Die inter­dis­zi­pli­nä­re Behand­lung von Hüftluxationen

W. Ackermann, M. Salzmann
Sowohl die Physiotherapie als auch die Orthopädie- und Reha-Technik verfügen über ein breites Spektrum an Maßnahmen und Hilfsmitteln, um die angeborene kindliche Hüftdysplasie und die Hüftgelenksdezentrierung bei Kindern mit infantilen Cerebralparesen begleitend zur ärztlichen Therapie zu behandeln. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit bietet hierfür wichtige Voraussetzungen.

Die kind­li­che Hüftdysplasie

Bei der kind­li­chen Hüft­dys­pla­sie han­delt es sich um eine ange­bo­re­ne Rei­fungs­stö­rung der Hüft­ge­len­ke. Sie ist mit einer Inzi­denz von 2 bis 5 % die häu­figs­te kin­der­or­tho­pä­di­sche Erkran­kung, wel­che bei deut­lich mehr Mäd­chen als Jun­gen (4 : 1) auf­tritt. Sta­tis­tisch gese­hen ist die lin­ke Hüf­te häu­fi­ger betrof­fen als die rech­te (60 : 40) 1. Wird die Dys­pla­sie nicht erkannt bzw. unzu­rei­chend behan­delt, besteht im Ver­lauf das Risi­ko einer Dysplasiearthrose.

Bei der Ätio­lo­gie spie­len gene­ti­sche, hor­mo­nel­le und mecha­ni­sche Fak­to­ren eine Rol­le. Dazu gehört eine fami­liä­re Häu­fung, da sich das Risi­ko ver­zehn­facht, wenn min­des­tens ein Eltern­teil betrof­fen ist. Ein wei­te­rer Fak­tor ist der Platz­man­gel im Mut­ter­leib etwa bei Frucht­was­ser­man­gel, Steiß­la­ge, Zwil­lings­schwan­ger­schaf­ten oder Erst­ge­bä­ren­den. Zudem sor­gen Hor­mo­ne wie Östro­gen, Pro­ges­te­ron und Rela­xin für all­ge­mei­ne Gelenk­hy­per­mo­bi­li­tät und Insta­bi­li­tä­ten im Hüft­ge­lenk 2.

Kli­nisch zeigt sich bei den Kin­dern i. d. R. fol­gen­der Befund: Hal­tungs­asym­me­trie, Abspreiz­be­hin­de­rung, Glu­te­al- und Leis­ten­fal­ten-Asym­me­trie, Bein­län­gen­dif­fe­renz, Vor­zugs­hal­tung zu einer Sei­te, Becken­hoch­stand auf der betrof­fe­nen Sei­te, Schief­hals­hal­tung zur Gegen­sei­te, Kon­ve­xi­tät der Wir­bel­säu­le zur Gegen­sei­te und eine anhal­ten­de Beckenbeugehaltung.

Zusätz­lich zu einer aus­führ­li­chen Ana­mne­se und einer Befund­er­he­bung dient seit 1996 das Sono­gra­fie-Scree­ning in U3 der Dia­gno­se­stel­lung. Die Klas­si­fi­ka­ti­on erfolgt nach dem öster­rei­chi­schen Ortho­pä­den Rein­hard Graf und erlaubt eine Fest­stel­lung und Ein­tei­lung des Schwe­re­gra­des, aus wel­chem sich wie­der­um die ent­spre­chen­de The­ra­pie­form ablei­ten lässt. Zur Beur­tei­lung des Pfan­nen­dachs ent­wi­ckel­te Graf als Beur­tei­lungs­hil­fe zwei Mess­win­kel: den Pfan­nen­dach­win­kel Alpha und den Knor­pel­dach­win­kel Beta (Tab. 1, Abb. 1) 2.

