OTWorld: Wo das Herz des Hand­werks schlägt

Im Mai geht es für ihn heiß her. Im Format „Grill den Präsidenten“ stellt sich Alf Reuter bei der OTWorld den Fragen des Publikums rund um brennende Themen aus der Branche. Im Gespräch mit der OT-Redaktion blickt der Präsident des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik (BIV-OT) gemeinsam mit Martin Buhl-Wagner, Geschäftsführer der Leipziger Messe, auf dieses und weitere Highlights aus Messe und Kongress voraus.

OT: Herr Buhl-Wag­ner, bei den Vor­be­rei­tun­gen für die OTWorld im Jahr 2022 stan­den Sie vor vie­len Fra­ge­zei­chen und Her­aus­for­de­run­gen. Trotz der Coro­na­pan­de­mie konn­ten Mes­se und Kon­gress aber wie geplant statt­fin­den. Hat sich die Mes­se­bran­che mitt­ler­wei­le kom­plett erholt? Oder spü­ren Sie noch die Fol­gen der Pandemie?

Anzei­ge

Mar­tin Buhl-Wag­ner: Die Mes­se­wirt­schaft hat sich mit und nach der Pan­de­mie natür­lich ver­än­dert – das haben selbst­ver­ständ­lich auch wir bei der Leip­zi­ger Mes­se gemerkt. In die­sem Jahr kön­nen wir aber end­lich auch für unse­ren Stand­ort sagen: Die Pan­de­mie ist über­wun­den und wir freu­en uns, dass Aus­stel­ler und Besu­cher zurück sind, sich wie­der hier tref­fen und aus­tau­schen. Die per­sön­li­che Begeg­nung hat eine neue Bedeu­tung gewon­nen, die durch digi­ta­le Ele­men­te nicht voll­stän­dig ersetzt wer­den kann. Trotz der vie­len aktu­el­len Kri­sen zeigt sich auch: Mes­sen sind und blei­ben wich­ti­ge Markt­plät­ze und Leit­ver­an­stal­tun­gen für ihre Bran­chen. Ver­än­de­run­gen, die aus ganz unter­schied­li­chen Grün­den Ein­fluss auf unse­re Geschäfts­fel­der neh­men, haben uns schon immer beglei­tet. Sie haben uns aber auch immer wei­ter vor­an­ge­bracht, sie haben uns zum Neu- und Umden­ken bewegt. Was wir wäh­rend und nach der Pan­de­mie bei­spiels­wei­se fest­ge­stellt haben: Die Ent­schei­dun­gen der Unter­neh­men, als Aus­stel­ler oder Besu­cher teil­zu­neh­men, fal­len dyna­mi­scher denn je aus. Die Kurz­fris­tig­keit nimmt zu und das bringt Her­aus­for­de­run­gen mit sich.

OT: Herr Reu­ter, Sie besu­chen seit vie­len Jah­ren den Kon­gress der OTWorld und haben haut­nah mit­er­lebt, wel­che Ent­wick­lung die­ser genom­men hat. Kön­nen Sie uns erzäh­len, auf wel­che Neue­run­gen sich die Besu­cher 2024 freu­en können?

Alf Reu­ter: Ich möch­te es ein­mal so sagen: Wenn der Welt­kon­gress ein Mensch wäre, sein Herz wäre das Hand­werk. Und bekann­ter­ma­ßen soll man ja auf sein Herz hören – und das haben wir 2024 gemacht. Es wur­de in die­sem Jahr dar­auf geach­tet, dass bei­spiels­wei­se das pra­xis­ori­en­tier­te For­mat der Work­shops im Welt­kon­gress deut­lich aus­ge­baut wird. Prak­ti­ker zei­gen für Prak­ti­ker an Pati­en­ten­bei­spie­len vor Ort, wie Ver­sor­gung geht. Ob Gesel­le oder Meis­ter – jeder, der in den vier Tagen in Leip­zig Werk­bank gegen Kon­gress­saal tauscht, wird anschlie­ßend im Ver­sor­gungs­all­tag davon direkt pro­fi­tie­ren kön­nen. Neu im Kon­gress­pro­gramm ist eben­falls der Fort­bil­dungs­strang für Sani­täts­haus­fach­an­ge­stell­te. Die­se Work­shops ver­mit­teln pra­xis­nah Grund­la­gen für die Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung, etwa bei Lymph­ödem oder Schlag­an­fall. Das kom­plet­te Work­shop-Ange­bot der OTWorld wird zum ers­ten Mal unter dem Dach des Welt­kon­gres­ses zusätz­lich zu Key­notes, Sym­po­si­en und frei­en Ein­rei­chun­gen gebün­delt. Um die Ori­en­tie­rung im Kon­gress­pro­gramm zu ver­ein­fa­chen, gibt es ­kur­ze Take-Home-Mes­sa­ges zu den wich­tigs­ten Inhal­ten. Dadurch wird der erwar­te­te Nut­zen jeder Ver­an­stal­tung für den indi­vi­du­el­len Besu­cher deut­lich, was die Aus­wahl des per­sön­li­chen Pro­gramms erleichtert.

