Sen­so-Orthe­tik mit Kom­pres­si­on und Elek­tro­sti­mu­la­ti­on bei zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen – was wis­sen wir zur Effektivität?

W. M. Strobl
Bei Kindern und Erwachsenen mit zerebralen Bewegungsstörungen wird die Rolle der Sensorik, die ausreichende zentrale Verarbeitung exterozeptiver und propriozeptiver Reize aus der Peripherie für die Gewährleistung einer angemessenen Haltungs- und Bewegungskontrolle unterschätzt. Die Folgen sind fortschreitende sekundäre Effekte des Nicht-Gebrauchs, Schmerzen und muskuloskelettale Veränderungen. Die Stimulation der Mechanorezeptoren durch Kompression und Elektrostimulation ermöglicht eine nicht-invasive Aktivierung des gesamten sensomotorischen Systems und eine subjektiv und objektiv messbare Verbesserung der Lebensqualität. Zahlreiche Beobachtungsstudien und Erfahrungen berichten über positive Effekte. Senso-Orthesen mit Kompression und/oder Elektrostimulation können Schmerzen reduzieren, den Tonus regulieren und die physiologisch und psychologisch wichtige Haltung sowie die Bewegung des Patienten verbessern. Wie in vielen anderen Fällen multimodaler konservativer Behandlungsmaßnahmen reicht die wissenschaftliche Evidenz jedoch für eine abschließende Aussage für die meisten Senso-Orthesen noch nicht aus. Bei allen Senso-Orthesen mit Kompression und/oder Elektrostimulation ist eine genaue Diagnostik und Testung durch ein erfahrenes Team unerlässlich, um die bestmögliche Therapieoption zu finden.

Ein­lei­tung

Kin­der und Erwach­se­ne mit chro­ni­schen Erkran­kun­gen der Gehirn­funk­ti­on, wie bei­spiels­wei­se nach Hirn­ent­wick­lungs­stö­run­gen, nach ischä­mi­schem oder hämor­rha­gi­schem Insult, nach Schä­del-Hirn-Trau­ma oder Enze­pha­li­tis oder bei Mul­ti­pler Skle­ro­se, leben mit je nach Loka­li­sa­ti­on und Aus­deh­nung der Schä­di­gung unter­schied­lich schwe­ren Beein­träch­ti­gun­gen ihrer All­tags­ak­ti­vi­tä­ten. Greif‑, Sprach‑, Seh‑, Hör‑, Sitz- Steh‑, Geh­funk­ti­on und kogni­ti­ve, emo­tio­na­le sowie psy­cho­so­zia­le Fähig­kei­ten kön­nen betrof­fen sein.

Anzei­ge

Kör­per­hal­tung, Ste­hen und Gehen sind kom­ple­xe sen­so­mo­to­ri­sche Leis­tun­gen. Bei Ein­schrän­kun­gen der Leis­tungs­fä­hig­keit des Zen­tral­ner­ven­sys­tems sind Auf­fäl­lig­kei­ten der Hal­tung, der Spra­che, der Greif­fä­hig­keit und des Gang­bil­des zu beob­ach­ten. Die­ser moto­ri­schen Sym­pto­ma­tik lie­gen jedoch Stö­run­gen der moto­ri­schen UND sen­so­ri­schen Funk­tio­nen zugrun­de, wobei die Auf­merk­sam­keit beson­ders auf Letz­te­re gelenkt wer­den soll.

Beim gesun­den Men­schen wer­den extero­zep­ti­ve Rei­ze der Umwelt über Druck- und Tem­pe­ra­tur-Rezep­to­ren bzw. ‑Sen­so­ren in der Haut und dem Unter­haut­fett­ge­we­be und den Deh­nungs­re­zep­to­ren in Bin­de­ge­we­be, Fas­zi­en und Mus­keln auf­ge­nom­men und wei­ter­ge­lei­tet. Sie wer­den mit pro­prio­zep­ti­ven Rei­zen der Kör­per­stel­lung über Posi­ti­ons­re­zep­to­ren in Gleich­ge­wichts­or­ga­nen, Fas­zi­en, Mus­keln und Gelenk­kap­seln ver­knüpft und anhand von Asso­zia­tio­nen und Erfah­run­gen zur Wahr­neh­mung ver­ar­bei­tet. Nun erken­nen wir – in ers­ter Linie unbe­wusst – die Aus­gangs­po­si­ti­on unse­res Kör­pers. Dies ist die Vor­aus­set­zung dafür, dass die toni­sche Hal­te­mus­ku­la­tur die Kopf‑, Rumpf- und Bein­ach­sen­sta­bi­li­tät unter den Bedin­gun­gen der Schwer­kraft kon­trol­liert und durch die pha­si­sche Antriebs­mus­ku­la­tur Bewe­gun­gen geplant und gesteu­ert wer­den können.

Bei Men­schen mit zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen sind die Ver­ar­bei­tung und Koor­di­na­ti­on die­ser Infor­ma­tio­nen aus der Peri­phe­rie beein­träch­tigt, die Infor­ma­tio­nen der Sen­so­ren wer­den nicht oder falsch ver­ar­bei­tet und kön­nen der Pla­nung und Kon­trol­le der Moto­rik nicht aus­rei­chend zur Ver­fü­gung ste­hen (Abb. 1). Die man­geln­de Hal­tungs- und Bewe­gungs­kon­trol­le führt zu einer zusätz­li­chen sekun­dä­ren Ver­schlech­te­rung der Sen­so­mo­to­rik. Einer­seits durch „Non-use“ (Nicht-Gebrauch) und ande­rer­seits durch Fehl­stel­lun­gen von Kör­per­ab­schnit­ten, die nicht als fal­sche Posi­ti­on wahr­ge­nom­men wer­den kön­nen, neh­men Mus­kel-Ske­lett-Ver­än­de­run­gen ihren Aus­gang. Die­se sind zunächst rever­si­bel, jedoch fort­schrei­tend schmerz­haft und ent­wi­ckeln sich je nach Schwe­re­grad zu irrever­si­blen Defor­mi­tä­ten der Stütz- und Bewe­gungs­or­ga­ne (Abb. 2).

In den ver­gan­ge­nen Jah­ren konn­ten im Rah­men von drei­di­men­sio­na­len Bewe­gungs­ana­ly­se­stu­di­en auto­re­gu­la­ti­ve Mecha­nis­men der Ske­lett­mus­ku­la­tur ent­deckt wer­den, die bei zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen ver­su­chen, den Kör­per unter den Bedin­gun­gen der Schwer­kraft durch eine Mus­kel­über­ak­ti­vi­tät zu sta­bi­li­sie­ren. Die Schwä­che der toni­schen Hal­te­mus­ku­la­tur scheint durch eine – als „Spas­tik“ zu beob­ach­ten­de – Über­ak­ti­vi­tät der pha­si­schen Bewe­gungs­mus­ku­la­tur der Extre­mi­tä­ten kom­pen­siert zu wer­den1.

