Dia­be­tes­ad­ap­tier­te Fußbettungen

H. Trentmann, O. Baasch
Die diabetesadaptierte Fußbettung (DAF) ist eine individuell für den Fuß des an Diabetes erkrankten Patienten hergestellte Bettung, die die vielfältigen Veränderungen der Anatomie, der Biomechanik und vor allem die neuropathisch bedingte Empfindlichkeit gegenüber Druckbelastungen berücksichtigt. Ihre Aufgabe ist es, dem Patienten Mobilität zu ermöglichen, aber dabei den verletzungsgefährdeten Fuß zu schützen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, sind zahlreiche konstruktive Details zu beachten.

Ein­lei­tung

Die Behand­lung des dia­be­ti­schen Fuß­syn­droms (DFS) erfor­dert auf­grund der Kom­ple­xi­tät der Erkran­kung einen inter­dis­zi­pli­nä­ren The­ra­pie­an­satz bei enger Zusam­men­ar­beit zwi­schen Haus­arzt, Dia­be­to­lo­ge, Gefäß­chir­urg, All­ge­mein­chir­urg, Ortho­pä­de, Podo­lo­ge, Ortho­pä­die-Tech­ni­ker und Ortho­pä­die-Schuh­tech­ni­ker. Die The­ra­pie­grund­sät­ze ori­en­tie­ren sich an den Richt­li­ni­en der AG Fuß über den Dia­be­ti­schen Fuß 1. Vor der Anfer­ti­gung einer DAF muss der Ortho­pä­die-Tech­ni­ker bzw. ‑Schuh­tech­ni­ker den genau­en Sta­tus des Fußes und des­sen Ver­än­de­run­gen durch die Dia­be­tes­er­kran­kung erhe­ben. Im Vor­der­grund steht dabei die Druck­ent­las­tung an den gefähr­de­ten Zonen am Fuß. Dabei ist es wich­tig, den Druck auf den gan­zen Fuß zu ver­tei­len. Das Zusam­men­spiel der DAF mit einem geeig­ne­ten Schutz­schuh bzw. einem ortho­pä­di­schen Maß­schuh ist dabei zu beach­ten. Eine wirk­sa­me Druck­ent­las­tung hängt aber auch von ande­ren Fak­to­ren ab. Dazu gehö­ren die Lebens­si­tua­ti­on des Pati­en­ten und deren Begleit­um­stän­de, sein Akti­vi­täts­grad, die Akzep­tanz der Schuh­ver­sor­gung (Optik), die Pati­en­ten­com­pli­ance und die Biomechanik.

Fuß­sta­tus

Die Ver­sor­gung mit einer DAF setzt zunächst eine genaue Unter­su­chung des Fußes vor­aus. Neben den ortho­pä­di­schen Aspek­ten, die bei jeder Fuß­ver­sor­gung rele­vant sind, ist vor allem der Neu­ro­pa­thie­sta­tus zu erhe­ben. Die Unter­su­chung der Fuß­be­weg­lich­keit muss grund­sätz­lich alle Gelen­ke des Fußes ein­schlie­ßen, da eine ein­ge­schränk­te Beweg­lich­keit immer mit einer erhöh­ten bio­me­cha­ni­schen Belas­tung beim Gehen ein­her­geht. Wer­den Bewe­gungs­ein­schrän­kun­gen fest­ge­stellt, soll­te zunächst im Behand­lungs­team (Arzt, The­ra­peut) abge­klärt wer­den, ob sie durch ope­ra­ti­ves oder the­ra­peu­ti­sches Ein­grei­fen dau­er­haft besei­tigt wer­den kön­nen. Ist das nicht der Fall, muss die orthopädie(schuh)technische Ver­sor­gung die funk­tio­nel­len Aus­wir­kun­gen der Bewe­gungs­ein­schrän­kung kom­pen­sie­ren kön­nen. Eine ein­ge­schränk­te Dor­sal­ex­ten­si­on der Zehen­grund­ge­len­ke (ins­be­son­de­re des ers­ten Strahls) erfor­dert bei­spiels­wei­se immer eine Soh­len­ver­fes­ti­gung mit ent­spre­chen­der Rol­le, um wie­der eine phy­sio­lo­gi­sche Belas­tung durch Nor­ma­li­sie­rung des Abroll­ver­hal­tens und der Hebel­län­gen zu errei­chen. Ähn­lich ver­hält es sich bei Bewe­gungs­ein­schrän­kun­gen im obe­ren Sprung­ge­lenk: Wird dort eine ein­ge­schränk­te Dor­sal­ex­ten­si­on über­se­hen, führt dies häu­fig zu einer kom­pen­sa­to­ri­schen Ever­si­ons­be­we­gung im unte­ren Sprung­ge­lenk mit ent­spre­chen­der drei­di­men­sio­na­ler Ver­for­mung des Fuß­re­li­efs, was wie­der­um zu unphy­sio­lo­gi­scher Druck­be­las­tung – ins­be­son­de­re auf eine an die Nor­mal­po­si­ti­on adap­tier­te Fuß­bet­tung – führt. Ein Spitz­fuß muss also zwin­gend als sol­cher erkannt und, wenn nicht ander­wei­tig the­ra­pier­bar, ent­spre­chend ein­ge­bet­tet wer­den. Die feh­len­de Dor­sal­ex­ten­si­on muss dann über die Soh­len­kon­struk­ti­on kom­pen­siert wer­den. Bei stark defor­mier­ten oder bereits ulze­rier­ten Füßen muss an die­ser Stel­le auch schon ent­schie­den wer­den, wel­che Fuß­re­gio­nen wie stark in die Belas­tung ein­ge­bun­den wer­den kön­nen, um die beson­ders gefähr­de­ten Stel­len zu entlasten.

