Auf 60 Seiten hat Moritz Schumacher, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ludwig-Fröhler-Institut für Handwerkswissenschaften im Bereich Recht in München, die MDR analysiert und Handlungsempfehlungen für die fünf Gesundheitshandwerke plus Chirurgiemechaniker:innen ausgesprochen.
Hintergrund der Kritik des BIV-OT ist, dass einige in der Abhandlung getätigten Aussagen nicht zu den von der AG MDR der Deutschen Gesellschaft für interprofessionelle Hilfsmittelversorgung e. V. (DGIHV) erarbeiteten Ergebnissen und Interpretationen der MDR passen. Aus Sicht von Lars Jäger, Vorstand im BIV-OT, ist es besonders ärgerlich, dass die Kommunikation zwischen Autor und Spitzenverband nicht zielführend war. „Der Bundesinnungsverband wurde von Herrn Schumacher kontaktiert. Daraufhin gab es eine Stellungnahme unsererseits. Diese fand – unserer Ansicht nach – aber leider keine Berücksichtigung bei den für unsere Branche relevanten Stellen in der Abhandlung. Deshalb haben wir ein Schreiben an den Autor geschickt, in dem wir unsere Kritikpunkte aufzählen. Außerdem möchten wir gerne im Dialog bleiben, da es uns allen gemeinsam wichtig ist, die Auslegung der MDR für unser Handwerk bestmöglich zu gewährleisten.“
Ganz konkret richtet sich die Kritik des BIV-OT auf fünf Punkte. Erstens sei das Aufgabengebiet der Orthopädietechniker:innen nicht vollständig aufgeführt worden. Außerdem sei zweitens die Abgrenzung von Hilfsmitteln zwischen Sonderanfertigungen und Serienprodukten zu kurz gegriffen. Nach dem Verständnis des BIV-OT „gelten als Hilfsmittel alle sächlichen Mittel oder technischen Produkte, die individuell gefertigt oder als serienmäßig hergestellte Ware in unverändertem Zustand oder als Basisprodukt mit entsprechender handwerklicher Zurichtung, Ergänzung bzw. Abänderung von den Leistungserbringern abgegeben werden“. Zu den Sonderanfertigungen zählen in der Orthopädie-Technik z. B. alle Einlagen, Orthesen und Bandagen für alle Körperbereiche, alle Prothesen, Sitz- und Lagerungsschalen. Hingegen fallen – entgegen der in der Abhandlung getätigten Aussage – Endoprothesen nicht in den Bereich der Orthopädie-Technik.
Der dritte Kritikpunkt umfasst die Einstufung in Risikoklassen. Hier seien die in der Abhandlung aufgezählten Beispiele teilweise falsch klassifiziert worden. Viertens seien die Regelungen des Paragraphen 9 des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes (MPDG) nicht für die Orthopädie-Technik und Orthopädie-Schuhtechnik relevant. Die entscheidende Reglung, wann ein speziell angepasstes Produkt nicht als Sonderanfertigung gilt, wird für die Branche über Art. 2 Satz 1 Ziff. 3 MDR definiert.
Letzter Punkt, der von Seiten des BIV-OT kritisiert wird, ist, dass nicht auf das Umsetzungskonzept der AG MDR der DGIHV für Sonderanfertigungen und die zahlreichen zur Verfügung gestellten Dokumente eingegangen wird.
Axel Sigmund, Leiter des Referats Digitalisierung, Berufsbildung und Forschung im BIV-OT, ist Mitglied der AG MDR der DGIHV. Er steht – gemeinsam mit Dipl.-Ing (FH) Sebastian Kaltenbach – am 19. September im Seminar „MDR leicht gemacht – So gelingt die erfolgreiche Umsetzung im Unternehmen“ als Referent zur Verfügung. Das Seminar wird von der Confairmed GmbH organisiert.
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