OT: Herr Buhl-Wagner, 2020 schauten Sie gemeinsam mit Alf Reuter, dem Präsidenten des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik, in leere Messehallen. Wir groß ist die Freude darüber, dass Ihr „Haus“ nun wieder gut gefüllt sein wird?
Martin Buhl-Wagner: Nach der rein digitalen OTWorld.connect 2020 freuen wir uns sehr, dass die Weltleitmesse und der Weltkongress für moderne Hilfsmittelversorgung endlich wieder als Präsenztreffen in Leipzig stattfinden. Auch die beteiligten Partner aus der Industrie, dem Handwerk, der Wissenschaft und den Verbänden fiebern dem persönlichen Branchentreffen entgegen. Die digitale Sonderausgabe hat uns gezeigt, dass ein digitaler Austausch den persönlichen Kontakt nicht ersetzen kann. Gerade im Bereich der Hilfsmittelversorgung ist der Austausch in Präsenz wichtig, denn es geht im Kern um den Menschen und eine Verbesserung seiner Lebenssituation.
OT: Wenn sich dennoch jemand gegen einen persönlichen Besuch entscheidet, welche digitalen Formate stehen ihm zur Verfügung?
Buhl-Wagner: Auch Besucher, die in diesem Jahr nicht nach Leipzig reisen, können bei der OTWorld 2022 dank digitaler Angebote Neuheiten erleben, vom facettenreichen Kongressprogramm profitieren und sich mit spannenden Kontakten verknüpfen. Mit der digitalen Produkt- und Ausstellerwelt können Besucher sich gezielt über Aussteller und deren Produkte informieren, spannende Inhalte im Kongress, das Branchenpolitische Forum oder Live-Talks der Aussteller streamen. In der OTWorld-Mediathek stehen die Inhalte dann bis zu zwei Monate nach der Veranstaltung zur Verfügung.
Darüber hinaus wird ein neues Feature Matchmaking angeboten. Es ermöglicht eine interessensbasierte Vernetzung mit anderen Teilnehmern und dank integrierter Chat-Funktion sowie Videokonferenztool ist ein unmittelbarer Austausch möglich.
Auch für den Nachwuchs bieten wir mit einem digitalen Format MOOC — Massive Open Online Course — zum Thema „Interdisziplinäres Arbeiten in der Versorgung Amputierter“ die Gelegenheit zum interdisziplinären Lernen.
OT: Was hat sich aus Ihrer Sicht im Jahr 2020 bei der OTWorld.connect bewährt?
Buhl-Wagner: Die rein digitale OTWorld.connect war für uns die ideale Gelegenheit, neue digitale Elemente zu entwickeln und der Erfolg der digitalen Sonderausgabe hat uns gezeigt, ein fachlicher Austausch ist durch die digitalen Angebote bis in die entferntesten Ecken möglich. Wir werden an den Erfolg der letzten Veranstaltung anknüpfen und bewährte Formate wie die digitale Produkt- und Ausstellerwelt, das Branchenpolitische Forum und die Mediathek in die OTWorld 2022 einbinden.
OT: Wird sich der Digitalisierungstrend – unabhängig von der Entwicklung der Corona-Pandemie – weiter verstetigen und das digitale Angebot einer Messe erweitern? Und was bedeutet es für Sie als Messe?
Buhl-Wagner: Die Pandemie hat die Digitalisierung in vielen Bereichen unseres Alltags massiv beschleunigt und ist inzwischen nicht mehr wegzudenken. Mit der rein digitalen OTWorld.connect haben wir viele digitale Innovationen auf den Weg gebracht. Die digitale Sonderausgabe hat uns aber auch gezeigt, dass der virtuelle Austausch Präsenztreffen nicht ersetzen kann. Denn nur bei einem persönlichen Treffen kann man neue und unerwartete Eindrücke erleben. Bei einer Messe steht der persönliche Austausch ganz klar im Vordergrund. Wir Menschen sind soziale Wesen und brauchen den persönlichen Kontakt. Durch den Digitalisierungstrend werden sich auch Präsenzformate wie Messen stetig weiterentwickeln müssen. Die Erfahrungen bei anderen medizinischen Messen haben uns gezeigt, dass analoge Formate sehr gut mit digitalen Elementen ergänzt werden können. Daher verbinden wir zukünftig das Beste aus zwei Welten, so kann der Messebesuch noch effizienter gestaltet werden.