Die Unter­su­chung des Neu­ro­pa­thie­sta­tus erfolgt mit Hil­fe einer Stimm­ga­bel und eines Mono­fi­la­men­tes (Abb. 1). Zusätz­lich kön­nen die Wär­me- bzw. Käl­te­emp­find­lich­keit und die Ober­flä­chen­tem­pe­ra­tur des Fußes gemes­sen wer­den. In den Richt­li­ni­en der AG Fuß über den Dia­be­ti­schen Fuß ist vor allem die Nicht­er­ken­nung des 10-g-Mono­fi­la­men­tes als aus­schlag­ge­ben­des Ent­schei­dungs­kri­te­ri­um benannt. Die­ses wird plant­ar­sei­tig an der Groß­ze­hen­bee­re, am Groß­ze­hen­grund­ge­lenk und am Klein­ze­hen­grund­ge­lenk in zufäl­li­ger Rei­hen­fol­ge jeweils drei­mal für etwa zwei Sekun­den auf­ge­setzt. Dabei ist auch immer eine Schein­an­wen­dung durch­zu­füh­ren. Der Pati­ent muss min­des­tens zwei von drei Anwen­dun­gen in jeder Regi­on kor­rekt benen­nen kön­nen. Wich­tig ist, dass das Mono­fi­la­ment nicht auf Ver­hor­nun­gen oder Ähn­li­ches auf­ge­setzt wird 2.

Ver­voll­stän­digt wird die Unter­su­chung durch Erfas­sung des Kör­per­ge­wich­tes und der Schuh­grö­ße. Beim Gespräch mit dem Pati­en­ten soll­te auch des­sen Mobi­li­tät erfragt wer­den. Bei unkla­rer Durch­blu­tungs­si­tua­ti­on muss die­se vom Ortho­pä­die-Tech­ni­ker bzw. ‑Schuh­tech­ni­ker beim behan­deln­den Arzt bzw. Dia­be­to­lo­gen erfragt wer­den. Alle Unter­su­chungs­er­geb­nis­se müs­sen nach­voll­zieh­bar doku­men­tiert werden.

Nach Erhe­bung des Fuß­sta­tus kann unter Zuhil­fe­nah­me der Ver­sor­gungs­emp­feh­lung „Schuh­ver­sor­gung und Risi­koklas­sen beim Dia­be­ti­schen Fuß­syn­drom – und ana­lo­gen Neu­ro-Angio-Arth­ro­pa­thien“ der AG Fuß das Risi­ko­po­ten­zi­al abge­schätzt und dar­aus die not­wen­di­ge Ver­sor­gung abge­lei­tet wer­den. Als Regel­ver­sor­gung gilt eine DAF ab Risi­ko­grup­pe III („Zustand nach plant­arem Ulcus“). Lie­gen defi­nier­te Kri­te­ri­en für eine höher­gra­di­ge Ver­sor­gung vor, kann aber auch schon ab Risi­ko­grup­pe II („Dia­be­tes mel­li­tus mit Sen­si­bi­li­täts­ver­lust durch Polyneuropathie/relevante peri­phe­re arte­ri­el­le Ver­schluss­krank­heit“) eine DAF zum Ein­satz kom­men. Zu beach­ten ist dabei, dass die Ver­sor­gungs­emp­feh­lung der AG Fuß die all­ge­mein aner­kann­te aktu­el­le Basis für die The­ra­pie des dia­be­ti­schen Fuß­syn­droms ist – nicht die älte­re abwei­chen­de Indi­ka­ti­ons­lis­te aus dem Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis (HMV) 3.