Ande­rer­seits füh­ren bei weni­ger akti­ven, nicht geh­fä­hi­gen Pati­en­ten die Inak­ti­vi­tät der Ske­lett­mus­ku­la­tur, die feh­len­de Mus­kel­mas­se und der Man­gel an Trai­ning zu einem Man­gel an ent­zün­dungs­hem­men­den Sub­stan­zen. Die somit bei Rei­zung nozi­zep­ti­ver Ner­ven­fa­sern unge­hemmt erzeug­te Neu­ro­in­flamm­a­ti­on schal­tet den Schmerz­ver­stär­ker ein und schwächt die kör­per­ei­ge­ne Schmerz­ab­wehr2. Dies wird mit als Ursa­che für die Ent­wick­lung unter­schätz­ter chro­ni­scher Schmer­zen bei Men­schen auch mit schwe­ren zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen vermutet.

Bei Kin­dern muss zusätz­lich die Dimen­si­on der Rei­fung und Ent­wick­lung berück­sich­tigt wer­den. Das erst­ma­li­ge Errei­chen des Ste­hens und Gehens ist ein Mei­len­stein der kind­li­chen Ent­wick­lung und hängt unmit­tel­bar mit der Ent­wick­lung der Psy­che und des Selbst­be­wusst­seins zusammen.

Schwe­re neu­ro­mo­to­ri­sche Stö­run­gen füh­ren zu man­geln­der Rei­fung der Sen­so­mo­to­rik und bei Aus­blei­ben eines aus­rei­chen­den Trai­nings in wei­te­rer Fol­ge zu Stö­run­gen der Bewe­gungs­or­ga­ne und ande­rer Organ­funk­tio­nen. Stu­di­en zei­gen, dass alle Kin­der mit Zere­bral­pa­re­sen, unab­hän­gig vom Alter, mit mus­ku­los­ke­letta­len Schmer­zen leben, die umso stär­ker sind, je weni­ger mobil die Kin­der sind3 4.

Ziel der vor­lie­gen­den Arbeit ist es, die prak­ti­schen Erfah­run­gen mit ver­schie­de­nen affe­renz-sti­mu­lie­ren­den „Sen­so-Orthe­sen“ bei Kin­dern und Erwach­se­nen mit zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen mit der bis­her publi­zier­ten Lite­ra­tur abzu­glei­chen und dem Behand­lungs­team einen Über­blick über den der­zei­ti­gen Wis­sen­stand zur Ver­fü­gung zu stel­len. Such­kri­te­ri­en für die sys­te­ma­ti­sche Lite­ra­tur­re­cher­che zur Wir­kungs­wei­se, zu kli­ni­schen Erfah­run­gen, Indi­ka­tio­nen und Out­co­me der ver­schie­de­nen Orthe­sen­ty­pen in der Daten­bank Pub­med waren die Begrif­fe cere­bral dis­or­ders, stro­ke, cere­bral pal­sy AND sen­so­ry ort­ho­ses, sen­so­ry input ort­ho­ses, pres­su­re input ort­ho­ses, elec­tro­sti­mu­la­ti­on ort­ho­ses, com­pres­si­on suits, elec­tro­sti­mu­la­ti­on suits.

Ent­wick­lung von Sen­so-Orthe­sen zur Ver­bes­se­rung der Hal­tungs- und Bewegungskontrolle

Ziel jeder Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung bei Men­schen mit zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen und neu­ro­mus­ku­lä­ren Erkran­kun­gen ist der Aus­gleich der sen­so­mo­to­ri­schen Fehl­funk­ti­on, um phy­sio­lo­gi­sche Akti­vi­tät zu ermög­li­chen und Schmer­zen sowie Sekun­där­schä­den des Kör­pers zu ver­mei­den. Es ist daher nahe­lie­gend, bei der Ent­wick­lung von wirk­sa­men Orthe­sen die sen­so­ri­schen Rest­funk­tio­nen best­mög­lich zu nut­zen, die funk­ti­ons­tüch­ti­gen peri­phe­ren exte­ro- und pro­prio­zep­ti­ven Rezep­to­ren zu sti­mu­lie­ren und somit die unbe­wuss­te Wahr­neh­mung durch Mecha­nis­men der Neu­ro­plas­ti­zi­tät zu trai­nie­ren, um die Vor­aus­set­zun­gen für eine adäqua­te Reak­ti­on des moto­ri­schen Sys­tems, der toni­schen Hal­te- und pha­si­schen Bewe­gungs­ak­ti­vi­tät zu schaffen.

Sen­so-Orthe­sen wären somit in der Lage, einer­seits den „Non-use“ der neu­ro­na­len Affe­ren­zen und ande­rer­seits – durch ihre zusätz­li­chen mecha­nisch-sta­bi­li­sie­ren­den Eigen­schaf­ten – die Ent­wick­lung von Fehl­stel­lun­gen von Kör­per­ab­schnit­ten, Schmer­zen und Mus­kel-Ske­lett-Ver­än­de­run­gen posi­tiv zu beeinflussen.

Die Zie­le der Sen­so-Orthe­tik kön­nen wie folgt zusam­men­ge­fasst werden:

  1. Schmerz­frei­heit
  2. Ver­bes­se­rung der Kraft der toni­schen „Anti-Schwer­kraft-Mus­ku­la­tur“ mit Kräf­ti­gung der Kopf‑, Rumpf- und Hal­tungs­kon­trol­le und erleich­ter­ter Akti­vie­rung der obe­ren Extremitäten
  3. Ver­bes­se­rung der Sen­so­rik und der Per­zep­ti­on mit Beein­flus­sung des Mus­kel­to­nus und Hem­mung spas­ti­scher Muskelüberaktivität
  4. Ver­bes­se­rung der Sprach­mo­to­rik und damit der Kom­mu­ni­ka­ti­on und Nahrungsaufnahme
  5. Ver­grö­ßern des Bewe­gungs­aus­ma­ßes der Mus­keln und Gelen­ke mit Vor­beu­gen von Sekun­där­schä­den durch Erhalt der Dehn­fä­hig­keit der Mus­keln und damit Ver­mei­dung von Kon­trak­tu­ren und kon­se­ku­ti­ven knö­cher­nen Defor­mi­tä­ten sowie Ver­mei­dung häu­fig unter­schätz­ter mus­ku­los­ke­letta­ler Schmerzen
  6. Nor­ma­li­sie­rung der Hebel­ar­me, um Kraft­trai­ning der Mus­ku­la­tur zu ermöglichen
  7. Beein­flus­sung des Knor­pel­wachs­tums und der Gelenksentwicklung
  8. Belas­tung der unte­ren Extre­mi­tä­ten und Wir­bel­säu­le zur Ver­mei­dung einer Inaktivitätsosteoporose
  9. im Wachs­tums­al­ter Sti­mu­la­ti­on der Wachstumsfugen
  10. durch Ver­bes­se­rung der Mus­kel­kraft und Mobi­li­tät bes­se­re kar­dio­pul­mo­n­a­le Leis­tungs­fä­hig­keit und bes­se­re Funk­ti­on inne­rer Orga­ne und des Stoffwechsels
  11. durch Ver­ti­ka­li­sie­rung Nor­ma­li­sie­rung des Sero­to­nin-Stoff­wech­sels und Ver­bes­se­rung der zere­bra­len Leistungsfähigkeit
  12. Reduk­ti­on psy­cho­lo­gi­scher Pro­ble­me durch Stei­ge­rung des Selbstbewusstseins
  13. Errei­chen von sozia­ler Teilhabe

