Wel­che Beson­der­hei­ten ­gel­ten für sen­so­mo­to­ri­sche, pro­priozeptive, neu­ro­lo­gi­sche, podo­ätiologische und affe­renz­ver­stär­ken­de Einlagen?

Das Hilfsmittelverzeichnis kennt unterschiedliche Typen von Einlagen, die dort durch ihre spezifischen Wirkeigenschaften (z. B. korrigierend, bettend, stützend) beschrieben sind. Darüber hinaus haben sich in den vergangenen drei Dekaden handwerkliche und therapeutische Versorgungsansätze mit eigenen und von den eingangs angeführten Einlagengruppen abweichenden Konzepten etabliert; sie werden ihrem Wirkungsansatz folgend z. B. als „sensomotorische“, „propriozeptive“, „neurologische“, „podoätiologische“ oder „afferenzverstärkende“ Einlagen bezeichnet. Die Wirkungsweise dieser Konzepte beschreibt der Fachartikel „Sensomotorische Einlagenversorgung – kritische Diskussion des Begriffs. Orthopädie Technik“ von Ludger Lastring [Quelle: Lastring L. „Sensomotorische“ Einlagenversorgung – kritische Diskussion des Begriffs. Orthopädie Technik, 2022; 73 (2): 40–46] hervorragend. Die Frage der Einordnung ins Hilfsmittelverzeichnis derselben lässt er jedoch offen. Ist ihr Anforderungsprofil sowohl in technischer Hinsicht als auch bezüglich der Ansprüche an Befundung, Herstellung, Anpassung und zeitlich nachlaufender Adaption anders zu bewerten als bei bettenden oder stützenden Einlagen?

Die nach­fol­gen­den Über­le­gun­gen dazu ver­ste­hen sich als nicht abschlie­ßend, denn soge­nann­te sen­so­mo­to­ri­sche Ein­la­gen, syn­onym oft als „pro­prio­zep­ti­ve Ein­la­gen“ bezeich­net, sind bei ein­zel­nen Kos­ten­trä­gern als Abrech­nungs­po­si­ti­on (08.00.03.07.01) zwar durch­aus hin­ter­legt, jedoch fehlt eine kla­re Beschrei­bung der Anfor­de­run­gen an die­se Ein­la­gen­ver­sor­gung. Ande­re Kos­ten­trä­ger wie­der­um schlie­ßen eine Erstat­tung in die­sem Bereich unter Ver­weis auf feh­len­de Evi­denz kate­go­risch aus; ein Nega­tiv­ver­weis im Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis wur­de am 21.12.2020 gestri­chen 1.

Die unkla­ren Begriff­lich­kei­ten füh­ren zu einer unzu­läs­si­gen Gleich­set­zung unter­schied­li­cher Inhal­te und spie­geln die Para­me­ter für die jewei­li­ge Erstel­lung sol­cher Ein­la­gen nicht ziel­füh­rend wider. Die Inten­ti­on die­ses State­ments in Bezug auf den Fach­ar­ti­kel von Lud­ger Last­ring besteht in einer Abgren­zung der Kon­zep­te unter­ein­an­der und gegen­über den Ein­la­gen der Pro­dukt­grup­pe 08.03. Ziel ist es, eine ange­mes­se­ne und aner­kann­te Ein­grup­pie­rung anhand einer Erör­te­rung des Ver­sor­gungs­pro­zes­ses zu erreichen.