Maß-/Ab­form­tech­nik

Basis für eine adäqua­te Fuß­bet­tung ist neben der kor­rek­ten Ver­sor­gungs­pla­nung das Maß­neh­men und die genaue Abform­tech­nik des Fußes. Dabei liegt die Her­aus­for­de­rung dar­in, dass mit einem sta­ti­schen Abdruck­ver­fah­ren eine Bet­tung erstellt wer­den soll, die den ver­än­der­ten Spit­zen­be­las­tun­gen in der Dyna­mik gerecht wer­den muss. Somit ist vor der Ver­sor­gung unbe­dingt die Druck­ver­tei­lung in der Bewe­gung zu mes­sen. Dazu wird mit­tels elek­tro­ni­scher Pedo­ba­ro­gra­phie eine soge­nann­te Neu­tral­mes­sung durch­ge­führt. Die­se soll­te in einem Neu­tral­schuh erfol­gen. Die Innen­schuh­mes­sung hat gegen­über einer Druck­mess­plat­te den Vor­teil, dass die rea­lis­ti­sche Belas­tung über meh­re­re Schrit­te gemes­sen wird und nicht ein ein­zel­ner Schritt dazu genutzt wird, der die Mess­plat­te exakt tref­fen muss, was das Abroll­ver­hal­ten beein­flusst. Alter­na­tiv kann auch in dem kon­fek­tio­nier­ten Schutz­schuh für Dia­be­ti­ker gemes­sen wer­den, in dem spä­ter die Ver­sor­gung getra­gen wer­den soll. Dadurch kann die Druck­be­ein­flus­sung durch den spä­te­ren Schuh bereits erfasst werden.

Neben der Ana­ly­se der dyna­mi­schen Belas­tung ist es für die Anfer­ti­gung der Bet­tung essen­zi­ell, auch die genaue Posi­ti­on der Belas­tungs­stel­len am Modell repro­du­zie­ren zu kön­nen. Dazu wird im Ste­hen ein Blau­ab­druck vom Fuß ange­fer­tigt, um die Druck­spit­zen bei vol­ler Belas­tung zu erken­nen. Die Aus­wer­tung von Blau­ab­druck und Druck­mes­sung die­nen als Grund­la­ge zur Wei­ter­be­ar­bei­tung des spä­te­ren Modells und zur Ein­ar­bei­tung der Ent­las­tungs­ele­men­te in die Bettung.

Die eigent­li­che Abform­tech­nik erfolgt in der Regel als Schaum­ab­druck im Sit­zen. Die­se Tech­nik, den Abdruck in unbe­las­te­tem bzw. teil­be­las­te­tem Zustand vor­zu­neh­men, hat sich sehr bewährt, denn dabei erhält man ein sehr genau­es Bild von den Fuß­soh­len. Beim Schaum­ab­druck im Sit­zen soll der Unter­schen­kel in einem Win­kel von 90 Grad zum Ober­schen­kel ste­hen. Die eine Hand des Ortho­pä­die-Tech­ni­kers bzw. ‑Schuh­tech­ni­kers liegt auf dem Knie des Pati­en­ten, wäh­rend die zwei­te Hand des­sen Fer­se umfasst. Dann wird das Knie her­un­ter­ge­drückt und dabei die Fer­se geführt. Anschlie­ßend wird durch flä­chi­gen Druck am Fuß­rü­cken der Außen­spann her­un­ter­ge­drückt, danach der Groß­ze­hen­bal­len und die Zehen (Abb. 2). Dabei kön­nen die Absatz­spren­gung des spä­te­ren Schuhs und die rela­ti­ve Posi­ti­on des Vor­fu­ßes zum Rück­fuß bereits indi­vi­du­ell ein­ge­stellt wer­den. Die­ses Abdruck­ver­fah­ren erfor­dert eini­ge Übung, da es zwar rela­tiv leicht ist, die Fer­se über das Knie in den Schaum zu drü­cken, aber erheb­lich mehr Kraft erfor­der­lich ist, danach den Vor­fuß gleich­mä­ßig nach­zu­stel­len. Dies führt schnell zu einer Über­hö­hung der Längswölbungsstütze.