OT: Unter den Key­notes sind dies­mal auch Out-of-the-box-The­men dabei. Wie wich­tig ist in der Bran­che der Blick über den Tellerrand?

Reu­ter: Natür­lich ist es wich­tig, sich in ers­ter Linie in das eige­ne Fach zu ver­tie­fen, aber dabei soll­ten wir kei­nen Tun­nel­blick ent­wi­ckeln. Als vor 20 Jah­ren Exper­ten zur OTWorld 3D-Scans und danach 3D-Druck vor­stell­ten, war das für uns „Out-of-the-box“ gedacht. Heu­te steht in jedem Betrieb min­des­tens ein 3D-Scan­ner und vie­ler­orts auch ein 3D-Dru­cker. Eine Ent­wick­lung, die außer­halb unse­res Fachs pas­siert, kann also ganz schnell ein Teil der Ortho­pä­die-Tech­nik wer­den. Schon vor die­sem Hin­ter­grund freue ich mich jedes Mal wie­der auf die bril­lan­ten Key­­­no­te-Spea­k­er. Im Mai hören wir Key­notes zu Künst­li­cher Intel­li­genz und assis­ti­ver Robo­tik sowie Green Car­bon – algen­ba­sier­ten Car­bon­fa­sern. Bei­des dürf­ten zukunfts­träch­ti­ge Tech­no­lo­gien für unser Fach sein. Glück in der Arbeit ist ange­sichts unse­res gro­ßen (Fach-)kräftemangels eben­falls ein wich­ti­ges The­ma für uns. Ich habe mein Glück in der Ortho­pä­die-Tech­nik gefun­den. Gilt das aber auch für mei­ne Mit­ar­bei­ter oder Kol­le­gen? Was macht eigent­lich glück­lich bei der Arbeit? Die­ser span­nen­den Fra­ge geht die drit­te dies­ma­li­ge Key­note nach.

OT: Wie sieht es auf Mes­se­sei­te aus, Herr Buhl-Wag­ner? Auf wel­che Neue­run­gen im Kon­zept kön­nen sich die Besucher:innen freuen?

