The­ra­pie mit­tels IPK plus defi­nier­te Pols­te­run­gen (IPK+) bei post­trau­ma­ti­schen bzw. post­ope­ra­ti­ven Öde­men unter Berück­sich­ti­gung der bio­che­mi­schen und bio­phy­si­ka­li­schen Eigenschaften

M. Morand
Hintergrund: Auch innerhalb der Sportphysiotherapie kommt der kombinierten Entstauungstherapie (KET) eine bedeutende Rolle zu. Längst wurden die Vorteile erkannt, die es ab bestimmten Schweregraden sinnvoll erscheinen lassen, ein posttraumatisches Ödem zu behandeln. Der Einsatz der Intermittierenden Pneumatischen Kompressionstherapie (IPK) als ein wichtiges Modul neben anderen Maßnahmen kann dabei als etabliert angesehen werden. Vorgestellt wird das von dem Autor entwickelte IPK+-Verfahren, bei dem additiv definierte Multifunktionspolsterungen unter der IPK mit zum Einsatz kommen [vgl. Konschake W et al. Optimisation of intermittent pneumatic Compression in patients with Lymphoedema of the legs. European Journal of Dermatology, 2022; 32: 781–792. doi: 10.1684/ejd. 2022.4382 sowie Morand M. Führt eine definierte Abpolsterung unter der Intermittierenden pneumatischen Kompressionstherapie (IPK-Plus) zu einer Verbesserung der Entstauung beim Lymphödem? Lymphologie in Forschung und Praxis, 2019; 2 (23): 108–111]. Nach mehreren Jahren bereits veröffentlichter Erfahrung in der praktischen Anwendung der IPK+-Therapie zeigen nun auch Ergebnisse einer klinischen Studie aus der Universitätsmedizin in Greifswald die Überlegenheit der IPK+ gegenüber der IPK in traditioneller Anwendung [vgl. Konschake W et al. Optimisation of intermittent pneumatic Compression in patients with Lymphoedema of the legs. European Journal of Dermatology, 2022; 32: 781–792. doi: 10.1684/ejd. 2022.4382 sowie Morand M. Methode IPK +. The IPC + Method. https://www.methode-morand.de/ (Zugriff am 15.07.2023)].

Ein­lei­tung: Bei der Behand­lung post­trau­ma­ti­scher Öde­me erreicht man über ent­öde­ma­ti­sie­ren­de The­ra­pien eine Ver­bes­se­rung der Weich­teil­hei­lung und Schmerz­haf­tig­keit1. Wei­ter­hin wird das Risi­ko des Ent­ste­hens mög­li­cher Kom­pli­ka­tio­nen redu­ziert. Dar­über hin­aus nut­zen Sportler:innen sol­che Behand­lungs­an­ge­bo­te zur Rege­ne­ra­ti­on. Sehr gut lässt sich damit in Ver­bin­dung mit ande­ren Maß­nah­men wie Luft­spru­del­bä­dern, Käl­te­the­ra­pie (z. B. Eis­bä­der) und Ruhe­hal­ten etc. ein „Mus­kel­ka­ter“ und die damit häu­fig ein­her­ge­hen­den „schwe­ren Bei­ne“ the­ra­pie­ren2, eine gute Indi­ka­ti­on für die KET.

Anzei­ge

Ziel­set­zung: Neu ist eine inter­dis­zi­pli­nä­re Her­an­ge­hens­wei­se bei der Betrach­tung rheo­lo­gi­scher Eigen­schaf­ten pro­te­in­rei­cher Ödem­flüs­sig­kei­ten, aus deren Ver­ständ­nis sich in Zukunft inno­va­ti­ve The­ra­pie­mo­del­le ent­wi­ckeln las­sen könn­ten. Daher macht es Sinn, zunächst eine Betrach­tung zu Ursa­che, Ent­ste­hung und den phy­si­ka­li­schen Eigen­schaf­ten ent­zün­dungs­be­ding­ter Schwel­lun­gen vorwegzunehmen.

Das Ödem der aku­ten Entzündung

Kommt es als Fol­ge von Über­be­an­spru­chung zu Mikro­lä­sio­nen in der Mus­ku­la­tur, einem soge­nann­ten „Mus­kel­ka­ter“, oder haben wir es mit Ver­let­zun­gen bzw. mit post­ope­ra­ti­ven Zustän­den zu tun, wird die mono­to­ne Ant­wort des Orga­nis­mus auf jeg­li­che Zell­schä­di­gung die Ingang­set­zung einer aku­ten Ent­zün­dungs­re­ak­ti­on sein. So kommt es unter dem Ein­fluss von Ent­zün­dungs­me­dia­to­ren zu Erwei­te­run­gen von Blut­ka­pil­la­ren mit einem erhöh­ten Flüs­sig­keits­aus­tritt. Die Per­mea­bi­li­tät der Blut­ka­pil­la­ren ist erhöht, sodass ent­ge­gen der Norm ver­mehrt bio­lo­gi­sche Poly­me­re wie Pro­te­ine etc. die End­strom­bahn ver­las­sen. Wie­der­um ande­re Frak­tio­nen von Ent­zün­dungs­me­dia­to­ren sind für beglei­ten­de Schmerz­zu­stän­de mit­ver­ant­wort­lich3.

Eine wei­te­re Schmerz­ur­sa­che erklärt sich durch schnell ent­stan­de­ne Schwel­lun­gen, bei denen die Gewe­be der raschen Volu­men­zu­nah­me nur unzu­rei­chend fol­gen kön­nen; hier­bei kommt es zu Druck- und Span­nungs­ent­wick­lun­gen, unter wel­che die Gewe­be gera­ten4.

