Mit­tel­fuß­ver­let­zun­gen im Sport

M. Walther, A. Röser
Mittelfußverletzungen im Sport umfassen ein weites Spektrum von Läsionen des Lisfranc-Ligamentkomplexes. Mittelfußverletzungen lassen sich in Distorsionen, partielle Bandzerreißungen und komplette Bandverletzungen einteilen. Davon abzugrenzen sind Verletzungen mit Knochenbeteiligung.

Auf dor­so­plantaren Rönt­gen­auf­nah­men unter Belas­tung kann im Ver­gleich bei­der Sei­ten das Aus­ein­an­der­wei­chen der Basen von Meta­tar­sa­le I und II dar­ge­stellt wer­den. Bei kom­plet­ten Band­zer­rei­ßun­gen fin­det sich auf den Seit­auf­nah­men unter Belas­tung eine Abfla­chung des Längs­ge­wöl­bes. Mit MRT-Auf­nah­men las­sen sich das Aus­maß der Band­ver­let­zung sowie mög­li­che Mikro­frak­tu­ren oder die dis­kre­te Dis­lo­ka­ti­on der Lis­franc-Gelenk­li­nie dar­stel­len. Eine noch bes­se­re Kno­chen­auf­lö­sung bie­tet das CT. Ein kon­ser­va­ti­ves Vor­ge­hen hat sich bei Grad-I-Ver­let­zun­gen bewährt, wäh­rend bei Grad-II- und ‑III-Läsio­nen die Repo­si­ti­on mit Stell­schrau­be die Behand­lung der Wahl beim Sport­ler dar­stellt. Ver­schie­de­ne Stu­di­en unter­strei­chen die Bedeu­tung einer frü­hen Dia­gno­se und The­ra­pie für ein gutes Behand­lungs­er­geb­nis. Eine ver­zö­ger­te Dia­gno­se stei­gert das Risi­ko dege­ne­ra­ti­ver Ver­än­de­run­gen im Tar­so­me­ta­tar­sal­ge­lenk. Lie­gen erst ein­mal irrever­si­ble Knor­pel­schä­den vor, stellt häu­fig die Arthro­de­se des Tar­so­me­ta­tar­sal­ge­lenks die ein­zi­ge ver­blei­ben­de The­ra­pie­op­ti­on dar. Eine ver­zö­ger­te Dia­gno­se und ein ver­zö­ger­ter Behand­lungs­be­ginn erhö­hen das Risi­ko für eine dau­er­haf­te Ein­schrän­kung der Sportfähigkeit.

Anzei­ge

Ein­lei­tung

Mit­tel­fuß­ver­let­zun­gen im Sport, ins­be­son­de­re Kap­sel­band­ver­let­zun­gen, haben in den letz­ten Jah­ren zuge­nom­men 1 2 3. Dabei han­delt es sich vor allem um Ver­let­zun­gen des Lis­franc-Band­kom­ple­xes. Der Lis­franc-Liga­ment­kom­plex umfasst einen dor­sa­len und einen plantaren Anteil. Die Band­zü­ge ver­bin­den das Os cun­ei­for­me media­le mit der Meta­tar­sa­le-II-Basis (Abb. 1). Das Aus­maß der Schä­di­gung vari­iert stark – von der Zer­rung bis hin zur voll­stän­di­gen Zer­rei­ßung mit Dia­sta­se zwi­schen dem ers­ten und zwei­ten Meta­tar­sa­le, ggf. auch mit Schä­di­gung der angren­zen­den Gelenk­fi­ä­chen. Die leich­te­ren und mit­tel­schwer aus­ge­präg­ten Ver­let­zun­gen wer­den häuflg erst ver­zö­gert dia­gnos­ti­ziert 4. Nicht sel­ten sind die­se Ver­let­zun­gen Ursa­che lang­an­hal­ten­der Beschwer­den und Sportunfähigkeit.

