Bar­rie­re­frei­es Woh­nen – aktu­el­ler Stand und tech­ni­sche Innovationen

M. Sauer
Der demografische Wandel ist nicht mehr aufzuhalten: Immer mehr Menschen in Deutschland werden immer älter. Deren Ziel ist es, möglichst lange in den eigenen vier Wänden zu bleiben. Um dies zu erreichen, sind mehr oder weniger umfangreiche Anpassungsmaßnahmen in den Wohnungen erforderlich. Variabilität und vorausschauende Planung sind notwendig, um vor allem das Bad als wichtigen Lebensraum zukunftssicher zu machen. Die Lösungen reichen vom mobilen Haltegriff über das Dusch-WC bis hin zu komplett vernetzten Systemen. Teilweise werden entsprechende Maßnahmen auch durch öffentliche Stellen wie die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) finanziert.

Bar­rie­re­frei, kom­for­ta­bel und generationenübergreifend

Die meis­ten älte­ren Men­schen haben einen zen­tra­len Wunsch, wenn es um Leben und Woh­nen im Alter geht: so lan­ge wie mög­lich in den eige­nen vier Wän­den zu blei­ben. Ein Umzug in ein Heim oder in eine Pfle­ge­ein­rich­tung wird meist abge­lehnt oder erst in sehr hohem Alter in Betracht gezo­gen 1.

Aus die­sem Grund muss das eige­ne Zuhau­se den Ansprü­chen an Bar­rie­re­frei­heit gerecht wer­den – im Ide­al­fall ver­eint mit den Aspek­ten Kom­fort und Qua­li­tät, Ästhe­tik und Design. Es muss aber auch vor­aus­schau­end geplant wer­den, um mög­li­che Anpas­sun­gen bei sich ver­än­dern­den Bedürf­nis­sen im Alter vor­neh­men zu können.

Her­aus­for­de­rung: die demo­gra­fi­sche Entwicklung

Bar­rie­re­frei­es Leben und Woh­nen spielt des­halb eine so gro­ße Rol­le, weil die demo­gra­fi­sche Ent­wick­lung in Deutsch­land die Bevöl­ke­rungs­py­ra­mi­de umge­dreht hat und der Anteil der älte­ren Men­schen immer wei­ter zunimmt. So sind heu­te bei­spiels­wei­se rund 21 Pro­zent der Men­schen in Deutsch­land 65 Jah­re und älter. Ihr Anteil wird nach den Pro­gno­sen des Sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes auf 34 Pro­zent im Jahr 2060 anstei­gen (Abb. 1).

Die Lebens­er­war­tung hat sich seit dem Mit­tel­al­ter – damals betrug sie gera­de ein­mal 35 Jah­re – mehr als ver­dop­pelt. Ein neu­ge­bo­re­nes Mäd­chen hat heu­te gute Aus­sich­ten, das nächs­te Jahr­hun­dert zu erle­ben, eine Frau, die heu­te 65 Jah­re alt ist, hat im Durch­schnitt noch einen gan­zen Lebens­ab­schnitt mit 20 und mehr Jah­ren vor sich („fer­ne­re Lebens­er­war­tung“). Der Anteil jun­ger Men­schen an unse­rer Bevöl­ke­rung geht dage­gen mehr und mehr zurück: Im Jahr 2060 kommt auf jeden Erwerbs­tä­ti­gen im Alter von 20 bis 65 Jah­ren ein Kind und ein älte­rer Mensch („sta­tis­ti­scher Gesamt­quo­ti­ent der Bevöl­ke­rung“) 2.

