Wie kann ich was bewegen?

Raúl Krauthausen und Benjamin Schwarz sind Autoren des Buches: „Wie kann ich was bewegen? – Die Kraft des konstruktiven Aktivismus“. Dafür haben Aktivist Krauthausen, der spätestens seit der OTWorld 2020 als Keynotespeaker in der Branche bekannt sein dürfte, und Politikwissenschaftler Schwarz verschiedene Menschen interviewt und alles zu einem 272 Seiten umfassenden Werk zusammengefügt. Im Interview mit der OT spricht Benjamin Schwarz über die Begegnung mit Krauthausen, die Ziele des Buches und was Inklusion für ihn bedeutet.

OT: Herr Schwarz, haben Sie oder Herr Kraut­hau­sen das Café für Ihre ers­te Begeg­nung ausgesucht?

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Ben­ja­min Schwarz: Der Vor­schlag kam von Raúl Kraut­hau­sen – es liegt in Kreuz­berg, wo wir bei­de zu der Zeit beruf­lich tätig waren.

OT: Hat für Sie die Beschäf­ti­gung mit dem Buch und dem The­ma Inklu­si­on noch ein­mal die Sin­ne dafür geschärft, wo Gesell­schaft und Poli­tik noch akti­ver wer­den müs­sen für ein inklu­si­ves Leben?

Schwarz: Das The­ma beschäf­tigt mich tat­säch­lich schon seit vie­len Jah­ren. Das Schär­fen der Sin­ne und die Über­set­zung des­sen ins eige­ne Han­deln, das ist etwas, was unab­hän­gig vom Buch stän­dig not­wen­dig ist. Wir sind an einem Punkt, wo wir uns von flos­kel­haf­ten Din­gen wie „Bar­rie­ren in den Köp­fen sen­ken“ ver­ab­schie­den und statt­des­sen dar­an arbei­ten müs­sen, wie wir Geset­zes­in­itia­ti­ven für mehr tat­säch­li­che Bar­rie­re­frei­heit ein­brin­gen. Ich den­ke da an den Arbeits­markt, aber auch an eine gesetz­li­che Ver­pflich­tung für Unter­neh­men, bar­rie­re­freie Zugän­ge zu ihren Pro­duk­ten zu bieten.

OT: Beschrei­ben Sie bit­te, wel­che „typi­schen“ Eigen­schaf­ten muss eine Akti­vis­tin bzw. ein Akti­vist mitbringen?

Schwarz: Den oder die typische:n Aktivist:in gibt es in dem Sin­ne wirk­lich nicht. Die meis­ten bren­nen tat­säch­lich für ein The­ma, sind Überzeugungstäter:innen, lei­den­schaft­lich, soli­da­risch, opti­mis­tisch. Heut­zu­ta­ge gehört sicher auch eine gewis­se psy­chi­sche Resi­li­enz dazu, gera­de wenn sich Aktivist:innen in sozia­len Medi­en mit ihrer Hal­tung posi­tio­nie­ren und aktiv werden.

OT: Wann ist Akti­vis­mus erfolgreich?

Schwarz: Der Schritt zum Akti­vis­mus ist oft schon selbst ein Erfolg. Denn er ist bereits wort­wört­lich Bewe­gung. Bevor ich etwas in der Sache bewe­ge, bewe­ge ich mich selbst – zum Han­deln. Und aktiv zu wer­den in einer poli­ti­schen Sache ist für vie­le Men­schen ein gro­ßer Schritt. Auf brei­te­rer Ebe­ne ist Akti­vis­mus erfolg­reich, wenn er es schafft, For­de­run­gen in poli­ti­sche Ent­schei­dungs­pro­zes­se zu brin­gen oder auch sie zu erzwingen.

OT: Ihr Buch soll kei­ne wis­sen­schaft­li­che Arbeit sein. Dafür – so schrei­ben Sie – feh­le Ihnen die Objek­ti­vi­tät. Was soll Ihr Buch leisten?

Schwarz: Das Buch soll zum einen Zugang zum poli­ti­schen Enga­ge­ment und Akti­vis­mus schaf­fen, zum ande­ren ein öffent­li­ches Bild vom Akti­vis­mus aktua­li­sie­ren, das ihn vor allem mit gewalt­tä­ti­gem Pro­test in Ver­bin­dung bringt. Er ist heu­te ein Sam­mel­be­griff für inten­si­ve zivil­ge­sell­schaft­li­che Betei­li­gung an Poli­tik. Und das Buch zeigt diver­se Wege, wie das heu­te geschieht. Das soll Men­schen inspirieren.

OT: Inklu­si­on, Kli­ma­kri­se und Hass im Inter­net: Sie spre­chen in Ihrem Buch eini­ge glo­ba­le The­men an, die über natio­nal­staat­li­che Gren­zen hin­aus pas­sie­ren. Haben Sie den­noch Hoff­nung, dass eine Pro­blem­lö­sung mit den eta­blier­ten Lösungs­we­gen von Poli­tik und Gesell­schaft mög­lich ist?

Schwarz: Berech­tig­te Hoff­nung ent­steht, wenn wir han­deln. Wenn wir uns zurück­leh­nen und war­ten, dass ande­re die­se enor­men Kri­sen für uns lösen, ver­lie­ren wir das Recht, uns zu bekla­gen. Nein, ich habe kei­ne Hoff­nung, dass eta­blier­te Lösungs­we­ge funk­tio­nie­ren. Genau des­halb tue ich das, was ich tue: Ich bin aktiv, ich brin­ge mich ein, ich äuße­re mich, ich ver­su­che, mei­ne Fähig­kei­ten kon­struk­tiv ein­zu­set­zen, um die­se Pro­ble­me gemein­sam mit vie­len ande­ren zu lösen.

Die Fra­gen stell­te Hei­ko Cordes.

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