Im Sport wird ein Zusam­men­hang mit im Mit­tel­fuß sehr fle­xi­blen Schu­hen dis­ku­tiert; dabei zeich­nen sich die Ver­let­zun­gen durch eine weni­ger hohe Gewalt­ein­wir­kung aus als bei „Nicht­sport­lern“ 5 6. Außer­halb des Sports sind Lis­franc-Ver­let­zun­gen meist Fol­ge hoher Gewalt­ein­wir­kung (z. B. Auto­un­fäl­le, Sturz aus gro­ßer Höhe) 7. Die meis­ten Ath­le­ten beschrei­ben eine axia­le Belas­tung des Bei­nes, wäh­rend der Fuß plant­ar flek­tiert und leicht rotiert stand 8.

Klas­si­fi­ka­ti­on der Lisfranc-Verletzungen

Nun­ley und Ver­tul­lo (2002) 9 schlu­gen erst­mals ein Klas­si­fi­ka­ti­ons­sys­tem für Ver­let­zun­gen des Lis­fran­c­Band­kom­ple­xes vor, wel­ches sich in der kli­ni­schen Pra­xis zuneh­mend bewährt und eta­bliert hat. Für die Ver­let­zun­gen mit Betei­li­gung des Kno­chens wird die Klas­si­fi­ka­ti­on von Myer­son et al. (1986) 10 verwendet

Das Klas­si­fi­ka­ti­ons­sys­tem der Mit­tel­fuß­ver­let­zun­gen basiert auf dem kli­ni­schen Beschwer­de­bild, Rönt­gen­auf­nah­men unter Belas­tung und ggf. MRT-Auf­nah­men, CT oder Szin­ti­gramm 11 12 13 14 15 16 17.

Klas­si­fi­ka­ti­on der Lis­franc-Liga­ment­ver­let­zun­gen ohne Kno­chen­be­tei­li­gung (Nun­ley und Ver­tul­lo (2002) 18:

  • Die Grad-I-Ver­let­zung umschreibt eine Dis­tor­si­on des Lis­franc-Ban­des ohne mecha­ni­sche Insta­bi­li­tät. Pa tien­ten mit die­ser Ver­let­zung kla­gen über Schmer­zen in der Regi­on des dor­sa­len Lisfranc’schen Ban­des. Die Rönt­gen­auf­nah­men unter Belas­tung zei­gen einen unauf­fäl­li­gen Befund. Kern­spin­to­mo­gra­fisch lässt sich eine Signal­än­de­rung im Lis­franc-Band­kom­plex nach­wei­sen (sie­he Abb. 2), jedoch kei­ne Kon­ti­nui­täts­un­ter­brech­nung. Im 3‑Pha­sen-Ske­lett­szin­ti­gramm zeigt sich eine Mehr­an­rei­che­rung 19 20.
  • Bei einer Grad-II-Ver­let­zung fin­det sich in den Rönt­gen­auf­nah­men unter Belas­tung eine Dia­sta­se zwi­schen dem I. und II. Mit­tel­fuß­kno­chen von 2 bis 5 mm. Die Sei­ten­auf­nah­me des Fußes im Sei­ten­ver­gleich ist unauf­fäl­lig (Abb. 3). Im MRT kann eine par­ti­el­le Rup­tur der Bän­der nach­ge­wie­sen wer­den. Nicht sel­ten fin­den sich ab Grad-II-Ver­let­zun­gen im MRT Öde­me der sub­chon­dra­len Spon­gio­sa der angren­zen­den Gelenkflächen.
  • Bei Grad-III-Ver­let­zun­gen liegt eine Zer­rei­ßung der dor­sa­len und plantaren Antei­le des Lis­franc-Band­kom­ple­xes vor. Dies bedingt eine aus­ge­präg­te Insta­bi­li­tät des ers­ten Strahls. In den belas­te­ten Rönt­gen­auf­nah­men ist eine Dia­sta­se zwi­schen dem I. und II. Mit­tel­fuß­kno­chen sowie ein Absin­ken des Längs­ge­wöl­bes erkenn­bar. Im Sei­ten­ver­gleich lässt sich dies am Abstand der plantaren Kor­ti­ka­lis des Meta­tar­sa­le I in Bezie­hung zur plantaren Kor­ti­ka­lis des Meta­tar­sa­le V erken­nen (Abb. 4).
  • Kap­sel-Band-Ver­let­zun­gen mit gleich­zei­ti­ger Dis­lo­ka­ti­on der Lisfranc’schen Gelenk­li­nie beschreibt die Klas­si­fi­ka­ti­on von Myer­son et al. (1986) 21. Hier­bei han­delt es sich aller­dings nicht um typi­sche Sport­ver­let­zun­gen. Die für die Ent­ste­hung die­ser Ver­let­zun­gen not­wen­di­gen Kräf­te ent­ste­hen typi­scher­wei­se bei Hoch­ra­sanz­trau­men. Die Klas­si­fi­ka­ti­on ori­en­tiert sich am Erschei­nungs­bild der Dis­lo­ka­ti­on. Typ A beschreibt eine voll­stän­di­ge Inkon­gru­enz der Lis­franc-Gelenk­li­nie. Typ B I zeigt eine teil­wei­se Inkon­gru­enz mit einer media­len Dis­lo­ka­ti­on des ers­ten Strahls, Typ B II eine late­ra­le Dis­lo­ka­ti­on des 2. bis 5. Os meta­tar­sa­le. Typ C I und C II beschrei­ben Ver­let­zun­gen mit einem Aus­ein­an­der­wei­chen der Meta­tar­sa­le und teil­wei­ser oder voll­stän­di­ger Dis­lo­ka­ti­on. Meist sind die­se Ver­let­zun­gen kom­bi­niert mit einer Trüm­mer­frak­tur der Metatarsale-II-Basis.

