„Am Anfang war es komisch. Kein Mensch unterwegs, leerer Saal – wie in einer Westernstadt. Es fehlten nur noch die rollenden Büsche“, beschrieb Alf Reuter, Präsident des Bundesinnungsverbands für Orthopädie-Technik (BIV-OT) im letzten Live-Talk der OTWorld.connect seine ersten Eindrücke von der besonderen Ausgabe der OTWorld im Corona-Jahr 2020. Reuter war als einer der wenigen Präsenz-Teilnehmer live dabei in Leipzig, wo die sechs digitalen Kanäle der aufgrund der weltweiten Covid-19-Pandemie rein online durchgeführten Veranstaltung zusammenliefen. Schnell sei die neue Art der Präsentation jedoch Routine geworden, und die OTWorld habe bewiesen: „Wir sind Handwerker – wir können digital!“ Gemeinsam mit der Leipziger Messe habe man den weltweit größten Kongress der technischen Orthopädie auf die Beine gestellt und das starke Signal in die Welt gesandt: „Liebe Entscheider national und international, auch während einer Pandemie besteht die Welt des Gesundheitswesens nicht nur aus Intensivbetten.“ Die stationäre, ambulante und häusliche Versorgung mit Hilfsmitteln müsse ebenfalls funktionieren, so der BIV-OT-Präsident: „Selbst wenn manches besser und sicher effektiver laufen könnte: An der Qualität dieser Versorgung darf nicht gespart werden.“
Ausgestrahlt in 82 Länder
Die digitale OTWorld.connect erwies sich als besonders international: Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 82 Ländern schalteten sich zwischen dem 27. und 29. Oktober über mehr als 4.000 Kongresszugänge in das Programm – „darunter aus Togo und Nepal, die wir sonst nur schwer erreichen konnten“, wie Reuter feststellte. Die Referentinnen und Referenten der 250 Vorträge, Impuls-Statements und Keynotes kamen aus über 20 Ländern: „Die OTWorld.connect hat uns ein tolles Versuchslabor für neue Formate eröffnet.“
Wabenwelt mit 20.000 Klicks, Workshops und Sessions
In der von Messetochter Fairnet gebauten „Wabenwelt” präsentierten 52 Unternehmen aus 15 Ländern ihre Produkte in „Innovation Showrooms”. Mehr als 20.000 Mal wurden die Waben laut Leipziger Messe in den vergangenen Tagen angeklickt. 45 Unternehmen boten zudem kostenfreie digitale Workshops an, die direkt aus den Firmensitzen übertragen wurden.
Um den Zuspruch zu den Kongress-Sessions zu illustrieren, hier einige der von den Veranstaltern herausgegebenen Zahlen: Das Symposium „Auswirkungen neuer Technologien im Bereich Prothetik und Mikrochirurgie auf die Versorgung Amputierter“ unter dem Vorsitz von Prof. Frank Braatz (UMG University Medical Center Goettingen/PFH, Private University of Applied Sciences) verzeichnete beispielsweise 164 registrierte Zugänge. Beim Symposium „Der kurze Stumpf – obere und untere Extremität“ unter Vorsitz von Bernd Sibbel (Bundesfachschule für Orthopädie-Technik BUFA e.V.) und Patrick Schröter (Septische und rekonstruktive Chirurgie, BG Klinikum Bergmannstrost Halle) schalteten sich 163 Zugänge ein. Und das Symposium „Rehabilitation, Robotics and Orthotics“ der parallelen TAR Conference unter dem Vorsitz von Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Catherine Disselhorst-Klug (Institut für Angewandte Medizintechnik, RWTH Aachen Universität) und Prof. Dr.-Ing. David Hochmann (FH Münster, Labor für Biomechatronik) vermeldete 123 registrierte Zugänge.
Staffelübergabe: Neue Kongresspräsidenten 2020
„Sehr zufrieden mit dem, was hier lief, zeigte sich Kongresspräsident Michael Schäfer auf dem Abschlusspodium „Stay connected! OTWorld in Dauerschleife“ – obwohl die OTWorld.connect „vollkommen anders war als eine Präsenzveranstaltung“. Doch nach der OTWorld.connect ist vor der OTWorld: Der Staffelstab wurde übergeben an die neuen Kongresspräsidenten Prof. Dr. Martin Engelhardt, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Mitglied des Vorstandes der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) und ärztlicher Direktor am Klinikum Osnabrück, sowie Merkur Alimusaj, Orthopädietechniker und Diplom-Ingenieur, Leitung Technische Orthopädie am Universitätsklinikum Heidelberg. „Wir nehmen den Enthusiasmus von 2020 mit in die Ausgabe 2022“, so Alimusaj. Für Prof. Engelhardt „befeuerte“ das diesjährige digitale Treffen die „Digitalisierung aller Unternehmen und aller Beteiligten.“ Auch wenn es „kein Ersatz für den persönlichen Austausch“ sei. Der bleibe unverzichtbar – 2022 unter anderem zu den Schwerpunkten Behindertensport sowie interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Technikern und Therapeuten.
2022 wieder persönlich
„Stay connected“ – und 2022 wieder volle Gänge und persönliche Treffen, das hoffen sowohl BIV-OT-Präsident Reuter als auch Martin Buhl-Wagner, Geschäftsführer der Leipziger Messe: Mit der diesjährigen „tollen digitalen Veranstaltung“, die in kurzer Zeit auf die Beine gestellt worden sei, ist man laut Buhl-Wagner zwar „gut für die Zukunft gerüstet“. Aber: „Ein rein virtuelles Format kann eine Präsenzveranstaltung nicht ersetzen.“ Reuter wäre ebenfalls froh, „wenn wir in zwei Jahren wieder eine Präsenzveranstaltung und einen Präsenzkongress machen.“
Konserviert: Mediathek geht online
Vom 9. November 2020 bis 31. Januar 2021 können die Aufzeichnungen des Kongresses in der Kongress-Mediathek abgerufen werden – darunter die wegweisenden Keynotes von Prof. Michael Goldfarb (Vanderbilt University Medical Centre, USA), der einen Blick in sein Forschungslabor gewährte; von Trend- und Zukunftsforscher Oliver Leisse zu den treibenden Effekten der Corona-Pandemie sowie die Denkanstöße des Aktivisten Raúl Aguayo-Krauthausen zur Barrierefreiheit auch im Kopf.
Für alle Besitzer einer OTWorld.connect-Dauerkarte ist dieses Angebot inklusive und sie können es ohne weiteres Zutun nutzen. Für Tageskartenbesitzer und Neu-Teilnehmer gibt es ab November ein ermäßigtes Mediathek-Ticket.
Die „Innovation Showrooms”, die Workshops und die branchenpolitischen Foren des BIV-OT sind nach einer Registrierung weiterhin bis zum 31. Januar 2021 kostenfrei zugänglich – aufgrund der hohen Aktualität stehen die branchenpolitischen Foren bereits ab dem 2. November online zur Verfügung.
Cathrin Günzel
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