter­stüt­zung die­ses Projekts.

Inter­es­sen­kon­flikt

Das Pro­jekt wird durch För­der­mit­tel von Össur R & D Ice­land, Medi­cal Office, finan­zi­ell unterstützt.

Für die Autorinnen:
Susan­ne Breier
Ergo­the­ra­peu­tin, Cert. Handtherapeutin
(DAHTH, EFSHT)
Össur Deutsch­land GmbH
Lan­ger Anger 3, 69115 Heidelberg
SBreier@ossur.com

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
Brei­er S, Harth A. TAPES‑R: Neue Aspek­te der Ergeb­nis­mes­sung in der Pro­the­tik der obe­ren Extre­mi­tät. Ortho­pä­die Tech­nik, 2018; 69 (7): 50–54

  1. I have adjus­ted to having a prosthesis.

  2. I have got­ten used to wea­ring a prosthesis.


  • Ich habe mich dar­auf ein­ge­stellt, eine Pro­the­se zu haben.


  • Ich habe mich dar­an gewöhnt, eine Pro­the­se zu tragen.


  1. I don’t care if some­bo­dy looks at my prosthesis.

  2. I don’t mind peo­p­le asking about­my prosthesis.


  • Es macht mir nichts aus, ob jemand auf mei­ne Pro­the­se schaut.

  • Es stört mich nicht, wenn ande­re mich auf mei­ne Pro­the­se ansprechen.

Tab. 1 Lin­gu­is­ti­sche Fra­ge­stel­lun­gen inner­halb der Übersetzergruppe.
nicht zufrie­denzufrie­densehr zufrie­den
(I) Far­be[ ][ ][ ]
(II) Form[ ][ ][ ]
(III) Aus­se­hen[ ][ ][ ]
(IV) Gewicht[ ][ ][ ]
(V) Zweck­mä­ßig­keit[ ][ ][ ]
(VI) Zuver­läs­sig­keit[ ][ ][ ]
(VII) Pass­form[ ][ ][ ]
(VIII) Tra­ge­kom­fort[ ][ ][ ]
(IX) Geräusch[ ][ ][ ]
Tab. 2 Die Ska­la „Zufrie­den­heit mit der Pro­the­se“ umfasst 9 Items und bezieht den ästhe­ti­schen und funk­tio­nel­len Aspekt mit ein.
  1. Donabe­di­an A. Eva­lua­ting the qua­li­ty of medi­cal care. Mil­bank Q, 1966; 44 (3) Sup­pl: 166–206
  2. Donabe­di­an A. The qua­li­ty of care. How can it be asses­sed? JAMA, 1988; 260 (12): 1743–1748
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