Zudem hat Bethmann am Mittwoch, 28. Oktober, den Vorsitz für das von 13:30 bis 14:30 Uhr stattfindende Werkstattgespräch „Prothesenversorgung — gestern, heute, morgen“ bei der OTWorld.connect (Kanal 2) inne.
OT: Wollen Ihre Auszubildenden mehr wissen über die Osseointegration?
Ralph Bethmann: Bei meinen Schülerinnen und Schülern beobachte ich wachsendes Interesse an dieser Art der prothetischen Versorgung. Denn abgesehen von der Oberschenkelprothetik spielt dieses Verfahren inzwischen auch bei der Versorgung der oberen Extremitäten eine Rolle sowie nach Unterschenkelamputationen. Nicht zuletzt steigt die Nachfrage bei den Patientinnen und Patienten – sowohl bei Jugendlichen als auch bei Menschen 50+, sie nehmen lange Fahrzeiten zu entsprechend spezialisierten Zentren in Kauf. Viele hören über soziale Medien das erste Mal davon, informieren sich dann weiter im Internet – und wissen manchmal mehr über die Osseointegrationsverfahren als mancher Orthopädietechniker. Das weckt ebenfalls den Bedarf, in der Ausbildung mehr zu erfahren.
OT: Welche Rolle spielt die Osseointegration innerhalb der Ausbildung an der BUFA?
Bethmann: Die dahinterstehende Technik ist komplex, die Forderungen der Passteil-Hersteller nach entsprechender Spezialisierung sind so hoch, dass der allgemeine oder fortführende Lehrbetrieb dies nicht vollumfänglich abdecken kann. Es gibt auch recht wenige Orthopädietechniker bzw. Sanitätshäuser, die das Verfahren anbieten. Dies geschieht vor allem in Kooperation mit Kliniken, an denen die Operationen durchgeführt werden, um auf entsprechende Fallzahlen zu kommen. Deshalb wird Osseointegration an der BUFA nicht im regulären Ausbildungsplan erscheinen, aber aufgrund des wachsenden Interesses haben wir seit zwei Jahren eine eigenständige Unterrichtseinheit im ersten Ausbildungshalbjahr installiert.
OT: Mit welchen Inhalten?
Bethmann: Mindestens 90 Minuten Einführung in die Entstehungsgeschichte der Osseointegration sowie Vorstellung der drei gängigsten Implantatsysteme, deren Vor- und Nachteile, Indikationen sowie Kontraindikationen und Versorgungsbeispiele. Hier stelle ich zwei Patienten vor, die zuvor mit einem konventionellen Prothesenschaft versorgt waren und sich aufgrund von Stumpfproblemen für eine osseointegrative Versorgung entschieden haben. Sie berichten den Schülerinnen und Schülern über ihre Erfahrungen.
OT: Ist eine Erweiterung dieser Unterrichtseinheiten geplant?
Bethmann: Wir wollten 2020 eine neue Unterrichtseinheit gemeinsam mit Dr.-Ing. Hans Grundei starten, dem Erfinder des „endostieladaptierten Exo-Prothesenversorgungskonzepts nach Dr. Grundei“. Die Corona-Pandemie hat uns zunächst einen Strich durch die Rechnung gemacht. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben – sobald es möglich ist, wird Dr. Grundei hier bei uns live über sein Versorgungskonzept sprechen. Ich gehe davon aus, dass sich die Osseointegration in Zukunft ausweiten wird, sich die Technik noch weiterentwickelt und die Fallzahlen steigen. Es gibt international immer mehr Foren, Expertentreffen und Tagungen zu diesem Thema. Die Osseointegration wird zum Versorgungsstandard gehören, die Schaftversorgung aber nicht ablösen.
Das Interview führte Cathrin Günzel.
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