Die ärzt­li­che The­ra­pie ver­läuft in drei Phasen:

  1. Repo­si­ti­on (Ein­ren­kung): Die­se wird ent­we­der unter Nar­ko­se oder durch eine Over­hea­dex­ten­si­on durch­ge­führt (mit 1 bis 1,5 kg in Fle­xi­on und 60° Abduk­ti­on). Die Repo­si­ti­on wird bei dezen­trier­ten Hüf­ten Typ D, III oder IV empfohlen.
  2. Reten­ti­on (Ruhig­stel­lung): Den Pati­en­ten mit insta­bi­len Hüf­ten vom Typ IIc wird für 4 – 5 Wochen ein soge­nann­ter Fett­weis­gips (in etwa 110° Fle­xi­on, 50° Abduk­ti­on) angelegt.
  3. Nach­rei­fen: Das Nach­rei­fen der sta­bi­len dys­plas­ti­schen Hüf­ten (IIc, IIb und IIa) erfolgt dann wahl­wei­se in der Tübin­ger Hüft­beu­ge­schie­ne (> 90° Fle­xi­on, 45 bis 50° Abduk­ti­on) oder einer Pav­lik-Ban­da­ge. Hier­bei ist beson­ders auf eine kor­rek­te Abduk­ti­ons­stel­lung zu ach­ten, da eine zu star­ke Absprei­zung, z. B. Lorenz­stel­lung in 90° Abduk­ti­on, zu Hüft­kopf­ne­kro­sen füh­ren kann 3. Die Behand­lung wird abge­schlos­sen, wenn sich bei der Sono­gra­fie-Kon­trol­le der Pfan­nen­dach­win­kel Alpha grö­ßer als 60° darstellt.

Neben der ärzt­li­chen The­ra­pie emp­fiehlt es sich, die Kin­der phy­sio­the­ra­peu­tisch zu behan­deln. Bei­spiels­wei­se las­sen sich durch die neu­ro­phy­sio­lo­gi­sche Behand­lung nach Voj­ta 4 und ver­schie­de­ne osteo­pa­thi­sche Tech­ni­ken die Lage-Asym­me­trien und mus­ku­lä­ren Dys­ba­lan­cen posi­tiv beein­flus­sen. Zudem soll­ten die Eltern durch einen erfah­re­nen The­ra­peu­ten im Hand­ling nach Bobath, etwa bei Tra­ge­hal­tun­gen mit der Tübin­ger Schie­ne oder dem Win­del­wech­seln in Absprei­zung, ange­lei­tet werden.

In sel­te­nen Fäl­len lässt sich kon­ser­va­tiv kein befrie­di­gen­des Ergeb­nis errei­chen, dann ist eine knö­cher­ne Hüft­ope­ra­ti­on das Mit­tel der Wahl. Hier ste­hen dem Ope­ra­teur ver­schie­de­ne Ver­fah­ren zur Ver­fü­gung. Dazu zäh­len u. a. die Becken­os­teo­to­mie nach Sal­ter, Dega oder Pem­ber­ton und die Tri­ple-Osteo­to­mie nach Tön­nis. Gele­gent­lich ist ein zusätz­li­cher Ein­griff am pro­xi­ma­len Femur (DVO – dero­tie­ren­de vari­sie­ren­de Osteo­to­mie) nötig, um die Über­da­chung zu optimieren.

Infan­ti­le Cerebralparese

Mit einer Prä­va­lenz von 2 bis 2,5 pro 1.000 Lebend­ge­bur­ten ist die infan­ti­le Cere­bral­pa­re­se (ICP) die häu­figs­te Ursa­che für spas­ti­sche Bewe­gungs­stö­run­gen im Kindesalter.

Ursäch­lich für die ICP sind alle Schä­di­gun­gen, die das unrei­fe Gehirn betref­fen und prä‑, peri- oder post­na­tal ent­stan­den sind. Die ICP stellt kein ein­heit­li­ches Krank­heits­bild dar. Es han­delt sich um eine blei­ben­de, nicht pro­gre­di­en­te, doch sich im Erschei­nungs­bild über Jah­re ändern­de Hal­tungs- und Bewe­gungs­stö­rung, die in ihrer Aus­prä­gung sehr varia­bel sein und ande­re Begleit­erschei­nun­gen, wie z. B. Lern­be­hin­de­rung, geis­ti­ge Behin­de­rung, Seh­stö­run­gen und Epi­lep­sie, mit sich bringt 5.