Immer wie­der bele­gen Stu­di­en aber auch, dass die „Gene­ra­ti­on 50 plus“ kauf­kräf­tig ist. Der aktu­el­le Alters­si­che­rungs­be­richt des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Arbeit und Sozia­les spricht von einem durch­schnitt­li­chen Net­to-Ein­kom­men der „Haus­hal­te 65 plus“ von 1818 Euro – aller­dings mit nicht uner­heb­li­chen Schwan­kungs­brei­ten. Ruhe­ständ­ler geben bei reprä­sen­ta­ti­ven Befra­gun­gen immer wie­der an, ihr Ren­ten­ein­kom­men der­zeit sei aus­rei­chend 3. Dabei ist die „Gene­ra­ti­on 50 plus“ als Ziel­grup­pe sehr hete­ro­gen. Ver­gleich­bar mit den völ­lig unter­schied­li­chen Bedürf­nis­sen eines 15-jäh­ri­gen und eines 30-jäh­ri­gen Men­schen gibt es auch deut­li­che Unter­schie­de zwi­schen einem 60-jäh­ri­gen und einem 75-jäh­ri­gen Menschen.

Bar­rie­re­frei­es Woh­nen in Deutschland

Nur ein gerin­ger Anteil der Bestands­woh­nun­gen in Deutsch­land gilt als bar­rie­re­frei (ca. 570.000). Der Bedarf liegt heu­te jedoch bereits bei rund 2,5 Mio. ange­pass­ten Woh­nun­gen, bis 2025 wird es rund 10 Mio. Haus­hal­te mit Bewoh­nern der Alters­klas­se „70 plus“ geben. Das ist rund ein Vier­tel aller Pri­vat­haus­hal­te in Deutsch­land. Allein an die­sen Zah­len zeigt sich, wie groß der Bedarf an bar­rie­re­frei oder bar­rie­re­arm gestal­te­tem Wohn­raum in den nächs­ten Jah­ren sein wird 4.

Dabei ist „bar­rie­re­frei­er“ Wohn­raum sehr genau defi­niert: Seit 2011 gilt die neue DIN 18040 Teil 2 (Bar­rie­re­frei­es Bau­en – Woh­nun­gen). Die­se Norm beschreibt kon­kret, wie bar­rie­re­freie Neu­bau­ten aus­ge­stat­tet wer­den müs­sen – ange­fan­gen bei Zugän­gen, Wegen und Türen bis hin zur Aus­stat­tung bar­rie­re­frei­er Bäder. Unter­schie­den wird dabei zwi­schen bar­rie­re­frei­er und roll­stuhl­ge­rech­ter Nut­zung. Die Anfor­de­run­gen an eine roll­stuhl­ge­rech­te Aus­stat­tung sind um ein Viel­fa­ches höher als die „nur“ bar­rie­re­freie Aus­stat­tung 5.

Zu unter­schei­den von die­sen nor­ma­ti­ven Vor­ga­ben ist der „bar­rie­re­ar­me“ Wohn­raum. Die­ser Begriff ist regu­la­to­risch nicht ver­bind­lich, son­dern bie­tet gro­ßen Inter­pre­ta­ti­ons­spiel­raum. Da eine Viel­zahl von Bau­pro­jek­ten heu­te im Bestand durch­ge­führt wird, kann die Norm und damit die Vor­ga­be für „Bar­rie­re­frei­heit“ hier nur bedingt grei­fen. Meist las­sen es die räum­li­chen Ver­hält­nis­se nicht zu, die norm­ge­rech­ten Anfor­de­run­gen bzw. Vor­ga­ben zu erfül­len. So sind im Bau­be­stand bei­spiels­wei­se nur in den sel­tens­ten Fäl­len Bewe­gungs­flä­chen in den Maßen 150 × 150 cm zu rea­li­sie­ren, da durch bestehen­de Wän­de und Ein­rich­tun­gen in der Regel der Platz fehlt. Hier ist Krea­ti­vi­tät, abge­stimmt auf die indi­vi­du­el­len Ver­hält­nis­se und Nut­zer­be­dürf­nis­se, gefor­dert, um ein mög­lichst bar­rie­re­ar­mes Wohn­um­feld zu schaffen.

Der Archi­tekt, Pla­ner oder auch der aus­füh­ren­de Hand­wer­ker muss exakt die Bedürf­nis­se sei­ner Kun­den abfra­gen und in der Pla­nung umset­zen. Dabei sind ins­be­son­de­re ent­spre­chend qua­li­fi­zier­te und zer­ti­fi­zier­te Hand­werks­be­trie­be aus dem Sani­tär- und Elek­tro­hand­werk gefragt, die die Bedürf­nis­se ihrer Kun­din­nen und Kun­den erken­nen und zukunfts­ori­en­tiert umset­zen kön­nen (bei­spiels­wei­se der „Fach­be­trieb Kom­fort bar­rie­re­frei“ der GGT Deut­sche Gesell­schaft für Gerontotechnik®).

