Mehr­kos­ten: WvD kri­ti­siert GKV-Spitzenverband

Mit der Schlagzeile „GKV-Versicherte gesetzlich vor Mehrkosten bei Hilfsmitteln schützen“ veröffentlichte der GKV-Spitzenverband im August seine Pressemitteilung zum mittlerweile sechsten Mehrkostenbericht. Eine Aussage, die das Bündnis „Wir versorgen Deutschland“ (WvD) mit großem Unverständnis aufgenommen hat.

„Statt sich mit Schein­pro­ble­men und immer neu­en Regu­lie­rungs­phan­ta­sien zu beschäf­ti­gen, wäre es drin­gend gebo­ten, dass sich der GKV-SV dem Abbau der völ­lig über­bor­den­den Büro­kra­tie im Hilfs­mit­tel­be­reich wid­met“, erklä­ren die WvD-Gene­ral­se­kre­tä­re Kirs­ten Abel und Patrick Grunau.

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Streit­punkt: Not­wen­dig­keit von Mehrkosten

Kran­ken­kas­sen über­neh­men die Kos­ten für das medi­zi­nisch not­wen­di­ge und gleich­zei­tig wirt­schaft­lichs­te Hilfs­mit­tel. Der Gesetz­ge­ber hat dazu fest­ge­legt, dass sich gesetz­lich Kran­ken­ver­si­cher­te mit einer Zuzah­lung von min­des­tens fünf und höchs­tens zehn Euro an Hilfs­mit­teln betei­li­gen. Alle Kos­ten, die dar­über hin­aus für ande­re Pro­duk­te anfal­len, sind Mehr­kos­ten und müs­sen von den Ver­si­cher­ten selbst getra­gen wer­den. Aus den Rei­hen des GKV-Spit­zen­ver­ban­des wer­den die Mehr­kos­ten durch­aus kri­tisch beäugt und der Vor­wurf, den Ver­si­cher­ten mehr Geld abzu­neh­men, als für eine gute Ver­sor­gung nötig ist, wird deut­lich for­mu­liert. Das bestä­tigt das fol­gen­de State­ment der Vor­stands­vor­sit­zen­den Dr. Doris Pfeif­fer: „80 Pro­zent der Hilfs­mit­tel erhal­ten GKV-Ver­si­cher­te mehr­kos­ten­frei, das belegt erneut der sechs­te Mehr­kos­ten­be­richt. Der Daten­ab­gleich der letz­ten sechs Jah­re hat für mehr Trans­pa­renz gesorgt: Im Berichts­jahr 2023 zahl­ten GKV-Ver­si­cher­te durch­schnitt­lich 149 Euro an Mehr­kos­ten aus der eige­nen Tasche. Aber sind die­se Mehr­kos­ten auch gerecht­fer­tigt und brin­gen eine bes­se­re Ver­sor­gung? Erst, wenn die Kran­ken­kas­sen auch die Grün­de dafür ken­nen, ist es mög­lich, Ver­si­cher­te noch bes­ser vor unge­recht­fer­tig­ten Mehr­kos­ten zu schüt­zen. Hier soll­te der Gesetz­ge­ber end­lich tätig wer­den und eine gesetz­li­che Mel­de­pflicht für Grün­de von Mehr­kos­ten festlegen.“

Die For­de­rung nach einer Erhö­hung des Auf­wan­des auf Sei­ten der Leis­tungs­er­brin­ger durch bei­spiels­wei­se eine Mel­de­pflicht bezeich­net WvD als „absurd“, da dies kon­trär zum Ziel von Büro­kra­tie­ab­bau im Bereich der Gesund­heits­hand­wer­ke ste­he. Ein Rechts­gut­ach­ten von Prof. Dr. Hel­ge Sodan, Prä­si­dent des Ver­wal­tungs­ge­richts­ho­fes des Lan­des Ber­lin a. D., hat­te bereits 2022 ein­deu­tig fest­ge­stellt, dass die Ein­füh­rung zusätz­li­cher Begrün­dungs­pflich­ten für Mehr­kos­ten­ver­ein­ba­run­gen durch den GKV-Spit­zen­ver­band im Rah­men der Fort­schrei­bung des Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis­ses sowie For­de­run­gen nach einer Aus­wei­tung der Prüf­bü­ro­kra­tie einen unzu­läs­si­gen Ein­griff in die Pri­vat­au­to­no­mie der Ver­si­cher­ten dar­stel­len und zudem die Kom­pe­ten­zen des GKV-Spit­zen­ver­ban­des über­schrei­ten. Zumal die Mehr­kos­ten das Soli­dar­sys­tem der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung nicht belasten.

80 Pro­zent aller Ver­sor­gun­gen ohne Mehrkosten

Fakt ist, dass Ein­la­gen seit Jah­ren an der Spit­ze ste­hen, wenn es um Mehr­kos­ten geht. Bei mehr als jeder zwei­ten Ver­sor­gung zah­len die Patient:innen Mehr­kos­ten. Für den sechs­ten Mehr­kos­ten­be­richt hat der GKV-Spit­zen­ver­band die Daten aus dem Jahr 2023 aus­ge­wer­tet. Das Ergeb­nis: Es wur­den fast 32 Mil­lio­nen Hilfs­mit­tel­ver­sor­gun­gen (30 Millionen/2022) mit einem Aus­ga­be­vo­lu­men von rund 11 Mil­li­ar­den Euro (10 Mil­li­ar­den Euro/2022) erbracht. Erneut bestä­tigt die Daten­ana­ly­se, dass auch im Jahr 2023 GKV-Ver­si­cher­te rund 80 Pro­zent der Hilfs­mit­tel regel­haft mehr­kos­ten­frei bezo­gen haben. Bei rund 6,6 Mil­lio­nen Hilfs­mit­tel­ver­sor­gun­gen (etwa 20 Pro­zent) haben Ver­si­cher­te jedoch eine mit Mehr­kos­ten gewählt. Die Sum­me aller Mehr­kos­ten betrug etwa 982 Mil­lio­nen Euro. Ver­si­cher­te zahl­ten im Schnitt 149 Euro (142 Euro/2022) dazu. Die Zah­len bestä­ti­gen, dass wie in den Vor­jah­ren vier von fünf Ver­sor­gun­gen ohne Mehr­kos­ten aus­kom­men. Vor die­sem Hin­ter­grund einen über die bestehen­den Bera­tungs- und Doku­men­ta­ti­ons­pflich­ten hin­aus­ge­hen­den Hand­lungs­be­darf im Bereich der Mehr­kos­ten abzu­lei­ten, erscheint aus WvD-Sicht völ­lig abwegig.

„In über 1.000 Ein­zel­ver­trä­gen in der Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung haben die Kran­ken­kas­sen – gera­de im admi­nis­tra­ti­ven Bereich – einen Dschun­gel an Rege­lun­gen ange­häuft, der auf Sei­ten der Kas­sen und der Leis­tungs­er­brin­ger ohne Mehr­wert Ver­sor­gungs­zeit und letzt­lich Geld der Ver­si­cher­ten ver­schwen­det. Hier wäre ein loh­nen­des Feld für Ver­ein­fa­chun­gen im Sin­ne der Ver­sor­gung, für das wir dem GKV-SV ger­ne als Ansprech­part­ner zur Ver­fü­gung ste­hen“, mach­ten Abel und Gru­n­au einen Gegen­vor­schlag an den GKV-Spitzenverband.

Der Mehr­kos­ten­be­richt mit wei­te­ren Zah­len und Gra­fi­ken ist im Inter­net abrufbar.

 

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