Kor­rek­tur­mög­lich­kei­ten bei funk­tio­nel­lem und struk­tu­rel­lem Spitzfuß

 Bei der orthopädieschuhtechnischen und orthetischen Versorgung eines Spitzfußes kommt es zunächst darauf an, zwischen funktionellen und strukturellen Spitzfüßen zu unterscheiden.

 Bei der ortho­pä­die­schuh­tech­ni­schen und orthe­ti­schen Ver­sor­gung eines Spitz­fu­ßes kommt es zunächst dar­auf an, zwi­schen funk­tio­nel­len und struk­tu­rel­len Spitz­fü­ßen zu unter­schei­den. Wäh­rend funk­tio­nel­le Spitz­fü­ße in aller Regel kor­ri­giert und in die Neu­tral­stel­lung gebracht wer­den kön­nen, sind die Kor­rek­tur­mög­lich­kei­ten beim struk­tu­rel­len Spitz­fuß begrenzt. Sie kön­nen jedoch in vie­len Fäl­len erwei­tert wer­den, wenn man das Prin­zip der Fer­sen­spren­gung, das sich in fast allen Kon­fek­ti­ons­schu­hen fin­det, auf die ortho­pä­die­schuh­tech­ni­sche oder orthe­ti­sche Ver­sor­gung anwen­det. Die Fer­se steht dabei hori­zon­tal, wäh­rend der Vor­fuß etwas tie­fer liegt. Durch die Fer­sen­spren­gung, die zur Ent­span­nung der dor­sa­len Mus­kel– und Fas­zi­en­ket­te führt, ist die Ein­stel­lung des Rück­fu­ßes ana­to­misch kor­rekt mög­lich. Im Ver­gleich zur Fixie­rung der Fehl­stel­lung in Spitz­fuß­stel­lung im Schuh oder einer Orthe­se kön­nen mit der Fer­sen­spren­gung bio­me­cha­nisch güns­ti­ge­re Vor­aus­set­zun­gen für die Bewe­gung geschaf­fen und ein Fort­schrei­ten der Fehl­stel­lung ver­hin­dert oder zumin­dest ver­lang­samt werden.

Schlüs­sel­wör­ter: Spitz­fuß, Fer­sen­spren­gung, media­le Längs­wöl­bung, Rück­fuß­kor­rek­tur, Neu­tral­stel­lung OSG

Unter­schei­dung funk­tio­nel­ler und struk­tu­rel­ler Spitzfuß

Als funk­tio­nel­ler oder fle­xi­bler Spitz­fuß wird im All­ge­mei­nen ein Fuß bezeich­net, der sich manu­ell aus einer Spitz­fuß­stel­lung redres­sie­ren, das heißt kor­ri­gie­ren lässt (Abb. 1a–d) bleibt unver­än­dert. Für die Spitz­fü­ßig­keit ist ein mus­ku­lä­res Über­ge­wicht oder eine mus­ku­lä­re Über­ak­ti­vi­tät der Plant­ar­flex­o­ren ver­ant­wort­lich, wobei hier in ers­ter Linie der M. tri­ceps surae, also der M. gas­tro­c­ne­mi­us und der M. soleus ver­ant­wort­lich sind.

 

Ursa­che für eine Fehl­steue­rung kann zum Bei­spiel der Aus­fall der Ant­ago­nis­ten (der Exten­so­ren) sein oder aber eine neu­ro­lo­gi­sche Fehl­steue­rung, wie sie zum Bei­spiel bei einer zere­bra­len Bewe­gungs­stö­rung (Spas­tik) zu beob­ach­ten ist. Ein spas­tisch gelähm­tes Kind, das in der Lage ist, selbst­stän­dig zu ste­hen und zu gehen, kann unter Belas­tung im Stand eine ganz­soh­li­ge Belas­tung ein­schließ­lich der Fer­se auf­wei­sen, wäh­rend es beim Schritt­zy­klus durch die mus­ku­lä­re Dys­ba­lan­ce und das Über­ge­wicht der Plant­ar­flex­o­ren zu einer Beto­nung der Vor­fuß­be­las­tung kommt bezie­hungs­wei­se zu einem aus­schließ­li­chen Vor­fuß­be­las­tungs­gang. Die­ser ist jedoch unter Belas­tung im Stand wie­der redres­sier­bar durch das Kör­per­ge­wicht und durch die nach­las­sen­de Akti­vi­tät der Plant­ar­flex­o­ren. Ein plan­ti­gra­der Stand ist somit mög­lich. Durch die Mus­kel­ak­ti­vi­tät beim Gehen kommt es jedoch wie­der zur so genann­ten funk­tio­nel­len Spitz­fü­ßig­keit. Der Spitz­fuß ist also nur unter Akti­vi­tät zu beobachten.

