Der Ein­fluss einer dyna­mi­schen Lum­bal­fle­xi­ons­or­the­se auf Rücken­schmerz und schmerz­freie Geh­stre­cke — Ergeb­nis­se einer pro­spek­ti­ven kli­ni­schen Beobachtungsstudie

M. Lang, K. J. Schnake, I. V. Rembitzki, K. Lidolt, M. Vollbrecht, K. Wagner, C. Liebau
An zwei Kliniken wurde eine Beobachtungsstudie mit 31 Patienten mit lumbalen Rückenschmerzen durchgeführt. Die Patienten erhielten für vier Wochen eine dynamische Rückenlumbalorthese (Dyneva, Otto Bock Health-Care GmbH), wobei davor und danach klinische Parameter erfasst wurden. Alle Patienten waren mit der Orthese zufrieden, und 76 % beurteilten die erzielte Stabilität als gut oder sehr gut. Die Tragedauer variierte stark, lag aber durchschnittlich bei zwei bis vier Stunden täglich. Die Rückenschmerzen verbesserten sich signifikant um 1,2 Punkte auf der NAS. Die schmerzfreie Gehstrecke erhöhte sich signifikant um 700 Meter. Die Rückenorthese kann als sinnvolle Erweiterung der Palette an Therapiemöglichkeiten für Patienten mit lumbalen Rückenbeschwerden und eingeschränkter Gehstrecke gesehen werden.

Ein­lei­tung

Aktu­el­le Zahlen

Rücken­schmer­zen zäh­len zu den am häu­figs­ten vor­kom­men­den Volks­krank­hei­ten in Indus­trie­län­dern 12. In Deutsch­land ent­wi­ckeln zwi­schen 80 und 85 % der Bevöl­ke­rung zumin­dest ein­mal in ihrem Leben Beschwer­den im Rücken­be­reich 3. Bei einem Zehn­tel der Betrof­fe­nen mani­fes­tie­ren sich die Schmer­zen als chro­nisch. Die finan­zi­el­le Belas­tung des Staa­tes durch Behand­lungs­kos­ten und Arbeits­aus­fall ist beacht­lich und betrug 2008 unge­fähr 9 Mil­li­ar­den Euro (6 % aller medi­zi­ni­schen Kos­ten) in Deutsch­land 4. Der Groß­teil der Kos­ten ent­steht hier­bei durch den Aus­fall am Arbeits­platz mit 85 %, der ver­hält­nis­mä­ßig klei­ne Anteil von 15 % ent­fällt auf die medi­zi­ni­sche Inter­ven­ti­on 5. Im Zeit­raum von 2006 bis 2014 stieg die Zahl der sta­tio­nä­ren Behand­lun­gen von Pati­en­ten mit Rücken­schmer­zen um unge­fähr 50 % 6. Der Anteil der Früh­be­ren­tun­gen auf­grund von Rücken­schmer­zen ist mit 18 % ein ernst­zu­neh­men­der Fak­tor in einer älter wer­den­den Gesell­schaft 7.

Ursa­chen

Ursa­chen Typi­sche Ursa­chen für den unspe­zi­fi­schen Rücken­schmerz sind unter ande­rem ein­sei­ti­ge und/oder über­mä­ßi­ge Belas­tung (z. B. durch schwe­res Heben mit fal­scher Hebe­tech­nik, lan­ges und häu­fi­ges Sit­zen im Auto etc.) 8. Ein Haupt­pro­blem unse­rer Zeit ist aber vor allem die ganz­tä­ti­ge Büro­tä­tig­keit. Lang­an­hal­ten­des, dau­er­haf­tes Sit­zen kann eben­so dazu füh­ren, dass Mus­keln, Bän­der und Seh­nen ver­kür­zen und Gelen­ke dege­ne­rie­ren. Bestimm­te For­men von Stress bzw. andau­ern­de psy­chi­sche Belas­tungs­si­tua­tio­nen kön­nen einen nega­ti­ven Effekt ver­stär­ken. Dies führt in der Regel zu Schmer­zen und zu einer ein­ge­schränk­ten Mobi­li­tät der Betrof­fe­nen. Eine sofor­ti­ge The­ra­pie ist in der Regel indi­ziert und not­wen­dig. Davon abzu­gren­zen sind spe­zi­fi­sche Rücken­schmer­zen, die in der Regel erwor­ben oder anla­ge­be­dingt sind.