Dia­gnos­ti­scher Algorithmus

Kli­nisch besteht bei einem Druck­schmerz im Bereich des Lis­franc-Gelenks der Ver­dacht auf eine Ver­let­zung. Der Abduk­ti­ons-Pro­na­ti­ons­Test (Abb. 5) führt zu einem Stress der Lis­franc-Bän­der und ist in den ers­ten Tagen nach einem Trau­ma schmerz­haft. Zunächst wird ein Rönt­gen­bild des Fußes in 3 Ebe­nen ange­fer­tigt. Wenn der Pati­ent in der Lage ist, den Fuß auch nur leicht auf­zu­stel­len, soll­te dies genutzt wer­den. Die Aus­sa­ge­kraft einer Belas­tungs­auf­nah­me des Fußes ist um ein Viel­fa­ches höher als die einer unbe­las­te­ten Auf­nah­me, die nicht sel­ten Ursprung von Fehl­dia­gno­sen ist 22 23.

Vor allem bei anhal­ten­den Beschwer­den mit redu­zier­ter Belast­bar­keit des Fußes län­ger als 5 Tage oder inad­äquat hohem Schmerz­ni­veau soll­te eine wei­te­re Dia­gnos­tik erfol­gen. Rönt­gen­auf­nah­men dor­so­plant­ar und seit­lich unter Belas­tung im Sei­ten­ver­gleich hel­fen, sowohl eine dis­kre­te Dia­sta­se zwi­schen Meta­tar­sa­le-I- und ‑II-Basis zu erken­nen als auch eine Abfiachung des Längs­ge­wöl­bes zu iden­ti­fi­zie­ren. Bei unauf­fäl­li­gem Rönt­gen­bild, aber ent­spre­chen­der Schmerz­sym­pto­ma­tik besteht die Indi­ka­ti­on zum MRT 24. Das in älte­ren Lite­ra­tur­stel­len ange­führ­te 3‑Pha­sen-Ske­lett­szin­ti­gramm 25 hat auf­grund der feh­len­den Spe­zia­li­tät nur noch his­to­ri­schen Wert. Im Szin­ti­gramm wür­de eine Anrei­che­rung in Höhe des ers­ten und zwei­ten Tar­so­me­ta­tar­sal­ge­lenks auf eine Ver­let­zung die­ser Regi­on hin­we isen 26 27.