The­men bei der Wohnraumgestaltung

Bei Neu­bau­ten spielt mitt­ler­wei­le das The­ma Varia­bi­li­tät eine gro­ße Rol­le. So kön­nen durch eine spe­zi­ell geplan­te Sta­tik des Bau­kör­pers Innen­räu­me so gestal­tet wer­den, dass sich Wän­de bei Bedarf leicht ver­set­zen las­sen. Aus dem heu­ti­gen Kin­der­zim­mer kann viel­leicht in fer­ner Zukunft ein Pfle­ge­zim­mer oder gar die Wohn­ein­heit für eine 24-Stun­den-Pfle­ge­kraft werden.

Für bestimm­te Räu­me soll­ten bereits bei der Pla­nung alter­na­ti­ve Nut­zungs­mög­lich­kei­ten vor­ge­se­hen wer­den. Bei­spiels­wei­se kann aus dem heu­ti­gen Abstell­raum bei Bedarf ein Auf­zugs­raum ent­ste­hen, in den ein Per­so­nen­auf­zug nach­ge­rüs­tet wird – und das mit einem über­schau­ba­ren finan­zi­el­len Auf­wand, auch im Ver­gleich zu klas­si­schen Trep­pen­lif­ten. Es ist nicht erfor­der­lich, ein Haus oder eine Woh­nung bereits heu­te mit allen mög­li­chen Hilfs­mit­teln und Sicher­heits­sys­te­men aus­zu­stat­ten. Viel­mehr müs­sen die Vor­aus­set­zun­gen geschaf­fen wer­den, bei Bedarf mög­lichst schnell nach­rüs­ten und anpas­sen zu können.

Lebens­raum Bad

Dies ist ins­be­son­de­re bei der klas­si­schen Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung im Bad rele­vant. So kön­nen bereits heu­te Wän­de trag­fä­hig aus­ge­legt bzw. durch eine spe­zi­el­le Vor­wand­kon­struk­ti­on ver­stärkt wer­den, um dort spä­ter bei Bedarf Griff­sys­te­me instal­lie­ren zu kön­nen. Bei den heu­te oft­mals ver­wen­de­ten Leicht­bau­sys­te­men ist eine siche­re Mon­ta­ge von Stütz- und Hal­te­grif­fen im Bereich des WCs oder der Dusche in der Regel gar nicht mög­lich. Hier müs­sen im Bedarfs­fall mas­si­ve Ein­grif­fe in die Bau­sub­stanz vor­ge­nom­men wer­den (Ver­stär­kung der Wän­de), um Griff­sys­te­me sicher instal­lie­ren zu kön­nen. Alter­na­tiv kön­nen auch „mobi­le“ Griff­sys­te­me ein­ge­setzt wer­den, die mit Hil­fe von Saug­näp­fen auf Vaku­um-Basis auf einem glat­ten Unter­grund befes­tigt wer­den kön­nen. Eini­ge auf dem Markt befind­li­che Sys­te­me sind mitt­ler­wei­le auch auf hohe Trag­fä­hig­keit bis 125 kg aus­ge­legt. Ver­bun­den mit Indi­ka­to­ren für den Zustand des Vaku­ums stel­len sie eine Alter­na­ti­ve zu den instal­lier­ten Griff­sys­te­men dar (Abb. 2). Selbst Lösun­gen, die mit der Wand ver­klebt wer­den, fin­den sich heu­te im Ange­bot. Die­se sto­ßen beim End­kun­den aber eher auf Skep­sis, ins­be­son­de­re bezüg­lich der erfor­der­li­chen Trag­fä­hig­keit. Grund­sätz­lich gilt, dass für jede Art von Griff- und Hal­te­sys­tem mit fach­li­cher Sicht das Gesamt­sys­tem Wand – Unter­grund – Befes­ti­gung berück­sich­tigt wer­den muss, um die für den Kun­den größt­mög­li­che Sicher­heit zu gewährleisten.

