Wis­sens­aus­tausch auf höchs­tem Niveau

„Neue“ oder „alte“ Normalität – am Ende dürfte es Stefan Bieringer, Direktor der Bundesfachschule für Orthopädie-Technik (Bufa), ein Stück weit egal gewesen sein, denn die Gastgeber des 13. Symposiums, das Bufa und Klinikum Dortmund gemeinsam ausrichteten, konnten in diesem Jahr erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie nicht nur Teilnehmer:innen an den Bildschirmen begrüßen, sondern blickten auch in viele Gesichter – zum Beispiel von Berufsschüler:innen, Meisterschüler:innen und Expert:innen, die den Weg nach Dortmund angetreten hatten.

Die­ses hybri­de Kon­zept ermög­lich­te sowohl für Referent:innen als auch für Teilnehmer:innen die maxi­ma­le Fle­xi­bi­li­tät. Einer­seits pro­fi­tier­te man in Dort­mund von dem per­sön­li­chen Aus­tausch mit den Teil­neh­men­den und den Vor­tra­gen­den der Prä­senz­ver­an­stal­tung sowie von der Indus­trie­aus­stel­lung, ande­rer­seits konn­ten auch Referent:innen ohne gro­ßen Rei­se­stress ihr Wis­sen mit dem Audi­to­ri­um tei­len. Eine gelun­ge­ne Premiere.

Die Begrü­ßung der Teilnehmer:innen teil­te sich Bier­in­ger mit sei­nem Gast­ge­ber­kol­le­gen Prof. Dr. Chris­ti­an Lüring, Direk­tor der Kli­nik für Ortho­pä­die im Kli­ni­kum Dort­mund, ehe Patrick Schrö­ter mit sei­nem Vor­trag „Ana­to­mi­sche und bio­me­cha­ni­sche Bedin­gun­gen für die Ver­an­ke­rung eines Endo­mo­duls im Kno­chen“ in den fach­li­chen Teil star­te­te. Schon wäh­rend die­ses ers­ten Vor­trags wur­den vie­le Nach­fra­gen gestellt, die bewie­sen, dass das dies­jäh­ri­ge Schwer­punkt­the­ma rund um die Endo-/Exo­pro­the­tik gut gewählt war. Dr. Jen­ni­fer Ernst wur­de per Live­stream aus Han­no­ver zuge­schal­tet und berich­te­te in ihrem Vor­trag über die Indi­ka­ti­on für Endo-Exo­pro­the­sen. Anschlie­ßend über­nahm mit Prof. Dr. Lüring sozu­sa­gen der „Haus­herr“ das Wort und wid­me­te sich mit dem Vor­trag „Implan­ta­ti­ons­tech­ni­ken Endo-Exo­pro­the­se am Ober­schen­kel­stumpf“ einem sei­ner „Leib- und Magen­the­men“. Aus Ber­lin wur­de Dr. Den­nis Vogt, Fach­ar­ti­kel­au­tor der OT-August-Aus­ga­be, von der Kli­nik für Unfall­chir­ur­gie und Ortho­pä­die, Sep­tisch-Rekon­struk­ti­ve Chir­ur­gie der Bun­des­wehr, zuge­schal­tet. Er brach­te den Zuhörer:innen das The­ma „Das (Haut-)Stoma: Gren­zen, Risi­ken und Per­spek­ti­ven“ näher. Ein inter­es­san­ter Vor­trag, der einen kri­ti­schen Punkt in der osseo­in­te­gra­ti­ven Ver­sor­gung beleuch­te­te und so sehr zur Dis­kus­si­on anreg­te, dass der Vor­mit­tags­zeit­plan trotz der unplan­mä­ßi­gen Ver­schie­bung des Vor­trags „Endo-Exo-Pro­the­tik der obe­ren Extre­mi­tät“ von Prof. Dr. Oskar Aszmann in den Nach­mit­tag ein­ge­hal­ten wer­den konn­te. Die Pau­se nutz­ten die Teil­neh­men­den, um sich aus­zu­tau­schen und um eine Table­top-Aus­stel­lung anzuschauen.