Abgren­zung „klas­si­sche“ Ein­la­gen vs. „neue“ Einlagentypen

PG 08: Einlagen

Die Ein­la­gen der Pro­dukt­grup­pe 08.03. wer­den ihrer Funk­ti­on nach als „bet­tend“, „stüt­zend“, „kor­ri­gie­rend“ und/oder „ent­las­tend“ klas­si­fi­ziert. Das für eini­ge Unter­grup­pen gel­ten­de Anfor­de­rungs­pro­fil lau­tet: „Hand­werk­li­che Zurich­tung der Ein­la­gen aus Grund­ma­te­ria­li­en, auf Basis von in der Regel indus­tri­ell gefer­tig­ten kon­fek­tio­nier­ten Roh­lin­gen oder mit­tels Fräs­au­to­ma­ten auf Basis von elek­tro­ni­schen Fuß­ab­drü­cken und Fräs­roh­lin­gen“ 2. Dies lässt ver­mu­ten, dass eine vor­aus­ge­hen­de Dia­gnos­tik und eine wei­ter­ge­hen­de Indi­vi­dua­li­sie­rung nur begrenzt ein­ge­schlos­sen wer­den, denn der sonst im Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis gefor­der­te nahe­zu obli­ga­to­ri­sche Nach­weis des medi­zi­ni­schen Nut­zens bleibt an die­ser Stel­le offen. Somit sind für die Aus­wahl der Ein­la­gen­form qua Ver­ord­nungs­text die Dia­gno­se und der Scan oder Tritt­schaum vor­ge­ge­ben und wer­den mit indus­tri­el­len Vor­pro­duk­ten ange­passt oder vor Ort gefräst. Für die­ses Vor­ge­hen spricht auch das eng begrenz­te Preis­ge­fü­ge, in dem sich neben der Her­stel­lung der Ein­la­gen auch deren hand­werk­li­che Anpas­sung bewerk­stel­li­gen las­sen muss. Ein Ver­such, über digi­ta­le Struk­tu­ren kon­takt­los eine Online-Ver­sor­gung von Ein­la­gen aus der Fer­ne zu rea­li­sie­ren, konn­te in jüngs­ter Ver­gan­gen­heit vor­läu­fig unter­bun­den wer­den 3.

Ein­ord­nung „neue Einlagentypen“

Anders ver­hält es sich im Seg­ment der häu­fig als „sen­so­mo­to­risch, pro­prio­zep­tiv oder neu­ro­lo­gisch wir­kend“ beschrie­be­nen Ein­la­gen­ty­pen, wie sie sich in ein­zel­nen Ver­trä­gen mit Kos­ten­trä­gern wie­der­fin­den. Korn­brust stellt in ihrer Dis­ser­ta­ti­on aus dem Jahr 2001 die Grund­ge­dan­ken die­ser Ein­la­gen­ty­pen in einen medi­zi­nisch-the­ra­peu­ti­schen Kon­text: „Mit den pro­prio­zep­ti­ven Ein­la­gen wur­de eine Behand­lungs­me­tho­de ent­wi­ckelt, die neben der Sta­tik und Dyna­mik die sen­so­mo­to­ri­sche Wahr­neh­mung des Kin­des berück­sich­tigt, um ein phy­sio­lo­gi­sche­res Gang­mus­ter zu errei­chen. Die Grund­idee der pro­prio­zep­ti­ven Orthe­sen beruht auf dem Kon­zept der ‚Voj­ta-The­ra­pie‘“ 4. Aich bezeich­net in ihrem Kon­zept zur podo­ä­tio­lo­gi­schen Ein­la­ge die­se als „pro­prio­zep­ti­ve The­ra­pie­soh­len­ver­sor­gung“, die ins „inter­dis­zi­pli­nä­re Arbei­ten zu inte­grie­ren“ sei 4. Nan­cy Hyl­ton, selbst Bobath-Phy­sio­the­ra­peu­tin, nennt hin­ge­gen die von ihr als „dyna­mi­sche Fuß­or­the­se“ bezeich­ne­te Bau­form „ein ganz­heit­lich ori­en­tier­tes Hilfs­mit­tel­kon­zept“ 5.