Die­ses gilt auch im unbe­las­te­ten Zustand, wenn zum Bei­spiel der Fuß durch einen Reiz an der Fuß­soh­le nicht in Dor­sal­ex­ten­si­on ange­ho­ben wird, son­dern durch das mus­ku­lä­re Über­ge­wicht bezie­hungs­wei­se durch die Spas­tik der Fuß im Sin­ne einer Plant­ar­fle­xi­on im Vor­fuß abge­senkt wird, so dass wie­der eine Spitz­fuß­stel­lung im obe­ren Sprung­ge­lenk resultiert.

Im Gegen­satz zum funktionellen/flexiblen Spitz­fuß han­delt es sich bei einem struk­tu­rel­len oder rigi­den Spitz­fuß um eine Fehl­stel­lung, die manu­ell nicht mehr kor­ri­gier­bar ist. Bei gestreck­tem Knie­ge­lenk kann der Fuß im obe­ren Sprung­ge­lenk nicht mehr über die Neu­tral­stel­lung (Neu­tral­null­me­tho­de) dor­sal­ex­ten­diert wer­den. Erreicht die manu­el­le Redres­si­on im obe­ren Sprung­ge­lenk noch die Null­stel­lung, so han­delt es sich per Defi­ni­ti­on noch um einen funk­tio­nel­len Spitz­fuß. Wird jedoch die Neu­tral­stel­lung im obe­ren Sprung­ge­lenk bei gestreck­tem Knie­ge­lenk nicht mehr erreicht, so spricht man von einem struk­tu­rel­len Spitzfuß.

Der initia­le Spitz­fuß weist häu­fig eine Pes pla­no val­gus-Kom­po­nen­te auf, die durch Anhe­bung der Groß­ze­he unter Belas­tung im Stand kor­ri­giert wer­den kann. Es kommt zu einer voll­stän­di­gen Auf­rich­tung der media­len Längs­wöl­bung (Jack-Test) (Abb. 2a–c).

Die Struk­tur­ver­än­de­rung liegt im Wesent­li­chen in der Ver­kür­zung des M. tri­ceps surae (M. gas­tro­c­ne­mi­us und M. soleus) sowie in der Ver­kür­zung des M. tibia­lis pos­te­ri­or. Die­ser ist ins­be­son­de­re bei spas­ti­schen Läh­mun­gen für die Klump­fuß­kom­po­nen­te mit­ver­ant­wort­lich. Über einen funk­tio­nel­len Test kann man dies ein­fach fest­stel­len: Wird das Knie­ge­lenk gebeugt, so sind die mus­ku­lä­ren Antei­le des M. tric­pes surae (M. gas­tro­c­ne­mi­us) ent­spannt, so dass eine Dor­sal­ex­ten­si­on über die Neu­tral­stel­lung des obe­ren Sprung­ge­len­kes hin­aus mög­lich wird. Hält man den Fuß in die­ser Posi­ti­on und führt dann das Knie­ge­lenk in Exten­si­on, so ent­fal­tet die Ver­kür­zung des Gas­tro­c­ne­mi­us ihre Wir­kung. Bei Errei­chen der end­gra­di­gen Knie­stre­ckung wird wie­der­um eine Plant­ar­fle­xi­on im obe­ren Sprung­ge­lenk her­vor­ge­ru­fen. Ist die­se manu­ell nicht zu kor­ri­gie­ren, so han­delt es sich um einen struk­tu­rel­len Spitz­fuß, da die Neu­tral­stel­lung im obe­ren Sprung­ge­lenk nicht mehr erreicht wird.

