Ziel des maßgescheiderten Tibiaimplantates der Autoren war es, eine Implantatform zu entwickeln, die auf CT-Scans beruht, welche exakt mit der intramedullären Kavität der Tibia korrelieren. Deshalb nahm das Implantat schlussendlich eine Tropfenform an. Durch ein dichtes Abschirmen des intramedullären Raumes sollte dieses Design für eine maximale Prävention einer Implantatlockerung sorgen und eine aufsteigende Ausbreitung von Bakterien in den intramedullären Raum blockieren.
Einleitung
Jahrhundertelang wurden Unterschenkelamputierte mittels Schaftprothesen 1therapiert. Trotz signifikanter technologischer Innovationen sowohl in Bezug auf Schaftmaterialien als auch auf das Design haben Amputierte weiterhin mit Problemen an der Stumpf-Schaft-Schnittstelle zu kämpfen, die zu grundlegenden Problemen wie einer herabgesetzten Prothesenanwendung, weniger Mobilität und einer verringerten Lebensqualität führen 2 3 4. Diese Probleme an der Stumpf-Schaft-Schnittstelle umfassen Infektionen an der Haut, Reizungen durch mechanische Probleme verusacht durch einen schlechten Sitz des Schafts, Schmerzen und Pistoning sowie Gleichgewichtsprobleme, die zu Stürzen führen 5 6 7 8. Die meisten die Lebensqualität betreffenden Probleme, von denen mit Schaftprothesen versorgte Unterschenkelamputierte berichten, werden von ihnen auf die körperliche Behinderung, Schmerzen und ein vermindertes Energieniveau zurückgeführt 9 10.
Im Verlauf der letzten drei Jahrzehnte ist eine neue innovative Technologie entstanden, die diese schaftbedingten Probleme durch die Beseitigung der Stumpf-Schaft-Schnittstelle löst. Dies wird durch das Verfahren der Osseointegration erreicht, bei dem prothetische Teile am Skelett durch die Integration eines Implantats in den lebenden Knochen befestigt werden 11. Osseointegrierte Implantate sind im Bereich der Dentaltechnik seit vielen Jahren zur Behandlung zahnloser Kiefer mit einer 10-jährigen Überlebensrate von Dentalimplantaten im Unterkieferknochen von 95 % etabliert 12 13 14. Seit ihrer ersten Anwendung bei Amputierten im Jahre 1990 wurden im Knochen verankerte Prothesen, bei denen ein osseointegriertes Implantat zum Einsatz kommt, vorwiegend bei Personen mit Amputationen oberhalb des Knies (transfemorale Amputationen; TFA) verwendet. Bei Patienten mit schaftbedingten Problemen zeigte die Verwendung eines osseointegrierten Implantats Vorteile wie eine verbesserte tägliche Prothesenanwendung, einen reduzierten Energieverbrauch, Osseoperzeption und eine verbesserte Gehfähigkeit, die möglicherweise eine höhere Lebensqualität zur Folge hat 15 16 17 18.
In den letzten Jahren wurden zahlreiche Studien veröffentlicht, die sich mit der Sicherheit dieses Verfahrens beschäftigten, insbesondere bei Personen mit TFA. Es wurde davon ausgegangen, dass die Integration transkutaner Metallimplantate in den Knochen zu Bedenken bezüglich aufsteigender Infektionen und einer damit einhergehenden Lockerung des Implantats oder Sepsis führen könnte 19. Mehrere Studien haben nun gezeigt, dass dies trotz der unvermeidlichen Anwesenheit bakterieller Besiedelungen um die Haut-Implantat-Schnittstelle herum selten zu nicht behandelbaren Infektionen und/oder einer septischen Lockerung des Implantats führt 20. Bei den häufigsten Komplikationen handelt es sich um Weichteilinfektionen als Ergebnis überflüssigen Weichteilgewebes im Hautpenetrationsbereich. Dies führte zur Anpassung und Verbesserung der weichteilorientierten Operationstechnik, die einen Rückgang der Weichgewebekomplikationen zur Folge hatte.