Grund­sätz­lich kann man Rücken­schmer­zen in zwei ursa­chen­spe­zi­fi­sche Berei­che ein­tei­len: in spe­zi­fi­sche und nicht­spe­zi­fi­sche Rücken­be­schwer­den. Bei spe­zi­fi­schen Rücken­lei­den kön­nen die Beschwer­den einer ein­deu­ti­gen, struk­tu­rell nach­weis­ba­ren Ursa­che zuge­ord­net wer­den (z. B. Spi­nal­ka­nals­teno­sen oder Band­schei­ben­vor­fall). Bei unspe­zi­fi­schen Rücken­schmer­zen sind die Ursa­chen für die Beschwer­den in der Regel struk­tu­rell nicht ein­deu­tig. Der Anteil der Pati­en­ten mit unspe­zi­fi­schen Rücken­be­schwer­den ist mit ins­ge­samt ca. 85 % deut­lich grö­ßer als der Anteil der Pati­en­ten mit spe­zi­fi­schen Ursa­chen 910.

The­ra­pie­an­sät­ze

Auf­grund der enor­men gesamt­wirt­schaft­li­chen Aus­wir­kun­gen von Rücken­be­schwer­den ste­hen The­ra­pie­ef­fi­zi­enz und ‑effek­ti­vi­tät mehr denn je im Fokus von Poli­tik, Unter­neh­men und Kos­ten­trä­gern. Die The­ra­pien sowohl bei spe­zi­fi­schen als auch bei unspe­zi­fi­schen Rücken­be­schwer­den haben ein gemein­sa­mes Ziel, näm­lich die Lin­de­rung bzw. Besei­ti­gung der Rücken­schmer­zen und der ein­ge­schränk­ten Mobi­li­tät. Ortho­pä­di­sche Hilfs­mit­tel kön­nen die ärzt­li­che The­ra­pie unter­stüt­zen. Schmerz­me­di­ka­ti­on und Manu­el­le The­ra­pie sind regel­haf­te Behand­lungs­an­sät­ze bei Rücken­be­schwer­den. Für die Anwen­dung ortho­pä­die­tech­ni­scher Hilfs­mit­tel wie spe­zi­el­ler Orthe­sen besteht wider­sprüch­li­che Evi­denz hin­sicht­lich ihrer Wir­kung 11. Sta­ti­sche Hilfs­mit­tel füh­ren in der Regel nicht zum erwünsch­ten Erfolg, da sie kaum Ein­fluss auf die mus­ku­lä­re Reak­ti­on der Rücken­schmer­zen neh­men; sie unter­stüt­zen eher den Teu­fels­kreis aus Schmer­zen und hoher lum­ba­ler Muskelsteifigkeit.

Eine all­ge­mei­ne, auch sekun­där­prä­ven­ti­ve Emp­feh­lung bei Rücken­schmer­zen ist die regel­mä­ßi­ge Deh­nung bzw. Bewe­gung des Rückens im schmerz­frei­en Bereich 12. Dies kann zu einer ver­bes­ser­ten Durch­blu­tung, einer Deh­nung der ver­kürz­ten Mus­ku­la­tur und der semie­las­ti­schen Weich­tei­le sowie einer gene­rel­len Ent­las­tung der betrof­fe­nen Struk­tu­ren wie Band­schei­ben, Facet­ten­ge­len­ken und spi­na­len For­ami­na füh­ren 13. Den Ansatz der dyna­mi­schen Ent­las­tung der Len­den­wir­bel­säu­le durch mus­kel- und weich­teil­be­ein­flus­sen­de Lum­bal­fle­xi­ons­or­the­sen ver­folgt die neu ent­wi­ckel­te Orthe­se „Dyne­va“ der Otto Bock Health­Ca­re GmbH. Die neue Lum­bal­fle­xi­ons­or­the­se för­dert den dyna­mi­schen Pro­zess der Reduk­ti­on der mus­kel­kraft­in­du­zier­ten Kom­pres­si­on im lum­ba­len Bereich, ent­las­tet die rele­van­ten betrof­fe­nen Struk­tu­ren und rich­tet die Len­den­wir­bel­säu­le auf.

