Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung: Struk­tu­ren erhalten

Das Ausbluten der flächendeckenden Strukturen in der Hilfsmittelversorgung muss verhindert und ein Schutzschirm für die systemrelevante Branche aufgespannt werden – so lautete ein Fazit der ersten Live-Videokonferenz, zu welcher der Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV-OT) am 11. Mai 2020 eingeladen hatte.

Bei der 90-minü­ti­gen Pilot­ver­an­stal­tung dis­ku­tier­ten Dr. Roy Küh­ne, Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ter (MdB), Mit­glied im Aus­schuss für Gesund­heit und zustän­di­ger Bericht­erstat­ter für Hilfs­mit­tel der CDU/C­SU-Bun­des­tags­frak­ti­on, sowie BIV-OT-Prä­si­dent Alf Reu­ter unter dem Titel „Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung (nicht nur) in der Kri­se sichern!“.

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130 Teil­neh­mer dis­ku­tier­ten mit

Zuge­schal­tet waren rund 130 Ver­tre­ter von Sani­täts­häu­sern und ortho­pä­die-tech­ni­schen Betrie­ben aus ganz Deutsch­land. Sie betei­lig­ten sich rege an der Debat­te. Etli­che Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer nutz­ten die Mög­lich­keit, im Chat oder per Wort­mel­dung live ihre Fra­gen zu stel­len. Fünf The­men­be­rei­che stan­den dabei im Mit­tel­punkt: der Man­gel an bzw. Preis­an­stieg für per­sön­li­che Schutz­aus­rüs­tung (PSA) und bis­her feh­len­de Kos­ten­über­nah­men, Büro­kra­tie­ab­bau und Qua­li­täts­si­che­rung durch Ver­bands­ver­trä­ge, For­de­run­gen zu einem Hilfs­pro­gramm sowie der Blick nach vorn, auf den Neu­start nach der Krise.

Erhalt der Ver­sor­gung vor Ort

Die flä­chen­de­cken­den Struk­tu­ren in der Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung lägen ihm beson­ders am Her­zen, unter­strich Dr. Küh­ne. Dies bedeu­te auch, die Sani­täts­häu­ser im länd­li­chen Raum zu erhal­ten. „Die­se Vor-Ort-Ver­sor­gung, die wir in Deutsch­land haben, ist sehr wert­voll“, beton­te der Poli­ti­ker und ver­wies auf sei­nen kürz­lich vor­ge­leg­ten 5‑Punk­te-Plan „Her­aus­for­de­run­gen der Hilfs­mit­tel­bran­che in Zei­ten der Coro­na-Kri­se“. In die­sem wird unter ande­rem die Ein­rich­tung eines Schutz­schirms für Hilfs­mit­tel­er­brin­ger gefor­dert, um Liqui­di­täts­eng­päs­se auf­zu­fan­gen, sowie die expli­zi­te Benen­nung der Hilfs­mit­tel­leis­tungs­er­brin­ger sowie Her­stel­ler als sys­tem­re­le­van­te Ver­sor­ger und wich­ti­ge Säu­len für ein funk­tio­nie­ren­des Gesund­heits­we­sen. „Mit dem 5‑Punk­te-Pro­gramm wol­len wir der Hilfs­mit­tel­bran­che zei­gen, dass wir sie nicht allein las­sen. Denn wir kön­nen es uns nicht leis­ten, dass die­se Struk­tu­ren ver­schwin­den“. Dies betref­fe eben­so die Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter der Unter­neh­men, die gehal­ten wer­den müss­ten – unter ande­rem durch Instru­men­te wie Kurzarbeit.