Im Knochen verankerte Prothesen, bei denen osseointegrierte Implantate zum Einsatz kommen, wurden in größerem Umfang erfolgreich zur Behandlung von Personen mit TFA verwendet. Die Autoren sind der Ansicht, dass ausreichend Argumente für einen Versuch bei Personen mit transtibialer Amputation (TTA) vorliegen. Bei einem Vergleich der Amputationshöhe wird deutlich, dass die Prävalenz von Unterschenkelamputationen sogar höher ist – oder zumindest gleichmäßig verteilt ist – als die von Oberschenkelamputationen, je nach Land und Ätiologie der Amputation 21 22. Von den mit Schaftprothesen versorgten Personen tritt bei 40 % mindestens ein Hautproblem auf, wobei die Rate bei Personen mit TTA wesentlich höher liegt (TTA: 45,8 %, TFA: 20 %; OR: 4,1). Daneben ist eine erhöhte Rate von Stumpfschmerzen erkennbar 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 3536. Meulenbelt et al. 37berichteten sogar von einem Auftreten von Hautproblemen in bis zu 68 % der Fälle, wobei sich die Anzahl gleichmäßig auf Personen mit TTA und TFA aufgliederte. Die häufig auftretenden Hautprobleme und Schmerzen stehen in direktem Zusammenhang mit einer Unverträglichkeit der Prothese und beeinträchtigen die Fähigkeit, unabhängig mobil zu werden 38. Ein schlecht sitzender Schaft tritt sowohl bei Personen mit TTA als auch bei Personen mit TFA auf (TTA: 59 %, TFA: 78 %) [22] 39. Es sind dabei hinsichtlich der Unzufriedenheit mit Schaftprothesen keine Unterschiede in Bezug auf die Amputationshöhe erkennbar, wobei insgesamt nur 43 % mit dem Komfort ihrer Prothese zufrieden sind 40 41.
Bisher liegen nur sehr wenige Daten zur Durchführbarkeit und möglichen Vorteilen osseointegrierter Implantate (OI) bei Personen mit TTA vor. Es wurden nur sehr kleine Versuchsreihen veröffentlicht, die zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangten 42 43 44 45. Es sind Forschungen zum chirurgischen Ansatz und zum Implantatdesign für die Osseointegration zur Behandlung von Personen mit TTA nötig. Diese Patienten mit OI behandeln zu können, würde es ermöglichen, Probleme an der Stumpf-Schaft-Schnittstelle signifikant zu senken und Mobilität, Funktionsweise und allgemeine Lebensqualität zu verbessern.
Überweisung und Beurteilung
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Personen mit Unterschenkelamputation, bei denen schaftbedingte Probleme auftreten, an Kliniken zur Osseointegration zu überweisen. Patienten kehren zu ihrem Orthopädie-Techniker zurück, der Patienten wiederum zurück zu den Rehabilitationsmedizinern schicken kann. Die Niederlande besitzen ein breites Netzwerk von Rehabilitationsmedizinern, die sich auf Amputationen spezialisiert haben und über umfassende Kenntnisse neuer Behandlungsverfahren wie der Osseointegration verfügen. Da Rehabilitationsmediziner in Deutschland nicht registriert sind, umfasst dieses Netzwerk hauptsächlich Orthopädie-Techniker und Physiotherapeuten. Allgemeinmediziner oder Chirurgen überweisen Patienten ebenfalls an die OI-Kliniken. Menschen mit Amputationen sind in der Regel sehr gut durch Fernsehen, Internet und soziale Medien über Osseointegrationslösungen informiert; dies schafft bei ihnen Bewusstsein. Die Beurteilung von Personen mit TTA verläuft ähnlich zu der von Personen mit TFA. Die einzelnen Personen füllen vor ihrem Besuch der multidisziplinären Gruppenklinik den Fragebogen für Personen mit einer transfemoralen Amputation (Q‑TFA) aus. Bei Personen, die die Kliniken der Autoren besuchen, werden standardmäßig Röntgenaufnahmen und ein muskuloskelettaler CT-Scan durchgeführt. Im Rahmen einer Plenarpräsentation werden Informationen zu Auswahlverfahren, Operationsergebnissen, Behandlungsrisiken und standardmäßigen Nachsorgeplänen bereitgestellt. Fachpatienten sind Teil des Teams und stellen potenziellen Kandidaten ihre Kenntnisse und Erfahrungen mit der Osseointegration zur Verfügung. Schließlich wird jede Person einzeln vom gesamten Behandlungsteam zur Beurteilung von Krankengeschichte, körperlicher Untersuchung, Radiographie und Q‑TFA begutachtet, um einen gemeinsamen Konsens in Bezug auf die Indikation zur Behandlung zu erzielen. 2009 wurde das akademische Osseointegrationszentrum im medizinischen Zentrum der Universität Radboud eröffnet und 2014 die Behandlung von Personen mit transtibialer Amputation einschließlich ausgewählter Patienten mit peripheren Gefäßerkrankungen fortgesetzt. In den letzten zehn Jahren wuchs die Zahl der dort behandelten Patienten von einigen wenigen auf über 50 pro Jahr im Jahr 2018. Bis April 2019 wurden 213 Patienten nach einer Beinamputation (165 mit einer transfemoralen Osseointegration und 48 Patienten mit transtibialer Osseointegration) behandelt.