OT: Aktuell löst der Ukraine-Krieg die Corona-Pandemie im Bewusstsein der Menschen als eine der akutesten Krisen ab. Die ukrainische Stadt Lwiw liegt nur knapp 950 Kilometer von Leipzig entfernt und wurde von Russland angegriffen. Was bedeutet dieser Konflikt für die Messe der OTWorld?
Buhl-Wagner: Mit Messen und Kongressen gehen über politische Grenzen hinweg stets auch interkulturelle Begegnungen, die Förderung des gegenseitigen Verständnisses und ganz persönliche Begegnungen zwischen Menschen einher. Gerade in diesen Zeiten ist ein internationaler interdisziplinärer Austausch unter Kollegen im Bereich der internationalen Hilfsmittelversorgung umso wichtiger geworden. Deshalb sprechen wir uns als Leipziger Messe ganz klar gegen den Überfall der Ukraine durch die russische Armee aus und verurteilen diesen Krieg.
OT: Für die Leipziger Messe gehört Nachhaltigkeit zum verantwortungsvollen Wirtschaften. Wie erleben die Besucher:innen der OTWorld dieses Engagement?
Buhl-Wagner: Die Leipziger Messe setzt sich als Durchführer, Dienstleister und Partner von internationalen Veranstaltungen für Ressourcenschutz, Energieeinsparung, regionale Synergien und soziale Aspekte ein. Eine Vielzahl von Maßnahmen zeigt sich im Arbeitsalltag der Leipziger Messe und wird auch für die Besucherinnen und Besucher der OTWorld sichtbar. So unterstützen wir nachhaltige Mobilität durch die gute Anbindung des Geländes an den öffentlichen Personennahverkehr genauso wie mit Ladesäulen für E‑Fahrzeuge und eine Ladestation für E‑Bike-Akkus auf dem Gelände. Auch beim gastronomischen Angebot wird nachhaltiges Handeln konkret erlebbar. So schenkt unser Cateringunternehmen fairgourmet ausschließlich bio-zertifizierten, fair gehandelten Kaffee aus, legt viel Wert auf die Verwendung regionaler und fair gehandelter Produkte und arbeitet vor allem mit regionalen Produzenten und Lieferanten zusammen. Die Leipziger Messe wurde 2009 als erste deutsche Messegesellschaft mit dem international anerkannten Umwelt- und Nachhaltigkeitssiegel Green-Globe zertifiziert und seitdem jährlich rezertifiziert.
OT: Auf welche Neuerungen dürfen sich die Besucher:innen bei der OTWorld 2022 freuen?
Buhl-Wagner: Um den Menschen noch mehr in den Mittelpunkt der Versorgung zu stellen, haben wir Versorgungswelten zu den Themen Lympherkrankungen, Cerebralparese und Einlagen geschaffen. Besucher können diese in Rundgängen in den Messehallen erleben. Neu in diesem Jahr ist das Feature Matchmaking. Das Tool basiert auf einem interessensbasierten Networking und kann auch schon im Vorfeld der Messe zur Terminvereinbarung mit neuen Kontakten genutzt werden. Die Veranstaltung wird von der OTWorld-App begleitet. Dort finden Nutzer wertvolle Orientierung für ihren Messebesuch.
OT: Können Sie eine Empfehlung aussprechen, was sich die OTWorld-Teilnehmer:innen auf keinen Fall entgehen lassen sollten?
Buhl-Wagner: Fachbesucher erwarten im Kongress und auf der Messe viele spannende Highlights, die ihre tägliche Arbeit durch den interdisziplinären Austausch mit Kollegen bereichern werden.
Neben hochkarätigen Keynote-Speakern, Satelliten-Symposien, interdisziplinären Leuchttürmen im Weltkongress wird beispielsweise im Branchenpolitischen Forum mit internationalen Experten über die qualitätsgesicherte Hilfsmittelversorgung diskutiert.
OT: Wenn sich am 10. Mai die Pforten der Leipziger Messe öffnen, dann liegt eine lange Zeit der Vorbereitung hinter Ihnen. Werden Sie sich ganz bewusst einen Moment Zeit nehmen, um die Veranstaltung zu genießen oder fällt es Ihnen schwer bei all den Verpflichtungen den Kopf dafür freizubekommen?
Buhl-Wagner: Nach der langen Pause freue ich mich mit unserem ganzen Team sehr darüber, Fachexperten und Partner aus der Branche, der Wissenschaft, der Industrie und den Verbänden wieder persönlich begrüßen zu können. Es wird ein großartiges Klassentreffen!
Die Fragen stellte Heiko Cordes.