Wenn sich der Fuß auch bei gebeug­tem Knie­ge­lenk im obe­ren Sprung­ge­lenk nicht dor­sal­ex­ten­die­ren lässt, so liegt zusätz­lich eine Ver­kür­zung des M. soleus vor, der im Knie­ge­lenk nicht wirk­sam wird. Der Anteil des M. soleus vom M. tri­ceps surae ist ein­ge­len­kig, wäh­rend der M. gas­tro­c­ne­mi­us als Anteil des M. tri­ceps surae zwei­ge­len­kig (Knie– und Sprung­ge­lenk) ist.

Im Rönt­gen­bild erkennt man bei einem funk­tio­nel­len Spitz­fuß in aller Regel kei­ne Ver­än­de­run­gen im Bereich der knö­cher­nen Struk­tu­ren. Bei einem struk­tu­rel­len Spitz­fuß kön­nen zum Bei­spiel ver­kalk­te Weich­teil­struk­tu­ren (Achil­les­seh­ne, Kap­sel), aber auch knö­cher­ne Antei­le des obe­ren Sprung­ge­lenks so ver­än­dert sein, dass hier­aus die Spitz­fuß­stel­lung resul­tiert. Auch kann der Tuber cal­ca­nei durch die Fehl­stel­lung ange­ho­ben wer­den, wie wir es aus Fuß­fehl­stel­lun­gen nach Vor­fuß­am­pu­ta­tio­nen kennen.

Kor­rek­tur und Ein­stel­lung eines funk­tio­nel­len Spitzfußes

Die Kor­rek­tur und Ein­stel­lung eines fle­xi­blen bezie­hungs­wei­se funk­tio­nel­len Spitz­fu­ßes stellt für den erfah­re­nen Ortho­pä­die­schuh­ma­cher und Ortho­pä­die-Tech­ni­ker in der Regel kei­ne hohe Anfor­de­rung dar (Abb. 3). Erschwe­rend für die Kor­rek­tur eines funk­tio­nel­len Spitz­fu­ßes bei einem Pati­en­ten mit Zere­bral­pa­re­se ist jedoch der Span­nungs­zu­stand der Mus­ku­la­tur. Je nach Tonus­qua­li­tät kann er bei einer aus­ge­präg­ten Spas­tik nur mit gro­ßer Mühe über­wun­den wer­den, um den Fuß in die Kor­rek­tur­stel­lung zu brin­gen. Kann der spas­ti­sche Mus­kel­wi­der­stand über­wun­den wer­den und der funk­tio­nel­le Spitz­fuß ist kor­ri­gier­bar, so muss bei der Ein­bet­tung in eine Orthe­se oder einen Maß­schuh alles ver­sucht wer­den, die Neu­tral­stel­lung im obe­ren Sprung­ge­lenk zu errei­chen. Die­se muss im Gips­ab­druck und Leis­ten fixiert werden.

Dabei ist nicht nur der Win­kel zwi­schen Fuß­soh­le und Unter­schen­kel ent­schei­dend, son­dern ins­be­son­de­re der kli­ni­sche Win­kel des Rück­fu­ßes, der ent­we­der varisch oder val­gisch „defor­miert“ sein kann (Abb. 4a–d). Die Ein­stel­lung des Rück­fu­ßes soll­te bei einem funk­tio­nel­len Spitz­fuß stets in der Neu­tral­stel­lung erfol­gen. Die neu­tra­le Ein­stel­lung soll unter ande­rem ver­hin­dern, dass die Achil­les­seh­ne in eine vari­sche oder val­gi­sche Fehl­form abdrif­tet und dadurch fehl­be­las­tet wird. Durch die Neu­tral­stel­lung wird ein axia­ler Zug auf die Achil­les­seh­ne gewährleistet.