Vor dem Aus­gie­ßen der Schäu­me kön­nen bereits die Ver­län­ge­rung an der Fuß­spit­ze und eine mode­ra­te Tie­fer­le­gung an den Haupt­be­las­tungs­punk­ten ein­ge­ar­bei­tet wer­den. Dies erspart das spä­te­re Auf­tra­gen an die­sen Stellen.

Am Posi­tiv­mo­dell müs­sen bei adäqua­ter Vor­ar­beit dann nur noch die Berei­che abge­tra­gen wer­den, an denen eine ver­stärk­te Belas­tung statt­fin­den soll. Dies wird regel­haft im Bereich der Quer­wöl­bung statt­fin­den müs­sen, da hier die Weich­tei­le beim Schaum­ab­druck nicht genü­gend kom­pri­miert wer­den. Die­ses Nach­fol­gen der knö­cher­nen Quer­wöl­bung mit dem Ziel einer gleich­mä­ßi­gen Druck­ver­tei­lung darf nicht mit einer kor­ri­gie­ren­den Spreiz­fuß­pe­lot­te ver­wech­selt wer­den – Pelot­ten und Stu­fen in der Ober­flä­che sind nach den Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen des HMV in einer DAF obso­let 4. Eben­so ist ein Nach­fol­gen der knö­cher­nen Form im Über­gang von den Meta­tar­sal­köpf­chen zu den Meta­tar­sal­schäf­ten – was optisch wie eine retro­ka­pi­ta­le Quer­brü­cke erschei­nen mag – nicht als Stu­fe zu inter­pre­tie­ren, son­dern als Ver­grö­ße­rung der last­auf­neh­men­den Flä­che zur gleich­mä­ßi­gen Druck­ver­tei­lung. Die­se Nach­ar­bei­ten sind immer mit gro­ßer Sorg­falt vor­zu­neh­men, da falsch posi­tio­nier­te oder falsch geform­te Belas­tungs­ele­men­te leicht zu Über­las­tun­gen füh­ren können.

