Die Welt der medizinischen Kompression mit Strümpfen, die Betroffene ihr ganzes Leben lang jeden Tag tragen müssen, sah ebenfalls vor allem grau, schwarz und beigefarben aus. Dass inzwischen Mut zur Farbe eingezogen ist und die Erkrankung kein Tabu mehr – das verdanken die Betroffenen auch der Arbeit von Caroline Sprott.
Mit Mode gegen Machtlosigkeit
Die Lipödem-Botschafterin Caroline Sprott geht sehr selbstbewusst mit der Erkrankung um. Die Mediengestalterin steht als Markenbotschafterin für medizinische Kompression des Herstellers Medi vor der Kamera, spricht in Podcasts über Selbstmanagement und den Umgang mit Schmerzen. Seit 2015 betreibt sie die nach eigenen Angaben größte patientengeführte Website „Lipödem Mode“, schrieb online über ihre Liposuktions-Operationen. Das war nicht immer so. Als sie 2011 die Diagnose bekam, „gehörten Heulkrämpfe zur Tagesordnung“, wie sie sagt. Als das Lipödem auch an den Armen begann, habe sie Panik bekommen. Sie suchte psychologische Hilfe und den Kontakt zu Selbsthilfegruppen. Es sei bedrückend gewesen „so machtlos zu sein, Schmerzen zu haben und zu wissen, dass das ein Leben lang nicht mehr aufhört“. Schließlich nahm Sprott alle Energie zusammen und erarbeitete sich den modischen Umgang mit ihrer medizinisch nötigen Kompression als „Eigentherapie“: „Das hat mich jeden Tag motiviert und stärker gemacht. Jeder braucht einen positiven Anker – selbst wenn alles drumherum verflucht erscheint.“ Sie begann, ihre mit schicken Accessoires „aufgemotzte“ Kompression auf Instagram zu präsentieren – zunächst noch ohne ihr Gesicht zu zeigen: „Dazu musste ich mich erst durchringen.“
Stärkung des Selbstmanagements
Inzwischen hat sie mit einer Partnerin das Label „Luna Largo“ neu gegründet sowie 2021 den Shop „Power Sprotte“ online und mit Ladengeschäft in Augsburg eröffnet. 2022 startet „Luna Largo“ – zusätzlich zur Mode – mit Online-Coachings für Lipödem-Patientinnen durch. „Wir haben eine wundervolle Bubble geschaffen, in der die Betroffenen alles für ein selbstbestimmtes Leben mit der Erkrankung finden. Sie sollen von unserem Erfahrungsschatz profitieren, sich nicht von der Kompressionsbestrumpfung einschränken lassen!“ Die Erkrankung Lipödem sei zwar nicht mehr so schambehaftet, so Sprott, „aber wir kämpfen weiter für eine bedarfsgerechte Versorgung. So erstatten die gesetzlichen Krankenkassen in der Regel nach wie vor lediglich zwei Versorgungen pro Jahr – bei einem Produkt, das man täglich tragen muss! Zwei pro Halbjahr wären das Mindeste“. Enorm wichtig sei zudem die Stärkung des Selbstmanagements. „Ich möchte die Betroffenen von dem Glauben befreien nichts tun zu können. Die OTWorld kann dazu beitragen ein anderes Bild von uns zu zeigen – als mündige Menschen, die mit den richtigen Hilfsmitteln ihre Therapie im Griff haben.“
Caroline Sprott ist auf der OTWorld 2022 in Leipzig zu Gast und live zu erleben.
Cathrin Günzel
- Der Verlag OT wünscht frohe Weihnachten! — 23. Dezember 2024
- Die neue Leitlinie zum Lipödem-Syndrom: mehr Licht als Schatten. Konsequenzen für die Praxis — 5. Dezember 2024
- Orthesenversorgung bei Läsion des Plexus brachialis — 4. Dezember 2024