Die der­zeit ent­wi­ckel­ten und Kin­dern und Erwach­se­nen mit zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen kli­nisch zur Ver­fü­gung ste­hen­den Sen­so-Orthe­sen bzw. sen­so­risch wirk­sa­men Hilfs­mit­tel kön­nen in fünf Grup­pen mit unter­schied­li­chem Ansatz ihrer Wir­kungs­wei­se unter­teilt werden:

  1. Wär­me
  2. Kom­pres­si­on (und Vertikalisierung)
  3. Loko­mo­ti­on5
  4. Vibra­ti­on
  5. Elek­tro­sti­mu­la­ti­on

Hilfs­mit­tel nut­zen durch die­se spe­zi­fi­schen phy­si­ka­li­schen Mecha­nis­men und die damit ver­bun­de­ne extero­zep­ti­ve und pro­prio­zep­ti­ve Sti­mu­la­ti­on zen­tra­le sen­so­ri­sche Rest­funk­tio­nen, trai­nie­ren die unbe­wuss­te Wahr­neh­mung durch Mecha­nis­men der Neu­ro­plas­ti­zi­tät und schaf­fen damit die Vor­aus­set­zun­gen für eine phy­sio­lo­gi­sche Moto­rik. Somit kön­nen die­se auf fünf unter­schied­li­chen Wegen einer­seits den „Non-use“ der neu­ro­na­len Affe­ren­zen und ande­rer­seits die Ent­wick­lung von Fehl­stel­lun­gen, Schmer­zen und Mus­kel-Ske­lett-Ver­än­de­run­gen ver­mei­den helfen.

Wie wir­ken Sen­so-Orthe­sen durch Kompression?

Anders als bei der Kom­pres­si­ons­the­ra­pie zur Ver­bes­se­rung der Fließ­ei­gen­schaf­ten der Blut- und Lymph­ge­fä­ße wirkt der Druck nicht auf das Bin­de­ge­we­be, um den Tonus der Gefäß­wän­de zu erhö­hen, son­dern auf die neu­r­a­len Mecha­n­o­re­zep­to­ren, die als pri­mä­re Druck- und Deh­nungs-Sen­so­ren für die Exte­ro- und Pro­prio­zep­ti­on ver­ant­wort­lich sind. Pro­prio- und extero­zep­ti­ver Input ermög­li­chen ein Trai­ning des affe­ren­ten Sys­tems mit Ver­bes­se­rung der Tie­fen­wahr­neh­mung und damit eine Akti­vie­rung und Kräf­ti­gung der toni­schen Haltemuskulatur.

Aus zahl­rei­chen Stu­di­en der Raum­for­schung ist bekannt, dass pro­prio­zep­ti­ve und tak­ti­le Rei­ze bei feh­len­der Schwer­kraft über län­ge­re Zeit­räu­me wie­der­keh­rend appli­ziert wer­den müs­sen, um die Hal­tungs­kon­trol­le auf­recht­zu­er­hal­ten und den Astro­nau­ten bzw. Kos­mo­nau­ten nach der Rück­kehr auf die Erde eine rasche­re Adapt­a­ti­on an die Schwer­kraft zu erlau­ben6. Die­ses Grund­prin­zip der dau­er­haf­ten sen­so­ri­schen Reiz­ap­pli­ka­ti­on greift die kom­ple­xe Metho­de der „Pro­prio­zep­ti­ven Kor­rek­tur“ auf und ermög­licht im Rah­men der Neu­ro­re­ha­bi­li­ta­ti­on die Behand­lung von Men­schen mit schwe­ren Hirn­schä­di­gun­gen und Bewe­gungs­stö­run­gen7.

Ent­wick­lung von Kom­pres­si­ons­or­the­sen bei zere­bra­len Bewegungsstörungen

Erst­mals wur­de ein beweg­li­cher Kor­rek­tur­an­zug aus der Raum­fahrt für die Behand­lung von Kin­dern mit zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen in den 1990er Jah­ren von Kozi­jav­kin an der Inter­na­tio­na­len Reha­bi­li­ta­ti­ons­kli­nik Trus­ka­wez in der Ukrai­ne ein­ge­setzt. Eige­ne Beob­ach­tun­gen vor Ort und ein im Lan­cet publi­zier­ter Erfah­rungs­be­richt konn­ten eine Ver­bes­se­rung der Hal­tung und Bewe­gung und eine Reduk­ti­on der Spas­tik im Rah­men der mul­ti­mo­da­len Inten­siv-Reha­bi­li­ta­ti­on fest­stel­len8. Eine ähn­lich auf­ge­bau­te Kom­pres­si­ons­or­the­se führt zu einer Ver­bes­se­rung des Gang­bil­des im Rah­men der mul­ti­mo­da­len Inten­siv-Reha­bi­li­ta­ti­on nach Ade­li9.

Wei­ter­ent­wi­ckelt wur­den die Kor­rek­tur­an­zü­ge als elas­ti­sche, haut­eng anlie­gen­de Ganz­kör­per-Kom­pres­si­ons­or­the­sen für den Rumpf bzw. ein­zel­ne Kör­per­tei­le, wie den Becken­gür­tel10. Eine Stu­die zur Rumpfor­the­se „Spio“ („Sta­bi­li­zing Pres­su­re Input Ortho­sis“) zeig­te in Kom­bi­na­ti­on mit einer mul­ti­mo­da­len ambu­lan­ten oder sta­tio­nä­ren Behand­lung Ver­bes­se­run­gen von kypho­ti­schen Fehl­hal­tun­gen, aber nicht von Sko­lio­sen und Hüft­lu­xa­tio­nen11. Ähn­lich auf­ge­baut sind die am Markt erhält­li­chen Kom­pres­si­ons­or­the­sen, wie bei­spiels­wei­se die „Dyna­mic GPS Soft-Orthe­se“, „Fle­xa Bar­bie­ri SLR-Orthe­se“ und „Pro­the­seus TLSO Wes­te“ (Abb. 3).

Qua­li­täts­kri­te­ri­en erleich­tern die Beur­tei­lung der Wirk­sam­keit und des Stel­len­werts im Gesamt­be­hand­lungs­kon­zept: Kom­pres­si­ons­rumpfor­the­sen sol­len in Ver­bin­dung mit kon­ven­tio­nel­ler The­ra­pie und All­tags­ak­ti­vi­tä­ten eine sub­jek­tiv und objek­tiv mess­ba­re ver­bes­ser­te Rumpf­sta­bi­li­tät und Hand­funk­ti­on ermög­li­chen. In der Pra­xis ist sehr oft eine ortho­pä­die­tech­ni­sche Nach­bes­se­rung durch zusätz­li­che elas­ti­sche Zügel und par­ti­el­le Ver­stei­fun­gen notwendig.