Ziel der Beob­ach­tungs­stu­die war es, ers­te kli­ni­sche Erfah­run­gen mit der neu­en Orthe­se zu sam­meln und Hypo­the­sen zu ihrer Wirk­sam­keit hin­sicht­lich Schmerz­ver­hal­ten, Geh­stre­cken­er­wei­te­rung und Com­pli­ance zu überprüfen.

Metho­dik

Im Fach­be­reich Ortho­pä­die und Unfall­chir­ur­gie der Askle­pi­os Harz­kli­nik Bad Harz­burg und im Zen­trum für Wir­bel­säu­len­the­ra­pie in der Schön Kli­nik Nürn­berg Fürth wur­de eine pro­spek­ti­ve Beob­ach­tungs­stu­die an 31 Pati­en­ten mit der Dyne­va-Rücken­or­the­se durch­ge­führt. Ein­schluss­kri­te­ri­um war das Vor­lie­gen zumin­dest einer der fol­gen­den Indi­ka­tio­nen: chro­ni­scher (min­des­tens 6 Mona­te) spe­zi­fi­scher Rücken­schmerz, chro­ni­scher (min­des­tens 6 Mona­te) unspe­zi­fi­scher Rücken­schmerz, ein­ge­schränk­te schmerz­freie Geh­stre­cke. 16 der Pati­en­ten waren weib­lich, 15 männ­lich, mit einem durch­schnitt­li­chen Alter von 65,0 ± 11,5 Jah­ren. 26 der Pati­en­ten hat­ten Rücken­schmer­zen, 5 mach­ten dazu kei­ne Anga­be. Bei 19 der Pati­en­ten gab es aus­strah­len­de Schmer­zen (z. B. ins Bein), 5 mach­ten hier­zu kei­ne Anga­be. 23 Per­so­nen gaben an, dass sie auf­grund ihrer Rücken­schmer­zen nur eine ein­ge­schränk­te Geh­stre­cke zurück­le­gen kön­nen. Bei allen Pati­en­ten lag min­des­tens eine spe­zi­fi­sche Indi­ka­ti­on vor, 86 % der Pati­en­ten gaben drei oder mehr Indi­ka­tio­nen an (Abb. 1). Die am häu­figs­ten genann­ten Dia­gno­sen inner­halb der Stu­di­en­po­pu­la­ti­on waren die Spon­dy­l­ar­thro­se mit 26 %, gefolgt von sons­ti­gen Dege­ne­ra­ti­ons­er­schei­nun­gen (21 %), Wur­zel­reiz­syn­drom (19 %), Spi­nal­ka­nals­teno­se (17 %), Band­schei­ben­pro­laps und ‑pro­tru­si­on (12 %) und lum­ba­ler Insta­bi­li­tät (5 %). 17 Pati­en­ten stan­den zum Zeit­punkt des Stu­di­en­be­ginns unter Schmerz­me­di­ka­ti­on – 13 Pati­en­ten mit Bedarfs­me­di­ka­ti­on (z. B. Vol­ta­ren, Ibu­profen, Diclo­fe­nac) und 4 Pati­en­ten mit Dau­er­me­di­ka­ti­on (z. B. Oxy­c­o­don, Arcoxia, Tra­ma­dol). 20 Pati­en­ten waren in the­ra­peu­ti­scher Behand­lung (Kran­ken­gym­nas­tik, Phy­sio­the­ra­pie, Mas­sa­ge, Was­ser­gym­nas­tik, Rücken­schu­le, Reha-Sport).