Buhl-Wag­ner: In die­sem Jahr ste­hen zwei Berei­che beson­ders im Fokus: Ortho­pä­die-Schuh­tech­nik und 3D-Druck. In den Aus­stel­lungs­be­rei­chen „OTWorld.3d“ und „OTWorld.shoe-technology“ wer­den die jeweils neu­es­ten Ent­wick­lun­gen und Inno­va­tio­nen prä­sen­tiert. Und auch das Net­wor­king kommt nicht zu kurz: Der Treff­punkt Ortho­pä­die­schuh­tech­nik infor­miert über das The­ma sen­so­mo­to­ri­sche Ein­la­gen, und im 3D-Café kön­nen sich die Besu­che­rin­nen und Besu­cher mit den Aus­stel­lern aus die­sem Bereich aus­tau­schen. Dar­über hin­aus wird es eine Son­der­schau zur Ver­sor­gung neu­ro­lo­gi­scher Erkran­kun­gen geben. Unter der Schirm­herr­schaft des Bun­des­in­nungs­ver­ban­des für Ortho­pä­die-Tech­nik rich­ten die Reha­vi­tal Gesund­heits­ser­vice GmbH gemein­sam mit der Stif­tung Deut­sche Schlag­an­fall-Hil­fe erst­mals die­se Son­der­schau aus. Mes­se­be­su­cher erfah­ren hier mehr über die Ange­bo­te der Stif­tung Deut­sche Schlag­an­fall-Hil­fe aus den Berei­chen Selbst­hil­fe und Sport. Schlag­an­fall-Lot­sen wer­den aus ihrer Pra­xis berich­ten. Wie immer gehen wir auch auf die beson­de­ren Her­aus­for­de­run­gen unse­rer Ziel­grup­pe ein. So infor­mie­ren die Mit­glie­der des Pilot­pro­jek­tes E‑Verordnung für ortho­pä­di­sche Hilfs­mit­tel in Deutsch­land mit dem Tag des E‑Rezeptes am 16. Mai zu die­sem The­ma. Ganz wich­tig und ein beson­de­rer Mehr­wert für die Besu­che­rin­nen und Besu­cher ist die Neue­rung, dass die Mes­se­be­su­cher mit ihrem OTWorld Mes­se-Ticket nicht nur wie in den ver­gan­ge­nen Jah­ren die Aus­stel­ler-Work­shops, son­dern auch die Fach­work­shops des Kon­gres­ses besu­chen kön­nen. So viel Kom­pe­tenz aus einer Hand gibt es sonst nirgendwo!

Wis­sens­vor­sprung sichern

OT: Herr Reu­ter, wie wich­tig ist der Besuch der OTWorld für Inha­ber, Meis­ter, Gesel­len und Fachangestellte?

Reu­ter: Da muss ich ein­mal eine Gegen­fra­ge stel­len: Was pas­siert, wenn mei­ne Leu­te und ich nicht kom­men? Rich­tig, wir wer­den abge­hängt! Es ist für alle ele­men­tar, die OTWorld zu besu­chen. Jeder nimmt hier – ob in Key­notes, Sym­po­si­en, frei­en Ein­rei­chun­gen und Work­shops im Welt­kon­gress oder den Aus­stel­ler­an­ge­bo­ten in der interna­tionalen Fach­mes­se – einen Wis­sens­vor­sprung mit, der zu einer bes­se­ren Ver­sor­gung der Pati­en­ten oder Kun­den im eige­nen Betrieb führt. Ins­be­son­de­re wenn wir an den uns alle beschäf­ti­gen­den Fach­kräf­te­man­gel den­ken, ist der Besuch der OTWorld über alle Berufs­zwei­ge und Mit­ar­bei­ter­ebe­nen wich­tig. Nir­gend­wo kann ich mei­ne Mit­ar­bei­ten­den bes­ser fort­bil­den las­sen als in Leip­zig. Für mich steht fest: Für BIV-OT-Mit­glieds­be­trie­be ist die Teil­nah­me an der OTWorld ein Muss.

OT: Herr Buhl-Wag­ner, Frank­reich ist in die­sem Jahr Part­ner­land. Mit wel­chem Pro­gramm und wel­chen Gäs­ten ist Frank­reich denn präsent?