Fer­ti­gung der dia­be­tes­ad­ap­tier­ten Fußbettung/Materialauswahl

Von ent­schei­den­der Bedeu­tung für die las­tum­ver­tei­len­de Wir­kung der DAF ist neben der Form­ge­bung und der Schuh­kon­struk­ti­on vor allem die Mate­ri­al­aus­wahl. Grund­sätz­lich soll­ten dazu nur Mate­ria­li­en ver­wen­det wer­den, die aus­rei­chend lan­ge eine effek­ti­ve Druckum­ver­tei­lung ermög­li­chen. Dazu sind die Prüf­nach­wei­se der Her­stel­ler zu beach­ten. Aus­wahl­kri­te­ri­en sind unter ande­rem die Shore-Här­te, die Rück­stell­fä­hig­keit, die Dau­er­be­last­bar­keit und die hygie­ni­schen Eigen­schaf­ten. Nur durch einen indi­ka­ti­ons­ab­hän­gi­gen Mate­ri­al­mix aus min­des­tens drei ver­schie­de­nen Här­te­gra­den 4, bei dem das Gewicht des Pati­en­ten und des­sen Akti­vi­täts­grad berück­sich­tigt wer­den muss, lässt sich eine opti­ma­le Druck­ver­tei­lung in der Fuß­bet­tung errei­chen. Aller­dings ist die Stu­di­en­la­ge zu die­sem The­ma, vor allem gemes­sen an der Bedeu­tung für den Ver­sor­gungs­er­folg, äußerst dürf­tig. Zwar gibt es Stu­di­en 5 6 7, die die grund­sätz­li­che Eig­nung bzw. Nicht­eig­nung bestimm­ter Mate­ria­li­en für die unter­schied­li­chen Schich­ten bele­gen – kon­kre­te Emp­feh­lun­gen für bestimm­te Gewichts­klas­sen, Mobi­li­täts­gra­de oder Schä­di­gungs­ar­ten las­sen sich dar­aus aber nicht ablei­ten. Einig­keit besteht in den Stu­di­en jedoch dar­über, dass den unter­schied­li­chen Lagen bestimm­te Auf­ga­ben zukom­men und dass sich dar­aus unter­schied­li­che Anfor­de­run­gen an das Mate­ri­al ablei­ten las­sen: Die dem Kör­per zuge­wand­te Schicht wird als „bet­ten­de Schicht“ bezeich­net. Sie dient dazu, der Mobi­li­tät des Fußes gerecht zu wer­den und sich dem unter­schied­li­chen Fuß­re­li­ef in ver­schie­de­nen Belas­tungs­si­tua­tio­nen anzu­pas­sen, aber auch den län­ger­fris­ti­gen Fuß­ver­än­de­run­gen nach­zu­fol­gen. Die mitt­le­re Schicht hat im Wesent­li­chen dämp­fen­de Funk­ti­on, und die drit­te Schicht dient der Sta­bi­li­sa­ti­on. Druck­spe­zi­fi­sche Punk­te (wie z. B. Druck­spit­zen oder Ulzer­a­tio­nen) kön­nen zusätz­lich mit extra­wei­chem Mate­ri­al gebet­tet wer­den. Aus die­sen Anfor­de­run­gen ergibt sich, dass die Schicht mit der weichs­ten Shore-Här­te zum Fuß liegt und die wei­te­ren Schich­ten vom Fuß weg immer här­ter wer­den. Wich­tig ist auch, dass zum Fuß hin eine abwasch­ba­re und des­in­fi­zier­ba­re Schicht oder ein ent­spre­chen­der Bezug gewählt wird, damit die hygie­ni­schen Anfor­de­run­gen erfüllt wer­den kön­nen. Unter dem Aspekt der Hygie­ne ist zu beach­ten, dass offen­zel­li­ge Mate­ria­li­en zwar gute Dämp­fungs­ei­gen­schaf­ten auf­wei­sen, ande­rer­seits aber Feuch­tig­keit wie ein Schwamm auf­sau­gen und somit nicht im direk­ten Fuß­kon­takt ein­ge­setzt wer­den sollten.

Die Her­stel­ler von Pols­ter­ma­te­ri­al für dia­be­ti­sche Fuß­bet­tun­gen bie­ten ver­schie­dens­te Ein­schicht­plat­ten in unter­schied­li­chen Shore-Här­ten an. Die­se Schich­ten wer­den erhitzt und im Tief­zieh­ver­fah­ren über das Modell gezo­gen. Dabei müs­sen die Ver­ar­bei­tungs­tem­pe­ra­tu­ren und Ver­weil­zei­ten exakt ein­ge­hal­ten wer­den, da sich bei einer Über­hit­zung die Eigen­schaf­ten der Pols­ter deut­lich ver­än­dern. Dane­ben wer­den auch soge­nann­te Sand­wich- bzw. Com­bi-Plat­ten in ver­schie­de­nen Kom­bi­na­tio­nen ange­bo­ten, die bereits im Her­stel­lungs­pro­zess mit­ein­an­der vul­ka­ni­siert wer­den. Sie bie­ten den Vor­teil, dass der sonst not­wen­di­ge Kle­ber ent­fällt, der die Mate­ri­al­ei­gen­schaf­ten nega­tiv beein­flus­sen kann. Zwar haben Faulí und Kol­le­gen nach­ge­wie­sen, dass der Kle­ber initi­al kei­ne Beein­flus­sung dar­stellt 6, jedoch wur­den im Rah­men die­ser Stu­die kei­ne Lang­zeit­tests nach Ver­här­tung des Kle­bers durch­ge­führt. Sehr wei­che Mate­ria­li­en kön­nen nicht unter der Walk­mat­te ver­ar­bei­tet wer­den; dabei ist zunächst ein fes­te­res Mate­ri­al als Platz­hal­ter ein­zu­set­zen, das dann von Hand durch das wei­che­re Mate­ri­al ersetzt wird. Das Tief­zieh­ver­fah­ren selbst ist in den Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen des HMV als Qua­li­täts­an­for­de­rung fest­ge­legt (Abb. 3) 8. Neue­re Ver­fah­ren wie das Frä­sen von Bet­tun­gen oder der 3D-Druck wer­den im HMV bis­lang nicht berücksichtigt.

