Poten­zi­el­les Früh­warn­sys­tem für dia­be­ti­sche Fuß­schä­di­gun­gen durch sen­sor­be­stück­te Einlegesohlen

A. Al Hajjar, A. Ming, V. Clemens, P. R. Mertens
Bei Diabetespatienten ist eine Nervenschädigung mit verminderter Wahrnehmung von Schmerzen und Druck in den Füßen ein häufiges Krankheitsbild. Das Fehlen dieser wichtigen Informationen fördert die Entwicklung von Fußgeschwüren. Prophylaktische Maßnahmen sind möglich durch Erhebung der Temperatur an der Fußsohle, denn vor einer Geschwürbildung steigt Tage bis Wochen vorher die Temperatur an. Erfahrungen der Autoren in einem Telemedizinprojekt weisen auf vielfältige Möglichkeiten zur Unterstützung von Patienten mit Nervenschäden hin. Herausforderungen sind neben dem technischen Rüstzeug der Temperaturerhebung die Mess-Adhärenz der Patienten, übersichtliche Anzeigemöglichkeiten für die betreuenden medizinischen Berufsgruppen sowie ein interaktiv gestaltetes “bidirektionales" Interface. Der Artikel stellt die Methodik einer klinischen Studie über die Wirksamkeit eines Temperatur-Frühwarnsystems bezüglich der Vermeidung von Geschwürbildungen mit 288 Patienten dar und diskutiert vorläufige Erfahrungen.

Ein­lei­tung

Bei Dia­be­tes­pa­ti­en­ten ent­wi­ckelt sich in ca. 20 bis 50 % aller Fäl­le nach 10  Jah­ren Erkran­kung eine Ner­ven­schä­di­gung 1. Bei der kli­ni­schen Unter­su­chung fällt auf, dass eine Vibra­ti­on nicht mehr emp­fun­den wird, dass spitz und stumpf nicht mehr unter­schie­den wer­den kön­nen und dass Tem­pe­ra­tur­un­ter­schie­de nicht wahr­ge­nom­men wer­den. Hei­ßes Was­ser in der Bade­wan­ne kann somit bei die­sen Pati­en­ten zu schwer­wie­gen­den Ver­brü­hun­gen führen.

Die­se dia­be­tes­be­ding­ten Ner­ven­schä­di­gun­gen sind für mehr als zwei Drit­tel aller Fuß­ge­schwü­re ver­ant­wort­lich 2. Fol­ge von Fuß­ge­schwü­ren sind oft­mals Infek­tio­nen in den Füßen. Wie­der­keh­ren­de Fuß­ge­schwü­re auf­grund sich wie­der­ho­len­der, ähn­li­cher Gefähr­dun­gen sind an der Tages­ord­nung. Es stellt sich somit die Fra­ge: Wel­che Infor­ma­tio­nen über ihre ner­ven­ge­schä­dig­ten Fuß­soh­len müss­ten Pati­en­ten ver­mit­telt wer­den, damit sie sich vor einer wei­te­ren Schä­di­gung des Fußes schüt­zen kön­nen? Ein prä­ven­ti­ver Ansatz ist somit gefragt. Eine Bestim­mung der ein­wir­ken­den Drü­cke auf die Fuß­soh­len wur­de in ver­schie­de­nen Stu­di­en unter­sucht; neu­es­te Unter­su­chun­gen deu­ten sogar dar­auf hin, dass damit ein Schutz vor Geschwür­bil­dung ver­bun­den wer­den kann 3.

Ein von den Autoren ver­folg­ter neu­er Ansatz besteht dar­in, regel­mä­ßig Tem­pe­ra­tur­mes­sun­gen an den Füßen durch­zu­füh­ren. Denn über­ra­schen­der­wei­se ver­hält es sich so, dass die Tem­pe­ra­tur an den Füßen unab­hän­gig von der Kör­per­tem­pe­ra­tur im Vor­feld einer Geschwür­bil­dung deut­lich ansteigt: Unter­schie­de in den ent­spre­chen­den Regio­nen lie­gen bei ca. 2,0 °C. In Stu­di­en wur­de gezeigt, dass die Ent­las­tung der Füße in die­sem Sta­di­um half: Im Ergeb­nis wur­den auf die­se Wei­se zwei von drei Fuß­ge­schwü­ren ver­hin­dert 4. Ande­re Unter­su­chun­gen bele­gen, dass ent­spre­chen­de Tem­pe­ra­tur­ver­än­de­run­gen bis zu fünf Wochen vor dem Ein­tre­ten eines Geschwürs mess­bar sind 5. Mit die­sen Infor­ma­tio­nen aus­ge­stat­tet, hät­ten die betrof­fe­nen Pati­en­ten ein Früh­warn­sys­tem an der Hand, um sich selbst zu schüt­zen und das betreu­en­de medi­zi­ni­sche Fach­per­so­nal (Ortho­pä­die­schuh­ma­cher, Ortho­pä­die­tech­nik­Me­cha­ni­ker, Podo­lo­gen, Wund­pfle­ger, Ärz­te, Dia­be­to­lo­gen) zu informieren.