Osseointegration – Implantatsysteme
Ähnlich wie bei femoralen Osseointegrationssystemen stehen Schraubensysteme und Press-Fit-Implantate zur Verfügung. Unterschiede zwischen Schrauben- und Press-Fit-Systemen treten u. a. bei der Art der Befestigung, möglichem Knochenwachstum im oder auf dem Implantat, dem Zeitintervall zwischen den Operationen bei zweizeitigen chirurgischen Eingriffen und dem Rehabilitationsprotokoll auf. Im Gegensatz zu femoralen OI-Implantaten sind derzeit keine standardmäßigen CE-zertifizierten Press-Fit-Tibia-Osseointegrationssysteme verfügbar. Für Personen mit Unterschenkelamputation werden maßgefertigte Implantate als intramedulläre Press-Fit-Einheit hergestellt, die häufig eine Fixation mittels Verriegelungsschrauben für eine verbesserte Primärstabilität beinhaltet 46. Aufgrund der zufriedenstellenden Ergebnisse der Press-Fit-Lösung für die transfemorale OI (OFP, OTNimplants, Arnhem, Niederlande) entschied man sich in der Klinik der Autoren dazu, ein Tibia-Implantatim Press-Fit-Design mit anatomischer Form zu entwickeln, um eine solide Befestigung am Tibia-Stumpf zu ermöglichen; dieser ist häufig kurz und ungleichmäßig und besitzt eine schlechte Knochenqualität und Vaskularisation, insbesondere bei Patienten mit peripheren vaskulären Erkrankungen 47.
Präoperative Planung und Implantatdesign
Vorbereitend werden kalibrierte Röntgenaufnahmen vom Stumpf der Unterschenkelamputierten sowie Röntgenaufnahmen im Stehen vom Bein in voller Länge angefertigt. Die Minimallänge des Tibia-Stumpfes sollte 50 bis 60 mm betragen, und es wird keine Kürzung vorgenommen, außer im Falle eines sehr langen Tibiarests. In diesen Fällen muss die Tibia um 120 mm gekürzt werden, gerechnet vom distalen Tibiaende des Knöchelgelenks. Dies schafft ausreichend Platz für die osseointegrierte Schnelltrennverbindung und den Prothesenfuß. Alle maßgefertigten Implantate werden gemäß einem voreingestellten Protokoll auf Basis standardmäßiger muskuloskelettaler CT-Scans entwickelt, die Techniker durch ein grafisches Designprogramm laufen lassen. Oberstes Ziel ist es dabei, Implantate zu entwickeln, die eine Form aufweisen, die der des tropfenähnlichen tibialen Markraums auf optimale Weise entspricht.
Mit solch einer optimalen Form kann ein vollständiger Press-Fit-Abschluss des Markraums erzielt werden (Abb. 1a–c); dies ermöglicht ein frühzeitiges Einwachsen im Bereich der Knochen-Implantat-Schnittstelle und verhindert aufsteigende Infektionen und septische Lockerungen mit anschließendem Implantatversagen 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67.
Sämtliche bei Personen mit einer TTA verwendeten Implantate sind maßgefertigt und werden auf Basis von Computertomographie (CT) erstellt (Abb. 2). Ähnlich wie die Implantate, die bei Personen mit einer TFA verwendet werden, weisen alle Implantate eine makroporöse Beschichtung bzw. Struktur auf, die eine Osseointegration ermöglicht.