Aus Sicht der End­kun­den besteht im Bad über die Hal­te­mög­lich­keit hin­aus viel­fäl­ti­ger Hand­lungs­be­darf. So stel­len bei­spiels­wei­se zu hohe Ein­stiegs­kan­ten in Duschen und Bade­wan­nen oder rut­schi­ge Boden­be­lä­ge ein Pro­blem dar. Auch feh­len­de Sitz­mög­lich­kei­ten wer­den immer wie­der bemän­gelt. Wich­tig ist dabei, dass ein bar­rie­re­frei­es Bade­zim­mer heu­te nicht mehr aus­se­hen muss wie ein Bad im Kran­ken­haus oder im Pfle­ge­heim. So haben in bar­rie­re­freie Bäder mitt­ler­wei­le Ästhe­tik und Kom­fort Ein­zug gehal­ten, was vie­le Ein­rich­tun­gen zur Selbst­ver­ständ­lich­keit wer­den lässt. Boden­glei­che Duschen wer­den heu­te gene­ra­tio­nen­über­grei­fend geschätzt. Sitz­flä­chen wer­den von vie­len Hand­wer­kern stan­dard­mä­ßig ein­ge­plant – ent­we­der durch form­schö­ne fest instal­lier­te (Klapp-)Sitze oder durch geflies­te und elek­trisch beheiz­ba­re Mau­er­vor­sprün­ge. Dies ist nicht nur sicher, son­dern auch bequem für jedes Alter. Erhöh­te WCs schließ­lich stel­len einen erheb­li­chen Kom­fort­ge­winn dar – ent­we­der durch eine erhöht instal­lier­te Kera­mik oder durch eine klas­si­sche Sitz­erhö­hung, die pro­blem­los nach­ge­rüs­tet wer­den kann.

Trend­the­ma Dusch-WC

Ein Trend­the­ma im Bad ist das Dusch-WC. Bei die­ser spe­zi­el­len Zusatz­funk­ti­on des WCs wird der Intim­be­reich des Nut­zers nach dem Toi­let­ten­gang mit war­mem Was­ser gerei­nigt und – zumin­dest bei eini­gen Pro­duk­ten – danach tro­cken geföhnt. Der Nut­zer kann somit auf Toi­let­ten­pa­pier ver­zich­ten. Im wei­tes­ten Sin­ne sind Dusch-WCs damit ein Ersatz für das Bidet und erfül­len wich­ti­ge Ansprü­che an Kom­fort, Sau­ber­keit und Hygie­ne (Abb. 3).

Dusch-WCs wur­den ursprüng­lich im Bereich der Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung ein­ge­setzt und kamen bei Men­schen zum Ein­satz, die ihre Arme und Hän­de nicht oder nur ein­ge­schränkt nut­zen kön­nen, bei­spiels­wei­se bei con­ter­gan­ge­schä­dig­ten Men­schen. Heu­te posi­tio­nie­ren die meis­ten Her­stel­ler ihre Dusch-WCs vor allem im Kom­fort­seg­ment. So gibt es mitt­ler­wei­le kaum einen Her­stel­ler aus der Sani­tär-Kera­mik-Bran­che, der kein Dusch-WC anbie­tet. Die Preis­klas­sen rei­chen dabei von 600 Euro für die ein­fa­che­re Aus­füh­rung bis hin zu 10.000 Euro für Luxus­mo­del­le. Dazwi­schen sind für jeden Geld­beu­tel Lösun­gen zu finden.

