Hintergrund sei, dass im Rahmen der Entbürokratisierung die Präqualifizierung für Apotheken überflüssig sei, da durch Betriebserlaubniserteilung für Apotheken durch die jeweils zuständigen Behörden viele Anforderungen, zum Beispiel an die Betriebsstätten, bereits erfüllt würden. Als weiteres Argument brachten die Apotheker:innen vor, dass eine Hilfsmittelversorgung aufgrund der hohen Hürden der Präqualifizierung – vor allem in ländlichen Bereichen – gefährdet sei. Zahlen und Beweise für diese These lieferten die Apotheker:innen in ihrem Antrag nicht.
Dennoch fand die Forderung nun den Weg in die Gesetzgebung. Über den Gesundheitsausschuss sowie den Wirtschaftsausschuss des Bundesrates wurde das Thema im Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) verankert und am 12. Mai vom Bundesrat bestätigt. Die Präqualifizierung ist auch nach Meinung der Gesundheitspolitiker:innen für Apotheken abzuschaffen. Zusätzlich wurde der Begriff der „apothekenüblichen Hilfsmittel“ in die Gesetzgebung gebracht. „Apothekenübliche Hilfsmittel sind Hilfsmittel, für die keine handwerkliche Zurichtung erforderlich ist und die insbesondere der Applikation von Arzneimitteln oder der Unterstützung der Arzneimitteltherapie sowie der Inkontinenz- oder der Diabetiker- oder der Palliativversorgung dienen“, heißt es in dem Dokument, das vom Bundesrat beschlossen wurde. Mit dem Gesetzesentwurf vom 17. Mai prüft das BMG nun, ob der Antrag den formellen Gleichberchtigungsansprüchen genügt bzw. sich durch die Entbürokratisierung das Risiko des Qualitätsverlustes erhöht.
Breite Ablehnung im Fach
Der Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV-OT) reagierte auf dieses Vorhaben mit Bestürzung. In einem Schreiben an des Bundesgesundheitsministerium forderte der Spitzenverband gemeinsam mit den anderen Gesundheitshandwerken das Ministerium entschieden dazu auf, im parlamentarischen Beratungsverlauf den Änderungsvorschlag des Gesetzes abzulehnen.
Als Gründe nannte der BIV-OT unter anderem, dass eine einseitige Abschaffung der Präqualifizierung zu Gunsten der Apotheker:innen sich nicht mit deren Ausbildung begründen lasse und auch rechtlich gar keine Grundlage für diese Entscheidung gegeben sei. Apotheken seien schon begünstigt, da sie einer geringeren Anforderungslast unterliegen als die Gesundheitshandwerke. Während OT-Betriebe im 20-monatigen-Rhythmus Betriebsbegehungen ermöglichen müssen, wird bei Apotheken auf einer reinen Dokumentprüfung bestanden. Eine Abschaffung der Präqualifizierung würde ein Ungleichgewicht in der Hilfsmittelversorgung schaffen. Auch den Begriff der „apothekenüblichen Hilfsmittel“ kritisiert der BIV-OT. Damit würde suggeriert, dass die dort definierten Hilfsmittel hauptsächlich in der Apotheke abgegeben werden würden. „Das Gegenteil ist der Fall. Tatsächlich genügen immer weniger Apotheken den hohen Ansprüchen der Präqualifizierung, sodass Apotheken nur im Ausnahmefall Hilfsmittelversorgung verantworten“, heißt es in dem gemeinsamen Schreiben der Spitzenverbände. Neben den Gesundheitshandwerken hat auch das Bündnis „Wir versorgen Deutschland“ klar Stellung gegen die neue Regelung bezogen. Ob die Präqualifizierung für Apotheken nun endgültig fällt, hängt von den Vertrer:innen des Bundestages ab. Sie können in dem Gesetzgebungsverfahren noch entscheidenden Einfluss nehmen und die im Bundesrat vorgebrachten Änderungen ablehnen.
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