Im Nor­mal­fall soll­te das Lymph­ge­fäß­sys­tem (LGS) einer Ödem­bil­dung über eine Stei­ge­rung der Lymphan­gio­mo­to­rik ent­ge­gen­wir­ken (Sicher­heits­ven­til­funk­ti­on des LGS). Eine Hem­mung der Lymph­ge­fäß­be­we­gung erklärt sich durch das Wir­ken von sofort aus­ge­schüt­te­ten Gewe­be­me­dia­to­ren und durch Schmer­zen ver­ur­sa­chen­de Spas­men in den Wan­dun­gen der Lymph­ge­fä­ße5. Nach Trau­men kön­nen aber auch Lymph­ge­fä­ße lokal und auf Zeit ver­let­zungs­be­dingt geschä­digt sein und somit ihre Auf­ga­ben nicht aus­rei­chend erfül­len. Sehen wir nach den oben dar­ge­stell­ten Sze­na­ri­en Schwel­lun­gen, sind dies Öde­me der aku­ten Ent­zün­dung, wobei noch nicht erwähnt wur­de, dass als Fol­ge von Trau­men in aller Regel auch Häma­to­me nach Blut­ge­fäß­zer­rei­ßun­gen mit in Betracht gezo­gen wer­den müs­sen. In einem sol­chen „Ent­zün­dungs­cock­tail“ befin­den sich dann die oben bereits genann­ten Bio­po­ly­me­re und Ent­zün­dungs­me­dia­to­ren und zusätz­lich wäss­ri­ge Bestand­tei­le, die in die­sem Kon­text als Lösungs­mit­tel betrach­tet wer­den. Die Ver­än­de­run­gen sind zum einen Vor­aus­set­zung für eine Rege­ne­ra­ti­on geschä­dig­ter Gewe­be­struk­tu­ren, die aber auch in Form von über­schie­ßen­den Reak­tio­nen ent­glei­ten kön­nen und somit als eine Ursa­che für ein Vor­an­schrei­ten wei­te­rer Kom­pli­ka­tio­nen gese­hen wer­den. In einem sol­chen Fall spricht man von einem Cir­cu­lus vitio­sus, der in eine fol­gen­rei­che Abwärts­spi­ra­le mün­den kann. Ein ver­meid­lich harm­lo­ser „Mus­kel­ka­ter“, in ers­ter Linie als Fol­ge von Mikro­lä­sio­nen, soll­te zwar nicht zu den eben beschrie­be­nen Kom­pli­ka­tio­nen füh­ren; wenn aber vor nicht aus­rei­chen­der Rege­ne­ra­ti­on wei­te­re Belas­tun­gen statt­fin­den, besteht die Gefahr einer erhöh­ten Ver­let­zungs­an­fäl­lig­keit und eines Leis­tungs­ab­falls bis hin zu einem vor­über­ge­hen­den Unver­mö­gen, wei­ter Leis­tun­gen erbrin­gen zu kön­nen6. Sofern man die soeben genann­ten Schil­de­run­gen berück­sich­tigt, ist es nicht ver­wun­der­lich, dass den patho­phy­sio­lo­gi­schen Pro­zes­sen über ödem­re­du­zie­ren­de Maß­nah­men und damit der Reduk­ti­on von Pro­te­in, Zell­trüm­mern, Ent­zün­dungs­me­dia­to­ren und wei­te­ren exsu­da­tiv­en Stof­fen gut ent­geg­net wer­den kann7. Da der Schmerz für sich allei­ne schon als Aus­lö­ser für eine aku­te Ent­zün­dungs­re­ak­ti­on gese­hen wird, sind alle Maß­nah­men, die den Schmerz sen­ken, von beträcht­li­chem the­ra­peu­ti­schem Wert.

The­ra­pie und deren Ziele

Gemäß der Leit­li­nie der Deut­schen Gesell­schaft für Phle­bo­lo­gie und Lym­pho­lo­gie wird spe­zi­ell über eine Ödem­re­duk­ti­on bei post­trau­ma­ti­schen Öde­men mit­tels Manu­el­ler Lymph­drai­na­ge (MLD) – gege­be­nen­falls in Kom­bi­na­ti­on mit leich­ter Kom­pres­si­on – der Hei­lungs­ver­lauf beschleu­nigt und die Häu­fig­keit von Kom­pli­ka­tio­nen wie Lym­pho­zelen, Sero­men und Kel­oid­nar­ben redu­ziert. Der über die The­ra­pie erlang­ten Schmerz­re­duk­ti­on wird eine gewich­ti­ge Rol­le bei der Unter­stüt­zung des Hei­lungs­pro­zes­ses zuge­schrie­ben8. Tier­ex­pe­ri­men­tel­le Unter­su­chun­gen zeig­ten, dass nach Trau­men über einen frü­hen 3‑wöchigen Ein­satz von MLD-Behand­lun­gen eine ver­mehr­te Rege­ne­ra­ti­on von Lymph­ge­fä­ßen im Nar­ben­ge­biet erreicht wur­de9. Gestützt wird die­se Erkennt­nis auch durch jün­ge­re pro­spek­tiv ran­do­mi­sier­te Stu­di­en, bei denen ein signi­fi­kan­ter Vor­teil bzgl. der Prä­ven­ti­on sekun­dä­rer Lymph­öde­me nach­ge­wie­sen wur­de, nach­dem zeit­nah nach Brust­krebs-Ope­ra­tio­nen über 3 Wochen MLD-Behand­lun­gen erfolg­ten10.

The­ra­pie­re­gime: Nach Ers­te-Hil­fe-­Maß­nah­men wie Hoch­la­ge­rung, Küh­lung und leich­ter Kom­pres­si­on soll­te mit einer KET mög­lichst früh­zei­tig ca. 3 Stun­den nach Still­stand etwa­iger Blu­tun­gen begon­nen wer­den. Zuvor erfolgt eine ärzt­li­che Unter­su­chung. Zu Beginn der The­ra­pie erfolgt die­se in der Ent­zün­dungs­pha­se über 7 Tage hoch­do­siert mit bis zu 4 Anwen­dun­gen täg­lich. Vom 7. bis zum 15. Tag, d. h. in der Pro­li­fe­ra­ti­ons­pha­se, wer­den 3 Anwen­dun­gen pro Woche als aus­rei­chend ange­se­hen. Prit­schow et al. emp­feh­len eine Durch­füh­rung der KET mit­tels MLD und Kom­pres­si­on11. Auf die Dar­stel­lung der Kom­bi­na­ti­on mit ande­ren beglei­ten­den the­ra­peu­ti­schen Maß­nah­men wird in die­ser Abhand­lung verzichtet.

Kom­men­tar: Die posi­ti­ve Wir­kung einer hoch­do­sier­ten Anwen­dung ist nicht von der Hand zu wei­sen, aller­dings dürf­ten Pati­en­ten im Nor­mal­fall kaum in den Genuss einer sol­chen Zuwen­dung gelan­gen, wenn sol­che Leis­tun­gen nur durch spe­zi­ell aus­ge­bil­de­tes Per­so­nal erbracht wer­den kön­nen. Abge­se­hen davon ist – glo­bal und wirt­schaft­lich betrach­tet – eine nicht gera­de kos­ten­güns­ti­ge, qua­li­täts­ge­si­cher­te MLD und Kom­ple­xe Phy­si­ka­li­sche Ent­stau­ungs­the­ra­pie (KPE) welt­weit nur einer sehr klei­nen Min­der­heit zugäng­lich, und noch gerin­ger ist die Zahl der­je­ni­gen, wel­che die Kos­ten dafür von einer Kran­ken­ver­si­che­rung erstat­tet bekom­men. Als ein mög­li­cher Bei­trag zur Ver­bes­se­rung die­ser Pro­ble­me wird nun das von dem Autor ent­wi­ckel­te, kli­nisch erprob­te IPK+-Verfahren vor­ge­stellt, das hoch­wirk­sam, wenig per­so­nal­in­ten­siv, kos­ten­güns­tig und auch von Lai­en nach umfas­sen­der Auf­klä­rung und Schu­lung durch dafür aus­ge­bil­de­tes medi­zi­ni­sches Per­so­nal anwend­bar ist. Nach Aus­schluss von Kon­tra­in­di­ka­tio­nen, beschwer­de­frei­er Durch­füh­rung sowie kor­rek­ter Gerä­te­an­wen­dung han­delt es sich sowohl bei der IPK wie auch der IPK+ um eine siche­re The­ra­pie­maß­nah­me12.

