Deut­scher Aus­bil­dungs­markt bleibt Sorgenkind

Der Ausbildungsmarkt in Deutschland zeigt Anzeichen der Erholung, da im Berichtsjahr 2023 bundesweit 489.200 duale Ausbildungsverträge abgeschlossen wurden – ein Plus von 3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dies zeigt die Ausbildungsmarktbilanz 2023, die Ende des vergangenen Jahres veröffentlicht wurde. Trotz dieser positiven Entwicklung liegt die Gesamtzahl der Neuabschlüsse immer noch um 35.900 Verträge unter dem Niveau von 2019, vor dem Ausbruch der Pandemie.

„Der Anstieg der neu abge­schlos­se­nen Aus­bil­dungs­ver­trä­ge ist ein gutes Zei­chen. Den­noch lie­gen wir noch deut­lich unter dem Niveau von vor der Coro­na-Pan­de­mie und ist die Zahl sowohl der unbe­setz­ten Aus­bil­dungs­stel­len als auch der unver­sorgt geblie­be­nen Bewer­ber gestie­gen. Mit unse­rer Exzel­lenz­in­itia­ti­ve Beruf­li­che Bil­dung sor­gen wir für neu­en Schub und machen die beruf­li­che Bil­dung in ihrer gesam­ten Brei­te attrak­ti­ver und moder­ner. Dazu gehört auch, dass wir die Berufs­ori­en­tie­rung stär­ken, um über die span­nen­den Berufs­mög­lich­kei­ten und attrak­ti­ven Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten einer dua­len Aus­bil­dung zu infor­mie­ren. Die beruf­li­che Bil­dung ist ein tol­les Sprung­brett in ein erfolg­rei­ches Berufs­le­ben und abso­lut gleich­wer­tig zum Stu­di­um“, erklär­te Bun­des­bil­dungs­mi­nis­te­rin Bet­ti­na Stark-Watzinger.

Anzei­ge

Die Jugend­li­chen zeig­ten ver­stärk­tes Inter­es­se an dua­len Berufs­aus­bil­dun­gen, die Nach­fra­ge im Jahr 2023 stieg um 3,2 Pro­zent an. Das Ange­bot an Aus­bil­dungs­stel­len erhöh­te sich eben­falls um 3,4 Pro­zent auf 562.600, wodurch das Ange­bot bereits zum zwei­ten Mal in Fol­ge die Nach­fra­ge übertraf.
Die Ana­ly­sen des Bun­des­in­sti­tuts für Berufs­bil­dung (BIBB) ver­deut­li­chen jedoch auch zuneh­men­de Schwie­rig­kei­ten, Betriebs­an­ge­bo­te und Jugend­nach­fra­ge effek­tiv abzu­glei­chen. Im Jahr 2023 blie­ben deutsch­land­weit rund 73.400 Aus­bil­dungs­stel­len unbe­setzt. Gleich­zei­tig blie­ben 11,5 Pro­zent der Jugend­li­chen ohne Aus­bil­dungs­platz, was auf einen wach­sen­den Mis­match zwi­schen Ange­bot und Nach­fra­ge hinweist.

Die ver­bes­ser­te Aus­bil­dungs­bi­lanz ist für BIBB-Prä­si­dent Fried­rich Hubert Esser zwar ein „erfreu­li­ches Ergeb­nis“, das aber nicht zufrie­den stel­len kön­ne. „Die Zah­len lie­gen immer noch deut­lich hin­ter denen aus dem Jahr 2019, dem Jahr vor der Coro­na-Pan­de­mie, zurück. Dazu haben die Pas­sungs­pro­ble­me wei­ter zuge­nom­men, die ziel­füh­ren­de Maß­nah­men erfor­dern. Gefragt sind ins­be­son­de­re eine die Jugend­li­chen errei­chen­de Berufs­ori­en­tie­rung sowie ver­bes­ser­te Maß­nah­men zur Unter­stüt­zung der Mobi­li­tät von Aus­zu­bil­den­den. Auch Klein- und Kleinst­be­trie­be brau­chen mehr Unter­stüt­zung, wenn es um die jugend­ge­rech­te Akqui­se von Schul­ab­gän­ge­rin­nen und Schul­ab­gän­gern geht, vor allem bei der digi­ta­len Kom­mu­ni­ka­ti­on in den sozia­len Netzwerken.“

Prof. Dr. Friedrich Hubert ­Esser ist nicht zufrieden mit der ­Ausbildungsbilanz 2023. Foto: Gelowicz
Prof. Dr. Fried­rich Hubert ­Esser ist nicht zufrie­den mit der ­Aus­bil­dungs­bi­lanz 2023. Foto: Gelowicz

Die Betrie­be set­zen ver­stärkt auf diver­se Rekru­tie­rungs­ka­nä­le, wobei im Durch­schnitt fünf bis sechs unter­schied­li­che Kanä­le genutzt wer­den. Die Ana­ly­se zeigt, dass Betrie­be beson­ders auf indi­rek­te Rekru­tie­rungs­ka­nä­le set­zen, wobei 75 Pro­zent auf die Ver­mitt­lungs­diens­te der ört­li­chen Arbeits­agen­tur ver­trau­en. Sozia­le Medi­en wer­den eben­falls von fast der Hälf­te der Betrie­be genutzt, wäh­rend das Betriebs­prak­ti­kum von 70 Pro­zent der Betrie­be ein­ge­setzt wird.

Über­ra­schend zeigt die Ana­ly­se, dass Betrie­be, die vie­le indi­rek­te Kanä­le nut­zen, zwar vie­le Bewer­bun­gen erhal­ten, das Risi­ko, Aus­bil­dungs­plät­ze nicht beset­zen zu kön­nen, jedoch nicht sinkt. Direk­te, per­sön­li­che Rekrutierungs­kanäle erwei­sen sich als effek­ti­ver, um Aus­bil­dungs­plät­ze erfolg­reich zu besetzen.

Ins­ge­samt ver­deut­licht die aktu­el­le Lage auf dem Aus­bil­dungs­markt die Not­wen­dig­keit für Betrie­be, ihre Rekru­tie­rungs­stra­te­gien zu über­den­ken und sich auf per­sön­li­che Anspra­che zu kon­zen­trie­ren, um den stei­gen­den Her­aus­for­de­run­gen erfolg­reich begeg­nen zu können.

„Das Hand­werk bil­det wei­ter mit gro­ßem Enga­ge­ment aus und leis­tet als aus­bil­dungs­star­ker Wirt­schafts­be­reich einen ganz wesent­li­chen Bei­trag zur Fach­kräf­te­si­che­rung und zur Zukunfts­ge­stal­tung“, erklär­te Jörg Dittrich, Prä­si­dent des Zen­tral­ver­ban­des des Deut­schen Hand­werks (ZDH). „Mit Sor­ge sehen wir jedoch, dass die unbe­setzt geblie­be­nen Aus­bil­dungs­plät­ze im Hand­werk zuneh­men. Es besteht drin­gen­der poli­ti­scher Hand­lungs­be­darf der Bun­des­re­gie­rung, damit wie­der mehr jun­ge Men­schen für die aus­sichts­rei­chen Berufs­ein­stiegs- und Kar­rie­re­chan­cen der dua­len Aus­bil­dung im Hand­werk gewon­nen wer­den. Not­wen­dig sind eine Bil­dungs­wen­de und eine ech­te Gleich­wer­tig­keit zwi­schen aka­de­mi­scher und beruf­li­cher Bil­dung in mate­ri­el­ler und ideel­ler Hin­sicht. Nur so sichern wir die Fach- und Füh­rungs­kräf­te von morgen.“

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