Im Gegen­satz zur Hüft­dys­pla­sie sind bei Pati­en­ten mit infan­ti­len Cere­bral­pa­re­sen die Hüf­ten bei der Geburt unauf­fäl­lig. Vor­aus­set­zung für eine unge­stör­te Hüf­t­ent­wick­lung ist der zeit- und ent­wick­lungs­ge­rech­te Ablauf der Ver­ti­ka­li­sa­ti­on. Gehen und Ste­hen neh­men hier­bei eine wich­ti­ge Rol­le bei der Zen­trie­rung des Hüft­ge­lenks ein. Die Ent­ste­hung der Hüft­ge­lenks­de­zen­trie­rung bei ICP wird u. a. durch einen erhöh­ten Tonus, das mus­ku­lä­re Ungleich­ge­wicht, Kon­trak­tu­ren, das Wachs­tum und unzu­rei­chen­de Bewe­gungs­va­ria­tio­nen ver­ur­sacht. Von daher soll­te jede spas­ti­sche Hüf­te, die mus­ku­lär nicht aus­ba­lan­ciert ist und nicht ent­wick­lungs­ge­recht belas­tet wird, als dys­pla­sie­ge­fähr­det betrach­tet und regel­mä­ßig rönt­ge­no­lo­gisch kon­trol­liert wer­den. Durch den ver­stärk­ten Tonus in den Adduk­to­ren kommt es zur Aus­bil­dung einer Cox­a­val­ga. Die­ser Effekt wird durch die meist ver­spä­te­te Auf­rich­tung und die zusätz­lich addukt­orisch wir­ken­den Knie­beu­ger (M. semi­ten­di­no­sus und M. semi­mem­bra­no­sus) und den M. gra­ci­lis noch ver­stärkt. Bei Spas­ti­zi­tät des M. pso­as wird die Cra­nia­li­sie­rung des Femurs noch wei­ter begüns­tigt und der M. pso­as wirkt als mecha­ni­sches Repo­si­ti­ons­hin­der­nis 6.

Unter­su­chun­gen zei­gen auf, dass ein Zusam­men­hang zwi­schen der Form der Aus­prä­gung der ICP nach GMFCS, Gross Motor Func­tion Clas­si­fi­ca­ti­on Sys­tem, und dem Auf­tre­ten von Hüft­fehl­bil­dun­gen besteht (Abb. 2). Die glo­ba­le Rei­fungs­ver­zö­ge­rung und das Aus­maß der Tonus­er­hö­hung sind mit dafür ver­ant­wort­lich, dass sich schwer betrof­fe­ne Kin­der (GMFCS VI, V) nicht aus­rei­chend gegen die Schwer­kraft sta­bi­li­sie­ren und sich somit auch nicht aktiv auf­rich­ten kön­nen. Der for­men­de Reiz zur Ent­wick­lung nor­ma­ler Hüft­ge­len­ke fehlt dadurch (Tab. 2).

Kon­ser­va­ti­ve Behandlungsansätze

Schmer­zen durch eine bestehen­de Hüft­lu­xa­ti­on kön­nen bis zum Ver­lust der Steh- und Geh­fä­hig­keit füh­ren. Bei Pati­en­ten, die auf den Roll­stuhl ange­wie­sen sind, kann es zu einer ein­ge­schränk­ten Sitz­fä­hig­keit füh­ren, zudem ver­stär­ken sich bereits bestehen­de Sko­lio­sen. Ein Haupt­ziel bei der Behand­lung von Kin­dern mit ICP ist die Pro­phy­la­xe von Hüft­lu­xa­tio­nen, um die Funk­tio­na­li­tät und somit die Lebens­qua­li­tät zu erhal­ten. Hier­bei spie­len ver­schie­de­ne The­ra­pie­an­sät­ze eine Rol­le. Dazu zäh­len u. a. die Phy­sio­the­ra­pie, die Lage­rungs­be­hand­lung und die Injek­ti­on von Botu­li­num­to­xin A.