Arbeits­wei­se der mit defi­nier­ten Mul­ti­funk­ti­ons­pols­te­run­gen durch­geführten Form der IPK = IPK+-Methode

Bei der erst­mals 2018 ver­öf­fent­lich­ten appa­ra­ti­ven IPK+-Methode ver­wen­det man han­dels­üb­li­ches IPK-Equip­ment, d. h. mit einer Viel­zahl von Kam­mern aus Kunst­stoff aus­ge­stat­te­ten Man­schet­ten, die steu­er­bar von Gerä­ten mit Druck­luft befüllt wer­den. Die Man­schet­ten lie­gen, über Reiß­ver­schlüs­se ver­schlos­sen, rund um die zu behan­deln­den Kör­per­re­gio­nen. Die Drü­cke, die auf den Haut­man­tel wir­ken, neh­men von Zel­le zu Zel­le ab, um so die im Gewe­be krank­haft ange­sam­mel­te Ödem­flüs­sig­keit abzu­drai­nie­ren. Die­se schon lan­ge bekann­te Behand­lungs­me­tho­de wird im Wei­te­ren als Inter­mit­tie­ren­de Pneu­ma­ti­sche Kom­pres­si­ons­the­ra­pie in tra­di­tio­nel­ler Arbeits­wei­se (IPK itA) bezeich­net. Bei der IPK+-Methode wer­den zu dem soeben beschrie­be­nen Pro­ze­de­re unter den Man­schet­ten reich­lich mit 0,5 bis 1 cm gro­ßen Schaum­stoff­wür­feln gefüll­te Pols­te­run­gen in Form von Kis­sen oder Rund­um­ver­sor­gun­gen der Extre­mi­tä­ten mit­tels Muf­fen mit­ver­wen­det, deren Wand­stär­ke min­des­tens 7 cm beträgt13 (Abb. 1). Gut gepflegt hal­ten sol­che Pols­te­run­gen, die auch einer Koch­wä­sche stand­hal­ten, selbst bei täg­li­cher Anwen­dung bis zu ca. 3 Jah­re. Durch jah­re­lan­ges Expe­ri­men­tie­ren mit ver­schie­de­nen Mate­ria­li­en fes­tig­te sich bei dem Anwen­der die Erkennt­nis, dass mit Stof­fen, die elek­tro­sta­ti­sche Eigen­schaf­ten auf­wei­sen, signi­fi­kant bes­se­re Resul­ta­te erzielt wer­den als mit anti­sta­ti­schen. Die Grün­de für die­se unter­schied­li­chen Reak­ti­ons­wei­sen sind bis­lang nicht geklärt14. Bei der Durch­füh­rung einer IPK+-Anwendung wird die unten­lie­gen­de Wür­fel­schicht unter Druck in den epi­fas­zia­len Gewe­be­zy­lin­der mobi­li­siert, wäh­rend nach­fol­gen­de Wür­fel der dar­über befind­li­chen Ebe­nen deh­nend in vie­le ver­schie­de­ne Rich­tun­gen wir­ken. Nach erfolg­ten Anwen­dun­gen sehen wir ein typi­sches Haut­bild, das vor­über­ge­hend eine Unzahl an klei­nen Ver­tie­fun­gen auf­weist. Hier­aus kann u. a. auf eine Ver­grö­ße­rung der Behand­lungs­flä­che um min­des­tens das Dop­pel­te geschlos­sen wer­den (Abb. 2). Sofern vor sol­chen auch gewe­be­mo­bi­li­sie­ren­den Anwen­dun­gen pal­pa­to­risch ein indu­rier­ter Zustand bestand, kann zum Ende der The­ra­pie eine deut­li­che Locke­rung fest­ge­stellt werden.

Erst über das Unter­pols­tern mit dick­wan­di­gen, elas­ti­schen und unebe­nen Ober­flä­chen wer­den Effek­te ermög­licht, über die sich Scher­kräf­te indu­zie­ren las­sen. Hin­ge­gen wer­den sol­che Wir­kun­gen nicht erzielt, wenn wie bei der IPK itA im luft­ge­füll­ten Zustand fes­te, glat­te Flä­chen auf den epi­fas­zia­len Haut­man­tel tref­fen. Gut ver­träg­lich kann IPK+ bei post­trau­ma­ti­schen Zustän­den ange­wen­det wer­den. Frei­äu­gig und pal­pa­to­risch kann schon nach einer Anwen­dung eine außer­ge­wöhn­lich star­ke ödem­ver­drän­gen­de Wir­kung fest­ge­stellt wer­den; teil­wei­se ist es mög­lich, Schwel­lun­gen inner­halb einer Sit­zung voll­stän­dig zu eli­mi­nie­ren. Expert:innen aus dem Bereich der Gefäß­me­di­zin, denen die Wir­kung an Patient:innen demons­triert wur­de, bestä­ti­gen dies aus­nahms­los. Mög­li­cher­wei­se fin­den sich über bis­her noch nicht aus­rei­chend beach­te­te wis­sen­schaft­li­che Erkennt­nis­se Erklärungen.

Rheo­lo­gi­sche Grund­la­gen: che­mi­sche und phy­si­ka­li­sche Eigen­schaf­ten nicht Newton‘scher Fluide