Durch die­se streng neu­tra­le Ein­stel­lung der Fer­se in Ver­län­ge­rung der Unter­schen­kel­längs­ach­se ist zudem eine Deh­nung der ver­kürz­ten Waden­mus­ku­la­tur unter Belas­tung gewähr­leis­tet. Dies kann bei län­ge­rer Tra­ge­zeit des Hilfs­mit­tels dazu füh­ren, dass trotz des Wachs­tums des Kin­des eine Ver­schlech­te­rung der Befun­de nicht oder erst zu einem spä­te­ren Zeit­punkt ein­tritt. Mit einer der­ar­ti­gen Ein­stel­lung des Rück­fu­ßes ist somit eine „dyna­mi­sche Kon­trak­tur­pro­phy­la­xe“ gewähr­leis­tet, die eine vor­zei­ti­ge ope­ra­ti­ve Behand­lung eines ver­kürz­ten Waden­mus­kels zeit­lich hin­aus­zö­gern kann. Die­ses soll­te stets das Ziel sein, wenn zere­bral­pa­re­ti­sche Kin­der mit Hilfs­mit­teln ver­sorgt werden.

Bei der Abfor­mung des Fußes müs­sen auch die ana­to­mi­schen Struk­tu­ren, wie Innen­knö­chel, Außen­knö­chel, media­le und late­ra­le Kulis­se der Achil­les­seh­ne, Fer­sen­hö­cker, media­le Längs­wöl­bung, retro­ka­pi­ta­le Quer­wöl­bung und so wei­ter, für die Erstel­lung eines Gips­ab­dru­ckes oder eines Leis­tens prä­zi­se berück­sich­tigt wer­den. Die ana­to­mi­schen Struk­tu­ren des Befun­des müs­sen in der Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung wie­der­erkenn­bar sein, damit die Funk­ti­on des Hilfs­mit­tels bei maxi­ma­ler Form­schlüs­sig­keit und Berück­sich­ti­gung des Fuß­vo­lu­mens gewähr­leis­tet ist. Eine unvoll­stän­di­ge Kor­rek­tur des Fußes wür­de einen Funk­ti­ons­nach­teil des Hilfs­mit­tels bedeu­ten, weil nicht alle Mög­lich­kei­ten der ana­to­mi­schen Kor­ri­gier­bar­keit genutzt wurden.

Wenn unter Belas­tung im Hilfs­mit­tel der Fuß eine ver­än­der­te Form ein­neh­men kann, weil zum Bei­spiel das Fuß­vo­lu­men nicht kor­rekt ein­ge­schätzt wur­de, oder die ana­to­mi­schen Struk­tu­ren nicht akku­rat abge­formt wur­den und eine Rest­fehl­stel­lung im Hilfs­mit­tel ver­bleibt, so wür­de die­ses Hilfs­mit­tel allen­falls den Befund kon­ser­vie­ren, jedoch nie­mals kor­ri­gie­ren kön­nen. Eine Kor­rek­tur muss jedoch ange­strebt wer­den, um ins­be­son­de­re beim Kind eine wachs­tums­len­ken­de Befund­be­ein­flus­sung sicher­zu­stel­len. Gele­gent­lich ist es sogar erfor­der­lich, bei der Erstel­lung eines Gips­ab­dru­ckes eine „Über­kor­rek­tur“ des Rück­fu­ßes anzu­stre­ben, um den Fuß unter den belas­ten­den Kräf­ten wäh­rend des Ste­hens und Gehens inner­halb der Orthe­se aus­rei­chend in Kor­rek­tur­stel­lung fixie­ren zu kön­nen. Dabei geht man davon aus, dass unter Belas­tung inner­halb des Hilfs­mit­tels ein „par­ti­el­ler Kor­rek­tur­ver­lust“ ein­tre­ten kann, wenn die spas­ti­schen Tonus­ver­hält­nis­se eine voll­stän­di­ge Kor­rek­tur nur mit größ­ter Mühe ermög­li­chen. Durch die zuvor berück­sich­tig­te „Über­kor­rek­tur“ führt der Kor­rek­tur­ver­lust unter Belas­tung dann zu einer kor­rek­ten Neu­tral­ein­stel­lung des Fußes. Der Unter­su­cher muss zuvor jedoch bei sei­ner fach­ge­rech­ten Bewer­tung her­aus­ar­bei­ten, in wel­che Fehl­stel­lung der Fuß unter Belas­tung bevor­zugt abdrif­tet. Bei ver­mehr­ter Vari­sie­rung der Fer­se ist eine val­gi­sche Über­kor­rek­tur (10°), bei ver­mehr­ter Val­gi­sie­rung eine vari­sche Rück­fuß­ein­stel­lung anzu­stre­ben (5 – 10°). Dabei ist es in der Regel hilf­reich, auch über den Vor­fuß die pro­nie­ren­den oder supi­nie­ren­den „Hebel“ zu nut­zen, um im Rück­fuß die Kor­rek­tur errei­chen zu kön­nen (Abb. 5a u. b, 6a u. b).