Unter­schie­den wer­den muss dabei zwi­schen der soge­nann­ten Auf­satz­va­ri­an­te und dem Kom­plett­sys­tem. Bei der Auf­satz­va­ri­an­te wird ledig­lich der bis­he­ri­ge WC-Sitz gegen das Dusch-WC aus­ge­tauscht. In dem Auf­satz befin­det sich die gesam­te Tech­nik, meist ein­schließ­lich Sitz­hei­zung und Durch­lauf­er­hit­zer, der für dau­er­haft war­mes Was­ser sorgt. Die­se Vari­an­te kann rela­tiv ein­fach nach­ge­rüs­tet wer­den, vor­aus­ge­setzt, im Bereich des WCs sind Strom- und Was­ser­an­schlüs­se vor­han­den. Der Vor­teil die­ser Vari­an­te besteht dar­in, dass eini­ge Her­stel­ler mit die­sen Pro­duk­ten im Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung gelis­tet sind, sodass bei bestimm­ten Krank­heits­bil­dern eine Ver­ord­nung durch den Arzt erfol­gen kann.

Bei Kom­plett­sys­te­men dage­gen befin­det sich die Tech­nik im WC-Kör­per selbst. Hier ist meist ein auf­wen­di­ger Umbau erfor­der­lich, bei dem das alte WC abge­baut und durch das Dusch-WC ersetzt wird. Die­se Lösung ist in der Regel nicht verordnungsfähig.

Ver­netz­te Systeme

Ein wei­te­rer gro­ßer Trend bei der Haus- und Gebäu­de­tech­nik ist das The­ma Ver­net­zung. Häu­fig wird hier der Kunst­be­griff „AAL“ („Ambi­ent Assis­ted Living“) ver­wen­det – ein Begriff, der älte­re Nut­zer jedoch eher abschreckt (Abb. 4). Gemeint ist damit ein wei­tes Spek­trum, mit dem die Haus­tech­nik den Bewoh­ner unter­stüt­zen kann. Dies kön­nen ein­fa­che Lösun­gen sein wie das Ori­en­tie­rungs­licht mit LED und Bewe­gungs­mel­der, das auch bei Nacht auf Stol­per­fal­len hin­weist (Abb. 5), aber auch auto­ma­ti­sier­te Fens­ter und Türen oder auf­wen­di­ge Bus-Sys­te­me. Auch das klas­si­sche Haus­not­ruf­sys­tem, mit dem bei Bedarf Hil­fe durch einen Dienst­leis­ter her­bei­ge­ru­fen wer­den kann, wird des Öfte­ren als Assis­tenz­sys­tem bezeich­net. Wich­tig ist, dass bei die­sen Lösun­gen der Nut­zer mit sei­nen Ansprü­chen an Kom­fort, Nut­zer­freund­lich­keit, Sicher­heit, Funk­tio­na­li­tät, Ästhe­tik und Design im Mit­tel­punkt steht.

Bei auf­wen­di­ge­ren und umfas­sen deren Lösun­gen gewinnt die Ver­net­zung von Kom­po­nen­ten immer mehr an Bedeu­tung, was aller­dings häu­fig eine gro­ße Bar­rie­re für Bau­her­ren, Inves­to­ren oder Ver­mie­ter dar­stellt: Da bar­rie­re­frei­es Bau­en über­wie­gend ein The­ma im Bestand ist, fin­det man nur sel­ten die Bereit­schaft, Wän­de „auf­zu­ha­cken“, um dort neue Lei­tun­gen zu ver­le­gen. Aus die­sem Grund stellt die draht­lo­se Ver­net­zung von Sys­te­men aktu­ell einen wich­ti­gen Trend bei der bar­rie­re­frei­en Sanie­rung im Bestand dar. So kann bei­spiels­wei­se Licht zen­tral gesteu­ert wer­den, Roll­lä­den las­sen sich auf Knopf­druck öff­nen und schlie­ßen, oder die Hei­zungs­steue­rung wird auto­ma­ti­siert und dadurch nach­hal­tig optimiert.

Heu­te set­zen bei die­sen Anwen­dun­gen vie­le Her­stel­ler auf die Ver­net­zung per Funk. So kön­nen bei­spiels­wei­se Schal­ter dort plat­ziert wer­den, wo sie benö­tigt wer­den. Die Ver­brau­cher (Leuch­ten, Elek­tro­ge­rä­te usw.) wer­den dann über Funk-Akto­ren ange­spro­chen. Eine ent­spre­chen­de kom­for­ta­ble Instal­la­ti­on kann schnell und ver­gleichs­wei­se kos­ten­güns­tig rea­li­siert wer­den und hat den Vor­teil, modu­lar auf­ge­baut zu sein. So ist eine Erwei­te­rung mit zusätz­li­chen Kom­po­nen­ten zu einem spä­te­ren Zeit­punkt meist pro­blem­los möglich.

