Von der Gastgeberseite führten Dr. Henning Schweer – für den erkrankten Generalsekretär Patrick Grunau – und Generalsekretärin Kirsten Abel durch die 90-minütige Veranstaltung. Vor allem die aktuelle WvD-Umfrage zu den gestiegenen Kosten der OT-Betriebe als auch der BAS-Sonderbericht waren zwei zentrale Themen des Talks, der daher brandaktuell war. Antje Domscheit, Abteilungsleiterin „Kranken- und Pflegeversicherung“ beim BAS, machte direkt bei der Vorstellungsrunde klar, dass ein Austausch mit der Branche sehr willkommen ist: „Ich freue mich, dass ich an dieser Runde teilnehmen darf und bin gespannt, wie Ihre Sicht auf die Lage ist und was man noch ändern muss.“
Doch zunächst oblag es Dr. Henning Schweer, Referent Public Affairs & Kommunikation bei Rehavital, die neuesten Ergebnisse der WvD-Umfrage vorzustellen. Rund 400 Betriebe hatten an der Umfrage teilgenommen und vor allem die Frage, wie die Kostensteigerungen abgefedert werden können, beschäftigte viele. „Eigentlich müssten wir alle zwei Monate neue Verhandlungen führen“, erklärte Kirsten Abel. Langfristige Planungen und Voraussagen werden immer wieder von dem Tempo des Weltgeschehens überholt und stellen die Verhandler auf beiden Seiten vor neue Herausforderungen. Covid-Pandemie, Ukraine-Krieg und Energiekrise sind unvorhersehbare Preistreiber, die neben Klimawandel und demografischer Entwicklung ebenso wie neue bürokratische Anforderungen eigentlich ein ständiges Anpassen der Verträge nötig machen.
Antje Domscheit kritisierte in diesem Zusammenhang, dass bei den Verhandlungen von Seiten der Kostenträger zunächst einmal die Verträge verhandelt würden, die das Gros der Leistungsanforderungen durch die Versicherten abdecken würden – und dementsprechend auch die meisten Kosten produzieren. Andersherum hätten es kleine Krankenkassen schwer, an den Verhandlungstisch mit den Leistungserbringern zu kommen, um ihre Verträge auszuhandeln. Es klingt paradox – eigentlich gibt es trotz der Fülle an Verträgen zu wenig. Einige Produktgruppen sind, wie man dem BAS-Sonderbericht entnehmen kann, gar nicht vertraglich verhandelt und abgeschlossen worden. Das Fazit von Antje Domscheit lautet daher, dass das jetzige Vertragsmodell nicht funktioniert oder nicht funktionieren kann. Es müsse „(…) weniger Verträge und weniger Verhandler“ geben, so die Meinung der BAS-Abteilungsleiterin. Domscheit präsentierte im Talk auch bereits eine mögliche Lösung: Kollektivverträge. Diese könne man auf Landesebene schließen und damit den Aufwand erheblich reduzieren und gleichzeitig dabei regionale Unterschiede berücksichtigen. Bundesweite Verträge sieht Domscheit dagegen nicht als umsetzbar an, weil Versorger von Bundesland zu Bundesland andere Voraussetzungen vorfinden. Die Bündelung der Vertragspartner soll, laut Domscheit, übrigens vor allem auf Seiten der Kostenträger entstehen. Heißt im Klartext: Verträge, die auf Landesebene geschlossen werden, sollen dann kassenübergreifend gelten. Das Ziel müsse sein, dass jede Kasse auch einen Vertrag schließt, erklärte Domscheit.
Mit Blick auf den Sonderbericht des BAS kam die Juristin noch auf verschiedene andere Dinge zu sprechen. Zum Beispiel, dass die Qualitätsüberprüfung der Krankenkassen zu wünschen übriglasse. Oder dass nach dem Ende der Ausschreibungen einige Produktgruppen enorme Preissteigerungen erfahren hätten. „Ich habe da Verträge vorliegen gehabt, da habe ich der entsprechenden Krankenkasse ganz klar geraten, diesen Vertrag nicht zu unterschreiben“, so Domscheit. Kirsten Abel hielt dagegen, dass im Zuge der Ausschreibung teilweise enorme Preissenkungen hingenommen werden mussten, die anschließend in Verträgen wieder auf ein wirtschaftliches Niveau gehoben werden mussten.
„Wir Leistungserbringer sind seit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz im Jahr 2007 einen steinigen Weg gegangen. Wir wollen daher genau prüfen, welche Reformen wirklich Sinn ergeben“, erklärte Abel und bedankte sich beim BAS für die systematische Analyse des Hilfsmittelmarktes.
Heiko Cordes
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