“Intel­li­gen­te” Ein­le­ge­soh­le für Diabetespatienten

Auf­grund der Beschaf­fen­heit der Füße mit Prä­di­lek­ti­ons­stel­len für eine Geschwür­bil­dung an Groß­ze­hen, Mit­tel­fuß­kno­chen und Fer­se haben die Autoren Sen­so­ren in Ein­le­ge­soh­len ein­ge­ar­bei­tet, die in Pan­to­let­ten getra­gen wer­den. Das Ziel der Arbeits­grup­pe lau­te­te, Pati­en­ten mor­gend­li­che und abend­li­che Mes­sun­gen als Aus­gangs­punkt für die Dia­gno­se­stel­lung eines begin­nen­den dia­be­ti­schen Fuß­ge­schwü­res durch­füh­ren zu las­sen. Die Ein­le­ge­soh­len kön­nen mit ange­zo­ge­nen Socken genutzt wer­den. Die Tem­pe­ra­tur­über­tra­gung durch eine Socke hin­durch erfolgt inner­halb von drei bis fünf Minu­ten, sodass die­se Wer­te im Anschluss über ein Blue­tooth-Sys­tem an ein Mobil­te­le­fon über­tra­gen und an die Stu­di­en­zen­tra­le wei­ter­ge­lei­tet wer­den kön­nen. In sit­zen­der Hal­tung über ca. drei bis fünf Minu­ten wer­den die Mes­sun­gen durch die Pati­en­ten vor­ge­nom­men, wobei neben der Tem­pe­ra­tur­mes­sung wei­te­re Funk­tio­nen in die eigens ent­wi­ckel­te App (Abb. 1) der zur Ver­fü­gung gestell­ten Mobil­te­le­fo­ne inte­griert sind. Die Teil­neh­mer kön­nen mit­tels einer Doku­men­ta­ti­ons­hil­fe Auf­nah­men von Fuß­soh­len sowie Fuß­rü­cken anfer­ti­gen und an das Stu­di­en­zen­trum sen­den, einen Tage­buch­ein­trag anfer­ti­gen (mit Hin­wei­sen auf Erkäl­tun­gen und ande­re Erkran­kun­gen) sowie Doku­men­te wie Arzt­brie­fe wei­ter­lei­ten 6. In einer Stu­die wird das hier beschrie­be­ne Ver­fah­ren auf sei­ne Wirk­sam­keit getes­tet. Die Stu­die wird im Fol­gen­den vorgestellt.

Stu­di­en­de­sign

In der Stu­die “Smart Pre­vent Dia­be­tic Feet” wur­den ins­ge­samt 288 Pati­en­ten mit Dia­be­tes und feh­len­dem Gefühl in den Füßen (auf­ge­ho­be­nes Vibra­ti­ons­emp­fin­den im Stimm­ga­bel­test < 3/8) ein­ge­schlos­sen. Die Pro­ban­den wur­den sodann im Ver­hält­nis 1:1 ran­do­mi­siert ent­we­der der Inter­ven­ti­ons­o­der der Kon­troll­grup­pe zuge­ord­net. Bei­de Grup­pen erhiel­ten einen Vor­trag zum The­ma “Dia­be­ti­sches Fuß­syn­drom” und wur­den über die opti­ma­le Ver­sor­gung ihrer Füße auf­ge­klärt. Die Inter­ven­ti­ons­grup­pe erhielt zusätz­lich ein Mobil­te­le­fon mit einer spe­zi­ell zu die­sem Zweck ent­wi­ckel­ten App sowie ein Paar mit Tem­pe­ra­tur­sen­so­ren ver­se­he­ner Ein­le­ge­soh­len, die in eine Pan­to­let­te ein­ge­legt wer­den und dar­in getra­gen wer­den kön­nen. Die Ein­le­ge­soh­len wur­den kon­ti­nu­ier­lich wei­ter­ent­wi­ckelt und sind zuletzt als sehr dün­ne Auf­la­gen nutz­bar (Abb.2). Die Zustim­mung der Ethik­kom­mis­si­on wur­de ein­ge­holt und eine schrift­li­che Ein­ver­ständ­nis­er­klä­rung durch die teil­neh­men­den Pro­ban­den abgegeben.

