Inten­si­ver Aus­tausch beim drit­ten WvD-Talk

Die Digitalisierung stand im Fokus der dritten Auflage des Live-Videotalks „Gesundheitspolitik im OTon“ am 5. Mai 2021. Das Bündnis „Wir versorgen Deutschland“ (WvD) diskutierte mit den Bundestagsabgeordneten Maria Klein-Schmeink (Grüne) und Martina Stamm-Fibich (SPD) über Herausforderungen im Gesundheitswesen mit Fokus auf die Hilfsmittelversorger. Einigkeit herrschte vor allem darin, dass es auch weiterhin akuten Gesprächsbedarf gibt.

Die­sen Bedarf unter­streicht WvD schon vor der Talk­run­de in sei­nem Dos­sier. „Die Digi­ta­li­sie­rung im Gesund­heits­we­sen bringt inno­va­ti­ve Struk­tu­ren und Lösun­gen mit sich, wel­che die Ver­sor­gung ver­bes­sern und ver­ein­fa­chen kön­nen. Wir möch­ten der Poli­tik drin­gend Vor­schlä­ge zur Umset­zung und Fein­jus­tie­rung mit­ge­ben, damit wir gegen­über Apo­the­ken oder Kran­ken­häu­sern nicht den Anschluss ver­lie­ren”, so das Bünd­nis um den Bun­des­in­nungs­ver­band für Ortho­pä­die-Tech­nik (BIV-OT), Egroh-Ser­vice GmbH, Reha-Ser­vice-Ring GmbH, Reha­vi­tal Gesund­heits­ser­vice GmbH und Sani­täts­haus Aktu­ell AG.

Ein Dorn im Auge der Bünd­nis­part­ner sind vor allem Ein­zel­ver­trä­ge zum Nach­teil des Pati­en­ten. Dr. Axel Frie­hoff, ver­ant­wort­lich für Ver­trags­ma­nage­ment und Kas­sen­ver­trä­ge bei der Egroh, sprach über das nach­tei­li­ge Ver­hal­ten ein­zel­ner Kran­ken­kas­sen und erklär­te: „Mit einem ein­zel­nen Betrieb wer­den unwirt­schaft­li­che Ver­trä­ge geschlos­sen, die dann ande­ren Betrie­ben als Vor­la­ge auf­ge­zwun­gen wer­den sol­len, dage­gen weh­ren wir uns mit diver­sen Schiedsverfahren.“

„Inak­zep­ta­bles Verhalten”

Die Lösung des Pro­blems sieht WvD in bun­des­wei­ten Leit­ver­trä­gen. Die­se For­de­rung unter­stüt­zen auch die bei­den Poli­ti­ke­rin­nen und zeig­ten sich über die­sen Miss­stand ver­är­gert, so pflich­te­te Stamm-Fibich dem Bünd­nis bei: „Man­che Kas­sen sind der Mei­nung, ihre gesetz­li­chen Pflich­ten zur Ver­trags­ver­hand­lung nicht ein­hal­ten zu müs­sen. Die­ses Ver­hal­ten ist für mich inak­zep­ta­bel. Leit­ver­trä­ge mit den Spit­zen­ver­bän­den und Zusam­men­schlüs­sen der Leis­tungs­er­brin­ger sind eine Opti­on, die als Lösung in Betracht kommt.“

Kon­tro­vers und inten­siv dis­ku­tiert wur­de auch das The­ma per­sön­li­che Schutz­aus­rüs­tung (PSA). Gera­de im Hin­blick auf die Kos­ten­er­stat­tung, die mit vie­len Hin­der­nis­sen ver­knüpft ist. So ist die Abrech­nung bei­spiels­wei­se für Ärz­te und Phy­sio­the­ra­peu­ten klar gere­gelt, für die Hilfs­mit­tel­ver­sor­ger gilt das jedoch nicht. Dazu Mar­ti­na Stamm-Fibich: „Aktu­ell wer­den vie­le Ver­hand­lun­gen geführt und es gibt Kas­sen, die Ver­ein­ba­run­gen getrof­fen haben und ande­re Kas­sen, die kurz davor­ste­hen.“ Eine fina­le und vor allem flä­chen­de­ckend zufrie­den­stel­len­de Lösung ist aller­dings noch nicht in Sicht.

Maria Klein-Schmeink for­der­te ent­spre­chend eine Unter­schei­dung zwi­schen kör­per­na­hen Ver­sor­gun­gen und Ver­sand­ar­ti­keln und unter­stütz­te die WvD-For­de­rung. „Sobald eine kör­per­na­he Ver­sor­gung statt­fin­det, muss PSA kos­ten­de­ckend zur Ver­fü­gung gestellt wer­den. Ansons­ten wür­de man den Anreiz schaf­fen, unhy­gie­nisch und nicht im Sin­ne des Infek­ti­ons­schut­zes zu ver­sor­gen. Sie arbei­ten mit stark gefähr­de­ten Per­so­nen­grup­pen – das ist dann auch eine Fra­ge des Pati­en­ten­schut­zes“, erklär­te die Grü­nen-Poli­ti­ke­rin. Viel kör­per­nä­her ver­sor­ge kaum jemand außer­halb der Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung. „Des­halb kann es in die­sem Zusam­men­hang kei­ne digi­ta­le Ver­sor­gungs­mög­lich­kei­ten geben“, sag­te Alf Reu­ter, Prä­si­dent des BIV-OT.