Orthe­se

Die dyna­mi­sche Rücken­or­the­se Dyne­va besteht aus einer offe­nen Metall­rah­men­kon­struk­ti­on mit drei Auf­la­ge­punk­ten im Rücken­be­reich (zwei knapp unter­halb der Schul­ter­blät­ter und einer auf dem Kreuz­bein) und einem Tex­til­ver­schluss über dem Bauch (Abb. 2). Der obe­re und der unte­re Teil der Orthe­se sind mit einem dyna­mi­schen Schen­kel­fe­der-Ele­ment mit­ein­an­der ver­bun­den und gegen­ein­an­der beweg­lich. Die vor­ein­ge­stell­te Feder­kraft wirkt der Bewe­gung (z. B. beim Gehen) der lum­ba­len Wir­bel­säu­le in Rich­tung Lor­do­se ent­ge­gen. Durch die­sen Effekt kommt es zu einer funk­tio­nel­len Auf­rich­tung der Len­den­wir­bel­säu­le wäh­rend der dyna­mi­schen Bewe­gung und einer gleich­zei­ti­gen „Ent­zer­rung“ in der fron­ta­len Ebe­ne, näm­lich einer Dekon­trak­ti­on der ver­spann­ten (und oft­mals ver­kürz­ten) para­ver­te­bra­len Rücken­mus­ku­la­tur. Die mus­kel­kraft­in­du­zier­te Kom­pres­si­on auf Wir­bel­ge­len­ke und Band­schei­ben wird durch die Wir­kung der Feder­ele­men­te nach dem Prin­zip einer ago­nis­tisch-ant­ago­nis­ti­schen De-Kon­trak­ti­on ver­rin­gert und die betrof­fe­nen Struk­tu­ren ent­las­tet. Die bio­me­cha­ni­sche Wir­kung der Orthe­se und die damit ver­bun­de­ne beschrie­be­ne Ver­än­de­rung der lum­ba­len, patho­lo­gisch hohen Mus­kel­stei­fig­keit konn­ten in einer bis­her noch nicht ver­öf­fent­lich­ten Stu­die am Insti­tut für Bio­me­cha­nik und Ortho­pä­die an der Sport­hoch­schu­le in Köln nach­ge­wie­sen wer­den. Die Dyne­va ist ein medi­zi­ni­sches Hilfs­mit­tel zur Füh­rung, Ent­las­tung und Kor­rek­tur der Len­den­wir­bel­säu­le und kann vom Arzt ver­ord­net werden.

Stu­di­en­ab­lauf

Von 31 Pati­en­ten, die auf­grund ihrer chro­ni­schen Rücken­schmer­zen ambu­lant behan­delt wur­den, wur­de das Ein­ver­ständ­nis zur Stu­di­en­teil­nah­me ein­ge­holt. Die Pati­en­ten wur­den vor Beginn der Inter­ven­ti­on mit der Dyne­va-Orthe­se mit­tels eines Base­line-Fra­ge­bo­gens zu ihrem aktu­el­len Schmerz­be­fin­den und ihren Geh­stre­cken­ein­schrän­kun­gen befragt. Eben­so wur­de der behan­deln­de Arzt zu Indi­ka­tio­nen und sons­ti­gen Ein­schrän­kun­gen des Pati­en­ten kon­tak­tiert. Bezüg­lich der Begleit­be­hand­lun­gen und Medi­ka­ti­on wur­de fest­ge­legt, dass wäh­rend der Inter­ven­ti­ons­pe­ri­ode nach Mög­lich­keit kei­ne Ände­rung der bestehen­den The­ra­pie durch­ge­führt wer­den soll. Es folg­te die Ver­sor­gung und Anpas­sung (Aus­wahl der Grö­ße, Ein­stel­lung des Rah­mens) der Orthe­se durch einen Ortho­pä­die-Tech­ni­ker. Die Tra­ge­dau­er der Orthe­se war im Vor­feld fest­ge­legt wor­den. Nach vier Wochen ver­ord­ne­ter Tra­ge­dau­er der Dyne­va spe­zi­ell bei der Bewe­gung kam es zu einer erneu­ten Befra­gung bezüg­lich des Gesund­heits­zu­stan­des und Ver­än­de­run­gen im All­tag beim Tra­gen der Orthe­se. Die ana­ly­sier­ten Out­co­me-Ele­men­te der Fra­ge­bö­gen waren: Zufrie­den­heit mit der Ver­sor­gung, Sta­bi­li­sie­rung des Rückens durch die Orthe­se, Com­pli­ance (Tra­ge­dau­er der Orthe­se), mög­li­che schmerz­freie Geh­stre­cke und Schmerz­grad (mit­tels Nume­ri­scher Ana­log-Ska­la, NAS).