Buhl-Wag­ner: Das Part­ner­land Frank­reich wird sich mit einem gro­ßen Gemein­schafts­stand und Kon­gress­bei­trä­gen auf der OTWorld prä­sen­tie­ren. Mit dabei sein wer­den die füh­ren­den Hilfs­mit­tel­spe­zia­lis­ten aus Frank­reich. Hier­zu zäh­len bedeu­ten­de Key-Play­er wie Thuas­ne, die Eqwal-Grup­pe oder Pro­te­or sowie Start-ups und mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men, aber auch Fach­ver­bän­de wie der „Syn­di­cat Natio­nal de l’Orthopédie Fran­çai­se“ (SNOF) neh­men teil. Ins­ge­samt prä­sen­tie­ren sich 22 Aus­stel­ler auf dem Bran­chen­treff, dar­un­ter auch elf Aus­stel­ler vom fran­zö­si­schen Län­der­pa­vil­lon. Im Welt­kon­gress geben fran­zö­si­sche Exper­ten Ein­bli­cke in neue Ver­sor­gungs­kon­zep­te. Spe­zi­el­le Aus­stel­ler­work­shops und Vor­trä­ge bie­ten Raum für Aus­tausch und neue Per­spek­ti­ven auf den Ver­sor­gungs­all­tag im Betrieb. Die Para­lym­pi­schen und Olym­pi­schen Spie­le, die im Som­mer 2024 in Paris statt­fin­den wer­den, wer­fen auf der OTWorld 2024 ihre Schat­ten vor­aus. Fran­zö­si­sche Sport­ler, die sich für die Para­lym­pics qua­li­fi­zie­ren wol­len, wer­den anwe­send sein. Ein beson­de­rer Höhe­punkt wird die Ver­ab­schie­dung der Ortho­pä­die­tech­ni­ker sein, die die Spit­zen­sport­ler bei den Para­lym­pics in den Pari­ser Werk­stät­ten ver­sor­gen wer­den. Wer bei dem Pen­sum eine Ver­schnauf­pau­se braucht, kann im „Café de Paris“ Kaf­fee­spe­zia­li­tä­ten genie­ßen und Kraft für den Mes­se­tag tan­ken. Auf der „Fête de l’OTWorld“, der tra­di­tio­nel­len OTWorld-­Par­ty, las­sen wir den ers­ten Mes­se­tag unter ande­rem auch mit fran­zö­si­schen Gerich­ten, Wein und Musik ausklingen.

„Fak­ten­snacks“ mit hei­ßen The­men aus der Branche

OT: Herr Reu­ter, was erwar­tet die Besu­cher am BIV-OT-Stand?

Reu­ter: Wir geben unse­ren Besu­chern am BIV-OT-Stand einen Raum zum Aus­tausch und das alles in einer gemüt­li­chen Café-Atmo­sphä­re. Damit auch jeder genü­gend Gesprächs­stoff bei einer guten Tas­se Kaf­fee hat, bie­ten wir unser neu­es For­mat „Fak­ten­snacks“ an. In jeweils 15 Minu­ten berich­ten Ehren- und Haupt­amt des BIV-OT, aber auch das Bünd­nis „Wir ver­sor­gen Deutsch­land“ gemein­sam mit Exper­ten über die hei­ßen The­men der Bran­che wie Hilfs­mit­tel­re­form, Online-Ver­sor­gung, Digi­ta­li­sie­rung, Tele­ma­tik, Pilot­pro­jekt E‑Verordnung für ortho­pä­di­sche Hilfs­mit­tel oder die kom­men­de Kal­ku­la­ti­ons­da­ten­bank der BIV-OT-Platt­form „Mein Sani­täts­haus“. Im Anschluss kön­nen die Infor­ma­tio­nen in Ein­zel­ge­sprä­chen ver­tieft werden.

OT: Mit „Grill den Prä­si­den­ten“ gibt es bei der OTWorld 2024 ein neu­es For­mat – mit Ihnen in der Haupt­rol­le. Was möch­ten Sie mit dem For­mat erreichen?

Reu­ter: Mit dem Titel „Prä­si­dent“ ver­bin­den Men­schen schnell eine abge­ho­be­ne Posi­ti­on. Das passt aber gar nicht zu mir. Ich will genau­so wie mei­ne Vor­stands­kol­le­gen immer im Gespräch mit den Kol­le­gen blei­ben – und zwar auf Augen­hö­he und in gegen­sei­ti­gem Respekt –, auch wenn wir mal ande­rer Mei­nung sein soll­ten. In die­sem „Grill-den-Prä­si­den­ten-For­mat“ ent­steht eine beson­ders locke­re Atmo­sphä­re. Hier kön­nen sich die Kol­le­gen ein­brin­gen und ein­mi­schen, ohne Hür­den wie als Dele­gier­ter zu Ver­samm­lun­gen gewählt zu wer­den. Und wir wol­len ja, dass sich die Kol­le­gen – vor allem die jün­ge­ren unter ihnen – stär­ker enga­gie­ren. Ohne ihr akti­ves Ein­mi­schen wird es schwie­rig, die Zukunft unse­res Fachs zu gestalten.