Medi­zin und The­ra­pie der Endo-Prothetik

Nach der Pau­se über­nahm dann zunächst Prof. Dr. Aszmann aus Wien das Wort, ehe Jana Cibu­ra, Fach­ärz­tin für Ortho­pä­die und Unfall­chir­ur­gie am Kli­ni­kum Dort­mund, mit dem The­ma „Ana­to­mie und Bio­me­cha­nik von Hüft- und Knie­ge­lenk“ in den zwei­ten The­men­block mit dem Schwer­punkt „Medi­zin und The­ra­pie der Endo-Pro­the­tik“ star­te­te. Dr. med. habil. Mar­tin Ellen­rie­der, Stellv. Direk­tor und lei­ten­der Ober­arzt der Ortho­pä­di­schen Kli­nik und Poli­kli­nik Ros­tock, führ­te die Zuhörer:innen in die „Kon­struk­ti­on endo­pro­the­ti­scher Gelen­ke“ ein. Gleich zwei Mal über­nahm Prof. Dr. Lüring in die­sem The­men­block das Mikro­fon und brach­te dem Publi­kum die The­men „Künst­li­cher Gelenk­er­satz: Indi­ka­tio­nen, Chan­cen und Kon­tra­in­di­ka­tio­nen“ sowie „Ergeb­nis­se Knie- und Hüft­ge­lenk­sen­do­pro­the­sen“ näher. Dr. Wolf Scheit­za dage­gen stell­te die „Reha­bi­li­ta­ti­on von TEP-Pati­en­ten“ vor. Prof. Dr. Cars­ten Gebert über­nahm den Abschluss die­ses Blocks und brach­te mit der „Endo­pro­the­tik in der Tumor­t­he­ra­pie“ noch ein­mal einen ande­ren Ver­sor­gungs­blick­win­kel ein.

Auch im letz­ten The­men­block „Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung und Reha­bi­li­ta­ti­on nach Revi­si­ons­ein­grif­fen“ des ers­ten Tages über­nahm Prof. Dr. Lüring noch­mals das Wort und stell­te die The­ma­tik „Pro­the­sen­re­vi­si­on und ‑wech­sel: beson­de­re Her­aus­for­de­rung“ vor. Der letz­te Bei­trag gehör­te Roland Döt­zer, der dem Audi­to­ri­um aus der Sicht der Ortho­pä­die-Tech­nik die „Reha­bi­li­ta­ti­on und Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung nach Pro­the­sen­wech­sel“ näherbrachte.

Sowohl in der Pau­se als auch beim Kol­le­gen­treff im Anschluss an die Vor­trä­ge konn­te das Audi­to­ri­um Musik­ein­la­gen der Jazz-Band um Dr. Scheit­za lauschen.

Pati­en­ten­per­spek­ti­ve im Fokus

Zum Start des zwei­ten Tages des Sym­po­si­ums stand die Pati­en­ten­per­spek­ti­ve im Fokus: „Leben mit Ampu­ta­ti­on: Wie homo­gen oder hete­ro­gen sind die Bedürf­nis­se der Betrof­fe­nen?“ frag­te Die­ter Jüpt­ner vom Bun­des­ver­band für Men­schen mit Arm- und Bein­am­pu­ta­ti­on (BMAB) die Zuhö­ren­den. Ganz dem Schwer­punkt des The­men­blocks „Leben mit Ampu­ta­ti­on“ ent­spre­chend beschäf­tig­te sich auch der Vor­trag von Prof. Dr. med. Bern­hard Grei­temann „AWMF-Leit­li­nie ‚Reha­bi­li­ta­ti­on nach Majo­ram­pu­ta­ti­on‘, was heißt das für Betrof­fe­ne und Fach­krei­se?“ mit der Per­spek­ti­ve von Betrof­fe­nen. Dr. Yann Fül­l­ing gehör­te der letz­te Bei­trag des ers­ten Blocks. Aus den Erfah­run­gen der Abtei­lung für BG Reha­bi­li­ta­ti­on des Uni­ver­si­täts­kli­ni­kums Berg­manns­heil in Bochum berich­te­te Fül­l­ing unter dem The­ma „Inte­grier­te Reha­bi­li­ta­ti­on nach Amputation“.

Der zwei­te von vier The­men­blö­cken befass­te sich mit der Exo-Pro­the­tik bei Fuß- und TT-Ampu­ta­tio­nen. Der Auf­takt gehör­te Dr. Tymo­teusz Bud­ny, der die „Ampu­ta­ti­on an Fuß- und Unter­schen­kel: Stumpf­bil­dung und Ergeb­nis­se“ vor­stell­te. Aktu­el­le Ver­sor­gungs­bei­spie­le brach­te Fabi­an Schnei­der in sei­nem Vor­trag „Fuß­pro­the­tik Sta­te of the Art“ näher. Julia Block frag­te „Was wis­sen wir über Fuß­am­pu­ta­ti­ons­pa­ti­en­ten und ihre Ver­sor­gun­gen?“ und lie­fer­te selbst eine Rei­he von Ant­wor­ten. Robert Hel­bing wag­te den Blick über den „deut­schen Tel­ler­rand“ hin­aus und erklär­te den Zuhörer:innen den „‚Gold­stan­dard‘ und Vari­an­ten in der Schaft­tech­no­lo­gie der US-Prothetik“.

