Damit soll man dem deutschen Selbstbild als führende Wirtschafts- und Innovationsnation im weltweiten Vergleich gerecht werden. Der Digitalverband Bitkom ordnete den Entwurf zunächst als einen ersten Schritt in die richtige Richtung ein, mehr aber auch nicht, wie Präsident Achim Berg betont: „Wir begrüßen, dass mit mehrmonatiger Verspätung nun der Entwurf einer Digitalstrategie in die Ressortabstimmung geht. Handlungsleitend war das Prinzip ‚Gründlichkeit vor Schnelligkeit‘. Daran gemessen ist das Ergebnis in vielen Handlungsfeldern noch zu dünn. Einige entscheidende Bereiche wie zum Beispiel die Datenökonomie führen vornehmlich Bestandsprojekte auf, denen obendrein – wie zum Beispiel bei Gaia‑X – an anderer Stelle gerade die Mittel gekürzt wurden. Die in der Forschungsförderung notwendige Umkehr des Gießkannenprinzips zu einer starken Konzentration der Mittel auf digitale Schlüsseltechnologien wird nicht entschieden angegangen. Auch ein klares Bekenntnis zur weitestgehenden Abschaffung der unzähligen Schriftformerfordernisse fehlt. Gut ist, dass nun ein erster Strategieentwurf vorliegt, der Stoff für Diskussionen und Raum für Weiterentwicklungen bietet. Diese Entwicklungsräume müssen in den weiteren Abstimmungen mutig und konsequent gefüllt werden. Die Bundesregierung hat sich für diese Legislatur einen umfassenden digitalen Aufbruch vorgenommen. Übersetzt in das Jahr 2022 heißt das: Wir brauchen eine echte Zeitenwende in Deutschlands Digitalpolitik.“
Im Gesundheitswesen strebt das Ministerium eine „Vorreiterrolle bei Digital Health“ an. Ein Grundpfeiler, auf dem die zukünftige Gesundheitsversorgung stehen soll, ist der digitale Austausch von gesammelten Daten, um daraus einen Nutzen für künftige Versorgungen zu ziehen. Um im internationalen Vergleich nicht abgehängt zu werden, soll ein rascher „Austausch von Erkenntnissen und Innovationen zwischen Forschung und Gesundheitsversorgung“ vorgenommen werden.
Ein klarer zeitlicher Rahmen wurde von Seiten des Ministeriums ebenfalls definiert. Bis 2025 sollen erste Ziele bereits erreicht werden. Interpretationsspielraum lässt der Satz: „Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob die gemeinsame Datennutzung auch mit weiteren Partnern der Gesundheitsversorgung einen konkreten Mehrwert für Ärztinnen und Ärzte, Patientinnen und Patienten sowie für die Wissenschaft bringt.“ zu, welche Partner:innen der Gesundheitsversorgung vorerst ausgeschlossen sind von der Datennutzung.
Vor allem die Stärkung der elektronischen Patientenakte, in die bestehende und anfallende Daten von Patient:innen nun sukzessive überführt werden, ist ein weiteres spannendes Thema für die Orthopädie-Technik. Bereits im Koalitionsvertrag war schon angeklungen, dass sich das Verfahren rund um die digitalisierte Patientenakte verändert. Statt dass sich Patient:innen aktiv für eine Patientenakte entscheiden müssen, wird nun eine Akte für jeden angelegt, so lange bis dagegen Widerspruch eingelegt wird. Der BMDV-Entwurf unterstreicht dieses Vorhaben und betont, dass ab 2023 durch die freiwillige Datenfreigabe durch die Nutzer:innen die Forschung in Deutschland profitieren wird. Ob die Forscher:innen auch von den Erkenntnissen der Orthopädietechniker:innen profitieren werden, ist derzeit noch offen. Ein definitives Schreiberecht für die Betriebe ist gesetzlich noch nicht verankert worden. Falls Orthopädietechniker:innen ihre Versorgungen nicht entsprechend in die elektronische Patientenakte eintragen dürfen, würde dies konträr zu dem vom Ministerium formulierten Ziel stehen, viele qualitative Daten für die Forschung zu generieren.
Viele Betriebe stehen in diesem Zusammenhang aber noch vor einem anderen Problem: Die Versorgung mit leistungsfähigen Zugängen zum Internet ist längst noch nicht allerorts ermöglicht worden. Auch das soll sich, laut Strategiepapier, ändern: „Bis 2030 wird jeder in Deutschland Zugang zum Gigabitnetz haben“, lautet das Versprechen der beteiligten Politiker:innen. Das sind aber immerhin noch acht lange Jahre, bis auch der letzte Betrieb einen leistungsfähigen Zugang garantiert hat. In den Zeiträumen der digitalen Entwicklung der Vergangenheit kommt dies eigentlich der Ewigkeit gleich. Zum Vergleich: 2014, also vor acht Jahren, wurde von Apple das Iphone 6 als neues Smartphone-Modell vorgestellt – heute gibt es dafür nicht einmal mehr ein Softwareupdate fürs Betriebssystem.
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