OT: Als inter­na­tio­na­le Mes­se bleibt die OTWorld von aktu­el­len Krie­gen nicht unbe­rührt. Inwie­fern grei­fen Mes­se und Kon­gress das The­ma auf?

Buhl-Wag­ner: Die Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung in Kri­sen­ge­bie­ten ist auf der welt­weit füh­ren­den Ver­an­stal­tung schon immer ein wich­ti­ges The­ma. Daher haben Besu­cher aus den betrof­fe­nen Kri­sen­ge­bie­ten einen beson­de­ren Bedarf an Infor­ma­tio­nen. Sie küm­mern sich unter schwie­rigs­ten Bedin­gun­gen um die Ver­sor­gung vor Ort. Oft feh­len aus­rei­chend aus­ge­bil­de­te Fach­kräf­te, Fach­wis­sen und die pas­sen­den Hilfs­mit­tel. Hier leis­tet die OTWorld durch Wis­sens­trans­fer und Ver­net­zung einen wich­ti­gen Bei­trag, um die betrof­fe­nen Grup­pen best­mög­lich zu unter­stüt­zen. So bie­ten sich die Her­stel­ler, dar­un­ter alle welt­weit füh­ren­den Anbie­ter von Hilfs­mit­teln, auf der Mes­se als Ansprech­part­ner für die Kri­sen­re­gio­nen an. Sie sind mit ihrem Ange­bot dar­auf ein­ge­stellt. Inter­na­tio­na­le Ver­bän­de wie die ISPO Inter­na­tio­nal, die Netz­wer­ke vor Ort stär­ken und Wis­sens­trans­fer ermög­li­chen, sind eben­falls dabei.
Im Kon­gress grei­fen wir das The­ma im Rah­men des Sym­po­si­ums „Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung im Kri­sen­ge­biet – was sind die Her­aus­for­de­run­gen?“ auf. Die Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung in Kri­sen- und Kriegs­ge­bie­ten wie aktu­ell in der Ukrai­ne stellt eine enor­me Her­aus­for­de­rung dar, sowohl in Bezug auf die Res­sour­cen­ver­sor­gung als auch auf die Aus­bil­dung und Wis­sens­ver­mitt­lung. Hier geben ukrai­ni­sche Refe­ren­ten Einblicke.

Ver­lag OT fei­ert Geburtstag

OT: Der Ver­lag OT, das Leit­me­di­um der Bran­che, wird in die­sem Jahr 75 Jah­re alt und bringt aus die­sem Anlass zur OTWorld eine Neu­heit mit. Wel­chen Stel­len­wert hat das Fach­ma­ga­zin seit sei­ner Grün­dung 1949 für die Branche?

Reu­ter: „Die Stim­me unse­res Fachs“ haben wir der Weit­sicht mei­ner Vor­gän­ger zu ver­dan­ken. Die ORTHOPÄDIE TECHNIK beglei­tet uns seit 75 Jah­ren mit ihren Fach­bei­trä­gen zu Ver­sor­gun­gen sowie der Bericht­erstat­tung zu berufs­po­li­ti­schen, berufs­bil­den­den und bran­chen­re­le­van­ten The­men. Kom­pakt und kom­pe­tent fasst die Redak­ti­on Monat für 1 Monat das Wis­sen unse­rer Bran­che zusam­men und erleich­tert uns allen die Arbeit, immer auf dem neu­es­ten Stand zu sein. Über das eige­ne Fach­por­tal 360-ot.de bie­tet das Redak­ti­ons­team einen aktu­el­len Rund­um­blick unse­rer Bran­che – in gewohn­ter Qua­li­tät. Pünkt­lich zum Jubi­lä­um stellt der Ver­lag Ortho­pä­die-Tech­nik erst­mals zur OTWorld sein E‑Paper vor. Die Lek­tü­re, ob im Print­for­mat oder digi­tal, ist Pflicht für alle, die in unse­rem Fach arbeiten.