In der Stu­di­en­zen­tra­le wer­den die Daten für die betei­lig­ten medi­zi­ni­schen Fach­grup­pen (Ärz­te, Stu­di­en­schwes­ter, Wund­schwes­ter) über­sicht­lich in einem soge­nann­ten Dash­board dar­ge­stellt (Abb. 3). Die Infor­ma­tio­nen wer­den regel­mä­ßig abge­ru­fen, um bei Auf­fäl­lig­kei­ten mit den Pati­en­ten Kon­takt auf­zu­neh­men. Ein Algo­rith­mus mit meh­re­ren Alarm­stu­fen wird aktiv, bevor die Pro­ban­den per App auf die auf­fäl­li­gen Tem­pe­ra­tu­ren auf­merk­sam gemacht wer­den. Dies erfolgt vor dem Hin­ter­grund, dass über­flüs­si­ge Alar­mie­run­gen ver­mie­den wer­den sol­len. Sind in drei unab­hän­gig durch­ge­führ­ten Mes­sun­gen jeweils Tem­pe­ra­tur­dif­fe­ren­zen von über 1,5 °C auf­ge­tre­ten, wer­den die Pati­en­ten auf­ge­for­dert, ihre Füße zu ent­las­ten. Die­se Ent­las­tung soll­te über fünf Tage statt­fin­den, indem der ent­spre­chen­de Fuß mög­lichst wenig genutzt und hoch­ge­la­gert wer­den soll. Im Anschluss wird aus­ge­wer­tet, ob eine Nor­ma­li­sie­rung der Tem­pe­ra­tur ein­ge­tre­ten ist oder nicht.

Zudem wer­den Bil­der der Füße von den Pro­ban­den ange­for­dert und in Zusam­men­hang mit den Mess­ergeb­nis­sen aus­ge­wer­tet. Der Arzt kann dann ent­schei­den, ob es sich um tat­säch­lich auf­fäl­li­ge Befun­de im Sin­ne einer begin­nen­den Geschwür­bil­dung oder ledig­lich um Arte­fak­te oder ande­re Ursa­chen für eine Tem­pe­ra­tur­ab­wei­chung handelt.

Moti­va­ti­ons­aspekt

Wäh­rend der Durch­füh­rung der Stu­die zeig­te sich, dass nicht alle Pro­ban­den die Mes­sun­gen regel­mä­ßig durch­führ­ten, da auf­grund der oft­mals nor­ma­len Wer­te für die Teil­neh­mer kei­ne Ver­än­de­rung nach­weis­bar war, was sich ungüns­tig auf die Moti­va­ti­on aus­wirk­te. Daher ent­schloss sich das Stu­di­en­team, Moti­va­ti­ons­mög­lich­kei­ten zu eru­ie­ren. In die Mess­vor­gän­ge wur­de dar­auf­hin eine opti­sche Anre­gung inte­griert, die dar­in bestand, dass ein inter­es­san­tes Bild­mo­tiv jeweils nur zu 25 % sicht­bar war. Nach jeder Mes­sung ver­grö­ßer­te sich der Bild­aus­schnitt auf 50, 75 und schließ­lich 100 % Sicht­bar­keit, und die Pro­ban­den beka­men dann den Gesamt­ein­druck eines Pan­ora­ma­bil­des. Dadurch ver­bes­ser­te sich die Adhä­renz der Pati­en­ten­be­züg­lich der Stu­di­en­teil­nah­me um ca. 30%.

Bei­spie­le für Alar­me der App durch Temperaturauffälligkeiten

In den fol­gen­den Fall­vi­gnet­ten wer­den bei­spiel­haft auf­fäl­li­ge Befun­de dar­ge­stellt, die im Ver­lauf der Stu­die auftraten:

Pati­ent A: aku­ter Gichtanfall

Bei einer Rei­he von Pati­en­ten tra­ten Schmer­zen an den Groß­ze­hen auf, ein­her­ge­hend mit deut­li­cher Tem­pe­ra­tur­er­hö­hung in die­sem Bereich. Die­se reich­ten bis zu 4,7 °C Tem­pe­ra­tur­dif­fe­renz gegen­über dem kon­tra­la­te­ra­len Fuß. Der kli­ni­sche Ein­druck, ver­bun­den mit einem aku­ten Anstieg der Tem­pe­ra­tur sowie star­ken ein­schie­ßen­den Schmer­zen und einer Bes­se­rung unter Schmerz­mit­teln bzw. Kort­in­son­the­ra­pie lie­ßen eine aku­te Gicht­at­ta­cke (Poda­gra) ein­deu­tig dia­gnos­ti­zie­ren. Mit­tels der Ein­le­ge­soh­le konn­te der Ver­lauf die­ser Epi­so­den sehr gut doku­men­tiert und ca. 24 bis 36 Stun­den vor den ein­schie­ßen­den Schmer­zen ein Tem­pe­ra­tur­an­stieg nach­ge­wie­sen wer­den. Ein Bei­spiel für die damit ver­bun­de­nen star­ken Tem­pe­ra­tur­an­stie­ge ist in den (Tab. 1) (Abb. 4a u. b) wiedergegeben.