Im Rah­men der Phy­sio­the­ra­pie auf neu­ro­phy­sio­lo­gi­scher Basis spie­len neben der Deh­nung der ver­kürz­ten Mus­kel­grup­pen – Adduk­to­ren und ischio­cr­ura­le Mus­ku­la­tur –, die Akti­vie­rung der Gegen­spie­ler, Hüf­tex­ten­so­ren und ‑abduk­to­ren, und die Ver­ti­ka­li­sie­rung eine wich­ti­ge Rol­le. Gera­de bei schwerst­be­trof­fe­nen Pati­en­ten muss früh­zei­tig eine pas­si­ve Auf­rich­tung im Ste­hen ermög­licht wer­den, um die for­ma­ti­ve Reiz­ge­bung auf die Hüft­ge­len­ke zu gewähr­leis­ten. Beim Ste­hen im Steh­stän­der und beim Sit­zen im Roll­stuhl ist auf aus­rei­chen­de Abduk­ti­on, und somit auf die Ver­hin­de­rung der Innen­ro­ta­ti­on und Adduk­ti­ons­stel­lung zu achten.

Die Hilfs­mit­tel müs­sen regel­mä­ßig durch die behan­deln­den The­ra­peu­ten und Tech­ni­ker ent­spre­chend der Bedürf­nis­se und der aktu­el­len Befund­si­tua­ti­on der Pati­en­ten nach­ge­passt werden.

Einen wei­te­ren Bau­stein der kon­ser­va­ti­ven Behand­lung bil­det die Lage­rungs­be­hand­lung in Abduk­ti­on. Ent­spre­chen­de indi­vi­du­el­le Lage­rungs­ele­men­te kön­nen für die Rücken‑, Seit- und Bauch­la­ge (Abb. 3 u. 4) gefer­tigt wer­den. Durch eine Abduk­ti­on von 15 bis 20° wird sicher­ge­stellt, dass die Hüft­ge­len­ke zen­triert in der Pfan­ne ein­ge­stellt wer­den. Alter­na­tiv kön­nen ent­spre­chen­de dyna­mi­sche Lage­rungs­or­the­sen (Abb. 5) ein­ge­setzt wer­den. Die­se wer­den meist von den Pati­en­ten bes­ser akzep­tiert, da sie eine akti­ve Beweg­lich­keit in Knie- und Hüft­ge­len­ken zulas­sen und sich die Pati­en­ten damit i. d. R. auch selbst­stän­dig dre­hen können.

Ergän­zend bzw. beglei­tend zu den bis­her genann­ten The­ra­pie­me­tho­den kann die Injek­ti­on von Botu­li­num­to­xin A (Adduk­to­ren, Knie­beu­ger, Hüft­beu­ger) indi­ziert sein. Dadurch kön­nen selek­tiv und tem­po­rär hyper­ak­ti­ve Mus­keln geschwächt und zumin­dest zeit­wei­se die mus­ku­lä­re Imba­lan­ce ver­min­dert werden.

Ope­ra­ti­ve Behandlungsmöglichkeiten

Eine Ope­ra­ti­on soll fol­gen­de Zie­le errei­chen: Sym­me­trie, Schmerz­frei­heit, Wie­der­her­stel­lung der Beweg­lich­keit und – soweit erreich­bar – Gelenk­sta­bi­li­tät bzw. Pro­phy­la­xe einer dro­hen­den Insta­bi­li­tät 7.

Weich­teil­ein­grif­fe, wie offe­ne Seh­nen­ver­län­ge­run­gen oder die Myo­fas­zio­to­mie nach Ulzi­bat, sind nur bei einer radio­lo­gisch noch aus­rei­chen­den Hüft­ge­lenkszen­trie­rung indi­ziert (Abb. 6).

Die Ver­län­ge­rung der Adduk­to­ren und des M. pso­as sowie die Teno­to­mie der Mm. ischio­cr­ura­les die­nen der Wie­der­erlan­gung bzw. dem Erhalt der Schmerz­frei­heit und der Sym­me­trie. Dadurch soll ein Fort­schrei­ten der Sub­lu­xa­ti­on ver­mie­den werden.

Wenn die Dezen­trie­rung grö­ßer als 40 bis 50 % ist, soll­ten Weich­teil-Ope­ra­tio­nen mit knö­cher­nen Ein­grif­fen am Ace­tabu­lum und pro­xi­ma­len Femur kom­bi­niert wer­den 7.