Die dor­sa­len und plantaren Antei­le des Lis­franc-Band­kom­ple­xes las­sen sich kern­spin­to­mo­gra­fisch gut und prä­zi­se dar­stel­len (Abb. 6) 28. Wich­tig für die Pra­xis erscheint in die­sem Zusam­men­hang die enge Zusam­men­ar­beit zwi­schen Radio­lo­gen und Ortho­pä­den, denn nur eine akku­ra­te und sym­ptom­ori­en­tier­te Durch­füh­rung des Schnitt­bild­ver­fah­rens ermög­licht die ent­spre­chen­de Dar­stel­lung der Band­ver­let­zung mit der gewünsch­ten dia­gnos­ti­schen Sicher­heit 29. Bei einer Stan­dard­ab­bil­dung des Vor­fu­ßes im MRT wer­den die Lis­franc-Bän­der oft nicht exakt dar­ge­stellt, was eine Aus­sa­ge zum Aus­maß der Ver­let­zung pro­ble­ma­tisch macht. Zur exak­ten Dar­stel­lung von knö­cher­nen Ver­let­zun­gen bie­tet das Com­pu­ter­to­mo­gramm die bes­te Auf­iö­sung 30.

The­ra­peu­ti­sches Vorgehen

Pati­en­ten mit einer Grad-I-Ver­let­zung wer­den unter Ent­las­tung für 6 Wochen behan­delt. Ein Gips­ver­band erlaubt durch Anmo­del­lie­ren eine bes­se­re Ent­las­tung des Fußes in ana­to­mi­scher Stel­lung. Wenn der Pati­ent nach 6 Wochen im Gips schmerz­frei ist, wird eine nach Fuß­ab­druck gefer­tig­te Ein­la­ge ver­schrie­ben und die stu­fen­wei­se sport­li­che Reha­bi­li­ta­ti­on ein­ge­lei­tet. Wird alter­na­tiv ein Wal­ker ver­wen­det, so soll­te bereits im Wal­ker die indi­vi­du­ell gefer­tig­te Ein­la­ge zum Ein­satz kommen.

Pati­en­ten mit Ver­let­zun­gen Grad II und III (n. Nun­ley) pro­fi­tie­ren von einer ope­ra­ti­ven The rapie 31. Bei fri­schen Ver­let­zun­gen gelingt meist die geschlos­se­ne Repo­si­ti­on durch eine Repo­si­ti­ons­zan­ge unter Bild­ver­stär­ker­kon­trol­le. Anschlie­ßend wird über eine klei­ne media­le Inzi­si­on ein Kirsch­ner­draht vom Os cun­ei­for­me media­le in die Meta­tar­sa­leII-Basis gebohrt und das Lis­franc-Liga­ment durch eine Stell­schrau­be in ana­to­mi­scher Stel­lung ruhig­ge­stellt. Durch wei­te­re Schrau­ben lässt sich bei Bedarf das Tar­so­me­ta­tar­sa­le-I-Gelenk und der Raum zwi­schen Os cun­ei­for­me I und II sta­bi­li­sie­ren. Nach Lage­kon­trol­le unter dem Bild­ver­stär­ker wird eine durch­bohr­te Schrau­be mit durch­ge­hen­dem Gewin­de ein­ge­bracht (Abb. 7). Wer­den Zug­schrau­ben ver­wen­det, kommt es zu einer unphy­sio­lo­gi­schen Kom­pres­si­on der Gelenkfiächen.