Häu­fig wer­den beim Gips­ab­druck bei einem spas­ti­schen Pati­en­ten die auf­tre­ten­den Kräf­te der Plant­ar­flek­ti­on im obe­ren Sprung­ge­lenk unter­schätzt, da die Tonus­zu­stän­de sehr unter­schied­lich sein kön­nen. Schein­bar gelingt es nicht, das obe­re Sprung­ge­lenk in Neu­tral­stel­lung oder Über­kor­rek­tur ein­zu­stel­len. Uner­läss­lich ist es, den Fuß unter Ein­be­zie­hung der Boden­re­ak­ti­ons­kräf­te im Stand zu unter­su­chen. Gelingt es, bei kor­ri­gier­tem Fuß­ge­wöl­be und neu­tra­ler Fer­sen­ein­stel­lung, das Knie­ge­lenk über den Fuß zu bewe­gen, so muss sich die­ses Kor­rek­tur­er­geb­nis auch im Gips­ab­druck wiederfinden.

Kor­rek­tur und Ein­stel­lung eines struk­tu­rel­len Spitzfußes

Zeigt sich eine initia­le struk­tu­rel­le Spitz­fü­ßig­keit, aus der zum Bei­spiel ein Spitz­fuß von 5° bis 10° resul­tiert, bie­tet es sich an, die Ver­sor­gung mit einer Fer­sen­spren­gung aus­zu­stat­ten (Abb. 7a–c). Mit der unter­schied­li­chen Ein­stel­lung der Fer­se und des Vor­fu­ßes kann eine „Ent­span­nung“ der dor­sa­len Mus­kel­ket­te (Plant­ar­fas­zie, dor­sa­le Waden­mus­ku­la­tur (M. tri­ceps surae)) und eine deut­li­che Ver­bes­se­rung der Rück­fuß­kor­ri­gier­bar­keit erreicht wer­den. Dabei sind die Grad­zah­len für die Spitz­fü­ßig­keit weni­ger ent­schei­dend, da in die­sem Fal­le die Spitz­fuß­fehl­stel­lung im Wesent­li­chen vor­fuß­be­tont ist.

Die Fer­se soll in der Ansicht von medi­al und late­ral in Neu­tral­stel­lung ein­ge­stellt wer­den. Der Vor­fuß ist jedoch gegen­über dem Rück­fuß abge­senkt, so dass ein inne­rer „Absatz“ berück­sich­tigt wird, den wir als Fer­sen­spren­gung bezeich­nen (Abb. 8a–g). In der ante­rior-pos­te­ri­or Ansicht steht die Fer­se streng neu­tral, in der medi­al-late­ra­len Ansicht steht sie hori­zon­tal. Durch die Fer­sen­spren­gung, die zur Ent­span­nung der dor­sa­len Mus­kel- und Fas­zi­en­ket­te führt, ist die Ein­stel­lung des Rück­fu­ßes ana­to­misch kor­rekt mög­lich (Abb. 9a–d).