Post­ope­ra­tiv emp­fiehlt es sich, auf die Anla­ge eines Gip­ses zu ver­zich­ten und die Pati­en­ten statt­des­sen mit einem Lage­rungs­ele­ment in 15 bis 20° Abduk­ti­on aus Schaum­stoff zu ver­sor­gen. Dadurch kön­nen eine frü­he Mobi­li­sa­ti­on durch die Phy­sio­the­ra­pie sowie das schnel­le Wie­der­erlan­gen der Mobi­li­tät im Roll­stuhl sicher­ge­stellt und Inak­ti­vi­täts­atro­phien und Ver­kle­bun­gen im Ope­ra­ti­ons­ge­biet ver­mie­den werden.

Pati­en­ten­bei­spiel: Anna

Anna ist 5 Jah­re alt, als sie sich mit ihrer Mut­ter wegen Schmer­zen in der rech­ten Hüf­te im Novem­ber 2011 in der Ambu­lanz der Ortho­pä­di­schen Kin­der­kli­nik vor­stellt. Sie ist mit einem Roll­stuhl, einem NF-Wal­ker, Unter­schen­kel­or­the­sen und einem Steh­brett ver­sorgt. Seit eini­gen Wochen kann sie weder am Tisch gehal­ten wer­den, noch in ihrem NF-Wal­ker ste­hen. Anna wird zwei­mal pro Woche phy­sio­the­ra­peu­tisch behan­delt – in ers­ter Linie mit dem Ziel der Ver­bes­se­rung der Stütz­ak­ti­vi­tät, Deh­nung der ver­kürz­ten Hüft­mus­keln und der Ver­bes­se­rung des Stehens.

Laut Mut­ter schmerzt das rech­te Hüft­ge­lenk auch beim Bewe­gen, was den All­tag und die Pfle­ge äußerst schwie­rig gestal­tet. Anna schläft nicht mehr durch, weint häu­fig und lässt sich nur ungern trans­fe­rie­ren. Die stark ein­ge­schränk­te Abduk­ti­ons­fä­hig­keit erschwert zudem die Pflege.

Nach einer aus­führ­li­chen Ana­mne­se und der Befund­er­he­bung (ICP, GMFCS V, Früh­ge­burt 28. SSW) sowie der Rönt­gen­dia­gnos­tik steht fest, dass die rech­te Hüf­te sub­lu­xiert ist (Abb. 7).

Im Früh­jahr 2012 erfolg­te dann die umfang­rei­che Hüft­ope­ra­ti­on: Adduk­to­ren­te­no­to­mie beid­seits, Pso­as-Teno­to­mie rechts, offe­ne Repo­si­ti­on und DVO und Pfan­nen­dach­plas­tik nach Dega mit Sur­fix­plat­te rechts (Abb. 8).

Früh­mo­bi­li­sa­ti­on im Schaumstofflagerungselement

Für Anna wur­de bereits vor der OP ein Schaum­stoff­la­ge­rungs­ele­ment für die Rücken­la­ge mit 20° Abduk­ti­on beid­seits ange­fer­tigt. Sie wur­de ab dem ers­ten Tag nach der Ope­ra­ti­on phy­sio­the­ra­peu­tisch und ergo­the­ra­peu­tisch behan­delt. In Abspra­che mit dem zustän­di­gen Tech­ni­ker wur­de das Lage­rungs­ele­ment opti­miert (Abb. 9). Bereits drei Tage nach der umfang­rei­chen Ope­ra­ti­on konn­te Anna durch die phy­sio­the­ra­peu­ti­sche Hüft­mo­bi­li­sa­ti­on am Bett­rand sit­zen. Um ihr die Teil­ha­be am All­tag zu ermög­li­chen, wur­de sie zusätz­lich mit einem Leih­roll­stuhl ver­sorgt. Gemein­sam mit einer Ergo­the­ra­peu­tin hat ein Reha-Tech­ni­ker die­sen ent­spre­chend der ärzt­li­chen Vor­ga­ben (15° Absprei­zung, Sitz­keil auf 80°) aus­ge­mes­sen (Abb. 10). Ihr eige­ner Roll­stuhl war für den post­ope­ra­ti­ven Ein­satz nicht geeig­net, da die­ser ohne Abduk­ti­on gefer­tigt wurde.