Kanü­lier­te Schrau­ben erleich­tern das Vor­ge­hen, wobei grund­sätz­lich auch Stan­dard-Kleinfrag­ment­schrau­ben ver­wen­det wer­den kön­nen. Die in der Lite­ra­tur beschrie­be­ne Ver­wen­dung von 2,0‑mm-Kirschnerdrähten hat sich bei den Ver­fas­sern nicht bewährt. Hier besteht ein erheb­li­ches Risi­ko der Locke­rung und Dis­lo­ka­ti­on 32. Thor­dar­son und Hur­vitz (2002) 33 berich­ten über den Ein­satz von resor­bier­ba­ren Schrau­ben, Hu et al. (2014) sowie Hsu et al. (2015) über den Ein­satz einer das Tar­so­me­ta­tar­sa­le-I-Gelenk über­span­nen­den Plat­te 34 35.

Gelingt die geschlos­se­ne Repo­si­ti­on nicht, was ins­be­son­de­re bei ver­zö­ger­ter Dia­gnos­tik der Ver­let­zung auf­grund der aus­ge­präg­ten Nar­ben­bil­dung zwi­schen dem I. und II. Strahl der Fall sein kann, so wird über einen dor­sa­len Zugang direkt über dem Lis­franc-Liga­ment das Nar­ben­ge­we­be aus­ge­räumt und anschlie­ßend nach Repo­si­ti­on die Stell­schrau­be gesetzt.

Post­ope­ra­tiv schließt sich eine acht­wö­chi­ge Pha­se mit voll­stän­di­ger Ent­las­tung an. Der Pati­ent ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass eine höhe­re Belas­tung des Fußes ein hohes Risi­ko des Schrau­ben­bru­ches beinhal­tet und dass eine gebro­che­ne Schrau­be schwie­rig zu ent­fer­nen ist 36. Eine Teil­be­las­tung mit 20 kg wird in Ver­bin­dung mit einer nach Fuß­ab­druck ange­fer­tig­ten Ein­la­ge ab der neun­ten Woche erlaubt. Die Metall­ent­fer­nung erfolgt 12 Wochen post­ope­ra­tiv. Anschlie­ßend wird die Belas­tung auf das vol­le Kör­per­ge­wicht gestei­gert. Der Trai­nings­auf­bau erfolgt stu­fen­wei­se. Rad­fah­ren und Schwim­men sind rasch nach der Metall­ent­fer­nung mög­lich; mit einem Lauf­trai­ning kann erfah­rungs­ge­mäß frü­hes­tens 4 Wochen nach der Metall­ent­fer­nung begon­nen wer­den. Bis zur Rück­kehr in den Wett­kampf­sport ver­ge­hen in den meis­ten Fäl­len 6 Mona­te 37. Das Tra­gen einer abstüt­zen­den Ein­la­ge wird für min­des­tens 1 Jahr emp­foh­len, wobei nach 6 Mona­ten von der sta­ti­schen Abstüt­zung zu sen­so­mo­to­ri­schen Ein­la­gen­kon­zep­ten gewech­selt wer­den kann (Abb. 8).

Dis­kus­si­on

Der Lis­franc-Band­kom­plex spielt eine zen­tra­le Rol­le bei der Sta­bi­li­sie­rung des Längs­ge­wöl­bes 38. Eine wei­te­re Beson­der­heit ist, dass die Basis des Os meta­tar­sa­le II die ande­ren Mit­tel­fuß­kno­chen nach pro­xi­mal über­ragt. Die inter­me­ta­tar­sa­len Bän­der ver­bin­den vor allem plant­ar mit sehr kräf­ti­gen Zügen die Ossa meta­tar­sa­le II bis V 39. Zwi­schen dem ers­ten und zwei­ten Strahl gibt es kei­ne inter­me­ta­tar­sa­len Bän­der 40. Das Lis­fran­c­Band spielt des­halb eine ent­schei­den­de Rol­le in der Sta­bi­li­sie­rung der Lis­franc-Gelenk­li­nie. Es ent­springt der late­ra­len Ober­flä­che des Os cun­ei­for­me media­le. Der plant­are Anteil läuft schräg nach plant­ar und late­ral, um an der Basis des Os meta­tar­sa­le II zu inse­rie­ren. Die dor­sa­len Antei­le des Lis­franc-Ban­des zie­hen fuß­rü­cken­sei­tig vom Os cun­ei­for­me media­le zum Os meta­tar­sa­le II (sie­he Abb. 1). Ins­ge­samt sind Ver­let­zun­gen des Lis­franc-Band­kom­ple­xes sel­ten. In der Lite­ra­tur wird über eine Häu­fig­keit von 1 auf 50.000 Per­so­nen berich­tet 41. Meist ist die­se Ver­let­zung dann die Fol­ge von Hoch­ra­sanz­trau­ma­ta wie z. B. Ver­kehrs­un­fäl­len und ist kom­bi­niert mit aus­ge­präg­ten Zer­rei­ßun­gen von Kap­seln und Bän­dern in der gesam­ten Lisfranc’schen Gelenk­li­nie 42.