Im Hinblick auf die Fixierung bestehen bei tibialen und femoralen Implantaten einige Unterschiede. Femorale Implantate sind häufig länger und besitzen daher eine größere Osseointegrationsfläche. Sie werden in die diaphysäre Knochensubstanz eingefügt, die eine relativ runde Form aufweist, wodurch das Implantatdesign weniger komplex ist. Bei Tibia-Implantaten ist häufig ein kürzeres Implantat erforderlich, was eine kleinere Osseointegrationsfläche zur Folge hat. Die Fixierung des Tibia-Implantats in der tibialen Epi- und Metaphyse macht es bislang erforderlich, dass kundenspezifische Implantate angefertigt werden müssen, da Abweichungen in der Form des Markraums zu Problemen bei Implantatdesign und Fixierung führen (Abb. 3).
Chirurgisches Protokoll
In der Klinik der Autoren in den Niederlanden werden normalerweise Osseointegrationen vorzugsweise im Rahmen zweizeitiger Operationen in einem Intervall von sechs bis acht Wochen durchgeführt. Bei der ersten Operation wird das Implantat im verbleibenden Knochen verankert. Der Eingriff erfolgt in Spinalanästhesie oder Vollnarkose, und es wird eine perioperative Antibiotikaprophylaxe verabreicht. Die Patienten werden in Rückenlage positioniert, die Operationsstelle mit Chlorhexidin-Alkohollösung desinfiziert und die Extremität mit einem speziellen Schlitztuch abgedeckt. Auf Höhe des distalen Stumpfes wird ein Einschnitt vorgenommen und überschüssiges Weichteilgewebe am distalen Stumpf maximal herausgeschnitten. Wann immer angezeigt, wird eine Neurektomie durchgeführt. Der Markkanal wird retrograd schrittweise unter Röntgenkontrolle erweitert.
Im Anschluss wird die intramedulläre Komponente (Implantat) der Osseointegrationseinheit in Press-Fit-Technik eingetrieben. Es werden ein oder zwei Querverriegelungsschrauben von medial nach lateral eingefügt und die Wunde anschließend verschlossen (Abb. 3a u. b). Während des zweiten Eingriffs wird ein Stoma unter Verwendung eines Kreismessers angelegt, das über einen in die intramedulläre Komponente inserierten Führungsdraht geführt wird. Die transkutane Komponente der Osseointegrationseinheit wird in die intramedulläre Komponente eingeführt und mit einer internen Verriegelungsschraube gesichert. In einigen Fällen wird der Eingriff als einzeitiger Ansatz durchgeführt. Dies kann notwendig sein, wenn nicht ausreichend Haut- und Weichteilgewebe vorhanden ist, um die intramedulläre Komponente abzudecken. Nach Insertion des Implantats wird das Stoma angelegt, gefolgt von der Befestigung der transkutanen Komponente. Die Philosophie, den Eingriff zur Osseointegration vorzugsweise zweizeitig durchzuführen, ist in der Absicht begründet, einen Zeitraum mit einer sterilen Umgebung für das Implantat zu erzeugen, um eine Osseointegration mit dem Knochen zu ermöglichen 68.
Rehabilitationsprotokoll
Die Rehabilitation beginnt bei einer Osseointegration eine Woche nach einer zweizeitigen Operation oder drei bis sechs Wochen nach einer einzeitigen Operation, je nach Knochenqualität 69. Ziel der Rehabilitation ist es, die im Voraus festgelegten individuellen Funktionsziele wie eine Minimierung von Gang-Kompensationsstrategien und ein erhöhtes Aktivitätsniveau zu erzielen. Um diese Ziele zu erreichen, wird der Schwerpunkt bei der Rehabilitation auf eine Verbesserung der Hüftadduktorenkraft, der Rumpfstabilität und der Gangsymmetrie gesetzt.