Pati­ent B: plant­are Neurofibromatose

Bei die­sem Pati­en­ten tra­ten wie­der­holt ein­sei­ti­ge Tem­pe­ra­tur­er­hö­hun­gen im Mit­tel­fuß­be­reich auf. Die­se waren sowohl in der Infra­rot­auf­nah­me als auch in den Mes­sun­gen nach­voll­zieh­bar. Ers­te ver­län­ger­te Ent­las­tungs­zei­ten von über 5 Tagen führ­ten zu einer Nor­ma­li­sie­rung der Tem­pe­ra­tur. Zum Aus­schluss eines Char­cot-Fußes (ein beson­de­res Krank­heits­bild mit Brü­chen in den Fuß­kno­chen und Ödem­bil­dung sowie star­ker Ent­zün­dungs­re­ak­ti­on) erfolg­te eine Magnet­re­so­nanz­to­mo­gra­fie. Ein Char­cot-Syn­drom lag nicht vor, statt­des­sen offen­bar­te die MRT das Vor­lie­gen klei­ner, knöt­chen­för­mi­ger Ver­än­de­run­gen unter der plantaren Fas­zie (Abb. 5) (Tab. 2). Die­se als Fibrom­a­to­se bezeich­ne­te Ver­än­de­rung kann bei stär­ke­rer Belas­tung zu Ent­zün­dungs­re­ak­tio­nen führen.

Die Auf­for­de­rung an den Pati­en­ten bestand dar­in, regel­mä­ßig zu mes­sen, Tem­pe­ra­tur­er­hö­hun­gen im Fuß zu beach­ten und die kör­per­li­che Belas­tung dar­an aus­zu­rich­ten. Durch die regel­mä­ßi­ge Rück­mel­dung über die Tem­pe­ra­tur­ver­än­de­run­gen konn­te der Teil­neh­mer eine Geschwür­bil­dung über die letz­ten zwei Jah­re ver­hin­dern und die Ent­zün­dungs­re­ak­ti­on selbst kontrollieren.

Pati­ent C: ein­ge­tre­te­ner Splitter/Nagel

Bei meh­re­ren Pati­en­ten kam es zu Fuß­ver­let­zun­gen auf­grund ein­ge­tre­te­ner spit­zer Gegen­stän­de. Dadurch kam es punk­tu­ell zu Tem­pe­ra­tur­er­hö­hun­gen von bis zu 5,9 °C. Ein Bei­spiel für ein sol­ches Ereig­nis ist in Abbil­dung 6 wie­der­ge­ge­ben: Der Ver­lauf der Ent­zün­dungs­re­ak­ti­on war sehr schnell an einer Tem­pe­ra­tur­er­hö­hung ables­bar. Die erhöh­ten Tem­pe­ra­tu­ren waren über meh­re­re Wochen nachzuweisen.

Pati­ent D: Min­der­durch­blu­tung auf­grund einer Durchblutungsstörung

Ein Pro­blem bei der Aus­wer­tung der Tem­pe­ra­tur­mess­wer­te besteht dar­in, dass zwi­schen einem regio­na­len Tem­pe­ra­tur­an­stieg und einem Tem­pe­ra­tur­ab­fall im gesam­ten Fuß auf­grund von Min­der­durch­blu­tung unter­schie­den wer­den muss. Dies ist in einem Fall sehr gut nach­voll­zieh­bar, bei dem der gesam­te Fuß ein­sei­tig deut­lich abge­kühlt war. Die allei­ni­ge Betrach­tung der Tem­pe­ra­tur­wer­te offen­bar­te, dass der Fuß sogar Wer­te unter­halb der Raum­tem­pe­ra­tur auf­wies (Abb. 7) (Tab. 3). Das Stu­di­en­team ent­schloss sich daher, jeweils den Tem­pe­ra­tur­un­ter­schied über den Fuß (Tem­pe­ra­tur­gra­di­ent zwi­schen Cal­ca­neus und Vor­der­fuß) zu kal­ku­lie­ren und zu inter­pre­tie­ren. Um die Wahr­schein­lich­keit einer kor­rek­ten Inter­pre­ta­ti­on zu erhö­hen, wur­den Fra­gen­lis­ten ent­wor­fen, bei denen unter ande­rem Ein­schrän­kun­gen der Geh­stre­cke und Clau­di­ca­tio-Sym­pto­me abge­fragt wer­den. Die direk­te Inter­ak­ti­on mit den Pro­ban­den erlaubt es, Ver­än­de­run­gen auf ihre Plau­si­bi­li­tät hin zu über­prü­fen und Fehl­in­ter­pre­ta­tio­nen zu minimieren.