Ergeb­nis­se

Zufrie­den­heit mit der Orthe­se und Stabilisierung

In Abbil­dung 3 ist die Zufrie­den­heit mit der Orthe­se und die Sta­bi­li­sie­rung des Rückens, ins­be­son­de­re des lum­ba­len Anteils, dar­ge­stellt. Bei der all­ge­mei­nen Zufrie­den­heit gab es zu 58 % eine „gute“ und zu 42 % eine „sehr gute“ Bewer­tung. Kein Pati­ent urteil­te hier mit „neu­tral“ oder „schlecht“ bzw. „sehr schlecht“. Die Sta­bi­li­sie­rung des Rückens, also weder eine zu star­ke noch zu schwa­che Unter­stüt­zung durch das Hilfs­mit­tel, wur­de über­wie­gend posi­tiv bewer­tet (32 % „sehr gut“, 44 % „gut“); nur ein gerin­ger Anteil von 24 % beur­teil­te die Wir­kung als „neu­tral“.

Com­pli­ance

Die Tra­ge­dau­er der Lum­bal­or­the­se wäh­rend der vier­wö­chi­gen Inter­ven­ti­ons­pe­ri­ode wur­de mit­tels Fra­ge­bo­gen erfasst. Ant­wort­mög­lich­kei­ten waren „täg­lich“, „4- bis 5‑mal pro Woche“, „2- bis 3‑mal pro Woche“ und „weni­ger als 2‑mal pro Woche“. Die Pati­en­ten wur­den zu Beginn dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Orthe­se so oft als mög­lich, spe­zi­ell wäh­rend des Ste­hens und Gehens (die Wir­kung der Orthe­se ent­fal­tet sich beson­ders in der Bewe­gung), ange­wen­det wer­den soll (Abb. 4). Die Mehr­heit der Pati­en­ten trug die Orthe­se täg­lich (54 %), ein Vier­tel 4- bis 5‑mal pro Woche, 17 % 2 — bis 3‑mal pro Woche und ein klei­ner Anteil von 4 % weni­ger als 2‑mal pro Woche. Her­un­ter­ge­bro­chen auf einen Tag teil­te sich die Tra­ge­dau­er wie folgt auf: ganz­tä­gig 8 %, 5 bis 8 Stun­den 25 %, 2 bis 4 Stun­den 67 % und weni­ger als 1 Stun­de 0 %.

Schmerz­freie Gehstrecke

Die schmerz­freie Geh­stre­cke wur­de über die frei gewähl­te schmerz­freie Distanz ermit­telt. In Abbil­dung 5 ist die durch­schnitt­li­che schmerz­freie Geh­stre­cke ange­ge­ben. Im Mit­tel ver­bes­ser­te sich die Geh­stre­cke von 800 auf 1500 Meter. Dies bedeu­tet eine durch­schnitt­li­che Stei­ge­rung um 700 Meter mit einer sta­tis­ti­schen Signi­fi­kanz von p < 0,01. Die Stei­ge­rung der Geh­stre­cke erfolg­te bei 61 % der Pati­en­ten; kei­ne Ände­rung der Geh­stre­cke gaben 39 % der Pati­en­ten an. 29 % der Pati­en­ten ver­dop­pel­ten ihre schmerz­freie Gehstrecke.

Schmer­zen

Der Schmerz­le­vel der Rücken­schmer­zen nahm auf der NAS von 5,6 auf 4,4 ab. Dies ent­spricht einer sta­tis­tisch signi­fi­kan­ten (p < 0.01) Schmerz­re­duk­ti­on von 1,2 Punkten.