Die genann­ten Ansät­ze wei­sen mit unter­schied­li­cher Gewich­tung auf ein ana­ly­ti­sches, ein the­ra­peu­ti­sches und ein hand­werk­li­ches Her­an­ge­hen hin. In der Pra­xis dage­gen ste­hen zunächst wie auch bei der klas­si­schen Ein­la­ge die gewon­ne­nen Erkennt­nis­se aus Befun­dung und Ziel­for­mu­lie­rung am Beginn des Her­stel­lungs­pro­zes­ses. Wäh­rend es Hyl­ton dar­um geht, eine aus­ge­gli­che­ne „Mus­kel­ak­ti­vie­rung zum Auf­bau der Gewöl­be­struk­tu­ren“ her­zu­stel­len, um „inner­halb des Fußes eine ver­bes­ser­te akti­ve Sta­bi­li­sie­rung und Pro­prio­zep­ti­on“ zu errei­chen, damit eine „bes­se­re Balan­ce, Hal­tungs- und Bewe­gungs­kon­trol­le“ und „dyna­mi­sche Gewöl­be­struk­tu­ren“ mög­lich wer­den 6, so beein­flus­sen nach Ohlen­dorf et al. „(…) je nach Posi­tio­nie­rung und Höhe der Ele­men­te [die­se] die Akti­vi­tät der Fuß­soh­len­mus­keln und wir­ken so auf die sen­so­ri­sche Leis­tung des Orga­nis­mus“. Dabei zie­le die Ein­la­gen­ver­sor­gung auf „eine Har­mo­ni­sie­rung der gesam­ten Kör­per­hal­tung durch Ver­än­de­rung der Bewe­gungs­stra­te­gie“ 7.

Dass die Art und Wei­se der Mani­pu­la­ti­on dabei nicht nur eine Rich­tung kennt, soll­te nicht uner­wähnt blei­ben. Der Arti­kel von Last­ring nennt in die­sem Zusam­men­hang die beab­sich­tig­te Ver­stär­kung der Nozi­zep­ti­on durch das Kon­zept von Spit­zy. Es bleibt bei der Ein­la­gen­ver­sor­gung aller­dings nicht aus, dass, so Jahn, „eine Beein­flus­sung des mensch­li­chen All­ge­mein­zu­stan­des [sowohl] posi­tiv als auch nega­tiv mög­lich ist. Die Auf­ar­bei­tung des The­men­be­rei­ches die­ser Ein­la­ge­ty­pen, um ihre genau­en Wirk­an­sät­ze wis­sen­schaft­lich nach­zu­wei­sen, scheint dem­nach gebo­ten. Vor allem auch im Hin­blick dar­auf, die neben­ein­an­der exis­tie­ren­den Ver­fah­ren der sti­mu­lie­ren­den Ein­la­gen ein­zu­ord­nen und für den Pati­en­ten hilf­reich anwen­den zu kön­nen“ 8. Die Aus­wir­kun­gen die­ser neu­en Ein­la­gen­ty­pen wer­den lang­stre­ckig und eben nicht nur am Punkt der Ein­wir­kung loka­li­siert – eine Nega­tiv­wir­kung z. B. in der Kopf­re­gi­on ist dann zwar nicht erwünscht, belegt aber deut­lich die Mög­lich­keit der Ein­fluss­nah­me durch Mani­pu­la­ti­on am Fuß mit Resul­ta­ten bis in ent­fern­te Kör­per­re­gio­nen 9.

Vor­schlag: Neue Begrifflichkeit

In der Abgren­zung gegen­über der Ver­sor­gung mit den hin­läng­lich bekann­ten stan­dar­di­sier­ten Ein­la­gen aus PG 08 wird also deut­lich, dass es bei den genann­ten neu­en Ein­la­gen­ty­pen in kei­ner Wei­se um eine Ver­sor­gung mit soge­nann­ten Prefabs gehen kann, da bereits der ana­mne­ti­sche Vor­lauf und eine ste­ti­ge Über­prü­fung des Erreich­ten auch nach Fer­tig­stel­lung der Ein­la­ge dem Tech­ni­ker eine erheb­li­che hand­werk­li­che Kom­pe­tenz und ein the­ra­pie­na­hes Vor­ge­hen abver­lan­gen. Für die Ver­sor­gung mit Ein­la­gen aus der ange­führ­ten neu­ro­lo­gisch-pro­prio­zep­ti­ven „Gemenge­la­ge“ bedürf­te es also der Prä­zi­sie­rung. Als Arbeits­be­griff stel­le ich zu die­sem Zweck die über­ge­ord­ne­te Bezeich­nung „phy­sio­lo­gisch-funk­tio­na­le dyna­mi­sche Fuß­or­the­se (pfdFO)“ zur Diskussion.