Evi­denz gibt es für die Ver­bes­se­rung der akti­ven Sitz­funk­ti­on, Ver­bes­se­rung der Hand­mo­to­rik und Kopf­kon­trol­le durch Sta­bi­li­sie­rung des Rump­fes. Vor­aus­set­zung sind feh­len­de höher­gra­di­ge Atmungs- oder Haut­pro­ble­me12 13. Die Indi­ka­ti­on ist bei fle­xi­bler Wir­bel­säu­len­in­sta­bi­li­tät ohne struk­tu­rel­le Defor­mi­tä­ten, wie Kypho­se oder Sko­lio­se, mit für die akti­ve Auf­rich­tung aus­rei­chend kräf­ti­ger Rumpf­mus­kel-Rest­funk­ti­on gege­ben. Kon­tra­in­di­ziert sind eine aus­ge­präg­te Rumpf­mus­kel­schwä­che und struk­tu­rel­le Fehl­stel­lun­gen. In einem sys­te­ma­ti­schen Review aus 2021 wur­den 12 Stu­di­en zu dyna­mi­schen Kom­pres­si­ons­or­the­sen (wie Thera­su­it, The­ra­tog, Ade­li und ande­re) inklu­diert. Bei Kin­dern mit Zere­bral­pa­re­sen konn­ten signi­fi­kan­te Ver­än­de­run­gen der Gang­ge­schwin­dig­keit, Kadenz, Schritt­län­ge und Sym­me­trie in Ver­bin­dung mit Trai­nings­pro­gram­men fest­ge­stellt wer­den, sodass die Autoren 18–60 Sit­zun­gen emp­feh­len, um opti­ma­le Resul­ta­te zu erzie­len14.

Das Grund­prin­zip der „Dyna­mi­schen Sta­bi­li­tät“ bei der neu­ro-orthe­ti­schen Ver­sor­gung wur­de bereits in den 1960–1970er Jah­ren von Adria­no Fer­ra­ri, Neu­ro-Reha­bi­li­ta­ti­ons­me­di­zi­ner und Schü­ler von Mila­ni Com­pa­ret­ti, beschrie­ben, der fest­stell­te, dass die bes­te Orthe­se durch Beweg­lich­keit aller Gelen­ke sen­so­mo­to­ri­sches Ler­nen durch neu­ro­na­le Plas­ti­zi­tät ermög­licht15.

Auch die dyna­mi­sche Orthe­sen­ver­sor­gung nutzt daher die­se beschrie­be­nen Mecha­nis­men. Kom­pres­si­on ent­steht durch die halbe­las­ti­sche, eng anlie­gen­de Bau­wei­se und Belas­tung der Mecha­n­o­re­zep­to­ren im Rah­men der Ver­ti­ka­li­sie­rung. Durch weit­ge­hend frei­ge­ge­be­ne Gelen­ke kön­nen toni­sche wie pha­si­sche Mus­keln durch die Siche­rung phy­sio­lo­gi­scher Ursprungs- und Ansatz­punk­te sowie Hebel­ar­me trotz zen­tra­ler Pare­sen maxi­mal akti­viert und gekräf­tigt werden.

Dyna­mi­sche Rumpfor­the­sen (semi­ri­gi­de bis rigi­de Rumpf­stütz­or­the­se, Kunst­stoff-Stütz­mie­der, Chê­neau-Müns­ter-Kor­sett) sind sta­bi­ler als rein tex­til her­ge­stell­te Kom­pres­si­ons­or­the­sen, nut­zen jedoch auf­grund ihrer dyna­mi­schen Sta­bi­li­tät neben ihrer mecha­ni­schen Stütz­funk­ti­on eben­so das Behand­lungs­prin­zip der exte­ro- und pro­prio­zep­ti­ven Sti­mu­la­ti­on der Mecha­n­o­re­zep­to­ren (Abb. 4). In der Lite­ra­tur fin­det sich eine Evi­denz für das Errei­chen einer Sitz­funk­ti­on, eine Ver­bes­se­rung der Hand­mo­to­rik und Kopf­kon­trol­le durch dyna­mi­sche Sta­bi­li­sie­rung des Rump­fes. Vor­aus­set­zung sind feh­len­de höher­gra­di­ge Atmungs- oder Haut­pro­ble­me. Indi­ka­tio­nen sind eine fle­xi­ble oder struk­tu­rel­le neu­ro­mus­ku­lä­re Wir­bel­säu­len-Insta­bi­li­tät, Kon­tra­in­di­ka­ti­on ist die idio­pa­thi­sche Sko­lio­se16 17 18.

Die ein­fachs­te Form einer durch Kom­pres­si­on affe­renz­sti­mu­lie­ren­den Orthe­se ist die dyna­mi­sche Ein­la­ge (sen­so­mo­to­ri­sche, pro­prio­zep­ti­ve oder funk­tio­nel­le Kor­rek­tur­ein­la­ge), von der der­zeit etwa 200 ver­schie­de­ne Typen im Han­del erhält­lich sind (MBI, Derks, Podo­lo­gi­sche Ein­la­gen, Spi­ral­dy­na­mi­sche Ein­la­gen, Jahr­ling, Poma­ri­no etc.). Für Stu­di­en soll­te die unter­schied­li­che Bau­wei­se und Not­wen­dig­keit einer Dif­fe­ren­zie­rung beach­tet wer­den19.

Die der­zei­ti­ge Stu­di­en­la­ge bestä­tigt eine Evi­denz für die qua­li­ta­ti­ve Ver­bes­se­rung der Steh- und Geh­funk­ti­on und Mus­kel­to­nus-Regu­la­ti­on durch eine Akti­vie­rung ein­zel­ner Mus­keln durch pro­prio­zep­tiv wirk­sa­me Rei­ze an der Fuß­soh­le. Signi­fi­kan­te quan­ti­ta­ti­ve Ver­än­de­run­gen gegen­über eines Kon­troll­kol­lek­tivs konn­ten in 3D-Gang­ana­ly­se-Stu­di­en bis­her nicht gefun­den wer­den. Vor­aus­set­zung ist eine aus­rei­chen­de Funk­ti­on der Affe­ren­zen ohne schwe­re struk­tu­rel­le Fehl­stel­lung. Indi­ziert sind dyna­mi­sche Ein­la­gen bei fle­xi­blen Spitz‑, Platt‑, Hohl‑, Klump­fü­ßen, kon­tra­in­di­ziert bei feh­len­der Ober­flä­chen­sen­si­bi­li­tät oder schwe­ren kon­trak­ten Fuß­fehl­stel­lun­gen20 21.