Rheo­lo­gie – die­ser aus dem Grie­chi­schen stam­men­de Begriff bedeu­tet „die Leh­re des Flie­ßens“15. Als Teil der Wis­sen­schaft beschäf­tigt sie sich mit der Gestalt­ver­än­de­rung und dem Fließ­ver­hal­ten von Stof­fen. Die­ses bereits sehr alte Fach­ge­biet wur­de als eigen­stän­di­ge Dis­zi­plin um 1930 von E. C. Bing­ham und M. Rei­ner in Eas­ten (USA) begrün­det16. Umfang­rei­che Recher­chen des Autors erga­ben, dass vor ihm wohl noch nie eine Ver­bin­dung zwi­schen Lym­pho­lo­gie und Rheo­lo­gie her­ge­stellt wur­de. Dies erscheint inso­fern inter­es­sant, als pro­te­in­rei­che Öde­me eine den Abtrans­port hem­men­de Vis­ko­si­tät (Zähig­keit) auf­wei­sen; je gerin­ger die­se ist, des­to dünn­flüs­si­ger und daher fließ­fä­hi­ger wird ein Flu­id. Da der bereits beschrie­be­ne „Ent­zün­dungs­cock­tail“ reich­lich bio­lo­gi­sche Poly­me­re ent­hält, ist es nahe­lie­gend, dass eine sol­che Flüs­sig­keit sich in Bezug auf das Fließ­ver­hal­ten anders als ein Newton‘sches Flu­id wie z. B. Was­ser ver­hält17. In der Rheo­lo­gie bezeich­net man eine sol­che als ein nicht Newton‘sches Flu­id mit einem struk­tur­vis­ko­sen Fließ­ver­hal­ten. Dies bedeu­tet: Wird die Flüs­sig­keit Scher­kräf­ten aus­ge­setzt, ver­rin­gert sich deren Vis­ko­si­tät, syn­onym­haft spricht man dann von Struk­tur­vis­ko­si­tät oder „pseu­do­pla­s­tic“ 18. Scher­kräf­te, die z. B. durch Rüh­ren oder ein Durch­wal­ken her­bei­ge­führt wer­den, füh­ren zu Ver­än­de­run­gen in sol­chen dann auf­ge­bro­che­nen Struk­tu­ren. Poly­me­re bestehen aus lang­ket­ti­gen Mole­kü­len, die unter Ruhe­be­din­gun­gen eine knäu­el­ar­ti­ge Struk­tur ein­neh­men. In einer Strö­mung wer­den die Poly­mer­ket­ten ori­en­tiert, und die Anzahl der Ver­schlau­fun­gen kann redu­ziert wer­den. Über einen sol­chen Vor­gang erklärt sich letzt­lich die Reduk­ti­on der Vis­ko­si­tät19 (Abb. 3). Aus­ge­hend von der Erkennt­nis, dass die Vis­ko­si­tät eines Flui­des haupt­säch­lich von der inne­ren Rei­bung zwi­schen den Mole­kü­len abhängt, spie­len auch ther­mi­sche Ein­flüs­se eine gewich­ti­ge Rol­le. Wär­me ver­rin­gert die Zähig­keit und führt dar­über hin­aus zu einer erhöh­ten Kine­tik der Mole­kü­le20. Zum Ende die­ser Betrach­tung muss noch fest­ge­stellt wer­den, dass sich unser Flu­id unter Ruhe­be­din­gun­gen all­mäh­lich wie­der in den ursprüng­li­chen Zustand zurück­be­wegt, die­sen Vor­gang bezeich­net man in der Rheo­lo­gie als Thixo­tro­pie21. Noch erwähnt sei, dass es nicht Newton‘sche Flui­de gibt, die gänz­lich ande­re Reak­ti­ons­mus­ter auf­zei­gen, so z.B. dila­tan­te Flui­de, die sich unter dem Ein­fluss von Sche­rung ver­fes­ti­gen. Im Kon­text die­ser Abhand­lung spie­len die­se aber kei­ne Rol­le22 (Abb. 4).

Nach Betrach­tung der theo­re­ti­schen Grund­la­gen erfolgt nun der Ver­such, die­se auf die Pra­xis zu über­tra­gen, denn aus der Erfah­rung her­aus las­sen sich wei­che Öde­me immer deut­lich schnel­ler besei­ti­gen als schwer dell­ba­re, d. h. fes­te Schwellungen.

Die Ödem­re­duk­ti­on unter Zuhil­fe­nah­me von IPK+: Betrach­tet man, was unter einer Ödem­the­ra­pie mit­tels IPK+ geschieht, zeigt sich zunächst, dass unter einer Unzahl von fort­lau­fend auf den Haut­man­tel tref­fen­den Schaum­stoff­wür­feln Scher­kräf­te indu­ziert wer­den. Unter die­ser dick­wan­di­gen Pols­te­rung wird zudem Kör­per­wär­me zurück­ge­hal­ten, die der Ödem­flüs­sig­keit zuge­führt wird. Der unter den Man­schet­ten nach zen­tral­wärts abneh­men­de Druck bewirkt eine star­ke, kon­ti­nu­ier­li­che Ver­drän­gung der Ödem­flüs­sig­keit, in deren Strö­mung es zur Stre­ckung und Ori­en­tie­rung der Ket­ten­mo­le­kü­le, ver­bun­den mit reich­lich Rei­bung zwi­schen die­sen, kommt. Der Weg führt dabei durch die im locke­ren Bin­de­ge­we­be befind­li­chen Inter­zel­lu­lar­räu­me, die extrem enge Spal­ten auf­wei­sen23 24. Beim Hin­durch­zwän­gen kommt es aber­mals zur Sche­rung, und Abris­se in den Mole­ku­lar­ket­ten wären durch­aus denk­bar. Die Sum­me all die­ser Fak­to­ren soll­te somit zu ver­bes­ser­ten Fließ­ei­gen­schaf­ten der Ödem­flüs­sig­keit bei­tra­gen und solan­ge das Flu­id unter der Anwen­dung gewärmt und im Fluss gehal­ten wird, wird sich kein thixo­tro­pes Ver­hal­ten erge­ben25. In the­ra­peu­tisch sinn­vol­ler Wei­se wird das Ödem zu Kör­per­be­rei­chen mit intak­ten Lymph­ge­fä­ßen geführt, wodurch dort die Sicher­heits­ven­til­funk­ti­on des Lymph­ge­fäß­sys­tems (LGS) akti­viert wird. Schluss­end­lich ver­läuft dadurch die Drai­na­ge über akti­vier­te Lymph­ge­fä­ße bis hin zum Ziel einer nahe­ge­le­ge­nen regio­nä­ren Lymph­kno­ten­grup­pe26. IPK+ unter­stützt dabei inso­fern, als die Man­schet­ten mög­lichst nahe an die anzu­steu­ern­de Lymph­kno­ten­grup­pe her­an­rei­chen oder die­se im Opti­mal­fall mit­ein­schlie­ßen. Somit kann z. B. mit­tels einer ent­spre­chend unter­pols­ter­ten Hosen­man­schet­te, die bis über den Bauch­na­bel reicht, nicht nur auf die ingui­na­len Lymph­kno­ten ein­ge­wirkt wer­den, son­dern auch Ödem­flüs­sig­keit aus der unte­ren Kör­per­hälf­te in das Tri­bu­t­ar­ge­biet der axil­lä­ren Lymph­kno­ten ver­scho­ben wer­den (Abb. 5).

