Insgesamt hat sich Lieferfähigkeit in der Hilfsmittelversorgung weitgehend stabilisiert. Nach wie vor bestehen jedoch Lücken bei zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln (PG 54) sowie ebenso bei Inhalations- und Atemtherapiegeräten (PG 14).
„Vor allem zu Beginn der Corona-Krise haben wir drastische Einschnitte in der Arbeitsfähigkeit unserer Betriebe sowie der Lieferfähigkeit etlicher Produktgruppen feststellen müssen. Die flächendeckende, qualitätsgesicherte Versorgung mit Hilfsmitteln geriet ernsthaft ins Wanken“, unterstreicht BIV-OT-Präsident Alf Reuter. „Leider war nicht allen Verantwortlichen im Gesundheitssystem klar, wie wesentlich – ja systemrelevant – die Arbeit unserer Branche für ein funktionierendes Gesundheitssystem ist.“ Bis heute seien Sanitätshäuser von der zentralen Verteilung von Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) zum Beispiel über Bundesministerien ausgenommen. Auch ein Ausgleich für die teils deutlich überhöhten Beschaffungskosten finde nicht statt.
Weiterhin Umsatz- und Auftragsverluste
Zum vierten Mal in Folge gab die Mehrzahl der befragten Betriebe an, dass sowohl Umsatz- als auch Auftragslage gegenüber des gleichen Monats des Vorjahres eingebrochen sei: Bei 62,9 Prozent habe demnach der Umsatz im Juni 2020 im Vergleich zum Juni 2019 abgenommen bzw. stark abgenommen. Für die Auftragslage sagten dies 59,2 Prozent. „Auch wenn die Rückgänge nicht mehr ganz so drastisch ausfielen – die angehäuften Verluste werden die Unternehmen nicht ausgleichen können“, so Reuter.
Getrübte Aussichten
Der Einfluss der Corona-Pandemie trübt den Blick in die Zukunft bei den Sanitätshäusern und orthopädietechnischen Betrieben, wie die Erhebung widerspiegelt. Zwar erwarteten mit 25,5 Prozent etwas mehr als ein Viertel der befragten Häuser für August 2020 einen zunehmenden oder stark zunehmenden Umsatz. Allerdings sahen demgegenüber 39,6 Prozent eine Abnahme oder starke Abnahme voraus. Ein ähnliches Bild bei der Auftragslage: Hier rechneten 24,7 Prozent mit einer Zunahme/starken Zunahme, jedoch 36,4 Prozent mit Abnahme/starker Abnahme. Die Patientinnen und Patienten seien noch immer verunsichert, erläutert Reuter: „Durch die Angst vor dem Virus SARS-CoV‑2 und einer 2. Infektionswelle besteht weiterhin die Tendenz, wichtige Arztbesuche aufzuschieben und planbare Eingriffe hinauszuzögern. Das ist beunruhigend, denn es birgt die Gefahr von Folgeschäden.“
Weniger Engpässe
Gute Werte attestierten die befragten Unternehmen der Arbeitsfähigkeit ihrer Unternehmensbereiche: So schätzten sich im Versorgungssegment Sanitätshaus 88 Prozent als „eher bzw. voll arbeitsfähig“ ein. In der Orthopädie-Technik lag dieser Anteil bei 86,2 Prozent, in der Orthopädie-Schuhtechnik bei 82,1 Prozent, Reha: 84,1, Home Care: 81,3 und Medizintechnik: 87,6 Prozent. Gegenüber den vorhergehenden Befragungen hatte sich die Lieferfähigkeit weiterhin stabilisiert. Trotzdem bestehen vor allem bei zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln (PG 54), aber ebenso bei Inhalations- und Atemtherapiegeräten (PG 14) Lücken fort. Die Engpässe bei PSA betreffen beispielsweise Einweghandschuhe: 42,18 Prozent der teilnehmenden Betriebe benannten hier einen Mangel, der „aktuell oder innerhalb der nächsten Woche“ zu Einschränkungen ihrer Lieferfähigkeit führt. Gefolgt von fehlendem Desinfektionsmittel (26,07 Prozent) und FFP2/3‑Mundschutz (18,48 Prozent).
Politischen Prozess beschleunigen
Erfreulich sei, dass die Ergebnisse der Befragung in den politischen Prozess der letzten Monate eingeflossen seien, stellt Reuter fest. Allerdings sei dies noch nicht in ausreichendem Maße geschehen. So habe MdB Dr. Roy Kühne, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit und zuständiger Berichterstatter für Hilfsmittel der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, bereits im April ein 5‑Punkte-Programm vorgelegt, um die flächendeckende Hilfsmittelversorgung während der Pandemie und für die Zukunft zu gewährleisten. Reuter: „Allerdings warten darin genannte Maßnahmen wie die Einrichtung eines Schutzschirms für Hilfsmittelerbringer oder die explizite Benennung der Hilfsmittelleistungserbringer und Hersteller als systemrelevante Versorger nach wie vor auf Umsetzung durch die Bundesregierung.“
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