Wei­te­re The­men­fel­der der Wohnraumanpassung

Im Bereich von Türen und Fens­tern soll­ten schon in einer Bau­pha­se Leer­roh­re und Leer­do­sen in den Wän­den vor­ge­se­hen wer­den, mit deren Hil­fe spä­ter elek­tri­sche Antrie­be oder elek­tro­ni­sche Schlös­ser nach­ge­rüs­tet wer­den kön­nen. Mehr Steck­do­sen in den Räu­men, ver­teilt auf unter­schied­li­che Wän­de, ermög­li­chen ein hohes Maß an Fle­xi­bi­li­tät, wenn Möbel umge­stellt wer­den. Boden­tie­fe Fens­ter ermög­li­chen einen Aus­blick ins Freie sowohl aus sit­zen­der als auch aus lie­gen­der Posi­ti­on und sor­gen so im hohen Alter dafür, am Leben im Wohn­um­feld teil­zu­ha­ben. Heu­te stel­len sie am Gebäu­de durch­aus einen archi­tek­to­nisch-gestal­te­ri­schen Aspekt dar, und auch klei­ne Kin­der freu­en sich, wenn sie pro­blem­los aus dem Fens­ter schau­en kön­nen. Glei­ches gilt für die Türen im Wohn­be­reich: brei­te­re Türen (lich­ter Durch­gang min­des­tens 90 cm) sind natür­lich ide­al für eine Nut­zung mit dem Roll­stuhl. Aber auch bei jun­gen Fami­li­en wer­den so die typi­schen Krat­zer, die Kin­der mit ihren Bob­by-Cars in die Türz­ar­gen fah­ren, zumin­dest reduziert.

Finan­zie­rung bar­rie­re­frei­er Umbauten

Bei Sanie­run­gen im Bestand besteht die Mög­lich­keit, bestimm­te Maß­nah­men von der KfW (Kre­dit­an­stalt für Wie­der­auf­bau) för­dern zu las­sen. Dazu hat die KfW das För­der­pro­gramm „Alters­ge­recht Umbau­en“ auf­ge­legt. Im Rah­men die­ses Pro­gramms sind sie­ben För­der­bau­stei­ne defi­niert, aus denen Maß­nah­men aus­ge­wählt und umge­setzt wer­den kön­nen – ent­we­der umfas­send im gesam­ten Haus oder in der gesam­ten Woh­nung, oder auch nur mit klei­ne­ren Maß­nah­men aus ein­zel­nen Förderbereichen.

Es gibt zwei Alter­na­ti­ven zur Finan­zie­rung: Ent­we­der wird über die Haus­bank ein zins­güns­ti­ges Dar­le­hen bean­tragt, oder es wird aus Mit­teln des Bun­des ein Zuschuss gezahlt. Im ers­ten Fall lie­gen die Zins­sät­ze für Dar­le­hen in Höhe von maxi­mal 50.000 Euro pro Wohn­ein­heit der­zeit zwi­schen 0,75 und 1,56 % effek­tiv (Stand 17. Juli 2015). Im zwei­ten Fall hat der Zuschuss eine Höhe von 8 bzw. 10 % der för­der­fä­hi­gen Inves­ti­ti­ons­kos­ten. Dies kön­nen abhän­gig vom Umfang der Maß­nah­men maxi­mal 4.000 bzw. 5.000 Euro sein. Setzt der Bau­herr ein­zel­ne Maß­nah­men aus der Lis­te der För­der­bau­stei­ne um, so erhält er maxi­mal 4.000 Euro bzw. 8 % der för­der­fä­hi­gen Inves­ti­ti­ons­kos­ten. Die­se dür­fen bei maxi­mal 50.000 Euro pro Wohn­ein­heit lie­gen. Geht der Bau­herr wei­ter und erreicht den KfW-Stan­dard „Alters­ge­rech­tes Haus“, stei­gen die Beträ­ge auf 5.000 Euro bzw. 10 %. Der Stan­dard „Alters­ge­rech­tes Haus“ erfor­dert aller­dings erheb­lich umfang­rei­che­re Ein­grif­fe in die Bau­sub­stanz und eine umfas­sen­de Kom­bi­na­ti­on der ein­zel­nen För­der­bau­stei­ne 6 7.