Schwie­ri­ge Bedingungen

Die Ver­sor­gung fin­de der­zeit unter schwie­ri­gen Bedin­gun­gen statt, kon­sta­tier­te Alf Reu­ter. Die Sani­täts­häu­ser müss­ten Schutz­aus­rüs­tun­gen mit enor­men Preis­auf­schlä­gen erwer­ben, um das Per­so­nal und damit eben­so die Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten zu schüt­zen: „Drei bis sechs Euro sind inzwi­schen für eine Ein­mal-FFP2-Mas­ke zu zah­len. Da kom­men enor­me Sum­men zustan­de.“ Zudem ver­la­ge­re sich der Aus­rüs­tungs­man­gel der­zeit auf Schutz­kit­tel – die­se sei­en gegen­wär­tig am Markt nur schwer zu bekom­men. Zur­zeit sei der BIV-OT dabei, das genaue Aus­maß der erhöh­ten Kos­ten für PSA zu ermit­teln. Mit die­sem Über­blick wol­le man an die Kos­ten­trä­ger her­an­tre­ten. Dr. Küh­ne sag­te hier­bei poli­ti­sche Unter­stüt­zung zu. Wich­tig sei, dass sich die ent­stan­de­nen Kos­ten bezif­fern las­sen. Neben den ver­stärk­ten Aus­ga­ben betref­fe dies eben­falls die Einnahmeverluste.

Auf Ver­sor­gung konzentrieren!

„Was ich aus Coro­na gelernt habe: Wir bin­den viel mehr Res­sour­cen in der Ver­wal­tung als in der Ver­sor­gung“, hob Alf Reu­ter her­vor. „Statt­des­sen müs­sen wir unse­re Res­sour­cen auf die Ver­sor­gung kon­zen­trie­ren!“ Offe­ne Punk­te sei­en hier zum Bei­spiel ein gene­rel­ler Rezept­ver­zicht bei allen Fol­ge­ver­sor­gun­gen mit Hilfs­mit­teln (nicht nur bei den zum Ver­brauch bestimm­ten) sowie eine vor­über­ge­hen­de Erhö­hung der Geneh­mi­gungs­frei­gren­zen auf ein­heit­lich 1.500 Euro. Schluss­end­lich fan­ge eine qua­li­täts­ge­si­cher­te Ver­sor­gung bei den Ver­trä­gen an – hier gel­te es, unter ande­rem durch Ver­bands­ver­trä­ge mit über­grei­fen­den Qua­li­täts­stan­dards Rah­men­be­din­gun­gen zu schaf­fen, die das Leben bei der nächs­ten Kri­se ver­ein­fach­ten. „Am wich­tigs­ten ist aber, dass wir als sys­tem­re­le­van­te Bran­che aner­kannt wer­den“, so Reu­ter. Damit ver­bun­den sei­en nicht zuletzt die zen­tra­le Ver­sor­gung mit PSA, eine gesi­cher­te Kin­der­not­be­treu­ung, der garan­tier­te Zugang zu Kran­ken­häu­sern und Pfle­ge­ein­rich­tun­gen sowie ein Beschlag­nah­me­ver­bot. Dr. Küh­ne erklär­te, die schnel­le­re, unbü­ro­kra­ti­sche­re Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung „dem­nächst“ im Bun­des­tag zum The­ma zu machen.

Schutz­schirm in Sicht?

Auch bei Schutz­schir­men dür­fe nicht mit zwei­er­lei Maß gemes­sen wer­den, mahn­te Alf Reu­ter an: „90 Pro­zent unse­rer Umsät­ze ent­ste­hen in der Gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung (GKV), ähn­lich wie bei Kli­ni­ken, Ärz­ten, Heil­mit­tel­er­brin­gern. Wir ver­zeich­nen mas­si­ve Umsatz­ein­brü­che. Bis­her bekom­men wir aber kei­nen Schutz­schirm wie bei­spiels­wei­se die Heil­mit­tel­bran­che.“ Zwei, drei Mona­te könn­ten die Häu­ser durch­hal­ten – doch wenn die Kri­se wie pro­gnos­ti­ziert wei­ter anhal­te, dro­he ein Aus­blu­ten. Kurz­ar­beit hel­fe den Betrie­ben nur über einen begrenz­ten Zeit­raum. Dr. Küh­ne sicher­te wei­te­re Unter­stüt­zung zu: „Wir haben das 5‑Punk­te-Pro­gramm ein­ge­bracht und wer­den sehen, wie sich dies durch­set­zen lässt.“ Man habe ein „gutes Papier erar­bei­tet“, das dem Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um vor­lie­ge, so Dr. Küh­ne: „Das Ding ist nicht vom Tisch!“

 

Cath­rin Günzel

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