Exo-Pro­the­tik bei TF-Amputationen

Dr. Rai­ner Eck­hardt stell­te zum Beginn des drit­ten The­men­blocks in sei­nem Vor­trag „Ober­schen­kel­am­pu­ta­ti­on: Stumpf­bil­dung und Ergeb­nis­se“ vor. OTM Ingo Pfef­fer­korn, Vor­sit­zen­der der Fort­bil­dungs­ver­ei­ni­gung für Ortho­pä­die-Tech­nik und Kon­gress­prä­si­dent der OTWorld 2024, prä­sen­tier­te in sei­nem Vor­trag den „‚Gold­stan­dard‘ und Vari­an­ten in der Schaft­tech­no­lo­gie der OS-Prothetik“.

Sven Vat­ter, der erst in die­sem Jahr für sei­ne außer­ge­wöhn­li­chen Leis­tun­gen im Meis­ter­lehr­gang an der Bufa aus­ge­zeich­net wor­den war, gab einen Aus­blick auf die „Per­spek­ti­ven in der Kon­struk­ti­on von TF-Pro­the­sen­schäf­ten“. Mit Dipl.-Ing. (FH) Mer­kur Ali­mus­aj steu­er­te auch der dies­jäh­ri­ge Kon­gress­prä­si­dent der OTWorld einen Bei­trag zum Sym­po­si­um bei. Der Hei­del­ber­ger refe­rier­te über „Pass­teil­kon­struk­tio­nen: Spek­trum und Aus­wahl­kri­te­ri­en“. Der längs­te und auch zeit­gleich phi­lo­so­phischs­te Titel für einen Rede­bei­trag kam von Dipl.-Ing. Mar­tin Pusch aus Duder­stadt: „Was kein pro­the­ti­sches Knie­ge­lenk der Zukunft leis­tet – eine Hom­mage an das größ­te Gelenk im mensch­li­chen Kör­per“. Er for­der­te die Teil­neh­men­den in gekonn­ter Wei­se zum Mit- und Sel­ber­den­ken auf.

Im Abschluss­block des 13. Sym­po­si­ums von Bun­des­fach­schu­le und Kli­ni­kum Dort­mund wand­te sich Dr. Arne Hen­drik Böcker digi­tal aus Lud­wigs­ha­fen in sei­nem Vor­trag „Ampu­ta­tio­nen der obe­ren Extre­mi­tät: Stumpf­bil­dung und Ergeb­nis­se“ an die Zuhörer:innen. Ste­fan Kunz refe­rier­te über das The­ma „Funk­tio­nel­ler Teil­hand­er­satz“. Ger­lin­de Ger­des vom Sani­täts­haus Jas­pert und Kuhl­mann wur­de dann sehr prak­tisch und stell­te „Ver­sor­gungs­bei­spie­le nach Unter­arm­am­pu­ta­ti­on bzw. Unter­arm­dys­me­lie“ vor. Ben­ja­min Ken­te­nich zeig­te in sei­nem Bei­trag „Die rich­ti­ge Wahl macht den Unter­schied“ am Bei­spiel unter­schied­li­cher Arm­pro­the­sen­kon­zep­te auf, wie die Ver­sor­gung die Funk­tio­na­li­tät der Anwen­den­den mit trans­hu­me­ra­ler Ampu­ta­ti­on beeinflusst.

OTM Hans-Magnus Holz­fuß, Fach­ar­ti­kel­au­tor der OT-August-Aus­ga­be, stell­te den Teilnehmer:innen die „Pro­the­sen­ver­sor­gung nach Ampu­ta­ti­on des Schul­ter­gür­tels“ mit TMR-Steue­rung vor. Den letz­ten Fach­vor­trag lie­fer­te Prof. Dr. David Lie­be­tanz mit dem The­ma „Mög­lich­kei­ten der Ansteue­rung von Armprothesen“.

Ins­ge­samt zogen die Orga­ni­sa­to­ren der Ver­an­stal­tung im Dort­mun­der Len­sing-Car­rée ein zufrie­de­nes Fazit, weil es gelun­gen war, ein fach­lich anspruchs­vol­les Pro­gramm mit nam­haf­ten Referent:innen in dem hybri­den For­mat trotz ein paar tech­ni­scher Pro­ble­me zum Ver­an­stal­tungs­start zu prä­sen­tie­ren, sich wie­der auf per­sön­li­cher Ebe­ne aus­zu­tau­schen und zu netz­wer­ken, sich zeit­gleich aber auch aus dem Klas­sen­zim­mer oder dem hei­mi­schen Büro zuzu­schal­ten und so eine Teil­nah­me über gro­ße Distan­zen hin­weg zu ermöglichen.

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