Unter­schie­de bezüg­lich Auf­wand, Zeit, Tech­nik und Dokumentation

Das Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis führt abwei­chend von PG 08.03.01–03 für „schwe­re Fuß­fehl­for­men“ die Ver­sor­gung mit Ein­la­gen (08.03.07.0) an. Die „Her­stel­lung der hand­werk­lich gefer­tig­ten Ein­la­gen aus Grund­ma­te­ria­li­en, auf Basis von indi­vi­du­el­len, drei­di­men­sio­na­len Form­ab­drü­cken und dar­aus erstell­ten Posi­tiv­mo­del­len“ lässt aller­dings das Frä­sen aus Mehr­schicht­blö­cken nach indi­vi­du­el­ler Kon­struk­ti­on als zeit­ge­mä­ße und res­sour­cen­spa­ren­de tech­ni­sche Lösung ver­mis­sen. Der Nut­zen bezüg­lich Dyna­mik, stüt­zen­der und sichern­der Funk­ti­on mit einer Druckum­ver­tei­lung bleibt nahe bei den Anfor­de­run­gen an die the­ra­peu­tisch-hand­werk­li­chen Lösungs­an­sät­ze. Das Regel­werk for­dert zudem die qua­li­ta­ti­ve Über­prü­fung des Ergeb­nis­ses und die Erfül­lung des rezep­tier­ten Auf­trags 2.

Trotz einer klei­nen Schnitt­men­ge muss in der Abgren­zung gegen­über Pro­dukt­grup­pe 08.03.01–03 deut­lich gemacht wer­den, dass die eigent­li­che Leis­tung hier nicht allein in der hand­werk­li­chen Umset­zung vom Modell zur Ein­la­ge besteht, son­dern min­des­tens auch in einer ange­mes­se­nen Ana­mne­se sowie ggf. in einer Ziel­for­mu­lie­rung und einer Zielüberprüfung.

Her­stel­lung, Anpas­sung, Kontrolle

Über die im Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis gere­gel­ten Aus­füh­run­gen hin­aus stell­ten Ohlen­dorf et al. 7 in ihrer Stu­die, bei der sie sen­so­mo­to­ri­sche und neu­ro­lo­gi­schen Ein­la­gen mit­ein­an­der ver­gli­chen, inner­halb eines drei­wö­chi­gen Unter­su­chungs­zeit­raums fest, „dass die sehr gerin­gen sta­tis­ti­schen Ver­än­de­run­gen der Kör­per­hal­tun­gen durch Tra­gen von neu­ro­lo­gi­schen Ein­la­gen bezie­hungs­wei­se sen­so­mo­to­ri­schen Ein­la­gen nach Jahr­ling 10 kein Beleg gegen das Tra­gen die­ser sind zumal kei­ne nega­ti­ven Resul­ta­te ein­ge­tre­ten sind, son­dern eher posi­ti­ve Ten­den­zen erkenn­bar sind“ 7.

Zur Vali­die­rung von Ein­gangs­kri­te­ri­en las­sen sich unter­schied­li­che Mit­tel ein­set­zen. Ein­gangs- und End­kontrolle soll­ten sowohl sta­tisch als auch dyna­misch erfol­gen. Eine Reduk­ti­on der Betrach­tung allein auf den Fuß ver­bie­tet sich schon des­halb, weil die Wir­kung auf alle Kör­per­re­gio­nen ja nicht nur zufäl­lig, son­dern viel­mehr absicht­lich her­bei­ge­führt wer­den soll. Somit kön­nen eine Video­do­ku­men­ta­ti­on, ent­spre­chen­des Bild­ma­te­ri­al sowie ein Fuß­scan die Pal­pa­ti­on und Ana­ly­se ver­voll­stän­di­gen; ein Kon­troll­vi­deo kann das Ergeb­nis nach Abschluss der Ver­sor­gung doku­men­tie­ren. Natür­lich lie­fern auch „flüch­ti­ge“ Dar­stel­lungs­ver­fah­ren durch­aus pro­ba­te Erkenntnisse.