Lese- und Schreib­recht für Leistungserbringer

Im Rah­men des Talks gab es auch eine Umfra­ge zum The­ma Schreib­recht für Leis­tungs­er­brin­ger bei der elek­tro­ni­schen Pati­en­ten­ak­te (ePA). Und die Ant­wort des Ple­nums fiel deut­lich aus. 75 Pro­zent der Zuschau­er spra­chen sich für dafür aus, dass Leis­tungs­er­brin­ger Lese- und Schreib­rech­te haben soll­ten. „In der Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung gibt es vie­le Doku­men­ta­tio­nen, die wir hin­ter­le­gen und sam­meln – zum Bei­spiel Bera­tungs­do­ku­men­ta­tio­nen. Alle an der Ver­sor­gung betei­lig­ten Per­so­nen müs­sen sich inter­dis­zi­pli­när über die ePA ein­an­der mit­tei­len kön­nen. Wenn wir mit Medi­en­brü­chen kon­fron­tiert sind, erfüllt die ePA im End­ef­fekt nicht ihren Zweck einer schnel­len und unbü­ro­kra­ti­schen Kom­mu­ni­ka­ti­on“, so Anja Faber-Dry­ga­la, Pro­ku­ris­tin und Lei­te­rin des Bereichs Recht und Gesund­heits­po­li­tik bei Sani­täts­haus Aktuell.

Vor allem Maria Klein-Schmeink konn­te an die­ser Stel­le punk­ten. Sie war sehr gut vor­be­rei­tet auf die The­ma­ti­ken und erklär­te: „Vor allem nicht-ärzt­li­che Leis­tungs­er­brin­ger wer­den oft ver­ges­sen. Die Ent­wick­lung hat viel damit zu tun, dass Patient:innen nicht Aus­gangs­punkt für die Maß­nah­men sind. Die ePA soll Leis­tungs­er­brin­ger zusam­men­brin­gen, damit sie zusam­men eine gute Leis­tung erbrin­gen. Da müs­sen wir nach­steu­ern.“ Natür­lich waren sich alle Par­tei­en einig, dass die ePA Pati­en­ten­rech­te respek­tie­ren und daten­schutz­recht­li­che Aspek­te ein­hal­ten müsse.

Auch über das eRe­zept wur­de dis­ku­tiert. Klein-Schmeink sieht dar­in „eine Chan­ce“. Aller­dings müs­se für die ent­spre­chen­de Infra­struk­tur noch eini­ges getan wer­den. Vor allem die freie Wahl des Ver­sor­gers beton­te zudem Stamm-Fibich: „Wir brau­chen ein­heit­li­che Ver­fah­ren, die bei allen Kas­sen glei­cher­ma­ßen geschaf­fen werden.“

Vor­tei­le der Digi­ta­li­sie­rung nutzen

Zuletzt deck­te das Bünd­nis WvD eine Wis­sens­lü­cke bei sei­nen poli­ti­schen Gäs­ten auf: Allein für den Aus­tausch von digi­ta­len Daten wie dem elek­tro­ni­schen Kos­ten­vor­anschlag (eKV) müs­se der Leis­tungs­er­brin­ger Ent­gel­te leis­ten. Hin­zu käme, dass Kran­ken­kas­sen kein ein­heit­li­ches Sys­tem ver­wen­den wür­den. Das Resul­tat: Unter­schied­li­che Dienst­leis­ter ver­lan­gen unter­schied­li­che Ent­gel­te und rufen so einen hohen büro­kra­ti­schen Auf­wand her­vor. Das Bünd­nis WvD for­der­te dazu auf, die Neu­struk­tu­rie­rung des Gesund­heits­we­sens für die Ver­ein­heit­li­chung von Pro­zes­sen und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­sys­te­men zu nut­zen. Auf die­se Erläu­te­run­gen reagier­te Maria Klein-Schmeink, äußerst über­rascht und gab zu, dass sie „davon noch nicht gehört“ habe. Sie stimm­te dem Bünd­nis zu: „In Zei­ten der Digi­ta­li­sie­rung ist ein sol­ches Vor­ge­hen voll­kom­men irre. Wir müs­sen die Digi­ta­li­sie­rung an die­sen Stel­len nut­zen, um Stan­dar­di­sie­run­gen ein­zu­füh­ren. Ansons­ten nut­zen wir nicht den Vor­teil, den uns die Digi­ta­li­sie­rung brin­gen sollte.“

 

 

 

 

 

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