Fazit

Das noch lau­fen­de Tele­me­di­zin­pro­jekt “Smart Pre­vent Dia­be­tic Feet” unter­sucht bei 288 Pro­ban­den, die in einer pro­spek­ti­ven Stu­die ran­do­mi­siert auf zwei Grup­pen ver­teilt wur­den, den Ein­fluss der Tele­me­di­zin auf die Ver­mei­dung von Fuß­ge­schwü­ren bei Dia­be­tes­pa­ti­en­ten mit auf­ge­ho­be­ner Wahr­neh­mung in den Füßen. Das Pro­jekt hat die Pro­ban­den erfolg­reich rekru­tiert. Eine Her­aus­for­de­rung stellt die Inter­pre­ta­ti­on der viel­fäl­ti­gen Tem­pe­ra­tur­än­de­run­gen dar, die mit­tels Tele­me­di­zin mög­lich ist. Die Visua­li­sie­rung der Ergeb­nis­se in einem Dash­board erlaubt einen schnel­len Über­blick auch bei gro­ßen Pati­en­ten­zah­len. Eine direk­te Inter­ak­ti­on über Fra­gen­ka­ta­lo­ge und die Akqui­se von Bild­in­for­ma­tio­nen zu den Füßen erlaubt zusätz­lich eine Plau­si­bi­li­täts­tes­tung. Mit über 40.000 Daten­sät­zen for­schen die Autoren zudem nach Algo­rith­men, die eine auto­ma­ti­sier­te Inter­pre­ta­ti­on ermög­li­chen, sodass die betei­lig­ten Ärz­te ent­las­tet werden.

In Deutsch­land erfol­gen jähr­lich ca. 30.000 Ampu­ta­tio­nen auf­grund einer dia­be­tes­as­so­zi­ier­ten Erkran­kung mit Fuß­schä­di­gung. Zumeist ist eine Ner­ven­schä­di­gung der Grund. Das Ziel lau­tet, die­se Zahl erheb­lich zu redu­zie­ren. Nach Stu­di­en­la­ge müss­ten zwei von drei Ampu­ta­tio­nen durch regel­mä­ßi­ge täg­li­che Tem­pe­ra­tur­mes­sun­gen ver­hin­dert wer­den kön­nen. Das Stu­di­en­ergeb­nis wird Ende 2021 erwar­tet und eine Aus­wer­tung hin­sicht­lich der Wer­tig­keit einer Tele­me­trie erbringen.

Des Wei­te­ren bie­tet die eigens ent­wi­ckel­te App eine ein­fa­che Mög­lich­keit an, die Fuß­do­ku­men­ta­ti­on regel­mä­ßig in der Häus­lich­keit durch­zu­füh­ren. Eine Nut­zung durch Pfle­ge­diens­te wäre eben­so denk­bar. Eine Kom­mer­zia­li­sie­rung der intel­li­gen­ten Ein­le­ge­soh­le ist geplant. Als nächs­ter Schritt sol­len Kran­ken­kas­sen für die Idee begeis­tert und der Nut­zen für die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung in Pilot­pro­jek­ten eva­lu­iert werden.

Für die Autoren:
Prof. Dr. Peter R. Mertens
Direk­tor der Kli­nik für Nie­ren- und Hoch­druck­krank­hei­ten, Dia­be­to­lo­gie und Endokrinologie
Otto-von-Gue­ri­cke-Uni­ver­si­tät Magdeburg
Leip­zi­ger Str. 44
39120 Mag­de­burg
peter.mertens@med.ovgu.de

Begut­ach­te­ter Artikel/reviewed paper

Zita­ti­on
Al Haj­jar A, Ming A, Cle­mens V, Mer­tens PR. Poten­zi­el­les Früh­warn­sys­tem für dia­be­ti­sche Fuß­schä­di­gun­gen durch sen­sor­be­stück­te Ein­le­ge­soh­len. Ortho­pä­die Tech­nik, 2020; 71 (9): 26–30
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