OT: Als Geschäfts­füh­rer der Leip­zi­ger Mes­se ste­hen Sie zahl­rei­chen Ver­an­stal­tun­gen vor. Zur Gesund­heits­bran­che haben Sie auch eine beson­de­re Bezie­hung. Sie haben damals an einer Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät stu­diert, waren Ver­wal­tungs­lei­ter in der MEDI­CA-Kli­nik für ambu­lan­te Reha­bi­li­ta­ti­on und Sport­me­di­zin Leip­zig. Was bedeu­tet Ihnen die OTWorld vor die­sem Hintergrund?

Buhl-Wag­ner: Die ers­ten Berüh­rungs­punk­te mit der Gesund­heits­bran­che hat­te ich tat­säch­lich schon früh in mei­ner beruf­li­chen Lauf­bahn. Des­halb freue ich mich umso mehr, dass die Leip­zi­ger Mes­se Gast­ge­ber für die OTWorld und ande­re medi­zi­ni­sche Mes­sen und Kon­gres­se sein darf. Für mich per­sön­lich hat das einen ganz prak­ti­schen Neben­ef­fekt: Ich ler­ne regel­mä­ßig die neu­es­ten Ent­wick­lun­gen ken­nen und bin der Bran­che auf die­se Wei­se verbunden.

OT: Nach­hal­tig­keit wird – nicht zuletzt auch in der OT-Bran­che – immer wich­ti­ger. Wie setzt die Leip­zi­ger Mes­se das The­ma um?

Buhl-Wag­ner: Unter dem Mot­to „Wach­sen in ­Balan­ce“ setzt die Leip­zi­ger Mes­se kon­se­quent auf nach­hal­ti­ge Maß­nah­men, um einen umwelt­freund­li­chen Betrieb zu gewähr­leis­ten. Für unse­re Leis­tun­gen in den Berei­chen Umwelt­schutz, sozia­le Ver­ant­wor­tung und wirt­schaft­li­che Nach­hal­tig­keit wur­den wir 2009 als ers­te Mes­se­ge­sell­schaft mit dem Umwelt- und Nach­hal­tig­keits­sie­gel „Green Glo­be“ aus­ge­zeich­net. Mit der Re-Zer­ti­fi­zie­rung in 2023 haben wir sogar den Pla­tin-Sta­tus ver­lie­hen bekom­men. So bezieht das gesam­te Gelän­de der Leip­zi­ger Mes­se seit dem 1. Janu­ar 2023 zu 100 Pro­zent Öko­strom. Wir set­zen auch auf ener­gie­spa­ren­de Beleuch­tung und stel­len schritt­wei­se auf LED um. Durch die gute Anbin­dung des Gelän­des an den öffent­li­chen Per­so­nen­nah­ver­kehr genau­so wie mit Lade­säu­len für E‑Fahrzeuge und einer Lade­sta­ti­on für E‑Bike-Akkus auf dem Gelän­de unter­stüt­zen wir nach­hal­ti­ge Mobi­li­tät. Auch in der Gas­tro­no­mie spielt Nach­hal­tig­keit eine bedeu­ten­de Rol­le. Unser Cate­ring­un­ter­neh­men Fair­gour­met ergreift kon­ti­nu­ier­lich neue Maß­nah­men, um die Ver­sor­gung von vie­len Tau­sen­den Mes­se- und Kon­gress­be­su­chern nach­hal­ti­ger zu gestalten.

„Aus dem Fach für das Fach“

OT: Herr Reu­ter, der Bun­des­in­nungs­ver­band für Ortho­pä­die-Tech­nik ist der ideel­le Trä­ger der OTWorld. Was ver­birgt sich hin­ter die­sem sper­ri­gen Begriff?