Wei­te­re Vor­tei­le der IPK+ bestehen dar­in, dass über Pols­te­run­gen ana­to­mi­sche Struk­tu­ren bewusst mor­pho­lo­gisch ver­än­dert wer­den, da anwen­den­de Per­so­nen nur so Ein­fluss auf die Druck­über­tra­gung von der luft­ge­füll­ten Man­schet­te auf die Haut neh­men kön­nen. Über die­sen Weg las­sen sich dann Regio­nen behan­deln, die ansons­ten mit der klas­si­schen IPK nicht erreicht wer­den. Bekann­te Schwach­stel­len in der Knie- und Leis­ten­re­gi­on27 sowie der unte­ren Rumpf­qua­dran­te, die eben­falls von der IPK itA nur schlecht erfasst wer­den, sind hin­ge­gen durch Pols­te­run­gen gut in den Griff zu bekom­men28 29. Ver­öf­fent­licht wur­den über Hand­mes­sun­gen und Foto­gra­fien gewon­ne­ne Ergeb­nis­se aus Pra­xis­tests des Autors und sei­nes Teams. Bei Pati­en­ten mit Lymph­öde­men an den Extre­mi­tä­ten wur­den dabei nach 60-minü­ti­gen IPK-itA- und IPK+-Anwendungen gewon­ne­ne Ent­stau­ungs­er­geb­nis­se ver­gli­chen. Auf­fäl­lig waren mil­de Ödem­zu­nah­men im Knie­be­reich und pro­xi­mal am Ober­schen­kel. Hin­ge­gen war die ödem­ver­drän­gen­de Wir­kung unter IPK+ weit­aus stär­ker und auch durch­gän­gig fest­stell­bar. In einer im Dezem­ber 2022 ver­öf­fent­lich­ten Stu­die der Uni­ver­si­täts­me­di­zin Greifs­wald wird dies bestä­tigt30. In die­ser Stu­die waren 18 Pati­en­ten mit Lymph­öde­men der Bei­ne ein­ge­schlos­sen und erfuh­ren eine Kom­ple­xe Phy­si­ka­li­sche Ent­stau­ungs­the­ra­pie bis zu einem Volu­men­mi­ni­mum und einer nach­weis­ba­ren Ödem­re­duk­ti­on. Hier­für wur­den die Pati­en­ten täg­lich mit Hil­fe 3D-gestütz­ter Volu­men­re­kon­struk­ti­on ver­mes­sen. Nach dem Ein­tre­ten des Volu­men­mi­ni­mums erfolg­te eine wei­te­re Ent­stau­ungs­the­ra­pie; ver­gli­chen wur­den dabei Ergeb­nis­se nach erfolg­ten IPK- und IPK+-Anwendungen. Über IPK+ konn­te eine signi­fi­kant stär­ke­re Volu­men­re­duk­ti­on ins­be­son­de­re auch in der Knie­regi­on gezeigt wer­den als ver­gleichs­wei­se mit­tels IPK itA. In der Erhal­tungs­pha­se wur­den die Pati­en­ten mit medi­zi­ni­schen Kom­pres­si­ons­strümp­fen ver­sorgt. Die­se zeig­ten sich nach Ent­las­sung geeig­net, das Wie­der­an­schwel­len der Bei­ne nach KPE in den Fol­low-up-Visi­ten bis zu 6 Wochen zu konservieren.

Bei Patient:innen mit Schwel­lun­gen im Geni­tal­be­reich wird in der Leit­li­nie von einer The­ra­pie mit­tels IPK itA abge­ra­ten. Eine sehr gute ödem­ver­drän­gen­de Wir­kung im Rumpf- und Geni­tal­be­reich kann aber nach regel­ge­rech­tem Auf­brin­gen von Pols­te­run­gen erreicht wer­den. In bis­her noch jedem Fall gelang dies unab­hän­gig vom Geschlecht. Foto­gra­fien, die den Zustand vor und nach sol­chen IPK+-Therapien zei­gen, wur­den bereits ver­öf­fent­licht31 32. Bis­wei­len noch hypo­the­tisch, aber durch­aus vor­stell­bar wäre, dass unter IPK+-Anwendungen, die wie auch bei der MLD nur mit leich­tem Druck aus­ge­führt wer­den, eine Stei­ge­rung der Lymphan­gio­mo­to­rik erzielt wird, da die unebe­nen Ober­flä­chen die Wan­dun­gen der epi­fas­zia­len Lymph­ge­fä­ße errei­chen müss­ten. Selbst zu den reich­lich zwi­schen den derb struk­tu­rier­ten Lymph­kno­ten lie­gen­den Lymph­ge­fä­ßen, die über MLD kaum erreicht wer­den, soll­ten die über die klei­nen Schaum­stoff­wür­fel aus­ge­üb­ten Druck­rei­ze auch dort gut appli­ziert wer­den können.

Erfah­run­gen

  1. Zustand nach Lipo­suk­ti­on: Bei die­ser Pati­en­tin­nen-Grup­pe ver­fügt der Anwen­der in enger ärzt­li­cher Koope­ra­ti­on seit 2017 über Erfah­rung aus der The­ra­pie von weit mehr als 30 Fäl­len. Bei den Betrof­fe­nen Frau­en impo­nie­ren post­ope­ra­tiv in der gesam­ten unte­ren Kör­per­hälf­te aus­ge­präg­te post­trau­ma­ti­sche von Häma­to­men beglei­te­te Öde­me. Die Pati­en­tin­nen sind 24 Stun­den post­ope­ra­tiv und daher zu Beginn der ers­ten The­ra­pie­sit­zun­gen sehr berüh­rungs­emp­find­lich; die Bewe­gung ist deut­lich ein­ge­schränkt; star­ke Schmerz­zu­stän­de sind die Regel. Auch wenn ein sol­cher Zustand nicht in einen direk­ten Bezug zu post­trau­ma­ti­schen Zustän­den, wie sie bei Ath­le­tin­nen und Ath­le­ten vor­kom­men, gestellt wer­den kann, sind die gesam­mel­ten Erfah­run­gen über­trag­bar, weil es letzt­end­lich in der The­ra­pie nicht auf die Ursa­che einer Trau­ma­ti­sie­rung ankommt. Inter­es­sant ist, dass IPK+-Behandlungen selbst bei einem solch hohen Schwe­re­grad an Trau­ma­ti­sie­rung in bis­her jedem Fall gut ver­träg­lich, d. h. schmerz­frei und ohne Kom­pli­ka­tio­nen mit guten End­re­sul­ta­ten, durch­ge­führt wer­den konn­ten. Mehr­heit­lich sind die Rück­mel­dun­gen der Pati­en­tin­nen u. a. im Hin­blick auf die Reduk­ti­on von Schmerz und die Ver­bes­se­rung der Beweg­lich­keit sehr erfreu­lich. Unter den IPK+-Anwendungen kommt es ver­gli­chen mit MLD zu einer erheb­lich stär­ke­ren sicht- und tast­ba­ren Ödem­re­duk­ti­on. Ab einem bestimm­ten Schwe­re­grad gelingt es sogar, die pas­sa­ger wie­der­keh­ren­den Schwel­lun­gen inner­halb einer Sit­zung voll­stän­dig zu eli­mi­nie­ren. Pal­pa­to­risch stel­len sich die ent­stau­ten Berei­che letzt­end­lich meist als ein gut gelo­cker­tes und unauf­fäl­li­ges Haut­bild dar. Uner­läss­lich ist eine beglei­ten­de The­ra­pie mit­tels qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ger medi­zi­ni­scher Kom­pres­si­ons­strumpf­ver­sor­gung (KSV).
  1. Zustand nach ope­ra­ti­ven Ein­grif­fen im Bereich der Knie­regi­on: In enger Ana­lo­gie zu dem vor­an­ge­gan­ge­nen Bericht bestehen eben­so gute Erfah­run­gen auch bei die­ser Pati­en­ten­grup­pe und der Durch­füh­rung eines sol­chen The­ra­pie­re­gimes: Patient:innen erhal­ten auch hier prä­ope­ra­tiv eine KSV und wer­den im Opti­mal­fall zusam­men mit einer wei­te­ren Per­son aus dem häus­li­chen Umfeld durch eine Fach­kraft in der Anwen­dung von IPK+ unter­wie­sen, die auch die ers­te Anwen­dung über­wacht. Wei­te­re IPK+-Behandlungen kön­nen Patient:innen, beglei­tet von Visi­ten im Haus oder einer Kli­nik­ein­rich­tung, stets in Ver­bin­dung mit der bereits vor­han­de­nen KSV, selbst­stän­dig aus­füh­ren. Leih­wei­se steht die Tech­nik den Patient:innen rund um die Uhr zur Ver­fü­gung, so ist jede von Ärzt:innen, Therapeut:innen und Patient:innen als sinn­voll zu erach­ten­de Dosie­rung gewähr­leis­tet. Die The­ra­pie­zie­le sind auch hier die Ver­mei­dung mög­li­cher Kom­pli­ka­tio­nen, die Ver­rin­ge­rung der Schmerz­haf­tig­keit und die Beschleu­ni­gung des Heilungsverlaufs.
  1. Rege­ne­ra­ti­on: IPK+-Behandlungen wur­den auch mit einer Sport­le­rin (Leicht­ath­le­tin) und einer eben­falls pro­fes­sio­nell arbei­ten­den Bal­lett­tän­ze­rin durch­ge­führt, die bereits reich­lich Erfah­rung mit IPK itA hat­ten. Bei­de bega­ben sich regel­mä­ßig über 2 Mona­te zu IPK+-Sitzungen nach Trai­ning, Auf­trit­ten bzw. Wett­kämp­fen und schät­zen die­se als eine sehr wir­kungs­vol­le Maß­nah­me zur Rege­ne­ra­ti­on ein. Die Anwen­dun­gen wur­den mit­tels Hosen­man­schet­te durch­ge­führt, sodass die Unter­pols­te­rung auch über den ingui­na­len Lymph­kno­ten wir­ken konn­te. Über­ein­stim­mend äußer­ten sich bei­de Pro­ban­din­nen, dass sie eine Anwen­dung mit IPK+ als wir­kungs­vol­ler und ange­neh­mer emp­fan­den als eine ohne sol­che Unter­pols­te­rung. Pal­pa­to­risch konn­te der Anwen­der fest­stel­len, dass sich Schwel­lun­gen der regio­nä­ren Lymph­kno­ten ver­min­der­ten33.