Das Rehabilitationsteam besteht aus einem Rehabilitationsmediziner, einem Physiotherapeuten, einem Ergotherapeuten und einem Orthopädie-Techniker. Der Orthopädie-Techniker befestigt die Schnelltrenn-Osseointegrationsverbindung an der transkutanen Komponente des osseointegrierten Implantats und versucht, alle externen Komponenten während des Rehabilitationszeitraums optimal aufeinander abzustimmen. Um eine Überlastung des Kniegelenks durch Varus- oder Valgus-Belastung zu vermeiden, ist eine optimale Ausrichtung der frontalen Ebene bei Personen mit transtibialer OI von besonderer Bedeutung. Die Personen werden vom Physiotherapeuten dabei angeleitet, wie sie schrittweise ihre Prothese belasten. Dabei wird zunächst eine Teilbelastung durch Gehen zwischen Barrenstangen und mit Hilfe einer Gehhilfe vorgenommen, bevor dann zu einer Vollbelastung ohne Gehhilfen übergegangen wird. Gang und Muskelkraft werden in einem funktionellen Rahmen mittels motorischer Lernprinzipien trainiert. Der Ergotherapeut gibt Anweisungen zur täglichen Pflege des Stomas (Abb. 4). Der Rehabilitationsmediziner überwacht den Rehabilitationsprozess und behandelt anfänglich auftretende Beschwerden wie Stomaschmerzen aufgrund von Stomairritationen oder ‑infektionen und Muskelschmerzen. Die Rehabilitation erfolgt zweimal pro Woche jeweils zwei Stunden in Therapiegruppen und dauert bei Personen mit transtibialer OI vier Wochen. Die Rehabilitation kann je nach individuellem Fortschritt und Einschränkungen wie z. B. aufgrund von Schmerzen oder fehlender Muskelstärke verlängert werden. Diese Einschränkungen können zu Abweichungen vom vordefinierten Rehabilitationsprogramm und zu einer unterschiedlichen Rehabilitationsdauer führen 70.
Prä-post-Ergebnismessungen
Zur Ergebnismessung werden zu Behandlungsbeginn (Baseline) sowie ein, zwei, fünf und zehn Jahre nach der Operation konventionelle Röntgenaufnahmen ausgewertet 71. Funktionelle Ergebnisse werden anhand des Fragebogens von Personen mit transfemoraler Amputation (Q‑TFA) gemessen, um Prothesenanwendung, Mobilität und prothesenbezogene Lebensqualität zu beurteilen. Bis dato wurde kein validierter Fragebogen zu den funktionellen Ergebnissen für Personen mit transtibialer Amputation konzipiert. Der Q‑TFA erfasst jedoch Aspekte, die auch für Unterschenkelamputierte aussagekräftig und relevant sind. Der Mobilitätsgrad wird mit Hilfe des Timed-up-and-go-Tests (TUG) und die Gehfähigkeit mit Hilfe des Sechs-Minuten-Gehtests (6MWT) beurteilt.
Unerwünschte Ereignisse, die im Zusammenhang mit der Osseointegration stehen, werden durch Auswertung der Patientenakte überwacht. Infektionen in Verbindung mit der im Knochen verankerten Osseointegrationsprothese werden wie in unserem vorherigen Artikel beschrieben eingestuft 72.
Zukünftige Entwicklungen
Im Knochen verankerte Prothesen, bei denen osseointegrierte Implantate zum Einsatz kommen, werden überwiegend für Oberschenkelamputierte beurteilt. Im Verlauf der Jahre wurde reichlich Know-how für weitere Anpassungen des Implantatdesigns und des Operationsverfahrens angesammelt, was zu einem geringeren Auftreten größerer Komplikationen bei Personen mit transfemoraler OI führte. Bei Unterschenkelamputierten existieren bis dato keine größeren Fallserien zur Beurteilung von funktionellen Ergebnissen und Komplikationen. Es ist daher unklar, ob dieselben Prinzipien im Hinblick auf Sicherheit und Leistung auch für Personen mit einer im Tibiaknochen verankerten Prothese gelten. Es sind weitere Forschungsarbeiten notwendig, um dies zu klären. Zukünftige Studien sollten sich zudem auf die Anwendung von im Knochen verankerten Prothesen zeitgleich zur ersten Amputation konzentrieren. Da im Knochen verankerte Prothesen zunehmend als Standardversorgung angesehen werden, besteht eine wachsende Nachfrage nach diesem Verfahren für Patienten, bei denen eine Amputation vorgenommen werden soll. Dies betrifft insbesondere Menschen, bei denen aufgrund einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit oder von Diabetes mellitus eine Amputation der unteren Gliedmaßen erfolgen soll. Es sind weitere Untersuchungen erwünscht, um sinnvolle Einschlusskriterien festzulegen, die zu einem annehmbaren Nutzen-Risiko-Verhältnis in dieser Gruppe von Personen mit vaskulär bedingten Amputationen führen 73.
Für die Autoren:
Jan Paul Frölke
Orthopedic Trauma Surgeon
Geert Grooteplein Zuid 10, route 618
6525 GA Nijmegen
Niederlande
janpaul.frolke@radboudumc.nl
Begutachteter Beitrag/reviewed paper
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