Wenn der Stan­dard „Alters­ge­rech­tes Haus“ erreicht wer­den soll, ist neben der Aus­füh­rung durch einen qua­li­fi­zier­ten Fach­be­trieb die Ein­schal­tung eines vom Pro­jekt unab­hän­gig beauf­trag­ten Sach­ver­stän­di­gen zwin­gend erfor­der­lich. Bei der Aus­füh­rung ein­zel­ner Maß­nah­men wird die­ser ledig­lich emp­foh­len. Hier kann auch der aus­füh­ren­de Fach­hand­wer­ker bestä­ti­gen, dass die jewei­li­gen Min­dest­an­for­de­run­gen des von der KfW vor­ge­ge­be­nen För­der­bau­steins erfüllt wer­den. Detail­lier­te Infor­ma­tio­nen dazu hält die KfW auf ihrer Inter­net­sei­te www.kfw.de bereit. Die Pro­gramm­num­mern lau­ten 159 (Kre­dit) und 455 (Zuschuss).

Dar­über hin­aus gibt es bei bestimm­ten Krank­heits­bil­dern wei­te­re För­der­mög­lich­kei­ten, bei­spiels­wei­se über die gesetz­li­che Pfle­ge­ver­si­che­rung. Hier kön­nen unter ande­rem kom­pe­ten­te und geschul­te Hand­werks­be­trie­be aus­führ­lich bera­ten. Gemäß § 40 SGB XI gewäh­ren die Pfle­ge­kas­sen einen finan­zi­el­len Zuschuss zur Ver­bes­se­rung des indi­vi­du­el­len Wohn­um­fel­des. Ziel ist es, durch eine bau­li­che Ver­än­de­rung die häus­li­che Pfle­ge zu ermög­li­chen oder eine selbst­stän­di­ge­re Lebens­füh­rung zu errei­chen. Der maxi­ma­le Zuschuss­be­trag liegt bei 4.000 Euro pro Per­son und Maß­nah­me. Die­ser Wert wur­de Anfang des Jah­res deut­lich erhöht und bie­tet pfle­ge­be­dürf­ti­gen Per­so­nen (Vor­aus­set­zung: min­des­tens Pfle­ge­stu­fe 1 bzw. Pfle­ge­stu­fe 0 bei ein­ge­schränk­ter All­tags­kom­pe­tenz) die Mög­lich­keit, not­wen­di­ge Umbau­ten im eige­nen Wohn­um­feld vor­zu­neh­men. Das kön­nen Umbau­ten in den Bädern sein, aber auch Ver­än­de­run­gen der Zugangs­si­tua­ti­on (brei­te­re Türen, fest instal­lier­te Ram­pen usw.) oder die Schaf­fung von mehr Bewe­gungs­frei­raum zur Erleich­te­rung der häus­li­chen Pfle­ge. Die Maß­nah­men bean­tragt der Betrof­fe­ne bei sei­ner Pfle­ge­kas­se. Wird die Not­wen­dig­keit aner­kannt, so kann die Anpas­sung durch einen Fach­be­trieb vor­ge­nom­men werden.

