„Statt sich mit Scheinproblemen und immer neuen Regulierungsphantasien zu beschäftigen, wäre es dringend geboten, dass sich der GKV-SV dem Abbau der völlig überbordenden Bürokratie im Hilfsmittelbereich widmet“, erklären die WvD-Generalsekretäre Kirsten Abel und Patrick Grunau.
Streitpunkt: Notwendigkeit von Mehrkosten
Krankenkassen übernehmen die Kosten für das medizinisch notwendige und gleichzeitig wirtschaftlichste Hilfsmittel. Der Gesetzgeber hat dazu festgelegt, dass sich gesetzlich Krankenversicherte mit einer Zuzahlung von mindestens fünf und höchstens zehn Euro an Hilfsmitteln beteiligen. Alle Kosten, die darüber hinaus für andere Produkte anfallen, sind Mehrkosten und müssen von den Versicherten selbst getragen werden. Aus den Reihen des GKV-Spitzenverbandes werden die Mehrkosten durchaus kritisch beäugt und der Vorwurf, den Versicherten mehr Geld abzunehmen, als für eine gute Versorgung nötig ist, wird deutlich formuliert. Das bestätigt das folgende Statement der Vorstandsvorsitzenden Dr. Doris Pfeiffer: „80 Prozent der Hilfsmittel erhalten GKV-Versicherte mehrkostenfrei, das belegt erneut der sechste Mehrkostenbericht. Der Datenabgleich der letzten sechs Jahre hat für mehr Transparenz gesorgt: Im Berichtsjahr 2023 zahlten GKV-Versicherte durchschnittlich 149 Euro an Mehrkosten aus der eigenen Tasche. Aber sind diese Mehrkosten auch gerechtfertigt und bringen eine bessere Versorgung? Erst, wenn die Krankenkassen auch die Gründe dafür kennen, ist es möglich, Versicherte noch besser vor ungerechtfertigten Mehrkosten zu schützen. Hier sollte der Gesetzgeber endlich tätig werden und eine gesetzliche Meldepflicht für Gründe von Mehrkosten festlegen.“
Die Forderung nach einer Erhöhung des Aufwandes auf Seiten der Leistungserbringer durch beispielsweise eine Meldepflicht bezeichnet WvD als „absurd“, da dies konträr zum Ziel von Bürokratieabbau im Bereich der Gesundheitshandwerke stehe. Ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Helge Sodan, Präsident des Verwaltungsgerichtshofes des Landes Berlin a. D., hatte bereits 2022 eindeutig festgestellt, dass die Einführung zusätzlicher Begründungspflichten für Mehrkostenvereinbarungen durch den GKV-Spitzenverband im Rahmen der Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses sowie Forderungen nach einer Ausweitung der Prüfbürokratie einen unzulässigen Eingriff in die Privatautonomie der Versicherten darstellen und zudem die Kompetenzen des GKV-Spitzenverbandes überschreiten. Zumal die Mehrkosten das Solidarsystem der gesetzlichen Krankenversicherung nicht belasten.
80 Prozent aller Versorgungen ohne Mehrkosten
Fakt ist, dass Einlagen seit Jahren an der Spitze stehen, wenn es um Mehrkosten geht. Bei mehr als jeder zweiten Versorgung zahlen die Patient:innen Mehrkosten. Für den sechsten Mehrkostenbericht hat der GKV-Spitzenverband die Daten aus dem Jahr 2023 ausgewertet. Das Ergebnis: Es wurden fast 32 Millionen Hilfsmittelversorgungen (30 Millionen/2022) mit einem Ausgabevolumen von rund 11 Milliarden Euro (10 Milliarden Euro/2022) erbracht. Erneut bestätigt die Datenanalyse, dass auch im Jahr 2023 GKV-Versicherte rund 80 Prozent der Hilfsmittel regelhaft mehrkostenfrei bezogen haben. Bei rund 6,6 Millionen Hilfsmittelversorgungen (etwa 20 Prozent) haben Versicherte jedoch eine mit Mehrkosten gewählt. Die Summe aller Mehrkosten betrug etwa 982 Millionen Euro. Versicherte zahlten im Schnitt 149 Euro (142 Euro/2022) dazu. Die Zahlen bestätigen, dass wie in den Vorjahren vier von fünf Versorgungen ohne Mehrkosten auskommen. Vor diesem Hintergrund einen über die bestehenden Beratungs- und Dokumentationspflichten hinausgehenden Handlungsbedarf im Bereich der Mehrkosten abzuleiten, erscheint aus WvD-Sicht völlig abwegig.
„In über 1.000 Einzelverträgen in der Hilfsmittelversorgung haben die Krankenkassen – gerade im administrativen Bereich – einen Dschungel an Regelungen angehäuft, der auf Seiten der Kassen und der Leistungserbringer ohne Mehrwert Versorgungszeit und letztlich Geld der Versicherten verschwendet. Hier wäre ein lohnendes Feld für Vereinfachungen im Sinne der Versorgung, für das wir dem GKV-SV gerne als Ansprechpartner zur Verfügung stehen“, machten Abel und Grunau einen Gegenvorschlag an den GKV-Spitzenverband.
Der Mehrkostenbericht mit weiteren Zahlen und Grafiken ist im Internet abrufbar.
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