Für geh­fä­hi­ge Pati­en­ten mit zere­bra­ler Bewe­gungs­stö­rung wur­den alter­na­tiv zur ortho­pä­di­schen Schuh­ver­sor­gung, ent­spre­chend dem Prin­zip der „Dyna­mi­schen Sta­bi­li­tät“, dyna­mi­sche, das unte­re Sprung­ge­lenk sta­bi­li­sie­ren­de kur­ze Gehor­the­sen als Knö­chel-Fuß-Orthe­sen (DAFO) mit fle­xi­bler ring­för­mi­ger Fas­sung ent­wi­ckelt. Ihnen liegt der glei­che Wirk­me­cha­nis­mus wie bei der dyna­mi­schen Ein­la­ge in Kom­bi­na­ti­on mit einer mecha­ni­schen Sta­bi­li­sie­rung des unte­ren Sprung­ge­len­kes zugrun­de. Indi­ka­tio­nen sind insta­bi­le, aber noch fle­xi­ble Spitz‑, Platt‑, Hohl- und Klump­fü­ße, bei schwe­ren fle­xi­blen und struk­tu­rell fixier­ten Füßen oder Kon­trak­tu­ren sind die­se jedoch kon­tra­in­di­ziert22 23 (Abb. 5). Eben­so signi­fi­kant kön­nen dyna­mi­sche Unter­schen­kel-Gehor­the­sen (Ank­le Foot Ortho­sis, AFO) bei Pati­en­ten mit zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen und einer Insta­bi­li­tät oder (neuro-)muskulären Fehl­funk­ti­on des obe­ren Sprung­ge­lenks (OSG)/Kniegelenkes ohne schwe­re struk­tu­rel­le Fuß­fehl­stel­lung zur Schmerz­re­duk­ti­on und Ver­bes­se­rung der Steh- und Geh­funk­ti­on durch eine Sta­bi­li­sie­rung des unte­ren Sprung­ge­lenks (USG) und OSG und Rück­ver­la­ge­rung des Knie­ge­len­kes der gesam­ten Bein­ach­se bei­tra­gen. Indi­ka­tio­nen sind Zehenballen‑, Stepper‑, Kauer‑, Haken­gang mit/ohne leich­ten Fall‑, Spitz‑, Platt‑, Hohl‑, Klump­fü­ßen, Kon­tra­in­di­ka­tio­nen sind struk­tu­rel­le Fuß­fehl­bil­dung oder ‑stel­lung und Kon­trak­tu­ren. Inter­es­sant sind die posi­ti­ven Ergeb­nis­se der ers­ten fami­li­en­zen­trier­ten Stu­di­en24.

Bei nicht-geh­fä­hi­gen Pati­en­ten kann sen­so­mo­to­ri­sches Ler­nen durch pro­prio­zep­ti­ven Input mit dyna­mi­schen Ganz­kör­per-Ste­hor­the­sen (Trunk Hip Knee Ank­le Foot Ortho­sis, THKAFO), erreicht wer­den. Bei aus­rei­chen­der Kopf­kon­trol­le kann bei Tetrapa­re­se oder Tetra­ple­gie mit Insta­bi­li­tät oder neu­ro­mus­ku­lä­rer Fehl­funk­ti­on der Rumpf-Becken-Bein­ge­len­ke und gewichts­be­dingt bis zum Alter von etwa 12 Jah­ren eine Kräf­ti­gung der toni­schen Hal­te­mus­ku­la­tur durch beweg­li­che Sta­bi­li­sie­rung des Rump­fes und der Bein­ach­sen erzielt wer­den (Abb. 6). Kon­tra­in­di­ka­tio­nen sind auch hier schwe­re struk­tu­rel­le Fehl­stel­lun­gen und Kon­trak­tu­ren. Neu­es­te Stu­di­en zei­gen eine auch nach 7 Jah­ren anhal­ten­de Ver­bes­se­rung der Hüf­t­ent­wick­lung bei 15–30° Abduk­ti­on und mind. 10 Stun­den Steh­the­ra­pie pro Woche25 und Reduk­ti­on von ope­ra­ti­ons­be­dürf­ti­gen Hüft­lu­xa­tio­nen bei frü­her Ver­sor­gung in den ers­ten Lebens­jah­ren26.

Auch für Sen­so-Orthe­sen auf der Basis der dyna­mi­schen Sta­bi­li­tät erleich­tern Qua­li­täts­kri­te­ri­en die Beur­tei­lung der Wirk­sam­keit und des Stel­len­werts im Gesamt­be­hand­lungs­kon­zept: Dyna­mi­sche Ein­la­gen, Knö­chel-Fuß-Orthe­sen, dyna­mi­sche Ste­hor­the­sen und Rumpfor­the­sen, wer­den indi­vi­du­ell modell­ge­formt gefer­tigt und sol­len in Ver­bin­dung mit The­ra­pie und All­tags­ak­ti­vi­tä­ten ein Trai­ning der Mecha­n­o­re­zep­to­ren und des affe­ren­ten Sys­tems sowie eine unge­stör­te Mobi­li­tät mit Kräf­ti­gung der Mus­ku­la­tur bei kor­ri­gier­ten Hebel­ar­men in Neu­tral­stel­lung der Gelen­ke ermög­li­chen. Die berich­te­te Funk­ti­ons­ver­bes­se­rung und posi­ti­ve Auf­nah­me durch Pati­en­ten, die Beur­tei­lung von ADL-Auf­ga­ben, die visu­el­le und instru­men­tel­le Mes­sung von Hal­tungs- und Gang­pa­ra­me­tern und lang­fris­ti­ge Ent­wick­lung der Bewe­gungs­or­ga­ne geben Hin­wei­se auf die erwünsch­te Wirksamkeit.

Wie wir­ken Sen­so-Orthe­sen bei Elektrostimulation?

Im Gegen­satz zur Kom­pres­si­on kann Elek­tro­sti­mu­la­ti­on bei zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen mit einer noch stär­ke­ren Reiz­ap­pli­ka­ti­on der Rezep­to­ren the­ra­peu­tisch genützt wer­den und mul­ti­ple sub­jek­tiv und objek­tiv mess­ba­re Wir­kun­gen aus­lö­sen. Elek­tro­the­ra­pie kann zur Schmerz­dämp­fung, Sti­mu­la­ti­on inner­vier­ter schwa­cher Mus­keln, Stei­ge­rung der Neu­ro­plas­ti­zi­tät und Spas­tik­re­duk­ti­on ein­ge­setzt werden.

Schmerz­re­duk­ti­on und damit eine Bewe­gungs­ver­bes­se­rung kann durch Schwell­strom mit­tels Ober­flä­chen­elek­tro­den erzielt wer­den und wird z. B. bei einer Schul­ter­lu­xa­ti­on nach Insult verwendet.

Die Sti­mu­la­ti­on zen­tral gelähm­ter Mus­keln und Mus­kel­kräf­ti­gung schwa­cher Mus­keln bei zen­tra­len Pare­sen erfolgt durch Elek­tro­sti­mu­la­ti­on mit­tels Schwel­len­wert­trai­ning. Sie wird mit Hil­fe von EMG-getrig­ger­ter Elek­tro­sti­mu­la­ti­on z. B. für M. tri­ceps bra­chii oder M. tibia­lis ante­rior kli­nisch eingesetzt.

Elek­tro­sti­mu­la­ti­on ermög­licht auch die Tonus­sen­kung bei spas­ti­schen Pare­sen. Peri­phe­re repe­ti­ti­ve sub-sen­so­ri­sche Sti­mu­la­ti­on spricht pro­prio­zep­ti­ve Affe­ren­zen an und wird mit­tels Hand­schuh oder Socken 2‑mal täg­lich 20–30 Min. 0,3 ms mit 30 Hz sub­sen­so­risch zur Spas­tik­re­duk­ti­on ange­wen­det27 28.