Für eine umfas­sen­de Betrach­tung spricht, dass Feh­ler nach Mög­lich­keit aus­ge­schlos­sen wer­den sol­len. „So bezieht sich das Phä­no­men, ‚Höhe der media­len Längs­wöl­bung‘ auf einen gan­zen Kom­plex von Fak­to­ren (…). Wird die Unter­su­chung mit einer Inspek­ti­on auf dem Podo­skop (Fuß­spie­gel) ergänzt, dann zeigt sich viel­leicht, dass der Abdruck gar nicht ‚platt‘ aus­sieht. Es kann sogar der Fall ein­tre­ten, dass der Gelenk­ab­druck, der den Vor­fuß- mit dem Fer­sen­ab­druck ver­bin­det, fehlt. Auch kann ein Fuß im Ste­hen eine hohe media­le Längs­wöl­bung auf­wei­sen, wohin­ge­gen das Podo­skop einen brei­ten Gelenk­ab­druck zeigt“ 11.

Es zeich­net sich ab, dass neben der Ein­la­gen­ver­sor­gung sinn­vol­ler­wei­se „regel­mä­ßi­ge Nach­kon­trol­len und beglei­ten­de The­ra­pien wie z. B. Kran­ken­gym­nas­tik ange­setzt wur­den, um die Effek­te aus der Ver­sor­gung aus­zu­bau­en“ 4.

Ein­satz fin­den die­se Ein­la­gen­for­men z. B. zur Schmerz­re­duk­ti­on und ver­bes­ser­ten Funk­tio­na­li­tät, Lacroix beschreibt auch bei „Hal­tungs­in­suf­fi­zi­en­zen, sen­so­mo­to­ri­schen Dys­funk­tio­nen, Hal­tungs­schwä­chen sowie Koor­di­na­ti­ons- und Wahr­neh­mungs­stö­run­gen“ posi­ti­ve Effek­te 12. Ortho­pä­die­tech­nik und the­ra­peu­ti­sche Aspek­te könn­ten sich also ergän­zen; eine Neu­ge­wich­tung der Ein­la­gen­ver­sor­gung – weg von der allei­ni­gen Her­stel­lung und ein­ma­li­gen Anpas­sung hin zu einem fort­wäh­ren­den Pro­zess der Opti­mie­rung durch Nach­kon­trol­len und eine fun­dier­te Doku­men­ta­ti­on – wäre dabei mit zu berücksichtigen.

Fest­le­gung geeig­ne­ter Para­me­ter für die Ver­sor­gung mit Fuß­or­the­sen erwünscht

Der oben auf­ge­zeig­te hohe tech­ni­sche und per­so­nel­le Ein­satz bei der Ver­sor­gung mit neu­ar­ti­gen Ein­la­gen dif­fe­riert stark gegen­über den Vor­ga­ben aus der Pro­dukt­grup­pe 08. Anspruchs­vol­le Ver­sor­gungs­kon­zep­te, die ganz­heit­lich und inter­dis­zi­pli­när ange­legt sind, erfor­dern eine hohe fach­li­che Kom­pe­tenz, die es nach­zu­wei­sen gäl­te. Die­se könn­te z. B. mit dem Meis­ter- oder dem BA-Grad in Ortho­pä­die-Tech­nik oder ‑Schuh­tech­nik belegt wer­den, min­des­tens jedoch durch aner­kann­te Wei­ter­bil­dung mit the­ra­peu­ti­schem Kon­text. Als sach­li­che Vor­aus­set­zun­gen müss­ten in jedem Fall räum­li­che und tech­ni­sche Anfor­de­run­gen für eine Gang­ana­ly­se defi­niert wer­den, idea­ler­wei­se ein elek­tro­ni­sches Mess­sys­tem, das Ver­laufs­kon­trol­len ermög­licht (Video, Balan­ce, Gelenk­track­ing u. a.). Tech­nisch kann es sinn­voll sein, per 2D- oder 3D-Scan, mit­tels Gips­mo­dell oder Podo­skop und Mehr­schicht­auf­bau eine modi­fi­zier­ba­re Aus­gangs­ba­sis zu erstel­len, die am Kör­per des Kli­en­ten opti­miert wer­den muss. Die Ver­ar­bei­tung von Roh­lin­gen oder ande­ren Prefabs ver­bie­tet sich damit per se. Die wesent­li­che Leis­tung wür­de dann in der Ana­ly­se, der Anpas­sung und den nach­fol­gen­den Kon­troll­ter­mi­nen mit Nach­pas­sung bestehen, die eine Opti­mie­rung am Kli­en­ten unum­gäng­lich machen.