Reu­ter: Im Mes­se- und Kon­gress­ge­schäft ist ideel­ler Trä­ger ein gän­gi­ger Begriff, um die Rol­le von Fach­ver­bän­den für die Ver­an­stal­tun­gen zu beschrei­ben. Wört­lich über­setzt heißt ideell gedank­lich. Ins­be­son­de­re für Events mit Fach­pu­bli­kum ist es wich­tig zu wis­sen, was die­se beson­de­re Ziel­grup­pe aktu­ell beschäf­tigt, wel­che Gedan­ken sie umtreibt und was sie benö­tigt, um sich für die Zukunft auf­zu­stel­len. Ver­an­stal­ter ohne die jeweils spe­zi­fi­schen Fach­kennt­nis­se kön­nen leicht an den Bedürf­nis­sen der Ziel­grup­pe vor­bei arbei­ten. Daher über­neh­men wir als Spit­zen­ver­band des Hand­werks seit fast zwei Jahr­zehn­ten die Rol­le des ideel­len Trä­gers für die OTWorld. Wir gestal­ten mit unse­rem geball­ten Wis­sens- und Erfah­rungs­schatz in Ehren- und Haupt­amt rund um die Ortho­pä­die-Tech­nik maß­geb­lich die jewei­li­ge Aus­rich­tung und Wei­ter­ent­wick­lung der OTWorld. Im Pro­gramm- und Work­shop-Komi­tee des Welt­kon­gres­ses enga­gie­ren sich zahl­rei­che Ver­tre­ter des BIV-OT, sie sit­zen dar­über hin­aus Ses­si­ons oder Work­shops vor und betei­li­gen sich aktiv am Vor­trags­pro­gramm. Zudem ver­an­stal­tet unse­re Toch­ter­ge­sell­schaft Con­fairm­ed GmbH den Welt­kon­gress. Seit mehr als 20 Jah­ren ist die Leip­zi­ger Mes­se an unse­rer Sei­te und ver­an­stal­tet die inter­na­tio­na­le Fach­mes­se in Leip­zig. Gemein­sam bespre­chen wir Neu­hei­ten in Kon­gress und Mes­se und set­zen sie um.

OT: War­um enga­giert sich der Ver­band so stark für das welt­wei­te Klas­sen­tref­fen in Deutschland?

Reu­ter: Ganz ein­fach: Es ist unser Klas­sen­tref­fen. Die Welt der Ortho­pä­die-Tech­nik ist zu Gast in Deutsch­land, weil unse­re Vor­gän­ger im Amt nach dem Zwei­ten Welt­krieg erkannt hat­ten, wie wich­tig der Fach­aus­tausch unter­ein­an­der ist. Bereits 1949 haben wir ganz nach dem Mot­to „aus dem Fach für das Fach“ den ers­ten Jah­res­kon­gress durch­ge­führt. Der jähr­li­che Kon­gress ent­wi­ckel­te sich schnell wei­ter, die „Table-Top“-Ausstellung wur­de immer grö­ßer. Ab 1976 wur­de dann auf­grund der Strahl­kraft der deut­schen Ortho­pä­die-Tech­nik der Kon­gress inter­na­tio­nal aus­ge­rich­tet. Heu­te haben wir den größ­ten Welt­kon­gress der tech­ni­schen Ortho­pä­die. Exper­ten aus aller Welt tra­fen sich zunächst alle drei und seit 2002 alle zwei Jah­re, um von­ein­an­der zu ler­nen und die Ver­sor­gung mit Hilfs­mit­teln welt­weit ein Stück bes­ser zu machen. Denn die Ortho­pä­die-Tech­nik in Deutsch­land galt und gilt auf­grund ihrer Ver­an­ke­rung als Gesund­heits­hand­werk als Vor­bild. Hier haben die füh­ren­den indus­tri­el­len Her­stel­ler der Hilfs­mit­tel ihre Wur­zeln und sind noch immer welt­weit die „Hid­den Cham­pi­ons“ der Medi­zin­tech­nik. Was die Ärz­te­schaft betrifft, kom­men die gro­ßen Namen auch aus dem deutsch­spra­chi­gen Raum. Mit unse­rem Enga­ge­ment für die OTWorld gehen wir unse­rer Ver­ant­wor­tung für unse­ren Berufs­stand und unser Fach nach.

OT: Die OTWorld macht sich alle zwei Jah­re für Viel­falt und Inklu­si­on stark – in Zei­ten wie die­sen ein wich­ti­ges Zei­chen. In den ver­gan­ge­nen Mona­ten gin­gen bun­des­weit Hun­dert­tau­sen­de Men­schen gegen Rechts­extre­mis­mus auf die Stra­ßen. Hält auch die Leip­zi­ger Mes­se ihre Fah­nen hoch, Herr Buhl-Wagner?