Eben­so ermög­licht Elek­tro­sti­mu­la­ti­on die Akti­vie­rung des Gehirns und neu­ro­na­le Ver­net­zung bei zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen. Sen­so­ri­sche affe­ren­te Sti­mu­la­ti­on wird zur För­de­rung der Neu­ro­plas­ti­zi­tät und Sen­si­bi­li­täts­stei­ge­rung ver­wen­det29.

Hoch­ton­the­ra­pie kann durch simul­ta­ne Fre­quenz- und Ampli­tu­den-Modu­la­ti­on mit sinus­för­mi­gem, metall­ver­träg­li­chem Wech­sel­strom mit Fre­quen­zen von 4000–33000 Hz und bis zu 300 mA ein­ge­setzt wer­den. Indi­ka­tio­nen sind Zere­bral­pa­re­sen nach Insult und bei Mul­ti­pler Skle­ro­se, wobei sich Heim­ge­rä­te zur täg­li­chen Anwen­dung mit län­ge­rer The­ra­pie­dau­er anbie­ten30.

Es ist wich­tig zu beach­ten, dass die Wir­kung von Sen­so-Orthe­sen durch Elek­tro­sti­mu­la­ti­on von Per­son zu Per­son unter­schied­lich sein kann und von ver­schie­de­nen Fak­to­ren wie der Loka­li­sa­ti­on und Aus­deh­nung der pri­mä­ren Schä­di­gung, der Art der zere­bra­len Bewe­gungs­stö­rung und Läh­mung sowie dem indi­vi­du­el­len Krank­heits­ver­lauf abhängt.

Ent­wick­lung von E‑Stimulationsorthesen bei zere­bra­len Bewegungsstörungen

Bis­her wur­den ver­schie­de­ne Elek­tro­sti­mu­la­ti­ons­or­the­sen für zere­bra­le Bewe­gungs­stö­run­gen ent­wi­ckelt. Am längs­ten kli­nisch ange­wen­det wird die soge­nann­te funk­tio­nel­le Elek­tro­sti­mu­la­ti­on (FES), bei der elek­tri­sche Impul­se ver­wen­det wer­den, um geschwäch­te oder gelähm­te Mus­keln zu sti­mu­lie­ren. Die­se Art von Orthe­sen kann bei Pati­en­ten mit zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen ein­ge­setzt wer­den, um Bewe­gun­gen zu unter­stüt­zen und die Mus­kel­kraft zu verbessern.

Funk­tio­nel­le Elek­tro­sti­mu­la­ti­on wird mit Sti­mu­la­ti­ons­man­schet­ten am Unter­arm, Ober- und Unter­schen­kel zur Akti­vie­rung der lan­gen Hand‑, Bein- und Fuß­mus­ku­la­tur erfolg­reich ein­ge­setzt. Indi­ka­tio­nen sind eine Schwä­che der Hand­ge­lenk­stre­cker, Knie­stre­cker, Knie­beu­ger, Pro­na­to­ren und Fuß­he­be­mus­ku­la­tur nach Insult, bei uni­la­te­ra­ler Zere­bral­pa­re­se und Mul­ti­pler Skle­ro­se. Kon­tra­in­di­ka­tio­nen sind struk­tu­rel­le Fehl­stel­lun­gen und feh­len­de sub­jek­ti­ve Akzep­tanz des Trä­gers bzw. der Trägerin.

Bei den Sys­te­men für die unte­ren Extre­mi­tä­ten, wie bei­spiels­wei­se „Bio­ness“, „Alfess“ und „Wal­kAi­de“, erfas­sen Bewe­gungs­sen­so­ren die Posi­ti­on des Beins im Gang­zy­klus und trig­gern den rich­ti­gen Sti­mu­la­ti­ons­zeit­punkt. Die voll­stän­dig ersetz­te Funk­ti­on kann in der 3D-Bewe­gungs­ana­ly­se doku­men­tiert werden.

Sys­te­me für die obe­ren Extre­mi­tä­ten sind eher im the­ra­peu­ti­schen Bereich ver­wend­bar. „Bio­ness H200“ wird bei­spiels­wei­se mit der kon­tra­la­te­ra­len Hand über eine Fern­steue­rung getrig­gert, der „Regrasp-Bewe­gungs­sen­sor“ hin­ter der Ohr­mu­schel beim Nicken des Kopfes.

Die Wirk­sam­keit und der the­ra­peu­ti­sche Nut­zen von Sti­mu­la­ti­ons­or­the­sen31 32 und Neu­ro­pro­the­sen33 für Pati­en­ten mit zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen nach Insult wird bereits seit Jahr­zehn­ten in zahl­rei­chen Stu­di­en belegt. Die Sys­te­me wer­den von in der kli­ni­schen Anwen­dung erfah­re­nen Zen­tren als nicht für alle Pati­en­ten geeig­net beur­teilt, eine aus­gie­bi­ge Tes­tung und kor­rek­te Ein­stel­lung sind jeden­falls unab­ding­bar34.

Qua­li­täts­kri­te­ri­en: Man­schet­ten mit funk­tio­nel­ler Elek­tro­sti­mu­la­ti­on sol­len feh­len­de bzw. schwa­che Mus­kel­funk­tio­nen erset­zen, wobei der prak­ti­sche Nut­zen für Pati­en­ten das etwas auf­wän­di­ge Tra­gen und Ver­wen­den des instru­men­tel­len Hilfs­mit­tels im All­tag über­tref­fen soll­te. Die Wir­kung kann an der obe­ren Extre­mi­tät mit­tels ADL-Auf­ga­ben und für die unte­ren Extre­mi­tä­ten mit­tels kli­ni­scher bzw. instru­men­tel­ler Gang­ana­ly­se meist ein­fach beur­teilt werden.

Eine wei­te­re Art von Elek­tro­sti­mu­la­ti­ons­or­the­sen sind sen­so­ri­sche Orthe­sen, die spe­zi­ell für die Behand­lung von Sen­si­bi­li­täts­stö­run­gen ent­wi­ckelt wur­den. Die­se Orthe­sen ver­wen­den elek­tri­sche Impul­se, um die sen­so­ri­sche Wahr­neh­mung zu ver­bes­sern und die pro­prio­zep­ti­ven Fähig­kei­ten zu för­dern. Sie kön­nen bei Pati­en­ten mit zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen ein­ge­setzt wer­den, um die Kör­per­wahr­neh­mung und das Gleich­ge­wicht zu verbessern.

Die sub-sen­so­ri­sche Sti­mu­la­ti­on, die durch das Adres­sie­ren pro­prio­zep­ti­ver Affe­ren­zen zur Tonus­re­gu­la­ti­on und Spas­tik­re­duk­ti­on führt, wird von der Neu­ro­mo­du­la­ti­ons-Ganz­kör­per-Kom­pres­si­ons- und E‑Sti­mu­la­ti­ons-Orthe­se „Exo­pul­se Mol­lii Suit“ ange­wen­det. Die­se Form der elek­tri­schen Sti­mu­la­ti­on durch Ober­flä­chen­elek­tro­den ist eine nicht-inva­si­ve the­ra­peu­ti­sche Tech­nik zur Ver­bes­se­rung der will­kür­li­chen moto­ri­schen Kon­trol­le und zur Ver­rin­ge­rung von Schmer­zen und Spas­ti­zi­tät bei Pati­en­ten mit zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen. Ein Vor­teil ist die bes­se­re Com­pli­ance, da Pati­en­ten die Impul­se im Gegen­satz zur FES nicht spü­ren. Bei die­sem Sys­tem han­delt es sich um einen eng anlie­gen­den Ganz­kör­per­an­zug mit inte­grier­ten Elek­tro­den, der für die selbst ver­ab­reich­te elek­tri­sche Sti­mu­la­ti­on zur Ver­rin­ge­rung von Spas­ti­zi­tät und zur För­de­rung der Beweg­lich­keit ent­wi­ckelt wur­de. 58 ein­ge­bet­te­te Elek­tro­den sti­mu­lie­ren mit 20 Hz und steu­ern über Der­mato­me 40 Myo­to­me bzw. Mus­kel­grup­pen an (Abb. 7).