Medikation/Therapeutische Inter­ven­ti­on

Bezüg­lich Schmerz­me­di­ka­ti­on und the­ra­peu­ti­scher Behand­lung vor und wäh­rend der Inter­ven­ti­ons­pe­ri­ode gab es bei kei­nem Pati­en­ten signi­fi­kan­te Ände­run­gen. Häu­fig­keit und Stär­ke der Medi­ka­ti­on wur­den aller­dings quan­ti­ta­tiv nicht erfasst.

Fazit

Der Groß­teil der Pati­en­ten trug die Orthe­se täg­lich zwi­schen zwei und vier Stun­den, vor­nehm­lich bei kör­per­li­cher Akti­vi­tät. Die Pati­en­ten berich­te­ten, dass sie spe­zi­ell in die­sen dyna­mi­schen Situa­tio­nen von der Orthe­se pro­fi­tier­ten. Die­se Pati­en­ten­rück­mel­dun­gen bestä­ti­gen die Hypo­the­se über die Wirk­wei­se der Dyne­va, die bei der akti­ven Deh­nung der Federn ihre ent­las­ten­de Wir­kung ent­fal­tet, was mit einer Reduk­ti­on der Beschwer­den und/oder einer ver­län­ger­ten Geh­stre­cke ein­her­ging. Com­pli­ance und Akzep­tanz der Orthe­se konn­ten im Mit­tel mit „gut“ bewer­tet wer­den. Bei stark adi­pö­sen Pati­en­ten kann es not­wen­dig sein, eine indi­vi­du­el­le Abschät­zung abzu­ge­ben, ob die Anla­ge­punk­te der Orthe­se gut erreicht wer­den können.

Die neue Lum­bal­or­the­se zeig­te eine posi­ti­ve Wir­kung bei der Stei­ge­rung der schmerz­frei­en Geh­stre­cke und erreich­te einen Zuge­winn an Mobi­li­tät bei der Mehr­heit der Pati­en­ten. Die dar­ge­stell­te Redu­zie­rung des Schmer­zes ist zwar sta­tis­tisch signi­fi­kant, aller­dings erreicht sie kei­ne kli­ni­sche Rele­vanz (die unge­fähr bei einer Ver­bes­se­rung zwi­schen 2 und 3 Punk­ten liegt) 1415. Aus dem Ergeb­nis lässt sich ablei­ten, dass der Schmerz erst spä­ter nach einer ver­län­ger­ten Geh­stre­cke ein­tritt. Auf die ver­zö­gert ein­set­zen­den Schmer­zen gab es in der Inten­si­tät kei­nen Ein­fluss. Immer­hin gaben 85 % der Pati­en­ten an, die Orthe­se auch nach der Inter­ven­ti­on wei­ter­hin zu tra­gen. Dies lässt ver­mu­ten, dass die Pati­en­ten einen aus­rei­chend hohen Nut­zen durch die Hilfs­mit­tel­an­wen­dung haben.

Zusam­men­fas­send kann fest­ge­stellt wer­den, dass die neue Lum­bal­fle­xi­ons­or­the­se die gewünsch­ten Effek­te der Ent­las­tung der LWS durch Reduk­ti­on der mus­kel­kraft­in­du­zier­ten Kom­pres­si­on auf Wir­bel­ge­len­ke, Band­schei­ben­struk­tu­ren und der spi­na­len For­ami­na am Pati­en­ten zeigt, Schmer­zen redu­ziert und die Geh­stre­cke ver­län­gern, zum Teil sogar ver­dop­peln kann.

Als Limi­ta­ti­on die­ser Unter­su­chung ist anzu­mer­ken, dass eine Kon­troll­grup­pe fehlt und dass die Quan­ti­tät der Medi­ka­ti­on nicht erfasst wur­de. Wei­te­re kli­ni­sche ran­do­mi­sier­te kon­trol­lier­te Stu­di­en soll­ten durch­ge­führt wer­den, um die Wir­kung der dyna­mi­schen Orthe­sen­ver­sor­gung nach­hal­ti­ger stu­die­ren zu können.

Für die Autoren:
Micha­el Lang, M. Sc.
Cli­ni­cal Pro­ject Manager
Otto Bock Health­Ca­re GmbH
Max-Näder-Stra­ße 15
37115 Duder­stadt
michael.lang@ottobock.de

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
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