Die DAF soll­te idea­ler­wei­se in dafür vor­ge­se­he­nen kon­fek­tio­nier­ten Schutz­schu­hen für Dia­be­ti­ker (HMV 31.03.08. xxxx) oder in ortho­pä­di­schen Maß­schu­hen getra­gen wer­den. Die Stär­ke der Bet­tung ist unter­schied­lich und abhän­gig vom Umfang des Fußes und von den Platz­ver­hält­nis­sen im Schuh. Zwar wird nach HMV eine Min­dest­stär­ke von 8 mm gefor­dert 4, dies ist jedoch häu­fig nur mit spe­zi­el­len Schu­hen mit ver­grö­ßer­tem Innen­vo­lu­men zu ver­wirk­li­chen. Bei ortho­pä­di­schen Maß­schu­hen kann man im Vor­hin­ein die Stär­ke je nach Indi­ka­ti­on indi­vi­du­ell festlegen.

Abga­be

Bei der Abga­be der DAF (Abb. 4) muss die­se im ers­ten Schritt in den dafür vor­ge­se­he­nen Schuh exakt ein­ge­passt wer­den. Die DAF wird als inte­gra­ler Bestand­teil des Schuhs ange­se­hen und ist nicht als Wech­sel­bet­tung für ande­re Schu­he gedacht – selbst dann nicht, wenn es sich um das glei­che Grund­mo­dell han­delt. Ein neu­er Schuh erfor­dert somit immer eine eigens dafür ange­fer­tig­te Bet­tung. Dies ist auch der Grund, wes­halb die DAF in Pro­dukt­grup­pe 31 (Schu­he) und nicht 08 (Ein­la­gen) gelis­tet ist.

Nach der Ein­pas­sung in den Schuh soll­te die Bet­tung an den Fuß ange­hal­ten und über­prüft wer­den, ob die ein­ge­ar­bei­te­ten Be- und Ent­las­tungs­zo­nen kor­rekt posi­tio­niert sind. Dies sagt aber noch nichts über die kon­kre­te Belas­tung in der Dyna­mik aus, sodass zwin­gend eine Kon­troll­mes­sung zwi­schen Fuß und Bet­tung durch­ge­führt wer­den soll­te. Die­se Druck­mes­sung mit Ver­sor­gung kann dann mit der Neu­tral­mes­sung ver­gli­chen und so der Ver­sor­gungs­er­folg doku­men­tiert wer­den (Abb. 5a u. b). Einen wis­sen­schaft­lich nach­ge­wie­se­nen Grenz­wert für die maxi­mal tole­rier­ba­re punk­tu­el­le Belas­tung gibt es zwar nicht, jedoch wird häu­fig auf eine Unter­su­chung von Owings et al. ver­wie­sen, in deren Zusam­men­hang bei einer Nach­un­ter­su­chung an Pati­en­ten, die nach einer abge­heil­ten Ulzer­a­ti­on über län­ge­re Zeit rezi­div­frei geblie­ben waren, ein durch­schnitt­li­cher Druck von 207 kPa an der zuvor ulze­rier­ten Stel­le gemes­sen wur­de 9. Die­ser Wert wur­de auch von Bus und Kol­le­gen als Ziel­pa­ra­me­ter für einen erfolg­reich erprob­ten Ver­sor­gungs­al­go­rith­mus gewählt. Der zwei­te, alter­na­ti­ve Ziel­pa­ra­me­ter bestand in einer Ent­las­tung um min­des­tens 25 % im Ver­gleich zur unver­sorg­ten Situa­ti­on 10. Da sich die Fuß­be­las­tung über die gesam­te Nut­zungs­dau­er der DAF ver­än­dern kann – sei es durch Mate­ri­al­er­mü­dung oder durch Ver­än­de­rung der Fuß­form –, soll­te die Über­prü­fung der Ver­sor­gung in regel­mä­ßi­gen Abstän­den wie­der­holt werden.

Selbst wenn die gemes­se­nen Druck­wer­te bei einer Neu­ver­sor­gung unauf­fäl­lig erschei­nen, soll­te eine neue Bet­tung nie­mals sofort den gan­zen Tag getra­gen wer­den. Anfangs ist eine Sicht­kon­trol­le der Füße durch den Pati­en­ten selbst oder eine Hilfs­kraft nach einer zeit­lich begrenz­ten Tra­ge­dau­er drin­gend angeraten.