Die Wir­kungs­wei­se die­ser Sen­so-Orthe­se, bei der nied­ri­ge Fre­quen­zen mit nied­ri­ger Inten­si­tät einen sen­so­ri­schen Input her­vor­ru­fen, aber kei­ne Mus­kel­kon­trak­tio­nen aus­lö­sen, ist nicht voll­stän­dig geklärt. Der theo­re­ti­sche Hin­ter­grund die­ser Metho­de bezieht sich in ers­ter Linie auf das Kon­zept der rezi­pro­ken Hem­mung, d. h., dass der sen­so­ri­sche Input eines Mus­kels die Akti­vie­rung eines ant­ago­nis­ti­schen Mus­kels durch Akti­vie­rung disyn­ap­ti­scher rezi­pro­ker Ia-Affe­ren­zen hem­men kann. Beim neu­ro­phy­sio­lo­gi­schen Mecha­nis­mus der Ant­ago­nis­ten-Hem­mung errei­chen daher unter­schwel­li­ge elek­tri­sche Impul­se über tak­ti­le Haut­ner­ven ohne Betei­li­gung der moto­ri­schen Antei­le die ent­spre­chen­den spi­na­len Seg­men­te, wer­den ver­schal­tet und lösen im Rens­haw-Inter­neu­ron eine Hem­mung des Ant­ago­nis­ten aus, ohne eine Mus­kel­kon­trak­ti­on auszulösen.

Das Ziel die­ser Sen­so-Orthe­se ist somit die Sti­mu­la­ti­on eines ant­ago­nis­ti­schen Mus­kels (z. B. Fuß­he­bers), um die reflex­ver­mit­tel­te Über­ak­ti­vi­tät eines ant­ago­nis­ti­schen Mus­kels (z. B. Plant­ar­flexots) zu redu­zie­ren, indem eine rezi­pro­ke Hem­mung indu­ziert wird. Wie bei der her­kömm­li­chen TENS nied­ri­ger Inten­si­tät, könn­ten jedoch auch ande­re Mecha­nis­men eine Rol­le spie­len35.

Der „Exo­pul­se Mol­lii Suit“ wur­de in meh­re­ren kli­ni­schen Erfah­rungs­be­rich­ten mit posi­ti­ven Ergeb­nis­sen bewer­tet, was auf sein Poten­zi­al für die Reha­bi­li­ta­ti­on hin­weist. In einer rezen­ten Über­sichts­ar­beit36 wur­de die Wirk­sam­keit für die Reha­bi­li­ta­ti­on und Akzep­tanz durch Pati­en­ten unter­sucht, wobei sich zeig­te, dass die posi­ti­ven Aus­wir­kun­gen der Neu­ro­mo­du­la­ti­ons-Ganz­kör­per-Kom­pres­si­ons­or­the­se auf die Ver­bes­se­rung der moto­ri­schen Funk­tio­nen und die Ver­rin­ge­rung der Spas­tik mit der Dau­er der Ver­ab­rei­chung und der Dosie­rung der Behand­lung zusam­men­hän­gen, die wie­der­um vom Schwe­re­grad der Beein­träch­ti­gung des Pati­en­ten und sei­nen Behand­lungs­zie­len abhän­gen37.

Die über­wie­gen­de Anzahl der Pati­en­ten berich­ten über posi­ti­ve Effek­te, die spon­tan oder nach weni­gen Stun­den ein­tre­ten. Sie beob­ach­te­ten eine ver­bes­ser­te Bewe­gungs­ko­or­di­na­ti­on, bes­se­ren Schlaf und eine Ent­span­nung der Mus­ku­la­tur. Bis­her wur­den von­sei­ten der Behan­del­ten und Behand­ler kei­ne nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen berich­tet38.

Da nicht bei allen Pati­en­ten die­se sub­jek­ti­ven und objek­ti­ven Ver­bes­se­run­gen beob­ach­tet wer­den, sind wei­te­re Stu­di­en not­wen­dig, um Indi­ka­tio­nen und Kon­tra­in­di­ka­tio­nen exakt defi­nie­ren zu können.

Der­zeit kann die Tes­tung bei Kin­dern und Erwach­se­nen mit zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen nach Insult, Schä­del-Hirn-Trau­ma, bei Zere­bral­pa­re­sen und Mul­ti­pler Skle­ro­se emp­foh­len wer­den. Als Kon­tra­in­di­ka­tio­nen wer­den vom Her­stel­ler elek­tro­ni­sche Implan­ta­te, lebens­er­hal­ten­de Gerä­te, Gerä­te, die im Hoch­fre­quenz­be­reich betrie­ben wer­den, zusam­men mit EKG-Gerä­ten und dem Vor­lie­gen einer Schwan­ger­schaft ange­ge­ben. Rela­tiv kon­tra­in­di­ziert wäre die Orthe­se bei Epi­lep­sie, Herz-Kreis­lauf‑, onko­lo­gi­schen, Haut- und Infek­ti­ons­krank­hei­ten sowie nach chir­ur­gi­schen Eingriffen.

Erfah­run­gen mit der Anwen­dung von Sen­so-Orthe­sen und Ausblick

Der Indi­ka­ti­ons­be­reich der Sen­so-Orthe­sen umfasst prin­zi­pi­ell Klein­kin­der, Kin­der, Jugend­li­che und auch Erwach­se­ne mit zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen aller grob­mo­to­ri­schen Funk­ti­ons­stu­fen. Sie kön­nen im The­ra­pie­set­ting oder auch für Akti­vi­tä­ten im All­tag ein­ge­setzt wer­den. Vor­aus­set­zung für die Ver­wen­dung sind eine aus­rei­chen­de Kopf­kon­trol­le und Ober­flä­chen­sen­si­bi­li­tät, eine aus­rei­chen­de Akti­vier­bar­keit und Kraft der toni­schen und/oder pha­si­schen Mus­ku­la­tur sowie feh­len­de oder nur wenig fort­ge­schrit­te­ne struk­tu­rel­le Ver­än­de­run­gen des Bewe­gungs­ap­pa­ra­tes, um eine weit­ge­hen­de Neu­tral­stel­lung der Wir­bel­säu­len- und Extre­mi­tä­ten­ge­len­ke mit phy­sio­lo­gi­schen Hebel­ar­men der Mus­ku­la­tur in der Orthe­se errei­chen zu können.