Bei Ath­le­ten tritt eine Ver­let­zung des Lis­franc-Band­kom­ple­xes typi­scher­wei­se auf, wenn der Fuß bei gleich­zei­ti­ger Plant­ar­fle­xi­on und leich­ter Rota­ti­on axi­al belast et wird 43 44. Die Zer­rei­ßung des Lis­franc-Band­kom­ple­xes führt zu einer tar­so­me­ta­tar­sa­len Dehis­zenz mit Dis­lo­ka­ti­on der Meta­tar­sa­le-II-Basis nach dor­sal 45. Nun­ley und Ver­tul­lo (2002) 46 gehen in ihren Unter­su­chun­gen davon aus, dass es bei der Grad-I-Ver­let­zung ledig­lich zu einer Dis­tor­si­on des Lisfranc’schen Ban­des in Ver­bin­dung mit einer Ver­let­zung der Gelenk­kap­sel kommt. Auf­grund des in sich noch sta­bi­len Kap­sel­band­kom­ple­xes fin­den sich nor­ma­le Belas­tungs­auf­nah­men; die Ver­let­zung der dor­sa­len Band­an­tei­le lässt sich jedoch kern­spin­to­mo­gra­fisch nach­wei­sen 47. Bei der Grad-II-Ver­let­zung kommt es zusätz­lich zu einer voll­stän­di­gen Zer­rei­ßung der dor­sa­len Band­an­tei­le. Radio­lo­gisch zeigt sich dies durch das Aus­ein­an­der­wei­chen von Os meta­tar­sa­le I und II auf den Rönt­gen­auf­nah­men unter Belas­tung. Da die plantaren Kap­sel­band­an­tei­le intakt blei­ben, kommt es jedoch zu kei­nem Absin­ken des Längs­ge­wöl­bes in der Sei­ten­auf­nah­me. Bei Grad-III-Ver­let­zun­gen liegt eine kom­plet­te Zer­rei­ßung der dor­sa­len und plantaren Kap­sel­band­struk­tu­ren mit einem insta­bi­len ers­ten Tar­so­me­ta­tar­sal­ge­lenk vor. Dies zeigt sich radio­lo­gisch durch ein Absin­ken des Längs­ge­wöl­bes 48.

