Sein Vater Otto, gelernter Orthopädieschuhmacher, war nicht kriegstauglich gewesen und wurde wegen seiner unpolitischen Haltung zusammen mit Ludwig Heim (dem Vater von Sepp Heim) mit der Leitung der Orthopädie-Technik an der Charité betraut. Es waren bittere Zeiten: Material und Passteile waren knapp. Aus Holz, Eisen und alten Ledermänteln wurden Provisorien entworfen. Es gab kaum Geld und wenig Essen.
Der junge Manfred bekam Alpträume von den Reihen der Arm- und Beinprothesen, die an langen Rohren in der Werkstatt hingen. Als traumatisch erlebte er auch die von den englischen Besatzungsmächten befohlenen Kinoveranstaltungen mit KZ-Filmen für Schulkinder — verbunden mit dem Hinweis, dass dies das Werk ihrer Eltern ist.
Am 15. Oktober 1953 begann Manfred Rothe seine Lehre zum Orthopädiemechaniker bei der Firma Owsinski in Berlin-Wedding. Für die Firma war er der erste Lehrling, der ausgebildet wurde. Er musste als Gesellenstück einen Schienen-Schellen-Apparat mit Schweizer Sperre, Fußschienen und Metalleinlage in dreieinhalb Tagen fertigen. Die Schienen waren selbstverständlich zu schmieden. Mit dem Gesellenbrief begann er bei der Firma Ernst Bohm zu arbeiten und wechselte bald zur Firma Erwin Schönebeck, wo er sich von ersten Hilfsarbeiten zum Spezialisten für den Holzprothesenbau entwickelte. Zur Meisterprüfung 1971 baute Manfred Rothe eine Kippschaft-Holzprothese mit selbst konstruierter Mechanik, dazu eine Dysmelie-Orthese mit Gegentuber für einen sechsjährigen Jungen mit Contergan-Missbildung. Mit diesem Hilfsmittel konnte das Kind zum ersten Mal laufen. Für die Fortschritte beim Gehtraining sorgte die tägliche Currywurst als Belohnung. Sein Meisterbrief bescherte Manfred Rothe umgehend die Mitarbeit im Meisterprüfungsausschuss für insgesamt 38 Jahre.
Als frischgebackener Meister wirkte Manfred Rothe bei der Firma Paul Schulze 23 Jahre lang und war Mitinhaber des Betriebes. Für sechs Jahre bildete er ab 1994 im Oskar-Helene-Heim Lehrlinge aus. Anfang der 2000er-Jahre gründeten verschiedene Firmen den Orthobund, dessen Leitung in den Händen von Manfred Rothe lag. Nach dem Verkauf von Orthobund ist Manfred Rothe nun seit zehn Jahren angestellter Meister bei der Firma Sage, arbeitet heute mit seinen 83 Jahren weiter die volle Arbeitswoche, führt die gesamte Werkstattarbeit der Technischen Orthopädie aus und ist in Krankenhäusern und bei den Patienten ein kompetenter und gern gesehener Fachmann.
Mit seiner Frau Marianne war er bis zu deren Tod 54 Jahre lang verheiratet. Aus der Ehe ging der Sohn Dr. Jan Rothe hervor, welcher in der Radiologie und Nuklearmedizin in Berlin tätig ist.
Manfred Rothe sagt von sich, dass er dem Handwerk weiterhin treu bleibt und noch bis zu seinem 90. Geburtstag aktiv sein wird.
Dipl.-Med.-Päd. Georg Schubert
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