Fazit

Neben der Ver­sor­gung mit klas­si­schen Hilfs­mit­teln gewin­nen die kom­ple­xen Maß­nah­men der Wohn­raum­an­pas­sung immer mehr an Bedeu­tung. Für das Sani­täts­haus bie­ten sich hier Mög­lich­kei­ten, ins­be­son­de­re über Koope­ra­tio­nen als ganz­heit­li­cher Anbie­ter für den Gesund­heits­stand­ort „Zuhau­se“ auf­zu­tre­ten. So kann in Ver­bin­dung mit qua­li­fi­zier­ten Fach­hand­wer­ken, bei­spiels­wei­se aus den Berei­chen Sani­tär und Elek­tro, eine umfas­sen­de Bera­tung sicher­ge­stellt wer­den, die eine pass­ge­naue Ver­sor­gung des Kun­den ermög­licht. Das Ergeb­nis ist ein Gewinn für alle Sei­ten: Das Sani­täts­haus kann sei­ne Bera­tungs- und Pro­dukt­kom­pe­tenz erwei­tern, und der End­kun­de erhält ein Ange­bot aus einer Hand von einem ver­trau­ten und ver­trau­ens­vol­len Ansprechpartner.

Wei­te­re Informationen:

GGT Deut­sche Gesell­schaft für Geron­to­tech­nik® mbH www.gerontotechnik.de

Lis­te der GGT-zer­ti­fi­zier­ten Fach­be­trie­be: www.gerontotechnik.de/fbsuche.php1

Der Autor:
Dipl.-Kfm. Mar­cus Sauer
Lei­ter Schu­lung und Consulting
GGT Deut­sche Gesell­schaft für Geron­to­tech­nik® mbH
Max-Planck-Stra­ße 5, 58638 Iserlohn
sauer@gerontotechnik.de

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
Sau­er M. Bar­rie­re­frei­es Woh­nen – aktu­el­ler Stand und tech­ni­sche Inno­va­tio­nen. Ortho­pä­die Tech­nik. 2015; 66 (10): 40–45

 

  1. IFB Insti­tut für Bau­for­schung e. V. Wohn­wün­sche und bar­rie­re­ar­mer Wohn­kom­fort. Ber­lin: Abschluss­be­richt 20.08.2014
  2. Sta­tis­ti­sches Bun­des­amt (Desta­tis). Bevöl­ke­rung Deutsch­lands bis 2060. 13. koor­di­nier­te Bevöl­ke­rungs­vor­aus­be­rech­nung. Wies­ba­den: Sta­tis­ti­sches Bun­des­amt, 2015. https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Bevoelkerung/VorausberechnungBevoelkerung/BevoelkerungDeutschland2060Presse5124204159004.pdf?__blob=publicationFile (Zugriff am 25.08.2015)
  3. Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Arbeit und Sozia­les (BMAS). Ergän­zen­der Bericht der Bun­des­re­gie­rung zum Ren­ten­ver­si­che­rungs­be­richt 2012 gemäß § 154 Abs. 2 SGB VI (Alters­si­che­rungs­be­richt 2012). Ber­lin: Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Arbeit und Sozia­les, 2012. http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Gesetze/alterssicherungsbericht-2012.pdf (Zugriff am 25.08.2015)
  4. TNS Emnid. Wohn­wün­sche im Alter. Gra­fik­re­port. Bie­le­feld: TNS Emnid, 2011. http://www.wohnen-im-alter-nrw.de/progs/projekt/wia/content/e1867/e1914/e2140/emnidumfrage.pdf (Zugriff am 07.09.2015)
  5. DIN 18040 – Bar­rie­re­frei­es Bau­en. Pla­nungs­grund­la­gen – Teil 1 (DIN 18040–1): Öffent­lich zugäng­li­che Gebäu­de. Pla­nungs­grund­la­gen – Teil 2 (DIN 18040–2): Woh­nun­gen. Ber­lin: Beuth Ver­lag, 2010/2011
  6. KfW. Alters­ge­recht Umbau­en – Kre­dit (KfW-Merk­blatt 159). https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Privatpersonen/Bestandsimmobilien/Finanzierungsangebote/Altersgerecht-umbauen-(159)/index‑2.html (Zugriff am 07.09.2015)
  7. KfW. Alters­ge­recht Umbau­en – Inves­ti­ti­ons­zu­schuss (KfW-Merk­blatt 455). https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Privatpersonen/Bestandsimmobilie/Förderprodukte/Altersgerecht-Umbauen-Investitionszuschuss-(455) (Zugriff am 25.08.2015) Ortho­pä­die Tech­nik 10/15
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