Fazit

Die Ver­sor­gung mit dia­be­tes­ad­ap­tier­ten Fuß­bet­tun­gen stellt hohe Anfor­de­run­gen an den Ortho­pä­die-Tech­ni­ker bzw. ‑Schuh­tech­ni­ker. Feh­ler­haf­te Ver­sor­gun­gen kön­nen auf­grund der Neu­ro­pa­thie deut­lich gra­vie­ren­de­re Fol­gen haben als bei ande­ren Indi­ka­tio­nen. Daher ist die Abrech­nung der DAF auch nur für zuge­las­se­ne Leis­tungs­er­brin­ger mit ent­spre­chen­dem Zer­ti­fi­kat mög­lich. Eine lücken­lo­se Doku­men­ta­ti­on mit Druck­ver­tei­lungs­mes­sung ist drin­gend zu emp­feh­len, um die Funk­tio­na­li­tät des Hilfs­mit­tels bei der Abga­be nach­wei­sen zu kön­nen. Die Ver­sor­gungs­emp­feh­lun­gen der AG Fuß sowie die Inten­ti­on der Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen des Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis­ses soll­ten berück­sich­tigt werden.

Für die Autoren:
Her­mann Trentmann
Trent­mann-Gro­mot­ka Ortho­pä­die-Schuh­tech­nik GmbH
Wei­den­al­lee 48
20357 Ham­burg
info@trentmann-gromotka.de

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
Trent­mann H, Baasch O. Dia­be­tes­ad­ap­tier­te Fuß­bet­tun­gen. Ortho­pä­die Tech­nik, 2018; 69 (10): 44–48

 

 

  1. Inter­dis­zi­pli­nä­re Arbeits­grup­pe Schuh­ver­sor­gung beim dia­be­ti­schen Fuß­syn­drom. Schuh­ver­sor­gung und Risi­koklas­sen beim Dia­be­ti­schen Fuß­syn­drom – und ana­lo­gen Neu­ro-Angio-Arth­ro­pa­thien. Stand: 25.02.2006. http://www.ag-fuss-ddg.de/download/Schuhversorgung_Risikoklassen_Regelversorgung.pdf (Zugriff am 13.08.2018)
  2. Arbeits­ge­mein­schaft Dia­be­ti­scher Fuß in der Deut­schen Dia­be­tes Gesell­schaft. Fuß-Doku­men­ta­ti­ons­bo­gen der AG-Fuß in der DDG. http://www.ag-fuss-ddg.de/download/Fussdokumentationsbogen_DDG.pdf (Zugriff am 13.08.2018)
  3. Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis des GKV-Spit­zen­ver­ban­des. Dia­be­tes adap­tier­te Fuß­bet­tun­gen für ortho­pä­di­sche Schu­he nach Maß oder kon­fek­tio­nier­te Schu­he (31.03.07.0). Beschreibung/Indikation. https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/produktlisteZurArt_input.action?paramArtId=2016 (Zugriff am 13.08.2018)
  4. Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis des GKV-Spit­zen­ver­ban­den. Dia­be­tes adap­tier­te Fuß­bet­tun­gen (31.03.07). Medi­zi­ni­sche Anfor­de­run­gen. https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/untergruppeAnzeigen_input.action?untergruppeId=708 (Zugriff am 13.08.2018)
  5. Paton J, Jones RB, Sten­house E, Bruce G. The phy­si­cal cha­rac­te­ristics of mate­ri­als used in the manu­fac­tu­re of ort­ho­ses for pati­ents with dia­be­tes. Foot Ank­le Int, 2007; 28 (10): 1057–1063
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  8. Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis des GKV-Spit­zen­ver­ban­des. Dia­be­tes adap­tier­te Fuß­bet­tun­gen für kon­fek­tio­nier­te Schu­he (31.03.07.0002). Merk­ma­le. https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/produktAnzeigen_input.action?produktId=26435 (Zugriff am 13.08.2018)
  9. Owings TM, Apel­q­vist J, Sten­ström A, Becker M, Bus SA, Kal­pen A, Ulb­recht JS, Cava­nagh PR. Plant­ar pres­su­res in dia­be­tic pati­ents with foot ulcers which have remain­ed hea­led. Dia­bet Med, 2009; 26 (11): 1141–1146
  10. Bus SA, Has­pels R, Busch-West­br­oek TE. Eva­lua­ti­on and opti­miza­ti­on of the­ra­peu­tic foot­wear for neu­ro­pa­thic dia­be­tic foot pati­ents using inshoe plant­ar pres­su­re ana­ly­sis. Dia­be­tes Care, 2011; 34 (7): 1595–1600
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