Eine genaue Eltern­an­lei­tung erlaub­te es der Mut­ter, Annas Hüf­te regel­mä­ßig durch­zu­be­we­gen und sie selbst­stän­dig mehr­mals am Tag für einen fest­ge­schrie­be­nen Zeit­raum in den Roll­stuhl zu setzen.

Sechs Wochen nach der Operation

Nach erfolg­ter knö­cher­ner Kon­so­li­die­rung inner­halb von sechs Wochen kann mit dem Belas­tungs­trai­ning begon­nen wer­den. In enger Zusam­men­ar­beit mit der Ortho­pä­die- und Reha-Tech­nik wer­den ent­spre­chen­de Hilfs­mit­tel zum Gehen und Ste­hen sowie die Orthe­sen über­prüft bzw. neu ange­passt oder verordnet.

Annas Rönt­gen­bild zeig­te nach sechs Wochen eine gute Kon­so­li­die­rung: Im Rah­men der The­ra­pie begann die Fünf­jäh­ri­ge mit dem Ste­hen und der Gewichts­ver­la­ge­rung im Stand (Abb. 11). Par­al­lel zur Ver­ti­ka­li­sa­ti­on erfolg­ten die Orthe­sen­kon­trol­le und ‑nach­pas­sung, zudem wur­de der NF-Wal­ker überprüft.

Inzwi­schen ist seit der Ope­ra­ti­on mehr als ein Jahr ver­gan­gen. Die Hüf­te hat sich gut ent­wi­ckelt (Abb. 12). Anna ist mitt­ler­wei­le sechs Jah­re alt. Sie kann wie­der bis zu einer Stun­de ste­hen, hat Spaß an der Fort­be­we­gung im NF-Wal­ker und schläft durch. Laut Mut­ter gibt Anna kei­ner­lei Beschwer­den mehr im Hand­ling und beim Trans­fer an. Auch die Pfle­ge gestal­tet sich dank der ver­bes­ser­ten Abduk­ti­on ein­fa­cher als vor der Ope­ra­ti­on. Für den Spät­som­mer die­ses Jah­res ist die Metall­ent­fer­nung geplant.

Fazit

Das indi­vi­du­ell ange­pass­te Zusam­men­spiel und der regel­mä­ßi­ge Erfah­rungs­aus­tausch zwi­schen Kin­der­or­tho­pä­den, Ortho­pä­die- und Reha-Tech­ni­kern sowie Phy­sio- und Ergo­the­ra­peu­ten bie­tet eine wich­ti­ge Basis für die erfolg­rei­che kon­ser­va­ti­ve und ope­ra­ti­ve Behand­lung von Hüft­lu­xa­tio­nen. Dadurch kön­nen Schmer­zen erfolg­reich ver­hin­dert bzw. behan­delt, Funk­tio­na­li­tät erhal­ten und somit auch die Lebens­qua­li­tät der Pati­en­ten gestei­gert werden.

Die Autoren:
Wen­cke Ackermann
Bobath- und Voj­ta-The­ra­peu­tin für
Säug­lin­ge, Kin­der und Jugendliche
Phy­sio­the­ra­peu­tin in der Orthopädischen
Kin­der­kli­nik Aschau

Dr. Maya Salz­mann MSC
Fach­ärz­tin für Orthopädie/Unfallchirurgie/
Kin­der­or­tho­pä­die
Ober­ärz­tin der Ortho­pä­di­schen Kin­der­kli­nik Aschau

Kon­takt­adres­se:
Behand­lungs­zen­trum Aschau
Ber­nau­er Stra­ße 18
83229 Aschau/Ch.
w.ackermann@bz-aschau.de

Begut­ach­te­ter Beitrag/Reviewed paper

Zita­ti­on
Acker­mann W, Salz­mann M. Die inter­dis­zi­pli­nä­re Behand­lung von Hüft­lu­xa­tio­nen. Ortho­pä­die Tech­nik, 2013; 64 (8): 14–19
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  3. Kon­er­mann W, Gru­ber G, Tschau­ner Ch. Die Hüftrei­fungs­stö­rung. Darm­stadt: Stein­kopff-Ver­lag, 1999
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