Sowohl der Ein­satz einer geeig­ne­ten Tech­nik als auch von Per­so­nal und Raum stellt damit eine hohe Hür­de für die Ver­sor­gung mit einer „pfdFO“ dar, die sich so in der ­Logik der PG 08 nicht wie­der­fin­det und die bezüg­lich der Ver­gü­tung den Ver­sor­gungs­pfa­den der PG 23 fol­gen sollte.

Die Pra­xis zeigt, dass der Ein­satz einer phy­sio­lo­gisch-dyna­mi­schen Fuß­ver­sor­gung in einem brei­ten Anwen­dungs­be­reich erfolg­reich sein kann. Von neu­ro­lo­gi­schen Erkran­kun­gen über funk­tio­na­le bis zu moto­ri­schen, mus­ku­lä­ren Abwei­chun­gen fin­det sich sowohl im päd­ia­tri­schen als auch im adul­ten und im ger­ia­tri­schen Bereich sowie in der Trau­ma­to­lo­gie eine Viel­zahl erfolg­rei­cher Ver­sor­gun­gen, wie sie auch in der Lite­ra­tur hin­rei­chend beschrie­ben wer­den. Offen bleibt für alle genann­ten Kon­zep­te ein wis­sen­schaft­li­cher Wirk­sam­keits­nach­weis, wobei dies ange­sichts der gro­ßen Ein­satz­brei­te der drei­di­men­sio­na­len funk­tio­na­len Fuß­ma­ni­pu­la­ti­on eine lang­fris­ti­ge Auf­ga­be sein wird.

Eine zügi­ge Fest­le­gung geeig­ne­ter Para­me­ter für die Ver­sor­gung mit Fuß­or­the­sen aus dem beschrie­be­nen The­men­feld stell­te eine Ver­ein­fa­chung der Pra­xis in der Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Kos­ten­trä­gern dar; die Ver­läss­lich­keit der dar­an gekop­pel­ten Qua­li­täts­kri­te­ri­en und eine ver­bind­li­che Doku­men­ta­ti­on soll­ten dabei frag­los Ein­gang in die Ver­gü­tung finden.

Ein­schrän­kend ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass dabei die Koope­ra­ti­on des Kli­en­ten zwin­gend erfor­der­lich ist. Mit einer sol­chen Ver­sor­gung ist auch für ihn ein hoher Zeit­auf­wand verbunden.

Der Kom­men­tar möch­te Grund­la­gen und Anre­gun­gen für eine brei­te Dis­kus­si­on über die aktu­el­le hin­aus lie­fern. Die Anfor­de­run­gen an die Ver­sor­ger bedür­fen dabei selbst­ver­ständ­lich einer kal­ku­la­to­ri­schen Abwä­gung zwi­schen den per­so­nel­len und betrieb­li­chen Mög­lich­kei­ten des Ver­sor­gers und der Ver­gü­tung durch die Kostenträger.

Ein State­ment zur Fra­ge der Ein­grup­pie­rung die­ser Ein­la­gen im Hilfsmittelverzeichnis
Der Autor: Jochen Schi­ckert, OTM, Ort­ho­vi­tal GmbH