Wer kann die Metho­de anwen­den, und wie soll­te die­se ein­ge­setzt werden?

Im Ide­al­fall soll­te eine Behand­lung von Ärzt:innen und Lymphdrainage-Therapeut:innen mit bereits bestehen­der Erfah­rung in der The­ra­pie von post­trau­ma­ti­schen bzw. post­ope­ra­ti­ven Öde­men ein­ge­lei­tet wer­den; denn eine Unter­wei­sung im the­ra­peu­ti­schen Umgang mit die­ser Pro­ble­ma­tik ist zu dem Zeit­punkt bereits über einen Aus­bil­dungs­lehr­gang in MLD/KPE erfolgt. Bezüg­lich der Inten­si­tät, Zeit­dau­er etc. ori­en­tiert man sich bei einem Ein­satz der IPK+ ana­log an einer bereits ver­mit­tel­ten Vor­ge­hens­wei­se. Grund­sätz­lich steht der Autor dar­über hin­aus ger­ne bera­tend zur Verfügung.

Kon­tra­in­di­ka­tio­nen: Es gel­ten bei der Anwen­dung der IKP+ die für die MLD/KPE bekann­ten und in den Leit­li­ni­en auf­ge­führ­ten Gegen­an­zei­gen34 35.

IPK+-Anwendungen müs­sen für die Pati­en­ten beschwer­de­frei durch­ge­führt wer­den kön­nen; ist dies nicht gege­ben, soll­te kei­ne IPK+-Behandlung durch­ge­führt werden.

Klaus­tro­pho­bie (Platz­angst) macht ab bestimm­ten Schwe­re­gra­den eine Anwen­dung unter Umstän­den nicht mög­lich. Sehr sel­ten ereig­nen sich all­er­gi­sche Haut­re­ak­tio­nen nach einem Kon­takt mit Schaumstoffen.

Fazit

IPK+ arbei­tet, basie­rend auf Inter­mit­tie­ren­der Pneu­ma­ti­scher Kom­pres­si­on in tra­di­tio­nel­ler Arbeits­wei­se, mit zusätz­li­chem Ein­satz von defi­nier­ten Mul­ti­funk­ti­ons­un­ter­pols­te­run­gen. Im Ver­gleich zu einer her­kömm­li­chen Art der IPK-Anwen­dung erge­ben sich fol­gen­de Vorteile:

  •  Die in einer Zeit­ein­heit mobi­li­sier­te Flüs­sig­keits­men­ge fällt erheb­lich höher aus als mit der klas­si­schen IPK bzw. mit manu­el­ler Lymph­drai­na­ge. Ein in die­sem Zusam­men­hang neu­er hypo­the­ti­scher Erklä­rungs­ver­such ist, dass es neben ande­ren Fak­to­ren über IPK+-Behandlungen gelin­gen könn­te, die Vis­ko­si­tät eiweiß­rei­cher Öde­me zu redu­zie­ren, um auf die­sem Weg eine effek­ti­ve­re und schnel­le­re Ent­stau­ung zu erzielen.
  •  An den Extre­mi­tä­ten wird durch­ge­hend eine gleich­mä­ßi­ge Ödem­re­duk­ti­on erreicht. Die bekann­ten Schwach­stel­len im Knie- und Leis­ten­be­reich, wie sie bei der IPK itA bestehen, kön­nen somit über­wun­den wer­den36 37 38.
  • War es bis­her eine allei­ni­ge Domä­ne der MLD/KPE, kräf­te­zeh­rend und in zeit­auf­wen­di­ger Hand­ar­beit krank­haft ver­fes­tig­tes Gewe­be zu behan­deln, gelingt es nun auch, den epi­fas­zia­len Gewe­be­zy­lin­der groß­flä­chig über einen appa­ra­ti­ven Weg effek­tiv zu erwei­chen und zu entstauen.
  • Bis­her erschien es so, dass eine ent­stau­en­de Wir­kung geni­tal und in den unte­ren Rumpf­qua­dran­ten über IPK nicht mög­lich ist 39. Aus­schließ­lich MLD/KPE wur­de inner­halb der kon­ser­va­ti­ven The­ra­pie zuge­traut, dort eine Wir­kung zu erzie­len. Wird jedoch mit­tels elas­ti­schem Pols­ter­ma­te­ri­al unter der IPK-Man­schet­te ein mor­pho­lo­gi­scher Umbau vor­ge­nom­men, ermög­licht die­se Maß­nah­me eine ziel­ge­rich­te­te Druck­über­tra­gung und somit auch eine signi­fi­kant ent­stau­en­de Wir­kung auf alle Struk­tu­ren inner­halb der Rumpfquadranten.
  • IPK+ ist kos­ten­güns­tig, schnell erlern­bar und steht Patient:innen jeder­zeit an jedem Ort zur Ver­fü­gung. Dar­über hin­aus wird eine Anwen­dung mit Unter­pols­te­rung signi­fi­kant als deut­lich ange­neh­mer emp­fun­den als IPK auf tra­di­tio­nel­le Weise.