Buhl-Wag­ner: Mes­sen leben davon, dass sich Men­schen unter­schied­li­cher Kul­tu­ren tref­fen, sich aus­tau­schen und ver­net­zen. Unse­re Ver­an­stal­tun­gen basie­ren auf gegen­sei­ti­ger Akzep­tanz, denn ohne sie wäre der inter­na­tio­na­le Aus­tausch – nicht nur von Waren, son­dern auch von Wis­sen, Erfah­run­gen und Mei­nun­gen – nicht mög­lich. Welt­of­fen­heit, Tole­ranz und Dia­log sind des­halb grund­le­gend für die Leip­zi­ger Mes­se, für die Besu­cher, Aus­stel­ler und Part­ner. Zu unse­rem demo­kra­ti­schen Wer­te­ver­ständ­nis gehört es auch, Mei­nungs­frei­heit und Mei­nungs­viel­falt zu gewähr­leis­ten. Als Leip­zi­ger Mes­se ist uns ein ver­nünf­ti­ger und ziel­füh­ren­der Dis­kurs wich­tig, den auch eine Demo­kra­tie zulas­sen und dem sie sich stel­len muss. Dass wir uns ganz klar gegen jede Form von Ras­sis­mus und Het­ze, gegen die Aus­gren­zung von Min­der­hei­ten und gegen Gewalt stel­len, ist für uns selbst­ver­ständ­lich. Des­halb neh­men wir an öffent­li­chen Aktio­nen teil und äußern uns auch aktiv im Rah­men unse­rer Veranstaltungen.

OT: Herr Reu­ter, 2026 fei­ert die OTWorld – nicht unter dem Namen, aber als For­mat – ihren 50. Geburts­tag. Was wün­schen Sie Welt­kon­gress und Leit­mes­se für die nächs­ten 50 Jahre?

Reu­ter: 50 wei­te­re Jah­re, in denen die Welt zu Gast sein kann – das ist mein gro­ßer Wunsch. Ich hof­fe auf 50 Jah­re, die die Gemein­schaft der Ortho­pä­die-Tech­nik nicht zu stark durch Krie­ge her­aus­for­dern und teils spal­ten wird.

OT: Herr Buhl-Wag­ner, wagen Sie einen Blick vor­aus: Inwie­fern wer­den sich die inter­na­tio­na­le Fach­mes­se und der Welt­kon­gress in den kom­men­den Jah­ren verändern?

Buhl-Wag­ner: Wie ein­gangs schon erwähnt, sind Mes­sen stets im Wan­del. Mes­sen sind und blei­ben ein Spie­gel ihrer Bran­che. Die­se Ver­än­de­run­gen wer­den sich auch auf der OTWorld wider­spie­geln. Durch die bestän­di­ge Wei­ter­ent­wick­lung der OTWorld wird die­se auch in Zukunft die wich­tigs­te Ver­an­stal­tung der Hilfs­mit­tel­bran­che blei­ben. In Zei­ten mul­ti­pler Kri­sen sind der welt­wei­te Wissens­transfer und die Ver­net­zung wich­ti­ger denn je. Der über­grei­fen­de Aus­tausch ist maß­geb­lich für den Zugang zu einer opti­ma­len Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung welt­weit, und die OTWorld leis­tet dazu einen bedeu­ten­den Bei­trag. Des­halb wer­den wir uns auch in Zukunft mit unse­ren natio­na­len und inter­na­tio­na­len Part­nern eng aus­tau­schen, um aktu­el­le The­men, die die Bran­che bewe­gen, auf die OTWorld zu bringen.

Die Fra­gen stell­te Pia Engelbrecht.

Grill den Präsidenten
BIV-OT-Prä­si­dent Alf Reu­ter stellt sich am Mitt­woch, 15. April 2024, von 13 bis 13:45 Uhr im Kon­gress der OTWorld den Fra­gen der Mit­glieds­un­ter­neh­men und geht in die Dis­kus­si­on. Fra­gen kön­nen vor­ab per E‑Mail an info@biv-ot.org ein­ge­reicht werden. 

 

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