In Zen­tren, die Kin­der und Jugend­li­che mit Zere­bral­pa­re­sen betreu­en, konn­ten bereits über Jahr­zehn­te Erfah­run­gen mit Sen­so-Orthe­sen wäh­rend der The­ra­pie und in der Ver­wen­dung zuhau­se gesam­melt wer­den. Im Rah­men der Phy­sio­the­ra­pie und bei den neu­ro­or­tho­pä­di­schen Team­be­spre­chun­gen wird die zusätz­li­che Ver­wen­dung nach einer aus­führ­li­chen Ana­mne­se zu den regel­mä­ßi­gen Akti­vi­tä­ten und nach einer kli­ni­schen Unter­su­chung zunächst gemein­sam dis­ku­tiert. Der erwar­te­te Nut­zen, wie ver­bes­ser­te Kraft­ent­wick­lung, mehr Selbst­stän­dig­keit, grö­ße­re Mobi­li­tät, wird gegen mög­li­che Pro­ble­me, wie Ein­schrän­kun­gen und Auf­wand im Fami­li­en­all­tag, abgewogen.

Sen­so-Orthe­sen nach dem Prin­zip der dyna­mi­schen Sta­bi­li­tät, wie Fuß‑, Rumpf- und Ganz­kör­per­or­the­sen, wer­den anschlie­ßend ver­ord­net und indi­vi­du­ell gefer­tigt und im Rah­men von Hilfs­mit­tel­kon­troll­ter­mi­nen im Team über­nom­men, die Pass­form, Akzep­tanz und Wirk­sam­keit beur­teilt und im wei­te­ren Ver­lauf im Abstand von etwa 3–4 Mona­ten evaluiert.

Kom­pres­si­ons­or­the­sen und E‑Stimulationsorthesen wer­den nach Maß bestellt oder gefer­tigt und soll­ten vor­ab getes­tet wer­den. Von ortho­pä­die­tech­ni­scher Sei­te wer­den dazu Ter­mi­ne zur Aus­tes­tung im Rah­men der The­ra­pie und/oder zuhau­se ange­bo­ten. Idea­ler­wei­se wer­den die Sen­so-Orthe­sen im Behand­lungs­team auf Pass­form und Akzep­tanz über­prüft, die Wir­kung nach etwa 30- bis 60-minü­ti­ger Ver­wen­dung gemein­sam anhand quan­ti­ta­ti­ver Para­me­ter, wie Geh­stre­cke, Gang­ge­schwin­dig­keit, Wir­bel­säu­len­auf­rich­tung und Fin­ger­fer­tig­keit, und qua­li­ta­ti­ver Para­me­ter, wie Gang­bild, Hal­tung und Hand­funk­ti­on, beur­teilt. Foto- bzw. Film­auf­nah­men von Gang­bild, All­tags­ak­ti­vi­tä­ten und/oder Greif­funk­ti­on wer­den vor und nach Aus­tes­tung in Fron­tal- und Sagit­tal­ebe­ne ange­fer­tigt und mit dem Behand­lungs­team geteilt. Bei posi­ti­ver objek­ti­ver und sub­jek­ti­ver Beur­tei­lung erfol­gen dann die Ver­ord­nung, Anpas­sung und Über­nah­me der Senso-Orthese.

Fazit

Im Gegen­satz zu den zahl­rei­chen Anwen­der­be­rich­ten sind wis­sen­schaft­li­che Stu­di­en zu Sen­so-Orthe­sen noch sel­ten. Die­se beschrei­ben bei einem hohen Pro­zent­satz an Pati­en­ten Ver­bes­se­run­gen von ver­schie­de­nen Mobi­li­täts-Scores, von Ver­hal­ten, Moti­va­ti­on und Teil­ha­be. Nach­tei­le oder ungüns­ti­ge Effek­te der Ver­wen­dung von Sen­so-Orthe­sen wer­den nicht berich­tet. Dies ent­spricht auch den Erfah­run­gen unse­rer Kli­nik und betreu­ten Ein­rich­tun­gen mit allen genann­ten Model­len. Wir sehen durch­weg eine gute Akzep­tanz der Kom­pres­si­ons- und Elek­tro­sti­mu­la­ti­ons­or­the­sen durch die Pati­en­ten und deren Fami­li­en nach einer kur­zen Pro­be­zeit von weni­gen Tagen. Bei regel­mä­ßi­ger Ver­wen­dung von Kom­pres­si­ons­or­the­sen von min­des­tens täg­lich 30–60 Minu­ten konn­ten wir bei den meis­ten Pati­en­ten Ver­bes­se­run­gen der Gelenk­be­weg­lich­keit, Gelenk­ent­wick­lung, Moto­rik und All­tags­ak­ti­vi­tä­ten abhän­gig von der moto­ri­schen Erkran­kung, aber unab­hän­gig vom ver­wen­de­ten Modell fest­stel­len. Bei Elek­tro­sti­mu­la­ti­ons­or­the­sen konn­ten wir die­se Ver­bes­se­run­gen eben­falls bei einem Teil der Pati­en­ten beob­ach­ten. Jedoch hal­ten wir eine Aus­tes­tung vor der kon­kre­ten Behand­lungs­in­di­ka­ti­on unbe­dingt für erforderlich.

Exak­te Anga­ben zu Indi­ka­tio­nen kön­nen, spe­zi­ell für Orthe­sen mit Elek­tro­sti­mu­la­ti­on, zum der­zei­ti­gen Stand der wis­sen­schaft­li­chen Lite­ra­tur und kli­ni­schen Erfah­run­gen noch nicht gege­ben wer­den. Wei­te­re Stu­di­en zur Funk­ti­on des sen­so­mo­to­ri­schen Sys­tems sind not­wen­dig, um zu ver­ste­hen, wie exte­ro- und pro­prio­zep­ti­ver Input zen­tral ver­ar­bei­tet wer­den und unter phy­sio­lo­gi­schen und patho­lo­gi­schen Bedin­gun­gen zur Hal­tungs- und Bewe­gungs­steue­rung bei­tra­gen. In der Zwi­schen­zeit könn­ten mehr Erfah­rungs­be­rich­te mit ein­zel­nen Sen­so-Orthe­sen und bei ein­zel­nen Krank­heits­bil­dern im Kin­des- und Erwach­se­nen­al­ter dazu bei­tra­gen, Indi­ka­tio­nen und Kon­tra­in­di­ka­tio­nen genau­er ein­zu­gren­zen und dem Behand­lungs­team bei der kli­ni­schen Ent­schei­dung hel­fen, wel­che Kin­der und Erwach­se­ne mit zere­bra­len Bewe­gungs­stö­run­gen von wel­chen Sen­so-Orthe­sen am bes­ten profitieren.

 

Der Autor
Prof. Dr. Wal­ter Micha­el Strobl, MBA
Fach­arzt für Ortho­pä­die und Unfall­chir­ur­gie
Schwer­punk­te: Kin­der­or­tho­pä­die, Neu­ro­or­tho­pä­die, Rehabilitation
Insti­tut MOTIO für Kin­der- und Neu­ro­or­tho­pä­die
Schön­la­tern­gas­se 9/10b
1010 Wien
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Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
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