Danksagung
Mein beson­de­rer Dank gilt dem Prä­si­den­ten der Deut­schen Rheo­lo­gi­schen Gesell­schaft, Prof. Dr. Ulrich Handge, der sich viel Zeit nahm, um sich zum einen mit dem ihm bis­wei­len frem­den The­ma der Kom­pres­si­ons­the­ra­pie zu befas­sen und zum ande­ren den rheo­lo­gi­schen Teil die­ser Publi­ka­ti­on bera­tend zu beglei­ten. Außer­dem dan­ke ich herz­lich Dr. med. Navina Kuß, wel­che sich wis­sen­schaft­lich u. a. im Bereich der Rheo­lo­gie bewegt, mich eben­falls gut beriet und mich zu wei­ter­füh­ren­den Lite­ra­tur­quel­len führ­te. Die Bestä­ti­gung bei­der Wissenschaftler:innen, dass mein Ansatz in die rich­ti­ge Rich­tung geht, erfreut mich sehr und bedeu­tet mir einen groß­ar­ti­gen Ansporn.

Der Autor
Mar­tin Morand
Fach­leh­rer für Manu­el­le Lymph­drainage/Komplexe Phy­si­ka­li­sche Entstauungstherapie
morand@t‑online.de
www.methode-morand.de

 

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
Morand M. The­ra­pie mit­tels IPK plus defi­nier­te Pols­te­run­gen (IPK+) bei post­trau­ma­ti­schen bzw. post­ope­ra­ti­ven Öde­men unter Berück­sich­ti­gung der bio­che­mi­schen und bio­phy­si­ka­li­schen Eigen­schaf­ten. Ortho­pä­die Tech­nik, 2023; 74 (11): 48–54

 

