OT: Welche Vorteile bietet ein Eignungstest Unternehmen bei der Einstellung von Auszubildenden, insbesondere in der Orthopädie-Technik?
Luisa Otto: Online-Eignungstests bieten die Möglichkeit, die Kompetenzen der Bewerber:innen in einzelnen Bereichen der Berufsbilder herauszufinden. Sie haben den Vorteil, dass alle Bewerber:innen dieselben Aufgaben lösen müssen und hierdurch Chancengleichheit und Fairness im Auswahlprozess bestehen. Eine Entscheidung für oder gegen ein Interview mit dem/der Bewerber:in ist somit objektiver und unabhängiger von Schulnoten möglich. Wir bekommen bei Ottobock für die Ausbildung zum/zur Orthopädietechniker:in eine Vielzahl an Bewerbungen. Mit der Durchführung von Online-Eignungstests sind schnellere Rückmeldungen an die Bewerber:innen möglich. Zusätzlich sollen die berufsspezifischen Tests den Bewerber:innen einen ersten Eindruck vermitteln, welche Kompetenzen für das Berufsbild erforderlich sind.
OT: Verlieren Schulnoten an Bedeutung?
Julian Rietig: Schulnoten werden im Bewerbungsprozess weiterhin berücksichtigt, aber nicht vorrangig. Wir möchten vermeiden, dass potenziell geeigneten Kandidat:innen so die Chance auf den Auswahlprozess genommen wird. Auch ein Quereinstieg soll möglich sein – hier liegen häufig keine aktuellen Schulnoten vor.
OT: Gibt es weitere Kriterien, die bei der Auswahl von Bewerber:innen wichtig sind?
Katharina Nolte: Bezogen auf den Ausbildungsberuf des/der Orthopädietechniker:in ist ein vorangegangenes (Schul-)Praktikum in einem Sanitätshaus oder einer orthopädietechnischen Werkstatt von Vorteil, sodass die Kandidat:innen bereits eine Vorstellung von dem handwerklichen Berufsbild haben. In diesem Zusammenhang spielen bei der Auswahl der Bewerber:innen handwerkliches Geschick und das Interesse an Anatomie, Physiologie, Mechanik und Werkstoffkunde eine entscheidende Rolle. Die Persönlichkeit des/der Bewerber:in mit Eigenschaften wie Kommunikationsfähigkeit und Einfühlungsvermögen im Umgang mit Patient:innen ist ebenso entscheidend bei der Auswahl.
OT: Welche Rolle kommt dabei dem Eignungstest zu? Ist ein schlechtes Testergebnis ein K.-o.-Kriterium?
Otto: Der Online-Eignungstest ist ein Instrument der Vorauswahl von Bewerber:innen. Dieser ist entscheidend für den weiteren Auswahlprozess, aber kein K.-o.-Kriterium. Die einzelnen Ergebnisse des Online-Eignungstests werden durch das Recruiting- und Ausbildungsteam analysiert und bewertet. Neben dem Online-Eignungstest sind auch Vorkenntnisse aus dem Bereich Orthopädie-Technik, z. B. durch Praktika, für das weitere Vorgehen ausschlaggebend.
OT: Wie ist der Test aufgebaut? Was soll ermittelt werden?
Rietig: Im Online-Eignungstest werden für das Berufsbild des/der Orthopädietechniker:in relevante Kompetenzen ermittelt. Es handelt sich um einen Wissens- und Intelligenztest. Es werden Allgemeinwissen, Sprachkompetenzen, Mathematik, Physik, Materialkunde, kundenspezifische Fragen sowie Anatomie abgefragt. Die Kandidat:innen haben für die Beantwortung der Fragen zwei Stunden Zeit.
OT: Wie fällt Ihr Fazit aus? Hat die Einführung dazu geführt, dass die Qualität der Auszubildenden zugenommen hat?
Nolte: Ottobock arbeitet bereits seit einigen Jahren mit Online-Eignungstest im Auswahlprozess für Auszubildende. Die Online-Eignungstests sind ein valides Auswahlinstrument, die uns fundierte Auswahlentscheidungen erleichtern und den Auswahlprozess beschleunigen. Anhand der gestellten Fragen können wir erkennen, ob jemand eine Neigung für das Berufsbild mitbringt. Da es sich im Orthopädietechnik-Bereich allerdings um ein handwerkliches Berufsbild handelt, ist es für uns unerlässlich, die Bewerber:innen zu einem anschließenden Auswahltag einzuladen, um dort u. a. ihr handwerkliches Geschick zu testen.
Die Fragen stellte Pia Engelbrecht.
Der Eignungstest wurde in Zusammenarbeit mit der U‑form Testsysteme GmbH & Co. KG entwickelt. Für die OT hat Geschäftsführerin Felicia Ullrich weitere Tipps für erfolgreiches Azubi-Recruiting verraten.
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