Die bevor­zug­te Behand­lung ist bei Grad-I-Ver­let­zun­gen in der Lite­ra­tur ein­heit­lich kon­ser­va­tiv, wäh­rend bei Grad-III-Ver­let­zun­gen die ope­ra­ti­ve Behand­lung emp­foh­len wird 49 50 51. Kon­tro­vers dis­ku­tiert wird die The­ra­pie bei Grad-II-Ver­let­zun­gen mit einer Dia­sta­se zwi­schen Os metar­sa­le I und II zwi­schen 2 und 5 mm. Sha­pi­ro et al. (1994) 52 berich­te­ten über 9 Ath­le­ten mit Grad-II-Ver­let­zun­gen und einer Dia­sta­se zwi­schen dem I. und II. Mit­tel­fuß­kno­chen zwi­schen 2 und 5 mm. Der Pati­ent mit der Dia­sta­se von 5 mm wur­de ope­ra­tiv behan­delt, die ver­blei­ben­den 8 Pati­en­ten kon­ser­va­tiv. Sie berich­te­ten über ein exzel­len­tes Ergeb­nis des ope­ra­tiv behan­del­ten Pati­en­ten nach 33 Mona­ten mit einer Rück­kehr in den Sport nach 3 Mona­ten. Nun­ley und Ver­tul­lo (2002) 53 berich­te­ten über Pati­en­ten mit ähn­li­cher Dia­sta­se, die nach 4 und 10 Mona­ten bei kon­ser­va­ti­ver Behand­lung nicht in der Lage waren, einer sport­li­chen Betä­ti­gung nach­zu­ge­hen. Erst nach der dann durch­ge­führ­ten ope­ra­ti­ven Revi­si­on war eine Rück­kehr in den Sport mög­lich. Dage­gen war bei den ope­ra­tiv ver­sorg­ten Ath­le­ten die Wie­der­auf­nah­me der sport­li­chen Akti­vi­tä­ten nach 4 Mona­ten möglich.

Die Ergeb­nis­se aus der Lite­ra­tur und auch die eige­nen Erfah­run­gen bestä­ti­gen das aggres­si­ve ope­ra­ti­ve Vor­ge­hen bei Grad-II- und ‑III-Ver­let­zun­gen des Lis­franc-Band­kom­ple­xes ins­be­son­de­re bei Sport­lern 54 55. Eine per­sis­tie­ren­de Fehl­stel­lung und Insta­bi­li­tät führt in einem hohen Pro­zent­satz zu schlech­ten funk­tio­nel­len Resul­ta­ten 56 57 58. Die Fol­ge einer per­sis­tie­ren­den Insta­bi­li­tät ist in vie­len Fäl­len eine vor­zei­ti­ge Dege­ne­ra­ti­on im Tar­so­me­ta­tar­sal­ge­lenk I, die oft nur noch durch eine Arthro­de­se behan­delt wer­den kann. Nun­ley und Ver­tul­lo 59 berich­ten, dass auch bis zu einem Jahr nach dem Trau­ma die ope­ra­ti­ve The­ra­pie erfolg­reich sein kann. Aus Sicht der Ver­fas­ser ist für die The­ra­pie­ent­schei­dung der Zustand des Tar­so­me­ta­tar­sal­ge­lenks aus­schlag­ge­bend 60. Fin­det sich im MRT ein intak­tes Gelenk, so ist auch Mona­te nach dem Trau­ma die Aus­räu­mung der Nar­be über einen dor­sa­len Zugang mit Repo­si­ti­on der Stel­lung zwi­schen Os cun­ei­for­me media­le und der Meta­tar­sa­le-II-Basis indi­ziert. Dabei besteht die Mög­lich­keit der Rekon­struk­ti­on des Lis­franc-Liga­ment­kom­ple­xes durch ein tran­sossär ein­ge­brach­tes Plant­a­ris-longus-Trans­plan­tat. Über grö­ße­re Fall­zah­len die­ser Tech­nik wur­de in der Lite­ra­tur aber bis­her nicht berich­tet 61. Die Trans­fix­a­ti­on der Gelen­ke erfolgt ana­log zur Pri­mär­ver­sor­gung. Bei fort­ge­schrit­te­nen dege­ne­ra­ti­ven Ver­än­de­run­gen führt häu­fig nur die Arthro­de­se zur Schmerz­frei­heit, auch wenn gewis­se funk­tio­nel­le Ein­schrän­kun­gen ver­blei­ben 62.

Für die Autoren:
Prof. Dr. med. Mar­kus Walther
Schön Kli­nik Mün­chen Harlaching –
FIFA Medi­cal Centre
Zen­trum für Fuß- und
Sprung­ge­lenk­chir­ur­gie
Har­lachin­ger­stra­ße 51
81547 Mün­chen
MWalther@schoen-kliniken.de

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

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