Ohne die Fer­sen­spren­gung wäre die Rück­fuß­kor­rek­tur ent­we­der äußerst schwie­rig oder nicht mehr mög­lich, so dass hier die struk­tu­rel­len Ver­än­de­run­gen zu einer Spitz­fuß­ein­stel­lung füh­ren wür­den (Abb. 10).

Ist eine sol­che Rück­fuß­kor­rek­tur durch Absen­ken des Vor­fu­ßes nicht mehr mög­lich, so sind die Struk­tur­ver­än­de­run­gen so weit vor­an­ge­schrit­ten, dass der Rück­fuß in einer Spitz­fuß­stel­lung ein­ge­stellt wer­den müss­te. Die­ses soll­te, wenn irgend mög­lich, bei der Anfer­ti­gung von Hilfs­mit­teln wie ortho­pä­di­schen Maß­schu­hen und/oder Orthe­sen ver­mie­den wer­den, um – wie bereits oben erwähnt – einen axia­len Zug auf die ver­kürz­te Waden­mus­ku­la­tur sicher­zu­stel­len. In sol­chen Fäl­len soll­te ein ope­ra­ti­ves Vor­ge­hen in Betracht gezo­gen werden.

In Aus­nah­me­fäl­len, wenn zum Bei­spiel eine ope­ra­ti­ve Achil­les­seh­nen­ver­län­ge­rung nicht mög­lich ist oder nicht gewünscht wird, aber den­noch das Ziel einer Ver­ti­ka­li­sie­rung und Mobi­li­sa­ti­on des Pati­en­ten ange­strebt wird, muss der Rück­fuß in sei­ner Fehl­stel­lung „kon­ser­viert“ wer­den. Dabei ist ein ortho­pä­die­schuh­tech­ni­scher oder orthe­ti­scher Spitz­fuß­aus­gleich not­wen­dig, um eine Belas­tung des Fußes zu ermög­li­chen. Ins­be­son­de­re ist die­ses bei bereits über vie­le Jah­re bestehen­den Fuß­de­for­mi­tä­ten not­wen­dig. Die Fehl­stel­lun­gen sind in der Regel dann struk­tu­rell so „zemen­tiert“ wor­den, dass eine Kor­rek­tur nur mar­gi­nal oder gar nicht mehr mög­lich ist.

Bei allen ande­ren Fuß­de­for­mi­tä­ten, die im Rück­fuß kor­ri­gier­bar sind, soll­te die Fer­sen­spren­gung obli­gat ver­wen­det wer­den, um die ana­to­mi­sche Ein­stel­lung des obe­ren Sprung­ge­len­kes in Neu­tral­stel­lung zu gewähr­leis­ten. Als Unter­su­cher ist man häu­fig über­rascht, wie gut die Rück­fuß­ein­stel­lung über die Fer­sen­spren­gung gelingt, wenn eine struk­tu­rel­le Spitz­fü­ßig­keit vor­liegt. Bevor ein ortho­pä­di­scher Maß­schuh oder eine Orthe­se für einen Spitz­fuß gefer­tigt wird, soll­te des­halb auf jeden Fall geprüft wer­den, ob mit Hil­fe einer unter­schied­li­chen Ein­stel­lung der Fer­se gegen­über dem Vor­fuß eine Rück­fuß­kor­rek­tur mög­lich ist. Ist dies mög­lich, so muss das Hilfs­mit­tel die­se Rück­fuß­kor­rek­tur berück­sich­ti­gen. Andern­falls ist die Pro­gno­se für die wei­te­re Befund­ent­wick­lung ein­deu­tig verschlechtert.

Die Autoren:
Dr. Ulrich Hafkemeyer
Chef­arzt Tech­ni­sche Ortho­pä­die und päd­ia­tri­sche Neu­ro­or­tho­pä­die SPZ-Westmünsterland
Chris­to­pho­rus-Kli­ni­ken GmbH
St.-Vincenz-Hospital
Süd­ring 41
48653 Coes­feld
drulihafkemeyer@aol.com
 
OTM Cars­ten Kramer
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Erst­ver­öf­fent­li­chung: Ortho­pä­die­schuh­tech­nik 10/2014, S. 34–40

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