Hin­weis
Die­ser Text ist eine Stel­lung­nah­me und spie­gelt nicht die Mei­nung bzw. Auf­fas­sung der Redak­ti­on oder des Ver­lags Ortho­pä­die-Tech­nik wider. 
  1. PG 08: Nega­tiv­pas­sus gestri­chen. In: Ortho­pä­die Tech­nik (02) 2021 https://360-ot.de/pg-08-negativpassus-gestrichen (Zugriff am 07.02.22)
  2. Reha­dat-Gkv-Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis. Aktu­el­le Aus­wahl: Pro­dukt­grup­pe (08 Ein­la­gen) Anwen­dungs­ort (03 Fuß) ­Pro­dukt­un­ter­grup­pe (01 Stüt­zen­de Ein­la­gen) https://www.rehadat-gkv.de/info/index.html?pgnr=8&aonr=3&ugnr=1&uginfo=true, (Zugriff am 07.02.22)
  3. Bar­mer stoppt vor­läu­fig Online-Ein­la­gen­ver­sor­gung auf Kas­sen­re­zept. In: Ortho­pä­die Tech­nik (10) 2021 https://360-ot.de/barmer-stoppt-vorlaeufig-online-einlagenversorgung-auf-kassenrezept/ (Zugriff am 07.02.2022)
  4. Korn­brust A. Zehen­gang bei Kindern–Häufigkeit, Ursa­chen und Behand­lung mit pro­prio­zep­ti­ven Ein­la­gen. Doc­to­ral dis­ser­ta­ti­on, Uni­ver­si­täts­bi­blio­thek Gie­ßen. 2001 http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2002/763/pdf/d020063.pdf (Zugriff 07.02.2022)
  5. Aich L. Von Kopf bis Fuss — von Zahn bis Zeh. [www.podoätiologie.de/hintergründe. (Zugriff am 07.02.2022)
  6. Eisert C. Die Wir­kung von dyna­mi­schen Fuß­or­the­sen. Ortho­pä­die Tech­nik, 2005; (9): 624–628
  7. Ohlen­dorf D, Preis C, Chung T L, Kopp S; Ver­gleich zwi­schen sen­so­mo­to­ri­schen und neu­ro­lo­gi­schen Ein­la­gen. In: eDos­sier. Stu­di­en zur Sen­so­mo­to­rik. Ortho­pä­die­schuh­tech­nik. 2016 https://eurocom-info.de/wp-content/uploads/2016/02/III_Sensomotorik_Studien_zur_Sensomotorik_komplett_150dpi.pdf (Zugriff 07.02.2022)
  8. Jahn M. Prü­fung der Wir­kung von Modu­len nach dem Podo-Orthe­sio­lo­gie-Kon­zept von Breuk­ho­ven. Lage des ­Retro- und Val­gus­mo­duls anhand eines mensch­li­chen Fußes. In: eDos­sier. Stu­di­en zur Sen­so­mo­to­rik. Ortho­pä­die­schuh­tech­nik. 2016 https://eurocom-info.de/wp-content/uploads/2016/02/III_Sensomotorik_Studien_zur_Sensomotorik_komplett_150dpi.pdf (Zugriff 07.02.2022)
  9. Ohlen­dorf D, Desoi D, Kar­rasch-Bus­se D, Mil­li­on A, Kopp S; Haben das visu­el­le und das sen­so­mo­to­ri­sche Sys­tem ­einen Ein­fluss auf die Kie­fer­mus­ku­la­tur? In: eDos­sier: Stu­di­en zur Sen­so­mo­to­rik. Ortho­pä­die­schuh­tech­nik. 2016 https://eurocom-info.de/wp-content/uploads/2016/02/III_Sensomotorik_Studien_zur_Sensomotorik_komplett_150dpi.pdf ­(Zugriff 07.02.2022)
  10. Jahr­ling L, Rocken­fel­ler B. Sen­so­mo­to­ri­sche Ein­la­gen­ver­sor­gung. Aktio gleich Reak­ti­on. In: eDos­sier. Stu­di­en zur Sen­so­mo­to­rik. Ortho­pä­die­schuh­tech­nik. 2016 https://eurocom-info.de/wp-content/uploads/2016/02/III_Sensomotorik_Studien_zur_Sensomotorik_komplett_150dpi.pdf (Zugriff 07.02.2022)
  11. Derks-Ros­kam G, Derks K; Mul­ti­fak­to­ri­el­le Fuß­dia­gnos­tik: Ein Para­dig­men­wech­sel; in: Ortho­pä­die­schuh­tech­nik (7, 8); 2005, S. 36 ff.
  12. von Lacroix J; Stu­di­en zur Wirk­sam­keit affe­renz­sti­mu­lie­ren­der Ein­la­gen. In: eDos­sier. Stu­di­en zur Sen­so­mo­to­rik. ­Ortho­pä­die­schuh­tech­nik. 2016 https://eurocom-info.de/wp-content/uploads/2016/02/III_Sensomotorik_Studien_zur_Sensomotorik_komplett_150dpi.pdf (Zugriff 07.02.2022)
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