  1. Schwahn-Schrei­ber C. IPK-Leit­li­nie. In: Raa­be E, Reich-Schup­ke S (Hrsg.). Inter­mit­tie­ren­de pneu­ma­ti­sche Kom­pres­si­ons­the­ra­pie. Ein Leit­fa­den für Kli­nik und Pra­xis. Köln: Wirt­schafts- und Pra­xis­ver­lag, 2020: 35 
  2. Lich­ten­thal A. Rege­ne­ra­ti­on im Sport In: Raa­be E, Reich-Schup­ke S (Hrsg.). Inter­mit­tie­ren­de pneu­ma­ti­sche Kom­pres­si­ons­the­ra­pie. Ein Leit­fa­den für Kli­nik und Pra­xis. Köln: Wirt­schafts- und Pra­xis­ver­lag, 2020: 113 
  3. Bas­baum A et al. Cel­lu­lar and mole­cu­lar mecha­nisms of pain. Cell, 2009; 139 (2): 267–284
  4. Prit­schow H et al. Das Lymph­ödem und die KPE. Ein Hand­buch für die Pra­xis. Köln: Via­vi­tal, 2014: 62 
  5. Weiss­le­der H, Schuch­hardt C (Hrsg.). Erkran­kun­gen des Lymph­ge­fäß­sys­tems. Köln: Via­vi­tal, 2015: 47, 269 
  6. Morand M. Mobi­li­sie­ren­de Gelenk­drai­na­ge (Manu­el­le Lymph­drai­na­ge der Gelen­ke). In: Raa­be E, Reich-Schup­ke S (Hrsg.). Inter­mit­tie­ren­de pneu­ma­ti­sche Kom­pres­si­ons­the­ra­pie. Ein Leit­fa­den für Kli­nik und Pra­xis. Köln: Wirt­schafts- und Pra­xis­ver­lag, 2020: 122 
  7. Win­ter J. Mobi­li­sie­ren­de Gelenk­drai­na­ge (manu­el­le Lymph­drai­na­ge der Gelen­ke). In: Föl­di M, Föl­di E, Kubik S (Hrsg.). Lehr­buch der Lym­pho­lo­gie. 6. Auf­la­ge. Mün­chen: Elvi­sier, 2005: 708 
  8. S2k-Leit­li­nie Dia­gnos­tik und The­ra­pie der Lymph­öde­me [AWMF Reg.Nr. 058–001]. 2017. http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/058–001.html
  9. Hutz­schen­reu­ter P, Brüm­mer H, Ebber­feld K. Expe­ri­men­tel­le und kli­ni­sche Unter­su­chun­gen zur Wir­kungs­wei­se der manu­el­len Lymph­drai­na­ge-The­ra­pie. Zeit­schrift für Lym­pho­lo­gie, 1989; 13 (1): 62–64
  10. Tor­res Lacom­ba M et al. Effec­tiv­ness of ear­ly phy­si­the­ra­py to pre­vent lymph­oede­ma after sur­gery for breast can­cer: ran­do­mi­sed, sin­gle blin­ded, cli­ni­cal tri­al. doi: 10.1136/bmj.b5396
  11. Prit­schow H et al. Das Lymph­ödem und die KPE. Ein Hand­buch für die Pra­xis. Köln: Via­vi­tal, 2014: 62 
  12. Schwahn-Schrei­ber C et al. S1-Leit­li­nie Inter­mit­tie­ren­de pneu­ma­ti­sche Kom­pres­si­on (IPK, AIK) [AWMF Reg.Nr. 037/007]. 2018. http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/037–007.html (Zugriff am 15.07.2023)
  13. Morand M. Führt eine defi­nier­te Abpols­te­rung unter der Inter­mit­tie­ren­den pneu­ma­ti­schen Kom­pres­si­ons­the­ra­pie (IPK-Plus) zu einer Ver­bes­se­rung der Ent­stau­ung beim Lymph­ödem? Lym­pho­lo­gie in For­schung und Pra­xis, 2019; 2 (23): 108–111
  14. Schr­a­der A. Rich­tig rege­ne­rie­ren (Teil 1 und Teil 2). https://www.leichtathletik.de/training/grundlagen/richtig-regenerieren‑1, https://www.leichtathletik.de/training/grundlagen/richtig-regenerieren‑2 (Zugriff am15.07.2023)
  15. Chemie.de. Rheo­lo­gie. http://www.chemie.de/lexikon/Rheologie.html (Zugriff am 15.07.2023)
  16. Pahl M, Gleiß­le W, Laun H‑M. Prak­ti­sche Rheo­lo­gie der Tech­no­po­ly­me­re und Elas­to­me­re. 4. über­arb. Auf­la­ge. Düs­sel­dorf: VDI-Ver­lag, 1995 
  17. Schrö­der T. Rheo­lo­gie der Tech­no­po­ly­me­re. Mün­chen: Carl Han­ser, 2020 
  18. Schramm G. Ein­füh­rung in die Rheo­lo­gie und Rheo­me­trie. Deutsch­land: Karls­ru­he: Ther­mo Elec­tron, 2004 
  19. Schrö­der T. Rheo­lo­gie der Tech­no­po­ly­me­re. Mün­chen: Carl Han­ser, 2020 
  20. Mah­let A et al. Tem­pe­ra­tu­re Depen­dence of Pro­te­in Solu­ti­on Vis­co­si­ty and Pro­te­in-Pro­te­in Inter­ac­tions: Insights into the Ori­g­ins of High-Vis­co­si­ty Pro­te­in Solu­ti­ons. Mole­cu­lar Phar­maceu­tics, 2020; 17 (12): 4473–4482. doi: 10.1021/acs.molpharmaceut.0c00552
  21. Schramm G. Ein­füh­rung in die Rheo­lo­gie und Rheo­me­trie. Deutsch­land: Karls­ru­he: Ther­mo Elec­tron, 2004 
  22. Jelz­ko F, Koslow­ski B. Vis­ko­si­tät. Ver­suchs­an­lei­tung Ulm: Uni­ver­si­tät Ulm, 2023. https://www.uni-ulm.de/fileadmin/website_uni_ulm/nawi.inst.110/Grundpraktikum/Versuchsanleitungen/V05_viskositaet.pdf  (Zugriff am 15.07.2023)
  23. Wilig H, Swartz MA. Inters­ti­ti­al flui­dand lymph for­ma­tio­nand trans­port: phy­sio­lo­gi­cal regu­la­ti­on and roles in inflamm­a­ti­on and can­cer. Phy­sio­lo­gi­cal Review, 2012; 92 (3): 1005–1060. doi: 10.1152/physrev.00037.2011
  24. Asio­li S et al. The pre-lympha­tic pathway, the rooths of the lympha­tic sys­tem in breast tis­sue: a 3D stu­dy. Virch­ows Archiv, 2008; 453 (4): 401–406. doi: 10.1007/s00428-008‑0657‑y
  25. Schramm G. Ein­füh­rung in die Rheo­lo­gie und Rheo­me­trie. Deutsch­land: Karls­ru­he: Ther­mo Elec­tron, 2004 
  26. Weiss­le­der H, Schuch­hardt C (Hrsg.). Erkran­kun­gen des Lymph­ge­fäß­sys­tems. Köln: Via­vi­tal, 2015: 47, 269 
  27. Zaleska M et al. Inter­mit­tent Pneu­ma­tic Com­pres­si­on Enhan­ces For­ma­ti­on of Ede­ma Tis­sue Flu­id Chan­nels in Lym­phede­ma of Lower Lim­bs. Lympha­tic Rese­arch and Bio­lo­gi­cy, 2015; 13: 146–153. doi: 10.1089/lrb.2014.0010
  28. Kon­scha­ke W et al. Opti­mi­sa­ti­on of inter­mit­tent pneu­ma­tic Com­pres­si­on in pati­ents with Lymph­oede­ma of the legs. Euro­pean Jour­nal of Der­ma­to­lo­gy, 2022; 32: 781–792. doi: 10.1684/ejd. 2022.4382
  29. Jün­ger M et al. Eva­lua­ti­on der Inter­mit­tie­rend Pneu­ma­ti­schen Kom­pres­si­on (IPK) mit berüh­rungs­lo­ser Volu­men­mes­sung (BT 600). Vor­trag auf dem Jah­res­kon­gress der Deut­schen Gesell­schaft für Lym­pho­lo­gie. Bad Kro­zin­gen, Okto­ber 2019 
  30. Kon­scha­ke W et al. Opti­mi­sa­ti­on of inter­mit­tent pneu­ma­tic Com­pres­si­on in pati­ents with Lymph­oede­ma of the legs. Euro­pean Jour­nal of Der­ma­to­lo­gy, 2022; 32: 781–792. doi: 10.1684/ejd. 2022.4382
  31. Morand M. Mobi­li­sie­ren­de Gelenk­drai­na­ge (Manu­el­le Lymph­drai­na­ge der Gelen­ke). In: Raa­be E, Reich-Schup­ke S (Hrsg.). Inter­mit­tie­ren­de pneu­ma­ti­sche Kom­pres­si­ons­the­ra­pie. Ein Leit­fa­den für Kli­nik und Pra­xis. Köln: Wirt­schafts- und Pra­xis­ver­lag, 2020: 122 
  32. Morand M. Geni­tal­lymph­öde­me / Lymph­ödem bds. Bei­ne. https://www.methode-morand.de/?lang=de&page=methode-morand_ipk-plus&subpage=anwendungsbeobachtungen&article=beispiel_2 (Zugriff am 15.07.2023)
  33. Morand M. Führt eine defi­nier­te Abpols­te­rung unter der Inter­mit­tie­ren­den pneu­ma­ti­schen Kom­pres­si­ons­the­ra­pie (IPK-Plus) zu einer Ver­bes­se­rung der Ent­stau­ung beim Lymph­ödem? Lym­pho­lo­gie in For­schung und Pra­xis, 2019; 2 (23): 108–111
  34. S2k-Leit­li­nie Dia­gnos­tik und The­ra­pie der Lymph­öde­me [AWMF Reg.Nr. 058–001]. 2017. http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/058–001.html
  35. Schwahn-Schrei­ber C et al. S1-Leit­li­nie Inter­mit­tie­ren­de pneu­ma­ti­sche Kom­pres­si­on (IPK, AIK) [AWMF Reg.Nr. 037/007]. 2018. http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/037–007.html (Zugriff am 15.07.2023)
  36. Kon­scha­ke W et al. Opti­mi­sa­ti­on of inter­mit­tent pneu­ma­tic Com­pres­si­on in pati­ents with Lymph­oede­ma of the legs. Euro­pean Jour­nal of Der­ma­to­lo­gy, 2022; 32: 781–792. doi: 10.1684/ejd. 2022.4382
  37. Asio­li S et al. The pre-lympha­tic pathway, the rooths of the lympha­tic sys­tem in breast tis­sue: a 3D stu­dy. Virch­ows Archiv, 2008; 453 (4): 401–406. doi: 10.1007/s00428-008‑0657‑y
  38. Jün­ger M et al. Eva­lua­ti­on der Inter­mit­tie­rend Pneu­ma­ti­schen Kom­pres­si­on (IPK) mit berüh­rungs­lo­ser Volu­men­mes­sung (BT 600). Vor­trag auf dem Jah­res­kon­gress der Deut­schen Gesell­schaft für Lym­pho­lo­gie. Bad Kro­zin­gen, Okto­ber 2019 
  39. Schwahn-Schrei­ber C et al. S1-Leit­li­nie Inter­mit­tie­ren­de pneu­ma­ti­sche Kom­pres­si­on (IPK, AIK) [AWMF Reg.Nr. 037/007]. 2018. http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/037–007.html (Zugriff am 15.07.2023)
Tei­len Sie die­sen Inhalt